Einleitung

In: Abenteuer in der Moderne
Authors:
Oliver Grill
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and
Brigitte Obermayr
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Die Moderne, so Giorgio Agamben in L’avventura (2015), verkenne das mittelalterliche Konzept der âventiure vollständig, wenn sie, wie etwa Hegel oder Georg Simmel, das Abenteuer nicht als „untrennbare Einheit von Begebenheit und Erzählung, Sache und Wort“ und somit als „eigenständige Seinserfahrung“, sondern als äußerliches, vom gewöhnlichen Leben abweichendes Ereignis auffasse. Wolle man diese Erfahrung verstehen, müsse man sich „vom modernen Abenteuerverständnis befreien“.1 Unter diesem Blickwinkel erscheint die jüngere Geschichte des Abenteuers als die eines symptomatischen Missverständnisses, an dem sich die Dissoziation des modernen Subjekts von den Begebenheiten, die ihm widerfahren, festmachen lässt.2 Doch wenn es sich dabei tatsächlich um ein Missverständnis handeln sollte, dann um ein äußerst produktives. Denn mindestens ebenso bemerkenswert wie die Kluft, die unbestritten zwischen âventiure und Abenteuer liegt, ist die „erstaunliche historische Haltbarkeit“, mit der sich ein „mittelalterliches Erzähl- und Erfahrungsschema unbeschadet aller gesellschaftlichen und kulturellen Umbrüche bis in die Gegenwart als Faszinationsbegriff erhalten hat“.3 Es ist diese Spannung zwischen Alterität und Vertrautheit, zwischen Diskontinuität und anhaltender Faszination, die einen gleichsam archäologischen Zugriff auf die unterschiedlichen Etappen der langen und verwickelten Geschichte des Abenteuers nahelegt.4 Nicht nur das Abenteuerverständnis früherer Epochen, sondern auch dasjenige der Moderne selbst gilt es historisch differenziert zu betrachten.

Diesem Vorhaben ist der vorliegende Band gewidmet. Er stellt die Frage nach dem Status und Verbleib des Abenteuers in der Moderne anhand eines Zeitabschnitts, der von der Epochenschwelle um 1800 bis in die 1940er Jahre reicht, wobei der Schwerpunkt auf dem frühen 20. Jahrhundert liegt. Den genuin literarischen wie auch narrativen Charakter des Begriffs nimmt der Band zum Anlass, das Abenteuer auch in der Moderne vordringlich als eine literarische Größe zu betrachten. Die hier versammelten Beiträge beobachten die „Konjunkturverläufe und Auftrittsbedingungen des modernen Abenteuertums“ (Honold) aus einzelphilologischer und komparatistischer Perspektive. Sie zielen auf eine Rekonstruktion der Bedeutung, welche dem Abenteuer in unterschiedlichen Literaturen und Strömungen der Moderne zukommt. Dabei berücksichtigen sie sowohl die theoretischen Zusammenhänge und soziopolitischen Kontexte, in denen es eine Rolle spielt, als auch die vormodernen Traditionslinien, die dabei aktiviert, abgewiesen oder transformiert werden.

