Der Schlaf fesselte im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts die Aufmerksamkeit von Philosophen, Ärzten, Staatsbeamten und Theologen.
Ausgerechnet ein Zustand der Bewusstlosigkeit sollte die bestehende Gesellschaftsordnung stützen und Erkenntnisse über »das Absolute« liefern. War es möglich, im »magnetischen« Schlaf des »Somnambulismus« in den eigenen Körper, in die Zukunft oder gar das Jenseits zu schauen? Dieses Buch schildert die Umstände, unter denen der Schlaf nach 1800 zum Objekt wissenschaftlichen Interesses und zum Faszinosum der Literaten wurde. Bei seinen Recherchen stieß der Autor auf bislang unveröffentlichte Quellen der obersten Medizinalbehörde des Königreichs Württembergs, die über medizinische Untersuchungen und Experimente an sogenannten Somnambulen berichten, denen zum Teil hellseherische Fähigkeiten zugeschrieben wurden. Das Selbstzeugnis einer 17-jährigen Probandin offenbart, welche Nähe die wissenschaftlichen Deutungen der Hofärzte zu tief im Volksglauben verankerten Vorstellungen aufwiesen. Darüber hinaus geht Philipp Osten der Frage nach, inwiefern die Alltagskultur des frühen 19. Jahrhunderts von den damaligen medizinischen Schlaftheorien und von der Vorstellung einer Analogie von Schlaf und Tod geprägt war. Und er führt seine Leser an jene wissenschafts- und mentalitätsgeschichtliche Epochengrenze, hinter der an die Stelle philosophischer Theorien über die Seele und ihre verschiedenen Zustände disziplinierende Regeln traten, die darauf zielten, den Schlaf vor allem als Mittel zum Erhalt der Leistungs- und Arbeitsfähigkeit anzusehen.
Philipp Osten, Dr. med., lehrt Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.07.2015
Rezensent Thomas Weber schreibt, Philipp Osten gebe mit seinem Buch "anschaulich und dennoch in größere Kontexte eingebettet [einen] faszinierenden, dabei kultur-, sozial- und wissenschaftsgeschichtlich fundierten Einblick in die Sattelzeit zwischen früher Neuzeit und Moderne".
Literaturkritik, 01.04.2015
"Eine sehr reichhaltige, kulturgeschichtliche Darstellung des Schlafs in seiner historisch gesehen vielleicht umstrittensten Zeit." (Jana Scholz)
Berichte zur Wissenschaftsgeschichte Nr. 38 (2015)
"Ostens gut lesbare Studie präsentiert vielfältiges Quellenmaterial, dessen Analyse ein facettenreiches Bild der zeitgenössischen Auseinandersetzungen um Schlaf und Somnambulismus entstehen lässt." (Hans-Walter Schmidt-Hannisa)
Sehpunkte Nr. 9 (2015)
"Osten ist ein profunder und breit gebildeter Kenner seiner Materie und schreibt ausgesprochen lesbar. Er bewegt sich mit Leichtigkeit in der für gegenwärtige Leserinnen vielleicht zunächst verschwurbelt wirkenden Philosophie der Romantik und bündelt griffig, was sie wirklich brauchen." (Sonja Kinzler)
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