Strahlen prägten die Geschichte des Kalten Krieges. Atombomben avancierten zum bedeutendsten Bedrohungspotenzial der Epoche, Kernkraftwerke versprachen schier unendliche Mengen an Energie und Radioisotope befeuerten den Aufstieg neuer Technologien in der Biomedizin. Die expandierende Nutzung und zunehmende Verfügbarkeit von radioaktiver Strahlung führten während des Kalten Krieges jedoch auch zu virulenten politischen und wissenschaftlichen Diskussionen über schädliche Strahlenwirkungen.1 Strahlen bündelten und beförderten Ambitionen und Strategien, Hoffnungen und Ängste, Projekte und Auseinandersetzungen. Sie bildeten einen zentralen Bestandteil der politischen Kultur des Kalten Krieges.
Strahlen vermochten nicht nur bei Staaten im Zentrum des Systemkonflikts Ressourcen zu mobilisieren. Auch zahlreiche Länder, die im internationalen Kalten Krieg nur am Rande eine Rolle spielten, konnten sich weder den Zukunftsversprechen noch den Bedrohungsbildern, die Strahlen evozierten, entziehen. Dies galt besonders auch für die ‚neutrale‘ Schweiz. Der politische Wille, Strahlen in ihren vielfältigen Anwendungsgebieten produktiv zu nutzen, verbunden mit der einsetzenden öffentlichen Debatte über die von Strahlen ausgehenden Gefahren, machten es aus Sicht der schweizerischen Behörden erforderlich, bestimmte Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Diese dienten nicht nur der Vorbereitung auf einen möglichen Atomkrieg, sondern auch als Vorkehrungen für einen nuklearen Alltag, in dem die Verwendung von Strahlen in der Medizin, der Forschung und der Industrie stetig zunahm. Der behördliche Umgang mit radioaktiven Stoffen und ionisierenden Strahlen – genauer: die Frage, wie Strahlen und ihren Gefahren in der Schweiz des Kalten Krieges begegnet wurde – steht im Zentrum dieser Arbeit.
Problematisierungen von Strahlen
Die gesellschaftliche und politische Diskussion über die von Strahlen ausgehenden Gefahren verdichtete sich während des Kalten Krieges in der Problematisierung zweier Strahlenquellen: Atomwaffen und Kernkraftwerke. Es lassen sich drei zentrale Phasen und zwei Ereignisse ausmachen, welche die globale öffentliche Wahrnehmung und Bewertung von Strahlen maßgeblich beeinflussten, auch in der Schweiz. Ab Mitte der 1950er Jahre war es zunächst die sogenannte Fallout-Debatte, in welcher die Gefährlichkeit des von den atomaren Versuchsexplosionen verursachten radioaktiven Niederschlags von Atom- und Wasserstoffbomben im Zentrum stand. Diese Debatte, die von der Anti-Atom-Bewegung wesentlich mitgeformt wurde, flachte nach dem Ende der oberirdischen Testversuche im Jahr 1963 vorübergehend ab. In den 1970er Jahren dominierte dann nicht mehr das Thema der militärischen, sondern der zivilen Nutzung der Atomenergie die öffentlichen Auseinandersetzungen. Eines der wesentlichen Argumente der Anti-Atomkraft-Bewegung im Widerstand gegen den Bau von Kernkraftwerken stellte die von Atomanlagen emittierte radioaktive Strahlung dar. Im sogenannten Zweiten Kalten Krieg zu Beginn der 1980er Jahre rückte mit der wieder erstarkten nuklearen Aufrüstung die Atom- und Strahlenangst erneut ins Zentrum der für Abrüstung kämpfenden Friedensbewegung. Schließlich bildeten die beiden Reaktorunfälle von Harrisburg 1979 und Tschernobyl 1986 internationale Diskursereignisse, welche nicht nur den gesellschaftlichen Widerstand gegen die zivile Nutzung der Atomenergie verstärkten, sondern auch Staaten und Behörden für die mit der Nutzung von Atomenergie verbundenen Risiken sensibilisierten.
Bereits seit Ende der 1920er Jahre war wissenschaftlich unbestritten, dass von ionisierenden Strahlen und radioaktiven Stoffen eine Gefahr für den menschlichen Organismus ausgeht. Damals gelang es Genetikern experimentell zu zeigen, dass Strahlen an Lebewesen somatische und genetische Mutationen hervorrufen können.2 Spätestens seit den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki waren auch die Wirkungen hoher Strahlendosen bekannt, die zum unmittelbaren Tod oder zum Ausbruch der sogenannten Strahlenkrankheit führen können. Schwieriger abzuschätzen waren indessen die von Strahlen verursachten Spätfolgen. Um deren Erforschung bemühte sich die 1946 eingesetzte Atomic Bomb Casuality Commission und ihre Nachfolgeorganisation, welche die japanischen Überlebenden und deren Nachkommen untersuchten.3 Ähnliche Schwierigkeiten bereiteten auch die Folgen schwacher Strahlendosen. So herrschte über die gesundheits- und umweltschädigenden Effekte von Niedrigstrahlung, die in künstlicher Form etwa als radioaktiver Niederschlag bei Atombombenexplosionen oder als Emission beim Normalbetrieb eines Kernkraftwerkes entsteht, unter Biologen und Medizinern Uneinigkeit.4
Zu Beginn des Kalten Krieges verfügten in der Schweiz nur wenige Hochschulinstitute über Erfahrungen mit radioaktiver Strahlung und Atomenergie.5 Gewissermaßen als ‚Stunde null‘ für die staatliche Auseinandersetzung mit Strahlen fungierte eine im November 1945 vom Eidgenössischen Militärdepartement einberufene Konferenz, an der sich einheimische Wissenschaftler zum ersten Mal mit Vertretern der Bundesbehörden über einen möglichen Einsatz und die Wirkung von Atomwaffen, aber auch über das Potenzial einer künftigen zivilen Nutzung der Atomenergie austauschten. Das überlieferte Konferenzprotokoll macht deutlich, dass in der Bundesverwaltung kaum Wissen über Atomenergie, ionisierende Strahlen und radioaktive Stoffe sowie Know-how über entsprechende Schutzmaßnahmen vorhanden waren.6 Ab diesem Zeitpunkt jedoch musste und wollte sich die schweizerische Regierung mit radioaktiver Strahlung auseinandersetzen.
Regieren von Strahlen
Den theoretischen Ausgangspunkt meiner Arbeit bilden Michel Foucaults Überlegungen zur Gouvernementalität sowie zum Sicherheitsdispositiv.7 Hinsichtlich der Gouvernementalität ist Foucaults Feststellung relevant, dass es sich beim Regierungshandeln eines modernen Staates um eine Machttechnik handelt, die mit Sicherheitsdispositiven operiert, wesentlich auf die Bevölkerung ausgerichtet ist und sich auf eine Verwaltung stützt, die beständig Institutionen und Wissen produziert. Ausgehend von dieser Perspektive liegt der vorliegenden Arbeit das Erkenntnisinteresse zugrunde, wie die schweizerische Regierung und ihre Verwaltung – und darunter verstehe ich in erster Linie den Bund mit seinen Behörden und Institutionen – während des nach 1945 einsetzenden ‚Atomzeitalters‘ Sicherheitsdispositive gegen die von Strahlen ausgehenden Gefahren entwickelten.
Unter einem (Sicherheits-)Dispositiv versteht Foucault „ein entschieden heterogenes Ensemble, das Diskurse, Institutionen, architekturale Einrichtungen, reglementierende Entscheidungen, Gesetze, administrative Massnahmen, wissenschaftliche Aussagen, philosophische, moralische oder philanthropische Lehrsätze, kurz: Gesagtes ebensowohl wie Ungesagtes umfasst.“8 Wird diese Beschreibung auf meinen Untersuchungsgegenstand, also die Strahlen während des Kalten Krieges, übertragen, so können als Elemente der gegen Strahlen errichteten Sicherheitsdispositive etwa die Debatten um Strahlenangst, die Eidgenössische Kommission für Strahlenschutz, die nationale Alarmzentrale und die schweizerische Strahlenschutzverordnung, aber auch der Aufbau eines atomaren Schutzdienstes, strahlenbiologische Forschungsresultate und der Bericht des Bundesrates zur Sicherheitspolitik der Schweiz genannt werden. Zwischen all diesen diskursiven und nicht-diskursiven Elementen wird durch ein Dispositiv ein „Netz“ geknüpft. Dieses Netz kann sich laut Foucault auch transformieren und so immer wieder auf neuartige Weise gespannt werden.9 Die von den schweizerischen Behörden gegen Strahlen installierten Sicherheitsdispositive wandelten sich im Verlaufe des Kalten Krieges somit immer wieder und mussten neuen Bedingungen und Erkenntnissen angepasst werden. Dem Dispositiv kommt nach Foucault dabei eine strategische Funktion zu, da damit auf einen „Notstand (urgence)“ reagiert werden soll.10 Die Implementierung von Sicherheitsdispositiven gegen Strahlen kann so als Strategie der schweizerischen Regierung verstanden werden, mit der sie gegen die vorhandenen Strahlengefahren sowie die als problematisch wahrgenommenen Strahlen- und Atomängste zu intervenieren versuchte. Schließlich tendieren Sicherheitsdispositive Foucault zufolge dazu, „sich auszudehnen“, indem ständig neue Elemente hinzugefügt und in die Konzeption und Organisation miteinbezogen werden.11 Diese inhärente Expansionslogik konnte in der Schweiz des Kalten Krieges etwa bedeuten, dass neue Akteure, neue Objekte oder neue Maßnahmen in die Dispositive zur Herstellung von Strahlensicherheit integriert wurden.