Versteht man ‚modern‘ zunächst als relationalen Zeitbegriff, der über die Parameter ‚Aktualität‘ und ‚Neuheit‘ Gegenwärtiges von Vergangenem unterscheidet,5 so steht die Modernität des Abenteuers immer dort in Frage, wo sich dieses mit historischen Veränderungen, narrativen Neuerungen, (proto‑)literaturgeschichtlichen Perspektiven oder ästhetischen Normhorizonten konfrontiert sieht, welche es potentiell als ‚veraltet‘ erscheinen lassen. Bereits im Don Quijote kommt die Parodie der als phantasmatisch aufgefassten Ritterabenteuer, welche die Bibliothek und den Kopf des Hidalgo füllen, einem gattungspoetischen Innovationsschub gleich, in dem elementare Erzählverfahren reformiert werden.6 Die dadurch eröffnete Option, das Abenteuer als unvernünftigen Erfahrungsmodus, pathogene Lektüre und überstrapaziertes Erzählschema der Vergangenheit zu betrachten, vor dessen neuerlichem Gebrauch man sich hüten soll, erlangt insbesondere im deutschen Sprachraum des späten 18. Jahrhunderts vor dem Hintergrund neuerlicher Abenteuerinflationen (das galante Abenteuer im höfischen Barockroman,7 die Robinsonaden der Frühaufklärung8) den Status eines Gemeinplatzes. Die Nachschlagewerke der Zeit weisen auf die hochgradige Unwahrscheinlichkeit bzw. Wahnhaftigkeit von Abenteuern hin, um diese als literarisches Phänomen zugleich einer abwertenden Historisierung zu unterziehen. Für Johann Georg Sulzer etwa sind „abentheuerliche Vorstellungen“ Ausdruck einer „vom Verstand ganz verlassenen Einbildungskraft“. Folglich empfiehlt er das Abenteuer, das von den „neueren Dichtern […] bloß zur Belustigung“ nachgeahmt werde, nur in Zuständen geistiger Erschöpfung zur Lektüre, abends, da „man dem Verstande eine gänzliche Ruhe geben muß.“9 Ähnlich urteilt die Deutsche Encyclopädie: „Solche Werke ließt man in Stunden der Erholung mit vielem Vergnügen. […] Lesen wir hingegen ernsthafte Werke: so beleidigt uns alles Abentheuerliche.“ Dies sei als ein Resultat des Aufklärungsprozesses zu verstehen: „Damals [in den ‚mittlern Zeiten‘] hielt man solche Ungereimtheiten aus Mangel der Kenntnisse überhaupt, und der Naturlehre insonderheit, für möglich. So wie mehr Licht aufgieng, nahm dieser Geschmack ab.“10 Und bei Adelung heißt es dann kurz und bündig, der „häufige Gebrauch, den die alten Romanschreiber“ vom Abenteuer gemacht hätten, habe diesem „endlich einen verächtlichen Nebenbegriff gegeben“.11

Die deutsche Spätaufklärung ordnet das Abenteuer also einem nicht näher bestimmten „Damals“ zu und setzt ihm zeitgenössische Lese- und Schreibansprüche entgegen, die sich an Leitvorstellungen von Vernunft, Wahrscheinlichkeit, Fortschrittlichkeit und Originalität orientieren. Anders als bei den bekannten Debatten um die poetischen Schlüsselbegriffe der Antike geht es dabei kaum um die ursprüngliche formale bzw. konzeptuelle Bedeutung des Begriffs. Die Bestimmungen bewegen sich weitgehend auf Inhaltsebene, wobei das „falsche Wunderbahre“12 im Zentrum steht, sowie im unscharfen Bereich der von Adelung angesprochenen Konnotationen. Diese fallen in dem Maße negativ aus, in dem das Abenteuer mit Attributen wie ‚wahnhaft/unwahrscheinlich‘, ‚alt/veraltet‘ und ‚zu häufig gebraucht‘ assoziiert wird. Der Begriff erhält dadurch eine grundsätzlich pejorative Dimension und büßt zugleich an Distinktionskraft ein, wie Johann Gottfried Herder, der sich explizit gegen Sulzer wendet, kritisch anmerkt: „Abentheuerlich und Traumhaft; Abentheuerlich und grotesk; Abentheuerlich und ungereimt – Alles noch verschieden.“13 Unmittelbarer Ausdruck dieser semantischen Unschärfe ist die Überführung des Abenteuerbegriffs in die graduelle Angelegenheit des Abenteuerlichen, wie die Lemmata der Wörterbucheinträge lauten, oder auch der Abenteuerlichkeit, unter der später Hegel seine Überlegungen zur romantischen Kunst ausführt.14 Welche Konstellationen auch immer als abenteuerlich gelten, angefangen bei glücklichen Zufällen oder Liebeserlebnissen bis hin zu phantastischen Wunderwelten, sie scheinen jedenfalls hinter den Erkenntnisfortschritten, Wirklichkeitskonzepten und ästhetischen Ansprüchen der Moderne zurückzubleiben.

