Der hochwürdigen orthodoxen theologischen Fakultät „Ilarion V. Felea“ der Universität Arad widmet der Autor diese Arbeit als Zeichen des Dankes für die Verleihung der Ehrenplakette „Aurel Vlaicu“.
Unsere Untersuchung beschäftigt sich mit konfessionellen Identitätskonstruktionen. Am Beispiel der Repräsentation des „Corpus Macarianum“ in der evangelischen Theologie betrachten wir Bilder, die der deutschsprachige Protestantismus von ostkirchlichen Identitäten zeichnete.1 Unseren Blick auf diese protestantischen Spiegelungen verstehen wir als Beitrag zur Schärfung der konfessionellen Selbstwahrnehmung durch die Auseinandersetzung mit religiösen Selbst- und Fremdbildern.
Das „Corpus Macarianum“ hat einen unmittelbaren Beitrag zur Ausbildung der ostkirchlichen Identitäten innerhalb des orthodoxen Selbstverständnisses geleistet: John Meyendorff zählte „Makarios“ zu den „populärsten geistlichen Schriftstellern des christlichen Ostens“2 und würdigte ihn als Lehrer des Gebetes.3 Das „äußerst … einflussreiche“4 Schrifttum des Makarios sei durch seine innerorthodoxe Rezeption (etwa in der Philokalia)5 zur „beliebtesten Form ostkirchlicher Spiritualität“6 geworden. Zeitgenössische orthodoxe Theologen teilen diese Einschätzung.7
Die Makarios-Zitate in den Messalianerreferaten bei Theodoret von Kyros, Timotheus von Konstantinopel und Johannes von Damaskus erinnern daran, dass das „Corpus Macarianum“ auch über die Grenzen der byzantinischen Reichskirche hinaus rezipiert worden ist.8 Wie Columba Stewart ausgeführt hat, sind unterschiedliche Verhältnisbestimmungen zwischen „Makarios“ und dem Messalianismus vorstellbar.9 Stewart selbst deutet die „messalianischen“ Passagen des „Corpus Macarianum“ als Reflexe der Bilderwelt des syrischen Christentums.10 Syrische Kontexte des Makarios hat die Patristik auch für dessen Wirkungsgeschichte festgestellt, wie neben anderen auch Pablo Argárate, Adrian Pirtea und Jason Scully dargelegt haben.11 Zuletzt konnte Wadid el Macari auch eine „ägyptische“ theologische Grundierung im „Corpus Macarianum“ nachweisen und erbrachte damit einen weiteren Beleg für die Verankerung dieses Schrifttums in den altorientalisch-christlichen Traditionen.12
Über seinen Beitrag zur Herausbildung einer ostkirchlichen Identität im byzantinischen Christentum und im christlichen Orient hinaus förderte das Makarios-Schrifttum auch die Auseinandersetzung mit „ostkirchlichen Identitäten“ in der westlichen Theologie.13 Dem römisch-katholischen Bereich entstammt die Erstausgabe der 50 Geistlichen Homilien des Makarios, die seit dem 16. und 17. Jahrhundert von spanischen Humanisten, jesuitischen Novizenmeistern und benediktinischen Mönchen gelesen wurden.14 Auf das „Corpus Macarianum“ beriefen sich katholische Erbauungsschriftsteller des 19. Jahrhunderts ebenso wie Papst Paul VI. in der dogmatischen Konstitution „Lumen Gentium“ des II. Vaticanum.15
Für die protestantische Theologie, mit deren Makarios-Rezeption sich unser Band beschäftigt, beschrieb Ernst Benz die „Wiederentdeckung der Mystik der orthodoxen Kirche“, die „in erster Linie die Wiederentdeckung Makarios’ des Ägypters“16 gewesen sei, als einen Schritt westlicher Identitätsfindung.17
Allerdings ist der von Benz in Aufnahme von kirchensoziologischen Ideen von Ernst Troeltsch für das 17. und 18. Jahrhundert beschriebene Rezeptionsprozess bislang noch nicht mit der Untersuchung der protestantischen Makariosrezeption in späterer Zeit verbunden worden. Denn nach wie vor gilt die Scheidung zwischen der Rezeption des Makarios vor und nach der von Caspar Oudin ausgelösten Debatte um die Autorschaft des „Corpus Macarianum“ (vgl. II.7.1) und das Diktum von Klaus Fitschen, „die frühneuzeitliche Makariosrezeption“, d.h. die Rezeption vor Oudin, habe „mit dem Messalianismusproblem nichts zu tun“18. Tatsächlich wurde die Diskussion des „Messalianismusproblems“ in der deutschen evangelischen Theologie des 20. Jahrhunderts jedoch nicht unwesentlich von den voraufklärungszeitlichen protestantischen Makariosdeutungen beeinflusst. Unreflektiert konfessionelle Sichtweisen prägen die protestantische Makariosrezeption deshalb bis in die Gegenwart.