Sicherheitsdispositive erweisen sich gemäß Foucault deshalb als produktiv, weil sie es ermöglichen, zwei oftmals als sich widersprechend taxierte Ziele gleichzeitig zu verfolgen: die Gewährleistung von Freiheit zum einen und die Gewährleistung von Sicherheit zum anderen.12 Unter Freiheit versteht Foucault dabei „die Möglichkeit von Bewegung, Umstellung, Zirkulationsvorgängen sowohl der Leute als auch der Dinge“.13 Freiheit meint also „Zirkulationsfreiheit“ von Individuen und – hier vor allem wichtig – von Dingen, so etwa von ionisierenden Strahlen und radioaktiven Stoffen. Die Sicherstellung von Zirkulationsfreiheit und die Herstellung von Sicherheit bedingen sich dabei gegenseitig, denn „auf eine präzisere und bestimmtere Weise ist die Freiheit nur das Korrelat der Einsetzung von Sicherheitsdispositiven“.14 Die Gewährleistung von Zirkulationsfreiheit bedeutete für die schweizerische Regierung im Zusammenhang mit Atomenergie und radioaktiver Strahlung zweierlei, nämlich die Sicherstellung der Optionen sowohl einer militärischen als auch einer zivilen Nutzung der Atomenergie. Während die seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges verfolgte Option auf eine militärische Nutzung der Kernenergie, sprich die Beschaffung eigener Atomwaffen, seit Mitte der 1960er Jahre zumindest offiziell aufgegeben wurde, konnte die Option auf eine zivile Nutzung der Nuklearenergie, insbesondere der Betrieb von Atomkraftwerken, während des gesamten Kalten Krieges und darüber hinaus aufrechterhalten werden.15
Die Gewährleistung der Zirkulationsfreiheit der zivilen und – wenn auch mit Vorbehalten – der militärischen Nutzung der Atomenergie bedingte indessen als Gegenstück die Gewährleistung der Herstellung von Strahlensicherheit. Um die erhofften, als fortschrittlich und gewinnbringend erachteten Errungenschaften auf dem Gebiet der Atomenergie nützen zu können, galt es für die schweizerische Regierung, gleichzeitig präventive Sicherheitsvorkehrungen für den Umgang mit radioaktiver Strahlung zu schaffen. Durch die Planung, den Aufbau und die Anwendung dieser Sicherheitsmaßnahmen entstand ein Netzwerk von staatlichen, aber auch privaten Akteuren, die sich auf die Handhabung und die Kontrolle von Strahlen fokussierten. Die konzipierten Überwachungs-, Regulierungs-, Alarmierungs- und Rettungsdispositive zielten darauf ab, in der Schweiz sowohl im Hinblick auf einen nuklearen Alltag als auch einen atomaren Notfall Strahlensicherheit zu gewährleisten.
Die Analyse dieser verschiedenen Sicherheitsdispositive gegen Strahlen bildet den Kern dieser Arbeit. Dabei wird sich zeigen, dass bei der Herstellung von Strahlensicherheit unterschiedliche Regierungsrationalitäten vorherrschend waren, je nachdem, ob die Sicherheitsdispositive auf den Normal- oder den Notfall abzielten. Um Strahlensicherheit für den Normalfall und hier insbesondere für einen expandierenden nuklearen Alltag herzustellen, etablierte sich ein Modus Operandi, den ich als ‚verteilte Sicherheit‘ beschreiben möchte.16 Das heißt, es gab keine zentrale Stelle, die für Strahlensicherheit, Strahlenschutz und Strahlenüberwachung zuständig war, sondern eine Vielzahl von Milizkommissionen, Amtsstellen und Organisationen, die sich jeweils mit spezifischen Fragen oder Aufgaben befassten. Diese ‚verteilte Sicherheit‘ führte zu einer Aufteilung und damit zu einer Komplexitätsreduktion der eruierten Probleme. Zudem hatte diese Fragmentierung von Aufgaben und Zuständigkeiten zur Folge, dass immer wieder Kompetenzkonflikte entstanden und Strahlenrisiken selten gesamthaft betrachtet wurden.
Für einen möglichen atomaren Notfall jedoch war eine andere Regierungsrationalität vorherrschend. Bei dieser avancierte die eingespielte Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteure zum handlungsleitenden Imperativ. Ich möchte sie deshalb als ‚koordinierte Sicherheit‘ bezeichnen.17 Eine nukleare Katastrophe wurde als derart schwerwiegend und umfangreich vorgestellt, dass Verteidigungs-, Schutz- und Rettungsmaßnahmen nur in koordinierter Form eine Aussicht auf Erfolg hatten. Deshalb war für das Notfallmanagement das Zusammenspiel aller verfügbaren militärischen und zivilen Ressourcen und Mittel sämtlicher föderalen Ebenen zentral. ‚Koordinierte Sicherheit‘ zielte also darauf ab, einer neuen, als massiv komplexer wahrgenommenen Bedrohung – der atomaren Katastrophe – zu begegnen. Paradoxerweise führten die getroffenen Koordinationsanstrengungen in planerischer, organisatorischer und kommunikativer Hinsicht jedoch selbst zu einer Komplexitätssteigerung. Dies hatte anhaltende Koordinationsprobleme und stets prekäre Koordinationsleistungen zur Folge: Die im Rahmen der Gesamtverteidigung anvisierte ‚koordinierte Sicherheit‘ erwies sich als beinahe aussichtsloses Projekt. ‚Verteilung‘ im Normalfall und ‚Koordination‘ im Notfall – mit diesen beiden Regierungsweisen wurde in der Schweiz des Kalten Krieges versucht, Strahlengefahren gouvernemental zu begegnen und so Strahlensicherheit zu produzieren.
Fragestellungen und Forschungskontexte
Die vorliegende Untersuchung orientiert sich an folgenden Leitfragen: Wie und warum wurden Strahlen in der Schweiz des Kalten Krieges zu einem Problem des Regierens? Wie waren gouvernementale Diskurse und Praktiken mit den sich wandelnden Problematisierungen von Strahlen verknüpft? Wie veränderten sich die gegen Strahlen entworfenen Sicherheitsdispositive? Diese Fragen zielen darauf ab, die politische Kultur der Schweiz des Kalten Krieges zu erforschen. Dabei zeigt sich, dass sich Bedrohungsvorstellungen und Konjunkturen des internationalen Kalten Krieges für das gouvernementale Handeln mit Strahlen als äußerst wirkmächtig erwiesen. Dies wird in den Konzeptionen und Praktiken der schweizerischen Landes- bzw. Gesamtverteidigung besonders deutlich. Gleichzeitig waren die handlungsleitenden Prinzipien des Regierens von Strahlen ebenso durch Deutungen und Entwicklungen geprägt, die zwar während des Kalten Krieges stattfanden, mit dem Systemkonflikt aber keinen direkten Zusammenhang hatten. Aus diesem Grund wird der Begriff des Kalten Krieges in dieser Arbeit sowohl als analytische Kategorie als auch als Epochenbezeichnung verwendet.
Die vorliegende Arbeit schreibt sich in drei Forschungsfelder ein: die Geschichte von Sicherheit, die Geschichte ionisierender Strahlen und radioaktiver Stoffe sowie die Geschichte der Schweiz im Kalten Krieg. Diese drei Forschungskontexte werden im Folgenden referiert und dabei auch eigene Positionen und Beiträge erläutert.
Geschichte der Sicherheit: Sicherheitsgeschichte stellt derzeit ein wachsendes epochen- und grenzüberschreitendes, inter- und transdisziplinäres Forschungsfeld dar.18 Gefragt wird dabei nach Begriffen und Konzepten, Institutionen und (Macht-)Strukturen, aber auch nach Wahrnehmungs- und Beschreibungsweisen von Sicherheit.19 Sicherheit stieg erst in der Nachkriegszeit zu einem umfassenden politischen und gesellschaftlichen Leit- und Zielbegriff auf.20 Im engeren Sinn avancierte Sicherheit als ‚Sicherheitspolitik‘ zu einem zentralen Politikfeld des Kalten Krieges. Der Erforschung von nationaler Sicherheit kommt in der Zeitgeschichte schon seit längerem anhaltende Bedeutung zu. Diese Studien ordnen sich aber meist nicht in das neue Feld der Sicherheitsgeschichte ein, sondern sind Teil einer älteren, militär- und politikgeschichtlich ausgerichteten Kalte-Krieg-Forschung.21 Demgegenüber operiert die neuere Sicherheitsgeschichte verstärkt mit kulturwissenschaftlichen Konzepten. Zu diesen zählt auch der dieser Arbeit zugrundeliegende Ansatz der Gouvernementalität und der Sicherheitsdispositive.22 Wie der Historiker Eckart Conze betont, rückt mit diesem Zugang insbesondere die zentrale Bedeutung der Verwaltung für die gouvernementale Wissensproduktion in den Blick. Bürokratien nehmen bei der Herstellung von Sicherheit somit nicht einfach „eine zuarbeitende Rolle“ für die Regierung ein, ihnen kommt vielmehr „die Funktion einer politisch gestaltenden und entscheidenden Steuerungsinstanz“ zu.23 Die vorliegende Arbeit wird zeigen, wie sich verschiedene Ämter und Departemente der Bundesverwaltung im Verlaufe des Kalten Krieges immer mehr Wissen und Know-how über Strahlensicherheit aneigneten und die Ausgestaltung des Strahlenschutzes in der Schweiz kontinuierlich stärker prägten. Dadurch büßte die zu Beginn noch unverzichtbare Expertise von Akteuren außerhalb der Verwaltung zunehmend an Führungsanspruch und Gestaltungsraum ein.
