Textgenetische Analyse und Interpretation von Friedrich Dürrenmatts „Stoffen“ als moderner Autobiographie, die keine sein will. Die „Stoffe“ sind Friedrich Dürrenmatts Opus magnum, an welchem er von 1970 bis zu seinem Tod 1990 arbeitet. Im Nebeneinander von autobiographischer Darstellung, philosophisch-essayistischer Reflexion und unterschiedlichen Formen von erzählerischen Fiktionen entsteht ein variantenreicher Text, der als Gesamtkomposition nicht nur in Dürrenmatts Schaffen, sondern auch in der zeitgenössischen deutschsprachigen Literatur neuartig und in der Dürrenmatt-Forschung erst ansatzweise analysiert und interpretiert worden ist. Die zwei publizierten Bände „Labyrinth“ und „Turmbau“ sind aber nur die Spitze des Eisbergs, unter der sich ein gewaltiger Fundus von Manuskripten verbirgt, die in Dürrenmatts Nachlass im Schweizerischen Literaturarchiv der Öffentlichkeit zugänglich sind. Den rund 600 Druckseiten der publizierten „Stoffe“ und den 170 Seiten der „Gedankenfuge“ steht ein Manuskript-Berg von über 23.000 hand- und maschinenschriftlichen Seiten gegenüber, die die wechselvolle Entwicklung von Dürrenmatts Autobiographieprojekt bis ins Kleinste dokumentieren. Probst zeichnet die Entstehung und Entwicklung von Dürrenmatts Werk mit der Methode textgenetischer Analyse und Interpretation nach und liest die „Stoffe“ als moderne Form der Autobiographie, in der der Autor bewusst mit der Gattungstradition spielt und diese in literarisch überzeugender Weise erneuert und fortführt.