Die Zurückweisung des Abenteuers prägt auch die Romanpoetik des 18. Jahrhunderts, die damit eine Hinwendung zu psychisch motivierten Entwicklungsgeschichten einfordert. Vor diesem Hintergrund zeigt Oliver Grill am paradigmatischen Fall von Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre, dass der so genannte Bildungsroman, der diese Wende augenscheinlich vollzieht, keineswegs ohne abenteuerliche Erzähl- und Erlebnismuster auskommt. Vielmehr verschränkt Goethe die Imagination von Abenteuern mit der Entwicklung des Protagonisten und nutzt das Abenteuer als Mittel zur Überschreitung bürgerlicher Verhältnisse und melancholischer Gemütszustände. Diese Überschreitung arbeitet der Konstitution einer modernen Romanwelt zu, die von einem offenen Horizont des Möglichen, von inkalkulablen Kontingenzen und vielstimmigen Resonanzen gekennzeichnet ist. Zugleich unterzieht Goethe das Abenteuer einer ironischen Kritik, die es als Erzählschema der Vergangenheit analytisch zu durchdringen sucht und eine Abkehr von der Abenteuererzählung einläutet.

Damit zeichnet sich ein prinzipiell gebrochenes Verhältnis des modernen Romans zur Abenteuertradition ab. Dazu trägt nicht zuletzt der Versuch, im Medium des Romans selbst eine historisierende Perspektive auf diese Tradition einzunehmen, bei. Goethe, das zeigt der Beitrag von Cornelia Zumbusch zu Wilhelm Meisters Wanderjahre, arbeitete nach den Lehrjahren weiter an einer solchen Perspektive. So deuten die Wanderjahre eine Vielzahl möglicher Abenteuerplots an, doch diese Möglichkeiten werden institutionell und narrativ entkräftet. Statt weiter von Abenteuern als Muster der Erfahrung zu erzählen, begreifen die Wanderjahre, so Zumbusch, das Abenteuer von vornherein als eine „historische Formation der Literatur“. Dies geschieht unter anderem in Anlehnung an die Erzählschemata der Odyssee und des antiken Liebes- und Abenteuerromans sowie im Binnenraum eingeschobener Novellen. Damit partizipiert Goethes Roman sowohl am Chronotopos der Abenteuerzeit als auch an den erotischen Wunschenergien des Liebesabenteuers und archiviert das Abenteuer zugleich als Teil einer Geschichte des epischen Erzählens.

Das Interesse am Abenteuer als Erzähl- und Erfahrungsschema hat sich also mit den Versuchen, das Abenteuerliche in einer naiven Vorgeschichte zum Zeitalter der Aufklärung anzusiedeln, keineswegs erledigt. Jedoch hat sich um 1800 offenbar ein literarhistorisches Bewusstsein ausgebildet, das rückblickende Perspektiven auf das Abenteuer eröffnet, ungebrochene Aktualisierungen dagegen als problematisch erscheinen lässt. Ähnlichen Einschränkungen ist auch die Lust an der Lektüre von Abenteuertexten ausgesetzt. Statt der Funktion des prodesse et delectare, die beispielsweise Alain-René Le Sages’ Figur des Gil Blas noch für seine Abenteuer reklamieren konnte,15 betonen die zitierten Lexikoneinträge aus dem 18. Jahrhundert nur den Aspekt der Unterhaltsamkeit („Vergnügen“, „Erholung“, „Belustigung“). Während demnach in ‚ernsthaften‘ Werken kein Abenteuer zu erwarten ist oder zu finden sein soll, steht dieses umgekehrt geradezu metonymisch für ein Verlangen nach zweckfreien, wirklichkeitsentlasteten und von Vernunftansprüchen entbundenen Leseerfahrungen. Die Abenteuerlektüre wird, von Sulzer einigermaßen wörtlich, auf den Nachtkästchen und Lotterbettchen der Bürgersstuben abgelegt, wo eine geistig verdämmernde Leserschaft in abenteuerliche Traumwelten und Wunschvorstellungen hinübergleitet. So wenig das Abenteurertum mit dem Zweckrationalismus und Arbeitsethos der bürgerlichen Moderne zu vereinbaren ist,16 so deutlich formiert sich unter den dazugehörigen zeit- und affektökonomischen Bedingungen die Zuordnung von Abenteuer(-lektüre) zu Freizeit und Erholung.17