Neuere Arbeiten aus der Sicherheitsforschung weisen weiter darauf hin, dass sich seit den 1970er Jahren ein „erweiterter Sicherheitsbegriff“ etablierte. In der Sachdimension – so der Politikwissenschaftler Christopher Daase – umfasse Sicherheit seither nicht mehr nur die militärische Sicherheit, sondern vielmehr auch die innere, die soziale und die ökonomische sowie spätestens seit den 1990er Jahren zusätzlich die ökologische und die humanitäre Sicherheit.24 Mit dem Bericht des Bundesrates zur Sicherheitspolitik, auch als Konzeption der Gesamtverteidigung bekannt, näherte sich 1973 auch die schweizerische Regierung einem derart breiten Verständnis von Sicherheit an.25 Diese Veränderung bezüglich der Vorstellung nationaler Sicherheit spiegelt sich in der Forschung zur schweizerischen Sicherheitspolitik im Kalten Krieg wider. Es dominieren politikwissenschaftlich orientierte Studien, die den Wandel von einer anfänglich noch hauptsächlich militärisch ausgerichteten Verteidigungs- hin zu einer umfassenden Sicherheitspolitik nachzeichnen. Dabei entstehen relativ lineare Narrative, welche die Erweiterung der militärischen Sicherheit als eine fortschrittliche und lernfähige Adaptierung der traditionellen Landesverteidigung hin zu einer verbesserten zivilen Sicherheit deuten.26 Diese Studien unterschätzen die Komplexität und Widersprüchlichkeit der schweizerischen Gesamtverteidigung. Vor allem aber blenden sie aus, dass durch diese Erweiterung von Sicherheit während des Kalten Krieges zahlreiche neue Bedrohungs- und Feindbilder entstanden und so auch neue soziale Ausgrenzungslinien gezogen wurden.
Während die konzeptionelle Ausrichtung der schweizerischen Sicherheitspolitik bereits Aufmerksamkeit erfahren hat, stellt die Erforschung der Herstellung von Sicherheit noch weitgehend ein Desiderat dar. Vor diesem Hintergrund plädiert der Historiker Cornel Zwierlein dafür, „die Entstehung, Entwicklung und Änderung von Sicherheitsproduktionsmechanismen“ in unterschiedlichen Themenbereichen und Handlungsfeldern zu untersuchen.27 Diesen Ansatz verfolgt die vorliegende Arbeit. Damit gelangen nicht nur Konzeptionen und Strategiepapiere, sondern mehr noch Konflikte und Aushandlungsprozesse, Praktiken und strategisches Handeln in den Fokus. Dadurch kann nicht nur herausgearbeitet werden, wie Strahlensicherheit konzipiert und gedacht, sondern auch wie diese konkret hergestellt und praktisch umgesetzt wurde und welche Hindernisse und Herausforderungen dabei auftraten. Strahlensicherheit tritt so nicht nur als Problem der Sicherheitspolitik bzw. der Gesamtverteidigung im Hinblick auf einen atomaren Notfall in Erscheinung, sondern auch als Herausforderung in einem nuklearen Alltag, in dem Strahlen möglichst frei zirkulieren können sollten. Erst aus einer solchen Perspektive lässt sich das Regieren von Strahlen rekonstruieren.
Geschichte ionisierender Strahlen und radioaktiver Stoffe: Die Geschichte von Strahlen wurde in der historischen Forschung bislang insbesondere aus zwei Perspektiven untersucht: zum einen aus einer kulturgeschichtlichen, zum anderen aus einer wissenschafts- und technikhistorischen. Die populärkulturelle Verbreitung von Atombildern – um mit der kulturgeschichtlichen Perspektive zu beginnen – weckte und kanalisierte unterschiedliche Emotionen und war insofern immer auch mit (angenommenen) sozialpsychologischen Wirkungen verbunden.28 Verschiedentlich wird dabei betont, dass der Atomenergie bzw. der Atombombe eine affektive technoästhetische Kraft zukomme, die ihren Ausdruck nicht nur in der Wahrnehmung von Furcht und physischer Gefahr, sondern auch in Gefühlen wie Genuss und Erhabenheit gefunden habe.29 Dennoch hat sich die historische Forschung bislang hauptsächlich auf die Atom- und Strahlenangst konzentriert und Angst damit als die zentrale Emotion des Kalten Krieges benannt.30 Der Historiker Bernd Greiner hat dabei auf die Funktion von Angst in der politischen Kommunikation hingewiesen.31
Zu einer solchen Perspektive leistet meine Arbeit insofern einen Beitrag, als deutlich wird, wie Strahlen- und Atomängste politische Wirkungen entfalteten. Die gouvernementale Ausgestaltung von Sicherheitsdispositiven gegen Strahlen war durch wahrgenommene und/oder vorgestellte gesellschaftliche Ängste und Unsicherheiten mitgeprägt. In den 1950er Jahren wurden Strahlen- und Atomängste von behördlicher Seite häufig dazu benutzt, um vorhandene zivilgesellschaftliche Kritik an einer zunehmenden (militärischen) Verwendung der Atomenergie zu diskreditieren. Ab den 1970er Jahren lässt sich diesbezüglich ein Wandel feststellen. Während der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen um die zivile Nutzung der Atomenergie, aber auch im Zuge der Reaktorunfälle von Harrisburg und Tschernobyl wurden Ängste und Emotionen nun als ernstzunehmende politische Faktoren wahrgenommen, die es beim Regieren von Strahlen zu berücksichtigen galt.
Die neuere Forschung zur Wissenschaft im Kalten Krieg postuliert – und damit komme ich zur wissenschafts- und technikhistorischen Perspektive auf die Geschichte von Strahlen –, dass die Struktur und die Entwicklung der Wissenschaft nach dem Zweiten Weltkrieg durch den Systemkonflikt entscheidend geprägt wurden.32 Zur Geschichte der biologischen Strahlenforschung während des Kalten Krieges existieren verschiedene Studien, welche die Verwendung von Radioisotopen in der Wissenschaft und in der Medizin untersuchen. Dabei wird hauptsächlich der konstitutive Beitrag der sogenannten Tracertechnik für die Entwicklung von bildgebenden Verfahren zum einen und für die Molekularisierung der Biologie zum anderen betont.33 Zum letztgenannten Aspekt arbeitet Bruno J. Strasser mit Blick auf die Schweiz heraus, wie an der Universität Genf aus einer Kombination zwischen der mit Strahlen operierenden Biophysik und der neuen Technologie der Elektronenmikroskopie die molekularbiologische Forschung hervorging.34 Zur eigentlichen Radiobiologie findet sich hingegen nur wenig wissenschaftsgeschichtliche Forschung. Eine Ausnahme bilden Alexander von Schwerins Arbeiten zur Entwicklung der biologischen Strahlenforschung in (West-)Deutschland, welche maßgeblich von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wurden. Diese wird als risiko- und biopolitische Institution beschrieben, die gleichzeitig versuchte, den technischen Fortschritt zu ermöglichen und die mit Strahlen verbundenen Risiken zu regulieren.35
Zu den ionisierenden Strahlen zählen auch Röntgenstrahlen, deren Geschichte in der Schweiz nach 1945 mit derjenigen der radioaktiven Strahlung verwoben war. Monika Dommann legt hier dar, wie das Gefährdungspotenzial ionisierender Strahlen in der Schweiz erst Mitte der 1950er Jahre öffentliche Resonanz gewann, als die Förderung der Atomenergie und die Frage einer Atombewaffnung der Armee breite Diskussionen auslösten.36 Weiter existieren einige historische Studien zu gesundheitlichen Schäden, die ionisierende Strahlen und radioaktive Stoffe verursachten.37 Ebenfalls eine wissenschafts- und technikhistorische Perspektive auf die Geschichte von Strahlen nehmen Studien zum Auf- und Ausbau von Strahlenschutzbestimmungen und technischen Strahlenschutzmaßnahmen ein. In seinem Überblickswerk zur Geschichte des Strahlenschutzes stellt J. Samuel Walker ausgehend von den US-amerikanischen Aufsichts- bzw. Regulierungsbehörden dar, wie die Festlegung von maximal zulässigen Strahlendosen ein sich stetig veränderndes Produkt von wissenschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen und Aushandlungsprozessen bildete.38 Johannes Abele analysiert die technische Handhabung und die politisch-kulturelle Bedeutung von Geiger-Müller-Zählrohrgeräten im bundesdeutschen Strahlenschutz und zeigt, wie diese Geräte Eingang in die Regulierung von Risikotechnologien fanden und Gegenstände öffentlicher Interessenkonflikte wurden.39
Betrachtet man die Arbeiten zur Geschichte ionisierender Strahlen und radioaktiver Stoffe, so fallen insbesondere zwei Desiderate auf: Zum einen umfassen die vorhandenen Studien selten den gesamten Zeitraum des Kalten Krieges. Dies hat zur Folge, dass die Einflüsse der Anti-Atomkraft-Debatte sowie der Reaktorunfälle von Harrisburg und Tschernobyl auf die Formulierung von Strahlenschutzkonzepten und die Implementierung entsprechender Maßnahmen bislang nur wenig Beachtung fanden. Dadurch fällt insbesondere der in dieser Arbeit feststellbare Wandel von Sicherheitsdispositiven und Regierungsweisen ab den 1970er Jahren aus dem Blickfeld.
