Die inter- und transdisziplinäre Studienreihe Beyond Historicism – New Testament Studies Today, die von einem Gräzisten (Thomas Paulsen), einem Althistoriker (Hartmut Leppin), einem katholischen Neutestamentler (Tobias Nicklas) und einem evangelischen Neutestamentler (Stefan Alkier) konzipiert wurde, baut auf den philologischen Prinzipen auf, die der Übersetzung des Frankfurter Neuen Testaments von Stefan Alkier und Thomas Paulsen zu Grunde liegen. Der philologisch-kritische Respekt vor der jeweiligen Ausdruckskraft der Zeichenproduktion anderer ist nicht nur die wissenschaftliche, sondern auch die ethische Grundlage der Studienreihe Beyond Historicism. Vom Text bzw. von den überlieferten materiellen Zeichen zur Geschichte lautet daher die Wegbeschreibung, an der sich die Publikationen in dieser Reihe orientieren sollen.
Den zweiten Grundpfeiler der Reihe bildet ihre inter- und transdisziplinäre Ausrichtung. Sie soll dazu beitragen, dass das Auseinanderdriften der Fächer Klassische Philologie, Orientalische Philologien, Alte Geschichte, Philosophie- und Wissenschaftsgeschichte, Archäologie, Evangelische Theologie, Katholische Theologie, Orthodoxe Theologie, Religionswissenschaft und verwandter Spezialdisziplinen wie Epigraphik und Papyrologie beendet wird und sie sich mehr als bisher zur gemeinsamen Arbeit gegenseitig interdisziplinär beraten oder auch transdisziplinär an gemeinsamen Projekten arbeiten. Alle Arbeiten aus allen Disziplinen, die zur hermeneutisch und methodisch reflektierten Erhellung der Texte und ihrer historischen Enzyklopädien (U. Eco) oder Lebenswelten beitragen, sind willkommen.
Den dritten Grundpfeiler der Reihe bildet eine geschichtswissenschaftliche Positionierung jenseits historistischer Überzeugungen: Historische Rekonstruktionen und Interpretationen bilden modellhafte, auf hermeneutischen und methodischen Entscheidungen fußende Hypothesen auf der Basis vorliegender und deshalb überprüfbarer Daten. Die Unterscheidung von Daten, also von gegebenen, heute zugänglichen Zeichen aus der Antike, Interpretationen dieser Daten als Hypothesen ihrer Bedeutung und Fakten als intersubjektiv überprüfter und redlich nicht zu falsifizierender Hypothesen bildet eine unverzichtbare kritische Grundlage der Studienreihe.
Das Konzept der Studienreihe Beyond Historicism baut auf diesen drei Grundpfeilern auf. Sie publiziert kritische philologische, exegetische und historische Monographien und Sammelbände, die in unmittelbarer oder auch mittelbarer Weise neutestamentliche Texte in ihren jeweiligen enzyklopädischen Kontexten erhellen. Die Verpflichtung zur gründlichen kritischen Philologie als Grundlage der Datenanalyse und der historischen Hypothesenbildung will jeglichen Historismus hinter sich lassen.
Wir freuen uns, dass der zweite Band der neuen Reihe unmittelbar nach dem ersten erscheinen kann und er das multiperspektivische Anliegen von Beyond Historicism umsetzt, indem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Archäologie, Epigraphik, Klassischer Philologie und Exegese ihre Forschungsperspektiven auf drei bedeutende antike Tempelanlagen einbringen. Dass dafür die Interpretation materieller Zeichen und die Interpretation von Textzeichen gleichermaßen Beachtung finden und nicht das eine gegen das andere ausgespielt wird, ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer transdisziplinären Tempelforschung, die noch viele wichtige Ergebnisse erwarten lässt, die das Verstehen antiker Texte und ihrer Lebenswelten befördern werden.
Stefan Alkier, Hartmut Leppin, Thomas Paulsen, Tobias Nicklas
Bochum, Frankfurt am Main, Regensburg, im März 2022