Damit zeichnet sich die Rolle ab, die das Abenteuer im modernen Ausdifferenzierungsspiel von high and low culture einnehmen wird, bzw. der Ort, an dem Texte mit starken Abenteuerindices in den Lesekulturen der Moderne ihren Platz finden werden. So rückt das Erkennungsmerkmal des Abenteuerlichen ins Zentrum einer kaum zu überblickenden Fülle an populären Literaturen, die im Verlauf des 19. Jahrhunderts den Buchmarkt erobern:18 Kolportageromane, Groschenhefte, Fortsetzungsgeschichten, Ritterromanzen, Reise-, Amerika- und Kolonialromane, Detektiverzählungen … Die abwertende Begrenzung der Abenteuerliteratur auf die Funktion der leichten Unterhaltung wirkt ihrer rasanten medien- und genreübergreifenden Ausbreitung offenkundig nicht entgegen. Umgekehrt verstärkt die Massenproduktion von reißerischen Plots, überzeichneten Heldenfiguren und wohlfeilen Exotismen den Reflex der Zurückweisung des Abenteuers. Flaubert etwa führt in Madame Bovary seine Titelfigur unter anderem als prototypische Abenteuerleserin vor,19 die sich selbst unendlich bemitleidet, weil sie glaubt, ihr allein seien die aufregenden Ereignisse des Abenteuers verwehrt: „Une aventure amenait parfois des péripéties à l’infini, et le décor changeait. Mais, pour elle, rien n’arrivait, Dieu l’avait voulu!“20 Und in Wilhelm Raabes Zum wilden Mann wird die Binnengeschichte eines Kolonialisten, die „freilich bunt genug und voll Feuerwerk und Geprassel zu Wasser und zu Lande“ gewesen sei, mit den Worten abgekürzt, solches sei „schon von anderen hunderttausend Mal erlebt und mündlich oder schriftlich […] mitgeteilt worden.“21

Die ältere literaturwissenschaftliche Forschung gibt diesen Zurückweisungen zumindest insoweit recht, als sie kaum nach dem Verbleib des Abenteuers in kanonisierten Texten der Moderne fragt und sich stattdessen auf den gut sichtbaren Teil der populären Literatur konzentriert.22 Bis heute einschlägig sind die Überlegungen Gert Uedings zur Kolportage, die auf den Thesen Ernst Blochs aufbauen,23 Volker Klotz’ Untersuchung zum Abenteuerroman24 sowie Hans-Jörg Neuschäfers Interesse an der nicht-kanonisierten französischen Literatur des 19. Jahrhunderts.25 Die Beiträge des vorliegenden Bandes nehmen diese Impulse auf, insofern sie auch populäre Abenteuerliteraturen zum Gegenstand ihrer Analysen machen. Allerdings betrachten sie darüber hinaus avancierte Texte der Moderne, die sich mit dem Abenteuer auseinandersetzen, und lassen dabei die Streitpunkte der Kanonisierung wie auch der Ideologiekritik,26 die mittlerweile selbst einen fachgeschichtlichen Index tragen, in den Hintergrund treten. Sie verfolgen in methodischer Hinsicht andere Ansätze und betrachten das Abenteuer als ein Phänomen der Literatur, das über das 19. Jahrhundert und das Genre des Abenteuerromans27 hinaus eng mit historischen Problemlagen und ästhetischen bzw. poetologischen Programmen der Moderne verschränkt ist. Damit schreiben die Beiträge die hier einleitend skizzierte jüngere Geschichte des Abenteuers für das frühe 20. Jahrhundert und die klassische Moderne fort – und zwar unter den für die Epoche charakteristischen Bedingungen ihrer synchronen Verästelung und Verkomplizierung.