Zum anderen blieb die bisherige Forschung stark auf die Wissenschaftsgeschichte fokussiert. Dies ist insofern produktiv, als es sich bei der Strahlenforschung und dem Strahlenschutz um einen stark wissensbasierten Gegenstand handelt, für den wissenschaftliche Experten und Expertise zentral sind. Dennoch muss festgehalten werden, dass der Einfluss der Wissenschaft auf das Regieren von Strahlen immer auch begrenzt war. So wurde der gouvernementale Umgang mit Strahlen auch wesentlich durch politische Kontexte, Vorstellungen von Staatlichkeit, ökonomische Erwägungen, Konzepte nationaler Verteidigung und nukleare Bedrohungsszenarien geprägt. Diese politische Dimension der Geschichte von Strahlen gelangt indessen erst in den Blick, wenn die konkreten Praktiken und präventiven Maßnahmen, institutionellen Konflikte und Aushandlungsprozesse, Wissensaneignungen und Know-how-Transfers, atomaren Bedrohungsbilder und Imaginationen untersucht werden, welche für die Herstellung von Strahlensicherheit konstitutiv waren.
Geschichte der Schweiz im Kalten Krieg: Der Kalte Krieg wird in der aktuellen historischen Forschung zunehmend dezentriert.40 Damit geraten vermehrt Akteure jenseits der beiden Supermächte und ihrer jeweiligen Bündnissysteme in den Blick. Dazu zählen zum einen die sogenannten blockfreien Staaten, zum anderen die ‚neutralen‘ Länder.41 Für letztere bilden innerhalb des ‚westlichen‘ Referenzrahmens die Schweiz, aber auch Österreich sowie Finnland und Schweden, welche nicht direkt in die geopolitischen Krisen und Konflikte des Kalten Krieges involviert waren, deren Gesellschaften aber dennoch stark von der Deutungsmacht des Systemkonfliktes geprägt wurden, interessante Beispiele.42 Die historische Forschung zur Geschichte der Schweiz im Kalten Krieg hat erst in jüngster Zeit größere Aufmerksamkeit erfahren. So liegen bereits zahlreiche Einzelstudien aus den Bereichen der Politik- und Militär-, Kultur-, Gesellschafts- und Technikgeschichte vor, während Syntheseleistungen noch weitgehend ausstehend sind.43
In Untersuchungen zu den internationalen Beziehungen der Schweiz während des Kalten Krieges wird deutlich, wie stark die ‚neutrale‘ Schweiz ideologisch Teil des ‚Westens‘ war, ihre ‚Neutralität‘ aber gleichzeitig vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht nutzte, um sich, etwa mit Rüstungsgeschäften, auf beiden Seiten des ‚Eisernen Vorhangs‘ und auch in der sogenannten Dritten Welt Handels- und Absatzmärkte zu erschließen.44 Das flexibel einsetzbare Konzept der Neutralität erwies sich nicht nur in der Außen- bzw. Außenwirtschaftspolitik, sondern insbesondere auch in der Sicherheitspolitik als handlungsleitend. Dies zeigt sich in der vorliegenden Arbeit in Gestalt von gerade zu Beginn des Kalten Krieges ausgeprägten Autarkievorstellungen in der schweizerischen Landesverteidigung. Solche nationalen Beharrungstendenzen standen indessen in einem Spannungsverhältnis zu Prozessen der Transnationalisierung, welche das Regieren von Strahlen in der Schweiz des Kalten Krieges ebenfalls maßgeblich prägten.45
Zur totalen Landesverteidigung, ab den 1970er Jahren Gesamtverteidigung oder auch Sicherheitspolitik genannt, sowie zum Ausbau von Armee und Zivilschutz während des Kalten Krieges liegt ebenfalls historische Forschung vor.46 Die meisten dieser Darstellungen sind indessen stark institutionsgeschichtlich ausgerichtet und referieren Entwicklungen auf strategisch-konzeptioneller Ebene. Eine bemerkenswerte Ausnahme bilden die neuen Arbeiten von Silvia Berger Ziauddin, welche das umfassende Programm des schweizerischen Schutzraumbaus aus einer raum- und wissensgeschichtlichen Perspektive fokussieren und zeigen, dass der Schweizer Zivilschutz im Bunkerbau während des Kalten Krieges international führend war.47 Die totale Landes- bzw. Gesamtverteidigung bildet für die vorliegende Arbeit einen wichtigen Referenzpunkt, da viele Strahlenschutzmaßnahmen, Alarmorganisationen und Rettungsdienste in diesem Kontext entstanden sind. In den dabei entworfenen Sicherheitsdispositiven für atomare Notfälle spiegelt sich die permanente Kriegsbereitschaft wider, gleichsam der „war-like character“ und die „totale Politik“ des schweizerischen Kalten Krieges.48 Hier wird die vorliegende Arbeit zeigen, wie stark sich die dichotome Struktur des Kalten Krieges auch in Ländern wie der Schweiz, die scheinbar am Rande des Systemkonfliktes standen, als wirkmächtig erwies.
Zur Frage einer möglichen atomaren Bewaffnung der Schweizer Armee gibt es mehrere einschlägige Studien.49 Ebenso liegen zur schweizerischen Anti-Atom-Bewegung der 1950er und der für nukleare Abrüstung kämpfenden Friedensbewegung der 1980er Jahre einige ältere Forschungsbeiträge vor.50 Die Geschichte der schweizerischen Atomtechnologieentwicklung der 1950er und 1960er sowie der Auseinandersetzungen um die zivile Nutzung der Atomenergie der 1970er Jahre ist relativ gut erforscht.51 Dies ist in erster Linie den technikgeschichtlichen Arbeiten von Peter Hug, Tobias Wildi und Patrick Kupper zu verdanken. Während Hug die Verbindungen zwischen militärischen, wissenschaftlichen und privatwirtschaftlichen Interessen betont, arbeitet Wildi die Strukturen und Pfadabhängigkeiten heraus, mit welchen die letztlich gescheiterte Entwicklung einer schweizerischen Reaktorlinie zu kämpfen hatte. Kupper wiederum zeigt auf, wie neue gesellschaftliche Diskurse und eine veränderte Wahrnehmung der Umwelt für den zivilgesellschaftlichen Widerstand gegen den Bau von Atomkraftwerken ausschlaggebend waren. Der über Jahre virulente Konflikt um Atomenergie und Kernkraftwerke wird so als eines der zentralen innenpolitischen Themen der Schweiz während des Kalten Krieges fassbar. Fragen des Strahlenschutzes und der Herstellung von Strahlensicherheit, welche in dieser Arbeit im Zentrum stehen, werden in diesen Untersuchungen jedoch nur am Rande behandelt.52
Kultur- und gesellschaftsgeschichtlich ausgerichtete Forschungsbeiträge liegen für die Schweiz insbesondere für die ersten beiden Nachkriegsjahrzehnte vor. Für diese beiden Dekaden etablierten sich die Bezeichnungen der von Hochkonjunktur und Geistiger Landesverteidigung geprägten ‚langen‘ 1950er Jahre sowie der darauffolgenden ‚bewegten‘ 1960er Jahre. Die vorhandenen Arbeiten weisen auf die bestehenden gesellschaftlichen Widersprüche hin, die sich zwischen kulturellem Beharren und sozialem Wandel, wirtschaftlichem Aufschwung und Geistiger Landesverteidigung, florierendem Osthandel und grassierendem Antikommunismus auftaten.53 Für die Schweiz der 1970er und 1980er Jahre ist hingegen erst spärlich historische Forschung vorhanden.54 Dementsprechend fehlt für die Schweiz für diese Dekaden ein etabliertes Narrativ, wiewohl sich die 1970er Jahre – im Einklang mit den Ergebnissen aktueller zeitgeschichtlicher Forschungen55 – in den wenigen vorhandenen Studien als das Jahrzehnt eines bisweilen widersprüchlichen Umbruchs herauskristallisieren.56 Die vorliegende Arbeit bestätigt diese vorläufigen Befunde. So zeigt sich sowohl in der Ausrichtung der Gesamtverteidigung auf zivile atomare Katastrophen als auch bei der Überwachung und Regulierung im nuklearen Alltag, wie sich in den 1970er Jahren in der Regierungsweise von Strahlen ein Wandel vollzog.
Schweizerischer Kalte-Krieg-Konsens und schweizerisches Strahlenschutznetzwerk
Die in dieser Arbeit in den Blick genommenen politischen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Kräfte teilten eine Grundüberzeugung, die ich in Anlehnung an das im US-amerikanischen Kontext entstandene Konzept des ‚Cold War Consensus‘ als schweizerischen Kalte-Krieg-Konsens bezeichnen möchte.57 Ausgehend von meiner Analyse zeigt sich, dass dieser insbesondere vier miteinander verknüpfte Pfeiler aufwies: erstens die Landesverteidigung, deren bedingungslose Unterstützung als conditio sine qua non galt; zweitens die Neutralität, die sich in strategischer Weise sowohl gegen ‚außen‘ als auch gegen ‚innen‘ einsetzen ließ;58 drittens ein – auch im westeuropäischen Vergleich – starker Antikommunismus, mit welchem gesellschaftliche Ausgrenzung legitimiert werden konnte;59 viertens schließlich die Atomenergie, die zunächst im militärischen und dann vor allem im zivilen Bereich mit allen verfügbaren Mitteln gefördert wurde. Die Schweiz des Kalten Krieges zeichnete sich – um eine Begriffsprägung von Gabrielle Hecht zu verwenden – durch eine hochgradige „Nuklearität“ aus, weil maßgebliche Akteure zentrale Probleme und deren Lösungen als „nuklear“ definierten.60 Der schweizerische Kalte-Krieg-Konsens erwies sich über rund 30 Jahre nicht nur als politisch handlungsleitend, sondern auch als relativ stabil, fing indessen ab Mitte der 1960er Jahre an zu bröckeln, geriet in den 1970er Jahren ins Wanken und zerbrach in den 1980er Jahren. Insofern stellten die ersten drei Nachkriegsjahrzehnte – auch als „Trente Glorieuses“ bezeichnet61 –, in denen große Teile der nationalen Elite durch einen sehr hohen Grad von Konsens zusammengehalten wurden, für die moderne Schweiz eine historisch einmalige Phase dar.