Diese Sichtweisen zeichnen sich durch ihre paradoxe Signatur aus: Züge apologetischer Aneignung wechseln mit Zügen polemischer Verwerfung, wobei sowohl die Verwerfungsattitüde wie auch die Aneignungsattitüde einen absoluten Geltungsanspruch erheben.19 Das geschilderte Phänomen scheint von Anbeginn an zum Protestantismus zu gehören: Bereits Luther berief sich einerseits dort auf die „Griechen“, wo diese als Kritiker vermeintlicher „Neuerungen“ der römischen Kirche auftraten.20 Andererseits wurde die Ostkirche, wo sie gemeinsame Positionen mit der römischen Kirche vertrat, von Luther zur Mitakteurin einer kirchlichen Dekadenzgeschichte erklärt.21 Philipp Melanchthon, Georg Major und Flacius Illyricus systematisierten Luthers Äußerungen über seine theologischen „Vorläufer“ zum Konzept einer protestantischen Kontinuität mit den „Wahrheitszeugen“ der Apostel und der Alten Kirche.22 Nun gestand man ostkirchlichen Vätern dort Gewicht zu, wo sie reformatorische Positionen bestätigten.23 Wo diese Väter hingegen nicht mit der protestantischen Sicht übereinstimmten, unterzog man sie einem Prozess der Reinigung durch Traditionskritik.24 Aus ostkirchlicher Sicht behandelten protestantische Theologen damit „die Lehrer der Kirche bald so, bald anders.“25 Zu Unrecht beanspruchten nach der Ansicht der ostkirchlichen Kritiker die protestantischen Theologen das Ursprüngliche als das Eigene, um sich vom vermeintlich fehlentwickelten Fremden mit überlegenem Gestus distanzieren zu können.26 Mit Blick auf die Doppelstruktur von apologetischer Aneignung und polemischer Verwerfung und deren diskursiver Inszenierung sprechen wir im Folgenden von einer „bipolaren protestantischen Pathosformel“.27 Wenn wir das „Corpus Macarianum“ als Projektionsfläche protestantischer Selbstbilder und Spiegel der Repräsentationen protestantischer Fremdbilder von der Ostkirche untersuchen, stoßen wir an zentralen Punkten auf diese bipolare Formel. Auch dort, wo davon abweichende Rezeptionsmodelle der „Macariana“ entstanden, blieb die Einordnung des makarianischen Schrifttums mit der Bestimmung der eigenen, konfessionell-protestantischen Identität verbunden.
Unsere Darstellung untersucht nach einer Einführung in das Schrifttum des „Corpus Macarianum“ (I) ausgewählte deutschsprachige protestantische Makariosbilder aus fünf Jahrhunderten (II). Beginnend mit den nachreformatorischen Theologen Michael Neander, Johann Arndt und Johann Gerhard beschreiben wir die Aufnahme des „Corpus Macarianum“ in der protestantischen Theologie unter dem Leitmotiv der „Nachahmung“ (II.6). In einer zweiten Phase, die die Aufklärungstheologen Siegmund Jakob Baumgarten, Johann Salomo Semler und der Schöpfer des modernen Protestantismus, Friedrich Daniel Schleiermacher einleiteten, wurde das Nachahmungsmotiv von dem Bewusstsein einer historischen Distanz abgelöst, die dem „Corpus Macarianum“ seinen Platz in einer Dogmengeschichte zuwies, deren Ziel und Kulminationspunkt die protestantische Theologie darstellte (II.7).
Als Adolf Jülicher 1921 die Messalianerthesen Louis Villecourts popularisierte und eine „häretische“ Verortung des Makarios in der Alten Kirche und im byzantinischen Christentum imaginierte, begann die dritte Rezeptionsphase der Makarioshomilien im deutschen Protestantismus: Um die Messalianertheorie zu belegen, mussten die vorliegenden makarianischen Texte zu „verkirchlichenden“ Überarbeitungen verlorener Ursprungstexte deklariert werden, deren ursprüngliche „Gestalt“ allein durch die Literarkritik der protestantischen Theologie wieder hergestellt werden konnte. Parallel zu dem Bemühen, eine durch fremdkonfessionelle Ignoranz entstandene „Pseudomorphose“ des Makariostextes zu revidieren, wurden Elemente der Geschichtsdeutung Gottfried Arnolds reaktiviert und deren hagiographische Züge dem heroischen Zeitstil der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts angepasst (II.8.1–2). Diese vermeintlich historisch neutrale, tatsächlich aber apologetisch und konfessionspolemisch geprägte Sichtweise auf das „Corpus Macarianum“ sollte erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts von interkulturellen, zunächst stärker ökumenisch und später auch interreligiös geprägten Perspektiven (und deren eigenen Spannungen und Widersprüchen) abgelöst werden (II.9).