So geben die Aufsätze zum einen „Bruchlinien in der neueren Geschichte des Abenteuerromans“ zu bedenken, insbesondere dessen „Instrumentalisierung und Korrumpierung durch zwei miteinander verflochtene geschichtliche Aufladungen durch Kolonialismus und Krieg“ (Honold). Zwischen Entdeckung und Eroberung angesiedelt, partizipieren Erzählungen der Landnahme in unterschiedlichen Ausprägungen an abenteuerlichen Mustern und Motiven, deren legitimationsstrategische Funktion sich in postkolonialer Perspektive zu erkennen gibt (Honold, Hutter, Struck). Es lässt sich zeigen, wie sich ein durch traumatische Erfahrungen und verbrecherische Taten vielfach gebrochener Heroismus an romantisierten Vorstellungen vom archaischen Abenteuerhelden zu kurieren sucht (Honold, Korte, Struck) und wie in solchen Vorstellungen die Geosphäre mit der Psychosphäre verschmilzt (Lüdemann, Zilcosky). Zum anderen zeigen die Aufsätze, dass das Abenteuer über solche Bruchlinien hinweg eine generative Eigendynamik entfaltet, die sich sowohl in theoretischen als auch in literarischen und metaliterarischen Zusammenhängen bemerkbar macht. In dieser Linie stehen die Beiträge, die sich kanonisierten Texten der Moderne widmen, welche über den gezielten Rückgriff auf tradierte oder populäre Abenteuerbestände ihre Auffassung von Avantgarde profilieren (Nicolosi, Obermayr), moderne bzw. modernistische Erzählprogramme gewinnen (Döring, Von Koppenfels) oder theoretische Ansätze entwickeln (Lüdemann, Nicolosi, Obermayr, Zilcosky).

Ein Extremfall dieser Eigendynamik liegt vor, wenn die auf Innovation ausgerichtete frühsowjetische Kultur, in der avantgardistische Provokationen auf der Tagesordnung stehen, das Schema des Abenteuers aus den „Niederungen der Trivialliteratur“ holt und „zur Kategorie von Literarizität schlechthin“ erhebt: Riccardo Nicolosi zufolge wird Abenteuerliteratur einerseits zu einem privilegierten Untersuchungsfeld der russischen Roman- und Erzähltheorie der 1920er Jahre und andererseits zum Experimentierfeld der Prosaavantgarde. Der depsychologisierte Abenteurer ist aus Sicht des Russischen Formalismus ein Prototyp des literarischen Helden. Sein Handeln ist für die frühen Formalisten vom Sujet determiniert und seine Funktion beschränkt sich darauf, Bindeglied zwischen den Sequenzen zu sein. Michail Bachtin dagegen sieht die Grundlagen für die polyphone Autonomie der Helden in Dostoevskijs Romanen im Einfluss der französischen Abenteuerliteratur des 19. Jahrhunderts. Damit führt Bachtin die Vielstimmigkeit des psychologischen Romans ausgerechnet auf die Freiheit der Helden des Abenteuerromans zurück, die sich über die Gesetze der bürgerlichen Welt erheben.