Der schweizerische Kalte-Krieg-Konsens zeigt sich in der vorliegenden Arbeit insbesondere in einer hohen Konsensorientierung der für den Strahlenschutz wesentlichen Akteure. So ist es bemerkenswert, dass es hinsichtlich der Formulierung und Umsetzung von Strahlenschutzkonzepten und -maßnahmen zwar zu vielfältigen Auseinandersetzungen kam, diese aber kaum grundlegend inhaltlicher Art waren. Vielmehr handelte es sich primär um Kompetenzstreitigkeiten, Finanzkonflikte und Ressourcenkämpfe. Der Kalte-Krieg-Konsens wird in den untersuchten Akten und Dokumenten selten explizit, sondern, wenn überhaupt, implizit adressiert – und stellt insofern ein quellenkritisches Problem dar. Er manifestiert sich in den analysierten Quellen indessen in denjenigen Situationen, in denen bestimmte Pfeiler – die nukleare Aufrüstung der Schweizer Armee, die zivile Nutzung der Atomenergie und die gesellschaftliche Unterstützung von Armee und Zivilschutz – während verschiedener Phasen des Kalten Krieges aufgrund zivilgesellschaftlicher Kritik auf dem Spiel standen. Dann wird deutlich, dass Abweichungen vom Kalte-Krieg-Konsens nicht geduldet und mit Vehemenz bekämpft wurden.
Den schweizerischen Kalte-Krieg-Konsens teilten auch die in den schweizerischen Strahlenschutz involvierten Personen und Institutionen, die ich im Folgenden gesamthaft als schweizerisches Strahlenschutznetzwerk bezeichnen werde. Der Begriff des Netzwerks verweist auf die engen Verflechtungen der in diesem Bereich tätigen Akteure. Das Strahlenschutznetzwerk umfasste in erster Linie staatliche, aber auch einige private Akteure, von denen die meisten Teil der Bundesverwaltung oder dieser administrativ angegliedert waren. Es bestand zwar aus einer Vielzahl von Institutionen, aber letztlich aus einer überschaubaren Anzahl von prägenden Personen, die sich gegenseitig gut kannten, Grundüberzeugungen teilten, in verschiedenen Funktionen zusammenarbeiteten und so vielfältige Beziehungen unterhielten. Die Wissenschaftshistorikerin Soraya Boudia hat die internationale Strahlenschutzgemeinschaft als „small world“ bezeichnet, weil deren Mitglieder häufig gleichzeitig in verschiedenen Strahlenschutzorganisationen tätig waren.62 Diese Beobachtung trifft auch auf das schweizerische Strahlenschutznetzwerk zu, das über viele Jahre von einem kleinen Expertenkreis geprägt wurde. Dies wird in dieser Arbeit daraus ersichtlich, dass gewisse Personen – bisweilen in unterschiedlichen Funktionen – in verschiedenen Kapiteln immer wieder auftauchen. Diese Rollenakkumulation führte dazu, dass der Kreis der tonangebenden Strahlenschützer in der Schweiz relativ klein war. Zudem zeichneten sich die Strahlenschutzgremien durch eine große personelle Kontinuität aus. Viele Personen fungierten jahrelang als Mitglied der auf Milizbasis operierenden außerparlamentarischen Expertenkommissionen oder als leitende Mitarbeiter in den zuständigen Ämtern und Abteilungen des Bundes, was die enge Verflechtung des schweizerischen Strahlenschutznetzwerks verstärkte.
Beim schweizerischen Strahlenschutznetzwerk handelte es sich – von wenigen Ausnahmen abgesehen – fast ausschließlich um ein Männernetzwerk. Die meisten Strahlenschutz-Fachleute waren ausgebildete Physiker, Mediziner, Biologen oder Chemiker. Sie befassten sich mit Strahlenwirkungen, -messungen und -grenzwerten, spielten nukleare Bedrohungsszenarien durch, entwickelten Alarmsysteme gegen Strahlen und bauten Rettungsdienste für atomare Katastrophen auf. Kaum involviert waren sie hingegen in den nun ebenfalls stärker historisch erforschten Schutzraumbau. Hier waren es nämlich weniger die großen Mengen an freigesetzter Radioaktivität, sondern vielmehr die ungeheuren Druck- und Hitzewellen einer Atombombe, welche die Ingenieure des Zivilschutzes umtrieben.63 Mit ihrem Fokus auf die Herstellung von Strahlensicherheit rückt die vorliegende Arbeit eine weitgehend unbekannte Dimension der Geschichte des schweizerischen Kalten Krieges in den Blick.
Bürokratie, Papierberge und imaginärer Kalter Krieg
Das für das Regieren von Strahlen verantwortliche schweizerische Strahlenschutznetzwerk operierte primär auf eidgenössischer Ebene. Dies ist dadurch bedingt, dass Atomenergie und Strahlenschutz schon vor und insbesondere nach Annahme des entsprechenden Verfassungsartikels im Jahr 1957 in die Kompetenz des Bundes fielen. Aus diesem Grund nimmt die vorliegende Arbeit hauptsächlich diese Ebene in den Blick. Der Bund war sowohl im Hinblick auf die Forschungsförderung als auch die Rechtsgrundlagen und die Verteidigungsmaßnahmen die entscheidende Instanz.
Die maßgebenden Strahlenschutzinstitutionen waren drei Bereichen der Bundesverwaltung zugeordnet: Im Bereich des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung war das Eidgenössische Departement des Innern mit dem Eidgenössischen Gesundheitsamt und dessen 1958 geschaffenen Sektion für Strahlenschutz federführend. Administrativ zugeordnet waren hier ab 1956 die Eidgenössische Kommission zur Überwachung der Radioaktivität, ab 1964 der Alarmausschuss für den Fall erhöhter Radioaktivität und ab 1967 die Eidgenössische Kommission für Strahlenschutz. Im Bereich der Bewilligung und Kontrolle von Atomanlagen war das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement federführend. Hier entstanden mit der 1960 eingesetzten Eidgenössischen Kommission für die Sicherheit von Atomanlagen und der 1964 geschaffenen Sektion für Sicherheitsfragen von Atomanlagen die beiden wesentlichen nuklearen Sicherheitsbehörden. Im Bereich der totalen Landes- bzw. Gesamtverteidigung beschäftigte sich insbesondere die 1950 geschaffene Sektion für Schutz und Abwehrmaßnahmen von ABC-Waffen der Abteilung für Sanität des Eidgenössischen Militärdepartements mit Strahlenschutzproblemen. Aber auch der Oberfeldarzt und verschiedene Studiengruppen befassten sich mit Alarmierungs-, Schutz- und Rettungsaufgaben für eine mögliche Atomkatastrophe, ebenso das 1963 im Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement entstandene Bundesamt für Zivilschutz. Diese – keineswegs abschließende – Aufzählung verdeutlicht nicht nur, dass sich eine Vielzahl verschiedener eidgenössischer Behörden und Gremien mit Strahlensicherheit befassten, sondern auch, dass die meisten davon erst in der Nachkriegszeit entstanden. Insofern bilden diese Institutionen einen Ausdruck der „Nuklearität“ des schweizerischen Kalten Krieges.
Die Quellen all dieser und einiger weiterer Strahlenschutzakteure sind zu großen Teilen im Schweizerischen Bundesarchiv in Bern zu finden. Neben diesen Kernbeständen stützt sich diese Arbeit auf Quellen aus dem Archiv des Bundesamtes für Gesundheit in Liebefeld bei Bern, das ältere Unterlagen der Sektion für Strahlenschutz enthält. Weiter wurden das Archiv des Schweizerischen Nationalfonds in Bern, das Universitätsarchiv Zürich, die Staatsarchive Bern und Zürich, das Archiv der Schweizerischen Gesellschaft für Strahlenbiologie und Medizinische Physik im Inselspital in Bern sowie das Archiv der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften im Institut für Medizingeschichte in Bern gesichtet, um Dokumente über die Förderung und Entwicklung der biologischen Strahlenforschung zu studieren.
Die wissenschaftliche, technische und bürokratische Auseinandersetzung mit Strahlen expandierte während des Kalten Krieges und dehnte sich auf immer mehr Objekte aus. Rund um die ionisierenden Strahlen und die radioaktiven Stoffe gruppierte sich ein wachsender Verwaltungsapparat, welcher in den Konflikten um die Verteilung von Kompetenzen und Ressourcen, in den Aushandlungen von Verordnungen und Gesetzen, in der Konzeption und Organisation von Schutzmaßnahmen sowie in der Produktion von Wissen über Strahlen eine gewaltige Menge an unpublizierten und bislang unbearbeiteten Archivquellen hervorbrachte.64 Deren Analyse ermöglicht es, die Strukturen und Denklogiken des Regierens von Strahlen im Kalten Krieg zu untersuchen.