Die protestantische „Makariosrezeption“ konnte durch die Zitation von Auszügen aus dem griechischen Text erfolgen. Makarianische Texte konnten außerdem ins Lateinische oder ins Deutsche übersetzt, glossiert, paraphrasiert oder kommentiert werden. Die Rezeption führte zu Veränderungen, Assimilationen und auch zu „Amputationen“ des „Corpus Macarianum“, die den Text den Ansichten seiner protestantischen Ausleger anglichen. Um diese unterschiedlichen „Collagen“28 zu klassifizieren, orientieren wir uns am Modell der Intertextualität, das Gérard Genette auf der Grundlage von Arbeiten Julia Kristevas fortentwickelte.29 Der intertextuelle Ansatz stellt vor Augen, wie ein „Buch im Buch“30 einerseits von den es umgebenden Sinngefügen verändert wird und andererseits zugleich seinerseits diese verändert. Unter dieser Perspektive können wir deshalb das „Corpus Macarianum“ nicht allein als ein „Objekt“ protestantischer Rezeption wahrnehmen, sondern vermögen zugleich die theologische Einwirkung des „Corpus Macarium“ auf seine protestantischen „Ko-Texte“ zu untersuchen.
Wir verwenden in unserer Arbeit durchgehend „Makarios“ und „Corpus Macarianum“ anstelle von „Ps.-Makarios“ oder „Makarios/Symeon“. Im Zentrum der Darstellung stehen ausgewählte, in deutscher Sprache von evangelischen Theologinnen und Theologen vorgelegte Arbeiten zu Makarios, die in den Diskursen des deutschsprachigen Protestantismus rezipiert wurden.
Meyendorff, Legacy 161.
Ebd. 169.
Ebd. 205.
Ebd. 185.
Vgl. ebd. 199 „Macarius … has become the actual mainstream of Eastern Christian Spirituality“.
Vgl. Plested (Legacy 1) beschreibt das „Corpus Macarianum“ als „one of the fountainheads of the Christian ascetic and mystical tradition“ und „a profound and formative influcence quite as decisive as that of Dionysius the Areopagite or Evagrius of Pontus“.
Vgl. Theodoret, H.E. 4, 11 und ders. HFC 4, 11; Timotheus, de iis; Joh. Dam. Haer 80. Dazu: Stewart, Earth, 52–69 und 244–281.
Stewart, Earth 7: „Are the Ps.-Macarian writings ‚Messalian‘? Was the author the founder of the Messalians, or one among many messalian teachers? Was he … a messalian extremist or an ecclesiastical fifth columnist, who was redirecting the movement“.
Stewart, Earth 10: „The imagery and terminology associated with Messalianism is no more or less than a dramatic manifestation of Syrian Christianity in greek guise“. Ähnlich: Escolan, Monachisme 27 u.ö. Ohne die syrischen Bezüge zu bestreiten, merkt Fitschen (Messalianismus,13–14) dazu kritisch an, dass die Messalianismus-Problematik nicht komplett durch die syrischen Bezüge der „Macariana“ erklärt werden könne.
Vgl. Argárate, Pseudo-Macarius 49–60; Pirtea, Sinne 91–120; Scully, Isaak 127–129 und 144–145.
Vgl. el Macari, Balance.
Im 22. Canto des „Paradiso“ seiner „Göttlichen Komödie“ lässt Dante den heiligen Benedikt auf die Mönchsväter Makarios und Romualdus weisen, die sich der Kontemplation Gottes widmen: Dante, Commedia, Paradiso, Canto 22, 49–51: „Qui è Maccario, qui è Romoaldo, qui son li frati mièi che déntro ai chiòstri, fermar li pièdi e ténnero il còr saldo“ („Hier ist Makarius, hier ist Romualdus, hier sind auch meine Brüder, die getreu im Herzen und im Kloster standhaft blieben“). Um 1300 entstand auch die lateinische Übersetzung der 150 Kephalaia und des großen Briefes durch den seinerzeit im Exil in Thessaloniki befindlichen Spiritualen Angelo Clareno (ca. 1250–1337) (vgl. Armelle Le Huërou, Angelo Clareno 1–19). Zur lateinischen Übersetzung des 6. Jahrhunderts vgl. I.1.
