An der hessischen Heilerziehungsanstalt Kalmenhof lassen sich zahlreiche Formen der NS-"Euthanasie"-Verbrechen studieren. Die Einrichtung war nicht nur als „Zwischenanstalt“ für die Tötungsanstalt Hadamar in die „Aktion T4“ eingebunden. Ende 1941 wurde zudem eine „Kinderfachabteilung“ eingerichtet, in der Kinder und Jugendliche ermordet wurden. Darüber hinaus wurden während der gesamten Kriegszeit Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Medikamenten und durch gezielte Mangelernährung getötet. Tatort war fast immer das anstaltseigene Krankenhaus. Ab den 1970er Jahren wurde das Gebäude als kinder- und jugendpsychiatrische Einrichtung genutzt, bis es schließlich leer stand. Als es 2016 verkauft werden sollte, wurden Proteste laut. Im Zuge neuer Forschungen steht nun nicht nur die NS-Geschichte zur Diskussion, sondern auch die Haltung zur Tat und zu den Tatbeteiligten in der Nachkriegszeit und der Umgang mit den Gräbern der über 700 Ermordeten des Kalmenhofs.
Copyright Year:
2024
During the National Socialist era the "therapy and educational centre" Kalmenhof was involved in the Nazi "euthanasia" in several ways. At the end of 1941 a "specialist children’s department" was set up. When the crime scene – the institution's own hospital – was to be sold in 2016, protests arose. In the course of new research the remembrance of the Nazi history is being questioned critically.
Christoph Schneider ist freier Autor und Kulturwissenschaftler und lebt in Frankfurt am Main. Seine Arbeitsschwerpunkte in Forschung und Vermittlung sind die NS-"Euthanasie" sowie die Rezeption der NS-Vernichtungspolitik in Film und Erinnerungskultur. Aktuell hat er einen Lehrauftrag am Institut für Geschichte der Medizin an der Justus-Liebig-Universität Gießen.