Die hier in den Blick genommene Ausweitung der Bürokratie korrespondiert mit dem generellen Ausbau der Bundesverwaltung nach 1945. Als Folge wissenschaftlicher und technischer Entwicklungen sowie eines sozioökonomischen und soziopolitischen Wandels übernahm diese im Verlaufe des Kalten Krieges kontinuierlich neue Aufgaben. Der Verwaltungshistoriker Peter Fink spricht davon, dass „gesellschaftliche Probleme in Staatsaufgaben [verwandelt]“ wurden.65 Neben dieser zunehmenden funktionalen Differenzierung der Verwaltung trug aber auch der Kalte Krieg als imaginary war dazu bei, dass zu den in dieser Arbeit untersuchten Fragestellungen Unmengen an Dokumenten und Akten existieren.66 In (west-)europäischen Gesellschaften dominierte der Kalte Krieg als etwas Imaginäres. Er entfaltete seine Virulenz und Persistenz dadurch, dass er permanent ausgemalt, inszeniert und eingeübt wurde.67 Die umfassende Vorbereitung auf einen künftigen Atomkrieg mobilisierte nicht nur unzählige Objekte, Personen und Institutionen, sondern auch sehr viel Papier. Diese Papierberge, diese „fiktionalen Inszenierungen“ – so die Literaturwissenschaftlerin Eva Horn – ermöglichen es, das „Kippen der Hypothese in Wirklichkeit, der Simulation in Kriegsführung, der Spekulation in Gewissheit“ zu rekonstruieren.68 Tatsächlich hinterließ das Imaginäre des schweizerischen Kalten Krieges nicht nur ein faszinierendes papiernes Erbe. Vielmehr zeitigte es, wie diese Arbeit zeigen wird, auch vielfältige ‚reale‘ Effekte.
Problemfall – Normalfall – Notfall – Ernstfall
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in vier Teile: Problemfall, Normalfall, Notfall und Ernstfall. Nachdem in diesem Kapitel skizziert wurde, wie und weshalb Strahlen nach 1945 in der Schweiz zu einem Problemfall des Regierens wurden, bilden die je drei Kapitel zum Normal- bzw. zum Notfall die beiden Hauptteile der vorliegenden Arbeit. Sie sind dabei komplementär aufgebaut: Während das jeweils erste Kapitel die maßgebende Form der Wissensproduktion in den Blick rückt, fokussieren die zwei weiteren Kapitel die dominanten gouvernementalen Handlungsansätze, mit welchen Strahlensicherheit hergestellt werden sollte.
In den Kapiteln zum Normalfall stehen mit dem Forschen, dem Überwachen und dem Regulieren Tätigkeiten im Zentrum, die routinemäßig durchgeführt oder kontinuierlich angewandt wurden. Die dabei auftretenden Akteure befassten sich also mit Strahlen, solange alles ‚normal‘ lief. Sie stellten mit ihren Interventionen mitunter auch ‚Normalität‘ her, indem ihre Handlungen entweder fortlaufend bestätigten, dass alles ‚normal‘ war, oder aber Wissen oder Bestimmungen hervorbrachten, die vor allem unter ‚normalen‘ Bedingungen Anwendung finden sollten. Die im Normalfall ausgeübten Tätigkeiten wurden zu Friedenszeiten überwiegend von zivilen Institutionen und Personen ausgeübt und fanden dabei in erster Linie, jedoch nicht ausschließlich im Hinblick auf einen nuklearen Alltag statt. Den kennzeichnenden Operationsmodus der Herstellung von Strahlensicherheit bildete dabei die bereits erwähnte ‚Verteilung‘ von Sicherheit.
Im Kapitel zum Forschen wird nachgezeichnet, wie verschiedene Forschungsförderungsinstitutionen des Bundes die Produktion von Strahlenwissen vorantrieben. Der Erforschung von Strahlenwirkungen wurde zu Beginn des Kalten Krieges im Hinblick auf Schutzmöglichkeiten in einem künftigen Atomkrieg eine hohe Priorität beigemessen. Ab Mitte der 1950er Jahre verschob sich der Fokus bei der Förderung der biologischen Strahlenforschung immer stärker weg von militärischen hin auf zivile Anwendungshorizonte von Strahlen in der biowissenschaftlichen und klinischen Forschung, woraus ein Boom der schweizerischen Biomedizin resultierte. Demgegenüber verloren strahlenbiologische Untersuchungen, die auf Präventivwissen gegen Strahlen abzielten, bereits ab Mitte der 1960er Jahre mehr und mehr an Bedeutung.
Das darauffolgende Kapitel widmet sich dem Überwachen von Strahlen. Um die Schweizer Armee für einen möglichen Atomkrieg auszurüsten, beschäftigten sich im frühen Kalten Krieg vor allem Stellen im Eidgenössischen Militärdepartement mit Strahlenmessungen und trieben gemeinsam mit Schweizer Industrieunternehmen die Herstellung der dazu notwendigen Messgeräte voran. Mitte der 1950er Jahre rückte aufgrund der Fallout-Debatte die Überwachung der Umweltradioaktivität in den Vordergrund des öffentlichen Interesses. Während der gesellschaftlichen Debatte um die zivile Nutzung der Atomenergie in den 1970er Jahren brachen zwischen verschiedenen Strahlenschutzakteuren der Bundesverwaltung langwierige Konflikte aus, welche sich an der Umgebungsüberwachung von Kernkraftwerken entzündeten. Diese Auseinandersetzungen verdeutlichen die eminent politische Dimension der Strahlenüberwachung.
Das Kapitel zum Regulieren befasst sich mit der Aushandlung und Implementierung von Strahlenschutzvorschriften. Bei der Erarbeitung von Richtlinien, Verordnungen und Gesetzen wird deutlich, dass das Regieren von Strahlen in der Schweiz zum einen von internationalen Normen, zum anderen von öffentlichen Debatten über den radioaktiven Fallout, die zivile Nutzung der Kernkraft und die Sicherheit von Atomanlagen beeinflusst wurde, wobei wirtschaftlichen Interessen ein starkes Gewicht zukam. Als Rechtsgebiet erfuhr der Strahlenschutz während des Kalten Krieges eine zunehmende Bedeutungssteigerung. Wurden in den 1950er Jahren noch unverbindliche Richtlinien formuliert, galt ab 1963 die schweizerische Strahlenschutzverordnung. Anfang der 1980er Jahre bildete sich ein politischer Konsens heraus, ein eigenes Strahlenschutzgesetz zu erlassen.
In den Kapiteln zum Notfall stehen mit dem Simulieren, dem Alarmieren und dem Retten die Maßnahmen gegen einen künftigen Atomkrieg oder eine nukleare Katastrophe im Zentrum. Die involvierten Personen und Institutionen sollten – so die Hoffnung – zwar möglichst nie zum Einsatz kommen müssen, sie bereiteten sich aber dennoch unablässig auf einen atomaren Notfall vor. In die im Rahmen der totalen Landes- bzw. der Gesamtverteidigung geplanten Tätigkeiten, die strategisch auf eine ‚Koordination‘ von Sicherheit ausgerichtet waren, wurden sowohl militärische als auch zivile Akteure eingebunden. In der Vorbereitung auf ein nukleares Ereignis verschwammen dabei nicht nur die Grenzen zwischen den Sicherheitsdispositiven für atomare Notfälle im nuklearen Alltag und im Kriegsfall, sondern auch diejenigen zwischen Friedens- und Kriegszustand. In diesen in der Schweiz des Kalten Krieges besonders ausgeprägten Grenzverwischungen werden die Gesamtverteidigungsorganisationen als hybride Einrichtungen kenntlich, in welchen sich der Anspruch auf eine permanente Kriegsbereitschaft der Schweizer Nation widerspiegelte.
Im Kapitel zum Simulieren wird herausgearbeitet, wie in der Schweiz des Kalten Krieges mittels Kriegsspielen und Szenariobildungen Wissen über (nukleare) Bedrohungen produziert wurde. Stand in den 1950er Jahren die Bedrohungsvorstellung eines Atomkrieges im Zentrum, verlagerte sich das Bedrohungsbild ab Mitte der 1960er und vor allem in den 1970er Jahren zum einen auf den ‚inneren Feind‘, zum anderen auf eine mögliche ökonomische Bedrohung. Im Zuge der nuklearen Aufrüstung zu Beginn der 1980er Jahre wurde die Nuklearkriegsgefahr dann erneut virulent. Gleichzeitig zeigte sich immer deutlicher, dass sich der seitens des Zivilschutzes und der Gesamtverteidigung propagierte Plan- und Machbarkeitsglaube als eine technokratische Illusion erwies.
Das Kapitel zum Alarmieren untersucht den Auf- und Ausbau von Alarmorganisationen und Alarmsystemen. Die Schaffung einer Alarmorganisation für den Fall erhöhter Radioaktivität rückte zwar bereits Anfang der 1960er Jahre in den Handlungsfokus, zog sich allerdings schließlich über Jahre hin und war von vielfältigen Kooperations- und Kommunikationsproblemen zwischen unterschiedlichen Akteuren des schweizerischen Gesamtverteidigungssystems geprägt. Ab den 1970er Jahren rückte die zivile atomare Katastrophe in den Fokus. In der Folge wurde in der Umgebung von Kernkraftwerken ein rasches Alarmsystem errichtet und damit der Umbau der Gesamtverteidigung in Richtung Katastrophenhilfe eingeleitet.