Vgl. Plested (Survey 438) und Desprez (Macaire 40). Als ein Beispiel für die gegenreformatorische Makariosrezeption sei die Schrift „Der unsichtbare Kampf“ (Combattimento Spirituale, Venedig 1589) des Theatiners Lorenzo Scopuli (1530–1610) genannt, die ihrerseits durch den Athosmönch Nikodemos Hagiorites (1749–1809) und den russischen Einsiedler Theophan den Klausner (1815–1894) übersetzt wurde (vgl. Knechten, Katholische Spiritualität 17–90 [die Makarioszitate ebd. S. 22 = opusculum 1, 6 und S. 58 = H 40, 1]), sodass wie im Fall der russischen Übersetzungen der „Vier Bücher“ Johann Arndts eine Rezeption „in zweiter Instanz“ erfolgte (vgl. dazu: unten II.6.5).
Vgl. Lumen Gentium V, 40 (vgl. Macarius, Opuscula [De Oratione], col. 861A-B). Ein Beispiel für die erbauliche römisch-katholische Makariosrezeption im 19. Jahrhundert ist das Werk „La piété et la vie intérieur“ des Bischofs Louis Gaston de Ségur vgl. ebd. 66–67 und 184.
Vgl. Benz, Thebais 9.
Benz, Thebais 130. Mit dem Stichwort der „Wiederentdeckung“ bietet Benz eine Deutung der theologischen Berührungen zwischen dem Protestantismus und der Ostkirche, denen er ein Jahrzehnt zuvor in seiner Monographie zur „Ostkirche in der protestantischen Geschichtsschreibung“ nachgegangen war. Das Makariosbild des Marburger Religionswissenschaftlers passt damit recht genau in die Jahre eines großen ökumenischen Optimismus nach dem 1961 vollzogenen Beitritt der orthodoxen Kirchen des damaligen „Ostblocks“ zum Weltrat der Kirchen und dem Beginn des Zweiten Vaticanum 1962.
Fitschen, Messalianismus 145. Bezeichnenderweise war auch Benz in seiner Studie zur ältesten protestantischen Makariostradition dieser Meinung (Benz, Thebais 131–132): „Die moderne historisch-kritische Diskussion der Urheberfrage ist für unser hier behandeltes Thema ohne Relevanz“.
Zu dieser Sicht vgl. Benz Ostkirche 9–16.
Vgl. Benz, Ostkirche 10–14 (zu: WA 59, 439, 208–210 und 462, 929–934); zur Leipziger Disputation und Luthers Berufung auf die „griechische Kirche“ vgl. zuletzt Michels, Testes 64–115, insbes. 75, 85–86 und 88. Michels (Testes 82) beschreibt die solchen Bezugnahmen zugrundeliegende Hermeneutik als „Rückbezug auf vorangegangene Schriftauslegung, die sich freilich dadurch als ‚wahr‘ erweist, dass sie Kongruenzen zum Wittenberger System aufweist“.
Ebd. 14–16 (WA 50, 576–579); zur Schrift „Von den Conciliis und Kirchen“ im Kontext der Entstehung einer Konzeption der „Wahrheitszeugen“ vgl. Michels, Testes 146–160. Obgleich Luther die Homilien des Makarios nicht kannte, spiegelt sich eine ambivalente Sicht auf die Ostkirchen auch in Luthers Beschreibungen der Heiligenfigur des Makarios wider, aus dessen Heiligenlegende mehrfach die Episode von der Frau zitiert wird, die in eine Stute verwandelt wurde (WA 1, 409, 13; WA 8, 31, 29; WA 15, 523, 23; WA 40, 315, 6; WA 45, 263, 7 [vgl. Rufin, Historia Monachorum XVII, 451]). Diese Episode wurde auch in der von Georg Major revidierten und mit dem Vorwort Luthers versehenen Sammlung der „Vitae patrum“ 1544 in Wittenberg publiziert (Major, Vitae Patrum 47 und Luthers Vorwort, WA 54, 107–111). Während Makarios mit dieser Episode als vorbildlicher Christ beschrieben wird, den der Teufel nicht habe „verblenden“ können (vgl. WA 40, 315, 6: „Ipse [Macarius] habebat spirituales oculos“; WA 45, 263, 7: „Macarii oculi non verblendet“), wird Makarios an anderen Stellen gemeinsam mit dem Mönchsvater Antonius erwähnt und dort wird festgestellt, die Mönchsväter hätten durch ihre „Möncherey“ der Kirche geschadet (vgl. WA II, 4, 4321 [p. 222] vgl. auch WA II, 5, 6416). Soweit diese Angaben den sog. „Tischreden“ entstammen, kann allerdings ein redaktioneller Einfluss nicht ausgeschlossen werden (vgl. Klitzsch, Tischreden 10).