Zum Experimentierfeld frühsowjetischer Prosaavantgarde wird das literarische Abenteuer aber nicht nur für die Verhältnisbestimmung von Erzählschema und Figurenkonzeption, sondern auch mit Fokus auf die Dynamik des literarischen Markts. Brigitte Obermayr liest den als Heftserie erschienenen Abenteuerroman Iprit, an dem Viktor Šklovskij als Autor beteiligt war, als „literarische Marktanalyse“. Der Roman nimmt einerseits den kulturpolitischen Aufruf zur Abfassung eines kommunistischen Pinkerton – das heißt dazu, Inhalte der Tagespolitik in beliebten Formen zu vermitteln – ernst und reagiert damit auf die Produktionsbedingungen, unter denen der zeitgenössische Literaturbetrieb steht. Gleichzeitig wird die Wirkungsweise der Populärkultur aber zur Bedingung des im Roman erzählten Abenteuers selbst, kann dieses doch erst in Gang kommen, als ein schiffbrüchiger junger Russe zufällig auf eine Tarzan-süchtige junge Britin trifft und deren übermächtigen Projektionen ausgesetzt ist.

Unter gänzlich anderen Voraussetzungen stellt auch Arno Schmidt die Frage nach der „ungeheuren Wirkung“ der Abenteuerromane, konkret derjenigen Karl Mays. Susanne Lüdemann untersucht Arno Schmidts Lektüremodell und einen der Romane Mays (Ardistan und Dschinnistan), auf die es sich richtet. Sie fokussiert dabei auf das Verhältnis zwischen der untersten Ebene dieses Lektüremodells, die Schmidt in der manifesten Reise- und Abenteuererzählung ansiedelt, und der obersten Ebene, der mal latenten, mal manifesten religiösen Allegorik. Aus dieser Perspektive lässt sich die allegorische Aufladung May’scher Abenteuerlandschaften auf die vormoderne Tradition der Pilgerreise zurückführen. Der Grund für den Erfolg Karl Mays auf dem Buchmarkt liegt demnach nicht nur darin, dass es sich bei seinen Texten um plotlastige Abenteuererzählungen handelt, sondern darüber hinaus in einer allegorischen und zugleich metaphysischen Aufladung der Chronotopoi des Abenteuers. In dieser Form der Überhöhung des Abenteuers besteht Lüdemann zufolge auch ein wesentliches Verwandtschaftsmerkmal zwischen Karl May und Ernst Jünger.

Derart prononcierte Zugriffe auf das populäre Abenteuer, wie sie Arno Schmidt oder Šklovskij an den Tag legen, sind vergleichsweise selten. In der Regel sind die Spuren des Abenteuers in der Moderne – die Residuen seines Weiter- und Überlebens, die Arten seiner Vorkommens- und Wirkungsweisen – schwerer auszumachen. Einer dieser Spuren geht Martin von Koppenfels nach, wenn er im Combray-Kapitel von Marcel Prousts À la recherche du temps perdu eine Abenteuerlektüre nachweist. Von Koppenfels zeigt, wie Proust über eine verdeckte Referenz auf Jules Vernes Michel Strogoff das Schema der Initiation und die dazugehörigen symbolischen Passagen „zerschreibt“. Dabei greift Prousts Zeitroman tief in die Rhythmik von Reisegeschwindigkeit, deskriptiven Exkursen und Abenteuerspannung ein, die das Lesetempo bei Verne bestimmt. Sie geht in einem jener syntaktischen „Zeitstrudel“ unter, in die Prousts Leser allenthalben geraten. Das Projekt der Erinnerungssuche und der zur Verne-Lektüre gehörige Drang nach vorne, „zur immer neuen Wiederholung des Spannungsimpulses“, treten damit weit auseinander. Doch in ihrer radikalen Rückwärtsgewandtheit rückt die Recherche zugleich nahe an Charakteristika vormoderner Erzählungen – an die diskontinuierlichen Figurenentwürfe, inkonsistenten Handlungsabfolgen und Wunschträume des Abenteuers – heran.

