Im Unterschied zu vielen Genres in der abendländischen Tradition gibt es für biographisches Schreiben keine Gattungspoetiken, nur Prototypen, Vorbilder, und die bis heute dominante Erzählordnung ist die chronologische. Kausal- und Finalnexus eines Lebens werden so in wissenschaftlichen wie literarischen Biographien in der Regel behauptet und miteinander verbunden. Die Aufsätze dieses Bandes stellen im Kontrast dazu Variationsmöglichkeiten biographischer Poetologie vor, historische wie gegenwärtige Experimente, (inter-)mediale Spielformen wie Alternativen der Narration. Einige der Beiträge sind zugleich Werkstattberichte von Biographen, die Auskunft über die Konstruktionsprinzipien ihres Schreibens geben.
Der Titel des Bandes bezieht sich auf Max Frischs Theaterstück Biografie: Ein Spiel, das 1967 entstand und 1968 im Schauspielhaus Zürich uraufgeführt wurde, und variiert dessen Ausgangsbedingung, ersetzt den Registrator, der dem Helden Kürmann erlaubt, sein Leben – immer wieder dessen entscheidende Situationen verändernd – neu zu leben, durch den Biographen, der die Vita des Biographierten in allen ihren Handlungsoptionen als ein offenes Experiment zu beschreiben versucht.
Beiträge teilweise in Englisch (siehe Inhaltsverzeichnis).
Copyright Year:
2020
Unlike many genres in Western tradition, biography doesn’t know genre-specific poetics, only prototypes, models, and its dominant narrative order to this day is chronological. In contrast, the articles in this volume all present reflections on possible variations in biographical poetology, historical and contemporary experiments, (inter-)media forms of play and alternatives to narration in non-Western cultures.
Günter Blamberger ist Direktor des Internationalen Kollegs Morphomata der Universität zu Köln.
Rüdiger Görner ist Professor of German Literature am Queen Mary College, University of London.
Adrian Robanus ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Internationalen Kolleg Morphomata.