Benz, Ostkirche, 17–20. Eine zentrale Rolle für die Entwicklung dieser Konzeption spielte Melanchthons Schrift „De ecclesia“, in der die Konzilien und Väter daraufhin befragt wurden, inwieweit sie als „Versammlung hervorragender Menschen … und vieler Frommer, die Gott mit bewundernswertem Glanz in der Lehre und in der Herrschaftsausübung schmückte und deren Lehre Christus ein leuchtendes Zeugnis ausstellte“ (Melanchthon, De Ecclesia 326) mit der Wittenberger Theologie übereinstimmten (Zur zugrundliegenden theologischen Sicht der apologetischen Konstruktion Melanchthons vgl. Michel, Testes 283–317).
Vgl. die Ausführungen zur Programmatik von Majors „Vitae Patrum“ bei Michels, Testes 358 (Dabei umfasst das Gedächtnis der Heiligen im Protestantismus seit CA 21 nicht länger deren Anrufung in Gebet und Liturgie, sondern ihre Vorbildfunktion durch beispielhafte Werke. Die Streichung der liturgischen Bezüge des Heiligengedenkens schlägt sich im Fall der „Macariana“ bis heute durch die beinahe komplette Ausblendung der liturgischen Bezüge bei der Behandlung dieses Schrifttums durch die evangelische Theologie nieder).
Luther stellt im Vorwort zu Majors Vitae Patrum (vgl. Major, Vitae Patrum 47 und Luthers Vorwort, WA 54, 107–111) fest, der Satan habe die Heiligenlegenden entstellt, sodass diese nach dem Vorbild der Tempelreinigung einer Revision unterzogen werden müssten (ebd. 109). Hieronymus belege eine Entstellung der Legenden durch Häretiker und Origenisten (ebd. 110). Zudem seien die Ansichten des Hieronymus selbst zum Mönchtum nur teilweise akzeptabel (110–111). Georg Major habe nach Tilgung der wertlosen Stücke die wertvollen Stücke, die Brosamen vom Tisch des Herrn glichen, gesammelt und herausgegeben (ebd. 111). Im zwanzigsten Jahrhundert übertrugen Jülicher und Dörries diese Prinzipien auf die Makariosforschung, um im „wiederhergestellten“ Text des Makarios die Projektion ihrer eigenen Vorstellung eines imaginierten Protoprotestantismus vor Luther zu entdecken. Auch Calvin verfuhr ähnlich (vgl. van Oort, Calvin’s knowledge, use, and misuse). Zur Traditionskritik Zwinglis am Beispiel des Konzils von Gangra vgl. Müller, Zwingli und das Konzil von Gangra 29–50.
Vgl. Patriarch Jeremias II (1536–1595) an die Tübinger Professoren, 06.06.1581, in: Außenamt, Wort und Mysterium 213. Zugrunde lag der Kritik der Ostkirche ein „Harmoniemodell“ von Schrift und Tradition (zu dessen Verwendung bei den Altgläubigen vgl. Michels, Testes 65).
Vgl. die ironischen Bemerkungen von Patriarch Jeremias II an die Tübinger Professoren, 06.06.1581, in: Außenamt, Wort und Mysterium 211: „Ihr hochweisen Deutschen! Uns erreichte das von Euch kürzlich übersandte Buch, in dem ihr wiederum beredte Gründe und Erwägungen vorbringt und sagt, unsere erste Erwiderung habe nicht genügt. Euer Sinn steht nicht still, da er ja nicht nur von der göttlichen Schrift, sondern auch von den göttlichen Vätern der Kirche im Wahreren und Besseren belehrt wird … Wir wundern uns nun, dass ihr selbst die Worte der Schrift … verlasst … und was … in anderem Sinne gesagt wurde, das verändert ihr in Eurem eigenen Sinne“.
Vgl. zum Begriff der Pathosformel: Warburg, Dürer 177 (dazu die Erläuterungen im „Vorwort“ ebd. 35). Wir verstehen den hier verwendeten Begriff als affektgeladene Sprachgebärde konfessioneller Selbsterhöhung.
Vgl. Ternès, Intertextualität 112.
Vgl. Genette, Palimpseste 10 (mit Bezug auf Kristeva, Sèméiȏtikè).
Ebd.