Neben dem Spannungsregime und der Abenteuerzeit steht in der Moderne auch die Raumökonomie des Abenteuers zur Disposition. Beobachtet man „emphatisch modernistische Erzählprojekte“ bei deren eigenen „Untersuchungsleistungen“, wie Tobias Döring dies in seiner Virginia Woolf-Lektüre „aus Abenteuersicht“ vorschlägt, wird deutlich, wie sich der urbane Raum durch „Einstülpungen des maritimen Außenraums ins Innere der imperialen Metropole“ (London) profiliert. Zugleich ruft Woolf die Abenteuertradition auf, um sie sich auf metaphorischen Wegen anzueignen und dabei wesentliche Implikationen, insbesondere den Drang zu Weltentdeckung und ‑eroberung, auf die eigene Romanpoetik zu übertragen. Döring stellt daher fest, dass sich in Elizabeth Dalloways „Piratenphantasie auf ihrer Busfahrt zu The Strand“ weniger die bescheidene Restmenge imperialer „weltverändernder, weltgestaltender Handlungskraft“ artikuliert, denn vielmehr ein selbstbewusstes modernistisches Erzählprogramm. Allerdings machen sich in dieser Phantasie und in anderen Abenteuerreferenzen Woolfs auch modernespezifische Verlusterfahrungen und Traumatisierungen bemerkbar, die ihre Texte in elegischer Perspektive zu bearbeiten suchen.

Immer wieder setzen Texte der Moderne das Abenteuer also als ein Mittel der Konfrontation von Erfahrungen der Gegenwart mit dem, was überkommen und vergessen wurde, werden soll oder nicht vergessen werden kann, narrativ in Szene. John Zilcosky sieht, ausgehend von Freuds Selbstbeobachtungen zu seinen Lektüren der Romane H. Rider Haggards, enge Verbindungen zwischen dem Abenteuerroman und einigen Grundgedanken der Psychoanalyse, wie sie Freud in der Traumdeutung formulierte. Dem abenteuerlichen Neuheitsversprechen und der Lust, „unbetretenes Gebiet“ zu entdecken, stellt Zilcosky die „unbewusste Angst vor der Heimkehr“ entgegen, welche sich in Form von Begegnungen mit dem Eigenen in der vermeintlichen Fremde artikuliert. Während solche Begegnungen in der Abenteuerliteratur leicht nachzuweisen sind, zeigt Zilcosky anhand der Traumerzählungen Freuds auf, dass umgekehrt „geographische Träume der Wiederholung“, „Déjà-vu-Träume“, die „direkt aus Büchern wie She und The Heart of the World“ zu stammen scheinen, grundlegend an der „Entdeckung der Psychoanalyse“ beteiligt waren.

Eine gemeinsame Voraussetzung solcher Auseinandersetzungen mit abenteuerlichen Spannungsbögen, Lektüreerfahrungen, Piratenphantasien im urbanen Raum oder der Angst des Abenteurers vor der Heimkehr liegt in den fiktiven und realpolitischen topographischen Gegebenheiten, an die sie geknüpft sind. Denn natürlich halten nicht nur populäre Romane Abenteuerfantasien wach, sondern auch all jene Reise-, Expeditions- und Explorationsberichte, die sich als faktuale Abenteuer geben. Der Beitrag von Barbara Korte widmet sich mit Apsley Cherry-Garrards 1922 publizierten Memoiren The Worst Journey in the World einer 1910 bis 1913 durchgeführten Antarktis-Expedition, die an einen „letzten Ort imperialen Begehrens“ führt. Dabei stellt Korte eine signifikante Distanzierung zu den für solche Reisen üblichen Gepflogenheiten des Abenteuererzählens fest. Wie sie zeigt, lässt sich diese Distanz am Verhältnis Cherry-Garrards zu den überkommenen Erzählungen imperialer Entdeckungsreisen ebenso ablesen wie am modernistischen „Narrativ des Traditionsbruchs“, das die Erzählweise des Berichts prägt. Im Hintergrund steht die Katastrophe des Ersten Weltkriegs, auf die auch Cherry-Garrards zwiespältiges Verhältnis zum Heroismus des Abenteurers zurückzuführen ist.