Im Kapitel zum Retten werden die medizinischen Präventionsmaßnahmen behandelt, mit welchen die Schweiz im Falle eines eingetretenen atomaren Notfalls das Überleben der Bevölkerung oder – bei kleineren nuklearen Unfällen – der betroffenen Patientinnen und Patienten zu sichern gedachte. In den 1950er Jahren wurde der schweizerische Blutspendedienst vor allem deshalb massiv ausgebaut, weil man im Falle eines Atomkrieges mit einer riesigen Zahl an Strahlenverletzten rechnete. Gleiches galt für den Aufbau des Koordinierten Sanitätsdienstes ab Mitte der 1960er Jahre. In den 1970er und zu Beginn der 1980er Jahre rückten dann auch vermehrt Strahlenunfälle im nuklearen Alltag in den Blick.
Forschen, Überwachen und Regulieren im Normalfall, Simulieren, Alarmieren und Retten im Notfall – unter diesen Überschriften behandelt die vorliegende Arbeit sechs Mal die zentralen Etappen des Kalten Krieges. Sie erzählt die Geschichte des Regierens von Strahlen dabei jedes Mal aus einer anderen Perspektive und mit einem anderen Fokus, verbunden mit jeweils neuen Herausforderungen und Problemstellungen.
Im Kapitel zum atomaren Ernstfall fließen diese Geschichten zusammen. Im Zentrum steht die tatsächlich eingetretene nukleare Katastrophe, welche die gegen Strahlen errichteten Sicherheitsdispositive real auf die Probe stellte. Ein solcher Ernstfall ereignete sich in der Schweiz während des Kalten Krieges nur einmal, ausgelöst durch den schweren Reaktorunfall in Tschernobyl im Jahr 1986. Durch dieses Katastrophenereignis wurden die Sicherheitsdispositive gegen Strahlen sowohl hinsichtlich der Vorbereitung auf einen atomaren Notfall als auch der Organisation im Normalfall im letzten Jahrzehnt des Kalten Krieges beschleunigt transformiert und neu konfiguriert.
Radioaktive Strahlung ist ein umgangssprachlicher Begriff für die von radioaktiven Stoffen ausgesandte ionisierende Strahlung. Wenn Strahlung durch Materie hindurchdringt, gibt sie Energie ab und kann die Struktur von Atomen verändern. Diese Veränderungen in der Zusammensetzung eines Atomkerns – sogenannte Ionisationen – können zu Mutationen und letztlich zu Schädigungen an Zellen von Lebewesen führen. Röntgenstrahlung wirkt ebenfalls ionisierend, auch wenn diese nicht radioaktiv ist. Als Strahlen werden in dieser Arbeit sowohl radioaktive Substanzen als auch deren Strahlung bezeichnet, zumal dies auch in den verwendeten Quellen nicht konsequent unterschieden wird. Nicht-ionisierende Strahlung wie bspw. Ultraviolettlicht findet in dieser Arbeit keine Berücksichtigung. Dazu: Ingold 2015.
Von zentraler Bedeutung waren hier insbesondere die Experimente des US-amerikanischen Genetikers Hermann Joseph Muller, der 1927 die mutationsauslösende Wirkung von Strahlen nachwies. Es gab indessen schon früher Hinweise darauf, dass Strahlen mutagen wirken. Vgl. Campos/von Schwerin 2016; von Schwerin 2015, S. 126–132.
Zur Atomic Bomb Casuality Commission: Schull 1995; Lindee 1994.
Vgl. Dry 2006; Caufield 1994 [1989], S. 207–226. Es existiert überall auf der Welt auch ein natürlicher Pegel an Niedrigstrahlung.
Vgl. Wildi 2003, S. 19.
Vgl. CH-BAR#E7170B#1968/105#141*, Protokoll der Konferenz über die Verwendung der Atomenergie, 5.11.1945. Vgl. auch Wildi 2003, S. 34 f.
Vgl. Foucault 2006a [2004]; Foucault 2006b [2004]; Foucault 2003 [1994]; Foucault 1978. Meine Lesart von Foucaults Texten zur Gouvernementalität fokussiert nicht die vielfach analysierten Technologien des Selbst. In einer Deutung nahe an Foucaults Texten steht vielmehr die Frage im Zentrum, wie gouvernementales Handeln Sicherheitsdispositive hervorbringt. Vgl. Sarasin 2016, S. 181–191; Purtschert/Meyer/Winter 2008b; Sarasin 2007.
Foucault 1978, S. 119 f.
Ebd., S. 120.
Ebd., Hervorh. i. O.
Foucault 2006a [2004], S. 73.
Zum vermeintlichen Widerspruch zwischen Freiheit und Sicherheit: Demirovic 2008.
Foucault 2006a [2004], S. 78.
Ebd.
Für die Aufgabe der nuklearen Option der Schweizer Armee waren insbesondere drei Gründe ausschlaggebend: Erstens waren große Militärkredite nach einer enormen Kostenüberschreitung bei einer Kampfflugzeugbeschaffung, der sogenannten Mirage-Affäre im Jahr 1964, nur noch wenig populär. Vgl. Urio 2008. Zweitens hatte der schweizerische Reaktorbau fortwährend mit Problemen zu kämpfen. Vgl. insb. Wildi 2003. Drittens unterzeichnete die Schweiz 1969 den Atomsperrvertrag. Vgl. Wollenmann 2004.
Das Prinzip der ‚Verteilung‘ von Sicherheit im Normalfall meint somit nicht dasselbe wie die „distributed preparedness“ bzw. der „emergency federalism“, die auf einen möglichen (atomaren) Notfall ausgerichtet sind. Vgl. dazu Kapitel 6.2 und 7.3.
Die Kapitel zum atomaren Notfall werden zeigen, dass ‚Koordination‘ bereits zeitgenössisch ein prominent verwendeter Begriff war.
Davon zeugt eine steigende Zahl von Einführungen und Überblicken, Themenheften und Sammelbänden. Siehe u. a. Conze 2018; Bauerkämper/Rostislavleva 2014; Lange/Wendekamm/Endress 2014; Hempel/Bartels/Markwart 2013; Daase/Offermann/Rauer 2012; Zwierlein 2012a; Hempel/Krasmann/Bröckling 2011; Zoche/Kaufmann/Haverkamp 2011; Tönsmeyer/Vowinckel/Kirsch 2010; Zwierlein/Graf/Ressel 2010; Lüthi/Purtschert 2009; Purtschert/Meyer/Winter 2008a.
Vgl. Zwierlein 2012b, S. 367; Tönsmeyer/Vowinckel 2010, S. 165.
Zur „Suche nach Sicherheit“ in der Bundesrepublik Deutschland: Conze 2009; Conze 2005.
Vgl. bspw. die klassische Studie von John Lewis Gaddis: Gaddis 1982. Eine Ausnahme bildet Martin Diebels Studie zum Zivil- und Katastrophenschutz in der Bundesrepublik Deutschland und in Großbritannien, die Perspektiven der Sicherheitsgeschichte aufgreift: Diebel 2017.
Vgl. Conze 2018, S. 67–105, bes. S. 101–105.
Ebd., S. 105.
Vgl. insb. Daase 2012a; Daase 2012b; Daase 2011; Daase 2010; Daase 2009.
Vgl. Bundesrat 1973.
Vgl. Schneider 2013; Haltiner 2011; Breitenmoser 2002; Frey 2002; Spillmann/Wenger/Breitenmoser/Gerber 2001; Mantovani 1999; Däniker/Spillmann 1992; Senn 1983. Zum Topos der zivilen Sicherheit: Kaufmann 2011.
Zwierlein 2012b, S. 382.
Überblicke über Verbreitung und mediale Inszenierung populärkultureller Atombilder bieten u. a.: van Lente 2012; Bigg/Hennig 2009; Zeman/Amundson 2004.
Vgl. Masco 2006, bes. S. 43–98.
Einen Überblick über Angst im Kalten Krieg bietet: Greiner/Müller/Walter 2009. Siehe auch die auf den Kalten Krieg bezogenen Texte in: Bormann/Freiberger/Michel 2010. Zur Geschichte der nuclear fear grundlegend: Weart 2012; Weart 1988. Zur Strahlen- und Atomangst auch: Hogg 2012; Biess 2009; Nehring 2009; Schregel 2009; Masco 2008; Geyer 2001 [2001]. Für emotionsgeschichtliche Forschungen, die nicht Angst, sondern andere Gefühle wie Gemeinschaft und Solidarität fokussieren: Brauer 2015; Kühn 2015; Lorenz 2015. Zum Aufstieg von Emotionen in der Wissenschaft ab 1960: Biess/Gross 2014.
Vgl. Greiner 2009a, S. 18; Greiner 2009b, S. 75.
Vgl. van Dongen 2015; Oreskes/Krige 2014; Erickson/Klein/Daston/Lemov/Sturm/Gordin 2013; Wolfe 2013; Heyck/Kaiser 2010; Reynolds 2010; Engerman 2007; Unger 2006; Engerman 2003; Geiger 2003 [1997]; Krige 2003 [1997]; Pestre 2003 [1997]; Hounshell 2001; Solovey 2001; Hounshell 1997; Geiger 1992. Spezifisch zu den Sozialwissenschaften: Link 2018; Müller 2013; Solovey/Cravens 2012; Engerman 2010. Klassisch mit vielen Beiträgen zum Kalten Krieg: Mendelsohn/Smith/Weingart 1988.
Vgl. von Schwerin 2015, bes. S. 305–338; Creager 2014; Creager 2013; von Schwerin 2012; von Schwerin 2010b; Boudia 2009; Creager 2009; Herran/Roqué 2009; von Schwerin 2009; von Schwerin 2008; Creager 2006; Gaudillière 2006; Rheinberger 2006b; Santesmases 2006; Creager 2004; Creager 2002; Rheinberger 2001.
