Die größte Herausforderung für das Denken ist der Umgang mit Widersprüchen. In der Moderne bilden sich Strategien heraus, den Aporien einer als immer komplexer wahrgenommenen Welt beizukommen. Es ist verschiedentlich versucht worden, die Trennlinie zwischen Moderne und Postmoderne entlang ebendieser Strategien zu ziehen und die Postmoderne als Zeitalter koexistierender, sich widersprechender Sinn(-ersatz-)systeme zu deuten. Im Erzählwerk Drieu la Rochelles lässt sich geradezu idealtypisch die Entwicklung von modernem zu postmodernem Denken nachvollziehen, sodass in ihm eine bedeutende geistesgeschichtliche Entwicklung des 20. Jahrhunderts wie unter dem Brennglas beobachtet werden kann. Zugleich aber erlaubt das Studium dieses bekennenden Faschisten, die dunkle Seite der (Post-)Moderne besser zu verstehen. Von den Ursprüngen spielerischer Destruktivität im Surrealismus bis zur zynischen Unterwanderung rationaler Diskurse begegnet uns das Werk Drieus als beklemmend gegenwärtig.
Copyright Year:
2024
Various attempts have been made to draw the line between modernity and postmodernity along a set of strategies supposed to deal with a world perceived as increasingly complex. In Drieu's work, which might strike you as strangely familiar, this development can be traced in an exemplary manner. Reading this self-declared fascist helps understand the origins and dark side of (post-)modernity.
Andreas Geisler studierte Romanische Philologie in Heidelberg, Rom, Lyon und Bonn. Er lehrte an den Universitäten Bonn und Erlangen-Nürnberg sowie als Sprachlektor an der ENS Lyon. Sein Interesse gilt vornehmlich der französischen und italienischen Literatur des 19. und 20 Jahrhunderts, Fragen der Literaturgeschichtsschreibung sowie der politischen Kulturgeschichte.