Vgl. Strasser 2006; Strasser 2004.
Vgl. von Schwerin 2015; von Schwerin 2010a; von Schwerin 2010b; von Schwerin 2008.
Vgl. Dommann 2006; Dommann 2003. Zur Geschichte der Röntgenstrahlen auch: Holtzmann Kevles 1998.
Diese beziehen sich zum einen auf die Geschichte der Erforschung der von Strahlen hervorgerufenen Spätschäden bei den Überlebenden der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki: Schull 1995; Lindee 1994. Zum anderen gerät die Geschichte gesundheitsgefährdender Strahlenanwendungen in der Radiumindustrie und in der Medizin in den Blick: Emmenegger 2018a; Emmenegger 2018b; Greene 2000; Welsome 1999; Clark 1997. Zur Geschichte von Radium und Radioaktivität auch: Studer 2017; Campos 2015; Rentetzi 2008a; Rentetzi 2008b; Caufield 1994 [1989]; Badash 1979.
Vgl. Walker 2000. Zur Geschichte des Strahlenschutzes und der Regulierung von Strahlen auch: Boudia 2008; Boudia 2007; Lindell 2006 [1999]; Lindell 2004 [1996]; Caufield 1994 [1989]; Hacker 1994; Walker 1994; Walker 1992; Hacker 1987; Mazuzan/Walker 1984; Taylor 1979; Serwer 1976.
Vgl. Abele 2002; Abele 2000.
Vgl. Pieper Mooney/Lanza 2013.
Vgl. Bott/Hanhimäki/Schaufelbuehl/Wyss 2017.
Zwischen Schweden und der Schweiz existierten zahlreiche Parallelen, so neben der ‚Neutralität‘ etwa bezüglich der fehlenden Kriegserfahrung und eines ausgeprägten Sonderfalldenkens. Gleiches gilt für die enormen Zivilschutzanstrengungen. Zum schwedischen Zivilschutz: Bennesved/Norén 2018; Cronqvist 2015; Cronqvist 2012; Cronqvist 2009.
Eine Ausnahme bildet jüngst: Buomberger 2017. Kritisch dazu: Berger Ziauddin/Eugster/Marti/Meier/Meier/Ritzer 2017. Für einen Überblick: Tanner 2015, S. 292–466; Kreis 2014; Gilg/Halblützel 2006 [1986], S. 821–968; Bretscher-Spindler 1997.
Vgl. Bott/Hanhimäki/Schaufelbuehl/Wyss 2015; Wyss 2012; Bott/Schaufelbuehl/Zala 2011; Schaufelbuehl/König 2009; Gaffino 2006; Kreis 1996.
Zum Beharrungsvermögen des Nationalen: Greiner 2009a, S. 19; Greiner 2009b, S. 76.
Zum Konzept der totalen Landes- bzw. Gesamtverteidigung: Kälin 2018; Breitenmoser 2002; Spillmann/Wenger/Breitenmoser/Gerber 2001; Däniker/Spillmann 1992; Senn 1983. Kritisch dazu: Degen 2009; Degen 2007; Tanner 1997; Hug 1988; Tanner 1988b; Schnyder 1988. Zur Schweizer Armee im Kalten Krieg: Jaun 2019, S. 245–336; Fuhrer/Wild 2010; Braun 2006; Beck/Braun 2003; Guisolan 2003; Kurz 1985. Zur Geschichte des Zivilschutzes: Meier/Meier 2010; Meier M. 2007; Meier Y. 2007; Aeberhard 1983; Aeberhard 1978.
Vgl. Berger Ziauddin 2019; Berger Ziauddin 2018; Berger Ziauddin 2017a; Berger Ziauddin 2017b; Berger Ziauddin 2015a; Berger Ziauddin 2015b.
Zum „war-like character“ des Kalten Krieges: Nehring 2012. Zur „totalen Politik“ des Kalten Krieges: Greiner 2003.
Zur Option einer schweizerischen Atombewaffnung grundlegend: Cerutti 2011; Hug 1998; Metzler 1997; Stüssi-Lauterburg 1995; Hug 1991; Hug 1987, bes. S. 39–127. Vgl. auch Braun 2007; Braun 2006, S. 745–824; Wollenmann 2004; Beck/Braun 2003; von Falkenstein 1997; Ulrich/Baumann 1997.
Zur schweizerischen Anti-Atom- und Friedensbewegung im Kalten Krieg: Brunner/Culetto/Habicht/Hohl/Müller-Berger/Müller-Vonder Mühll/Stoll-Bauer 2006; Rengel 1995; Epple-Gass 1988; Tanner 1988a; Brassel/Tanner 1986; Epple 1986; Amherd 1984.
Zur schweizerischen Reaktor- und Atomtechnologieentwicklung grundlegend: Kupper 2006; Wildi 2005; Wildi 2003; Kupper 2003a; Gugerli/Kupper/Wildi 2000; Hug 1998; Hug 1994; Hug 1991; Hug 1987. Vgl. auch Fischer 2019; Schweizerische Gesellschaft der Kernfachleute 1992; Favez/Mysyrowicz 1987; Meylan 1983. Zur Anti-Atomkraft-Bewegung grundlegend: Häni 2018; Kupper 2003a. Vgl. auch Kupper 2006; Kupper 2005a; Kupper 2005b; Graf 2003; Kupper 1998; Kriesi 1985; Kriesi 1982.
Journalistisch hierzu: Boos 1999. Der Geologe und Sozialwissenschaftler Marco Buser hat sich zudem mit der Geschichte der radioaktiven Endlagerung in der Schweiz befasst. Er spricht davon, dass das Problem der langfristigen Entsorgung von radioaktivem Material lange Zeit „vergessen“ wurde: Buser 2019. Vgl. auch Buser 1988; Buser/Wildi 1984. Auch für den Strahlenschutz spielte diese Thematik eine untergeordnete Rolle; hier bezeichneten „radioaktive Abfälle“ in erster Linie Emissionen radioaktiver Stoffe aus Atomanlagen, Industriebetrieben und Spitälern. Vgl. dazu Kapitel 3.3.
Zur Schweiz der 1950er Jahre: Buomberger/Pfrunder 2012; Imhof 2010; Leimgruber/Fischer 1999; Furrer 1998; Imhof/Kleger/Romano 1996; Blanc/Luchsinger 1994; Tanner 1992. Zur Schweiz der 1960er Jahre: Imhof/Kleger/Romano 1999; König/Kreis/Meister/Romano 1998a.
Zur Schweiz der 1970er und 1980er Jahre: Schaufelbuehl 2009; Furrer/Weder/Ziegler 2008; König/Kreis/Meister/Romano 1998a.
Zu den 1970er Jahren als Umbruchjahrzehnt: Bösch 2019; Hellema 2019; Levsen 2016; Reitmayer/Schlemmer 2014; Doering-Manteuffel/Raphael 2012 [2008]; Ferguson/Maier/Manela/Sargent 2011 [2010]; Jarausch 2008; Jarausch 2006.
Vgl. bspw. Ritzer 2015.
Zum ‚Cold War Consensus‘ in den USA insb.: Fordham 1998.
Zur Neutralität der Schweiz während des Kalten Krieges grundlegend: Kreis 2004. Vgl. auch Schaufelbuehl/Wyss/Bott 2015; Fischer 2004; Flury-Dasen 2004; Trachsler 2002; Cerutti 2000; Möckli 2000; Mantovani 1999.
Zum Antikommunismus in der Schweiz grundlegend: Caillat/Cerutti/Fayet/Roulin 2009. Vgl. auch Zimmermann 2019. Zum Antikommunismus im Kalten Krieg allgemein: van Dongen/Roulin/Scott-Smith 2014; Greiner 2011; Whitfield 2006; Whitfield 1996. In der Schweiz: Buclin 2017; van Dongen 2014; Gillabert 2014; van Dongen 2011; Burri 2004.
Vgl. Hecht 2006. „Nuklearität“ fungiert gemäß Hecht als Gradmesser dafür, inwiefern eine Nation, ein Programm, eine Technologie oder ein Material als „nuklear“ wahrgenommen wird. In diesem Sinn bildet „Nuklearität“ nicht nur ein sich wandelndes technopolitisches Spektrum, sondern zeitigt auch Folgen für Politik, Kultur und Gesundheit, da Nuklearitätsgrade bspw. die Konzeptionen von Anti-Atom- und Anti-Atomkraft-Bewegungen, aber etwa auch die Bedingungen des Arbeitsschutzes in der Nuklearindustrie strukturieren.
Tanner 2015, S. 381.
Boudia 2007, S. 399 f.
Vgl. Berger Ziauddin 2017a, bes. S. 932–939.
Zur Theorie der Verwaltung und der Bürokratie: Balke/Siegert/Vogl 2016; Seibel 2016. Für eine Kritik der Bürokratie: Graeber 2016 [2015].
Fink 1999, S. 199.
Zum Konzept des Kalten Krieges als imaginärer Krieg: Kaldor 1992 [1990]; Geyer 1990. Für aktuelle Forschungen, welche an die Interpretation des imaginären Kalten Krieges anschließen: Grant/Ziemann 2016; Eugster/Marti 2015a; Bernhard/Nehring 2014; Devlin/Müller 2013; Vowinckel/Payk/Lindenberger 2012. Für ältere Studien zum „imaginären Krieg“ grundlegend: Oakes 1994.
Vgl. Eugster/Marti 2015b, bes. S. 4.
Horn 2004, S. 328.