Eine andere Form des Bruchs mit den qua Abenteuer motivierten und erzählten geopolitischen Expansionsbewegungen thematisiert Alexander Honold mit einem Beitrag, der unter anderem Texte von Cooper, Thomas Mann, Frenssen, Frisch und Jünger umfasst. Honold zieht mit Blick auf die Geschichte des deutschen Kolonialromans und des deutschen Kolonialismus eine direkte Verbindungslinie zwischen der „Krise des Abenteuer-Paradigmas“ in den letzten Dekaden des 19. Jahrhunderts und der „radikalen Ausflucht aus dem Dilemma“ in Form des Aufbruchs in die neuen afrikanischen Kolonialgebiete. Diese Krise untersucht Honold entlang der Parameter der Abenteuerfahrt und der sich im Raum manifestierenden Widerstände, die sich in Form von Bewährungsproben der transgressiven Dynamik entgegensetzen. Er zeigt, wie sich diese Widerstände im Kolonialroman zu Frontbildungen verhärten, die immer brutalere Überschreitungsmanöver hervorrufen.

Den Abenteuerraum als kolonial „vermintes Terrain“ untersucht auch Wolfgang Struck. Anhand der Sitzungsprotokolle des Deutschen Reichstags zum Fall Carl Peters im Jahr 1896 zeigt er die politische Brisanz der Projektion abenteuerlicher Lebens- und Handlungsbedingungen in der Moderne auf. In den Protokollen kommt das unmenschliche Verhalten deutscher Kolonialbeamter, namentlich jenes von Peters, im damaligen Deutsch-Ostafrika zur Sprache. Zur Debatte steht die Frage, ob dieses Verhalten als entschuldbare Abenteuerhandlung oder aber als Verbrechen zu gelten hat. Sowohl in den kontroversen Redebeiträgen der Reichstagssitzungen als auch in Peters phantasmatischen Reiseberichten, die sich freilich als faktographisch empfehlen, arbeitet Struck eine Rhetorik heraus, die auf offensive Weise mit dem Topos der abenteuerlichen Ausnahmesituation argumentiert, um damit rassistisch und nationalistisch motivierte Verbrechen zu rechtfertigen.

Territorialisierungen und Projektionen betreffen aber auch das Verhältnis von Abenteuerliteraturen und Abenteuerkulturen unterschiedlicher nationaler bzw. nationalsprachlicher Provenienz zueinander. Elisabeth Hutter zeigt dies anhand eines Vergleichs der beiden Gründungsdokumente der britischen und der deutschen Pfadfinderbewegung: Scouting for Boys (1908) und das Pfadfinderbuch (1909). Sie beobachtet auf Seiten der Übertragung ins Deutsche eine pädagogische Zähmung der Abenteuerlust, welche die britische Pfadfinderbewegung in ihre Dienste nahm. Ein wesentlicher Unterschied liegt Hutter zufolge darin, dass das Pfandfinderbuch das „literarisch inspirierte Abenteuerspiel“ als Erlebniskategorie ausklammert, um sich auf die „Kanalisierung jugendlicher Energie in die Rolle des guten Bürgers“ zu konzentrieren. Zu diesem – auch militaristisch und nationalistisch motivierten – Zweck wird gezielt auf die Vorgeschichte des modernen Abenteuers zurückgegriffen und mit „Parzival ein tugendhaftes Idealbild des deutschen Pfadfinderabenteuers“ installiert.

Zu einer kultur- und diskurspolitisch motivierten Adaption von Abenteuerkulturen kommt es unter anderen Vorzeichen auch im nachrevolutionären Russland. Sie betrifft besonders, wie Matthias Schwartz ausführt, die von der französisch- und englischsprachigen Abenteuerliteratur des 19. Jahrhunderts perpetuierten Figurationen „extremer Grenzerfahrungen“ in westlichen Kolonialimperien. Die Konstellation der Begegnung mit dem Anderen im ‚eigenen‘ Land sieht sich dem Programm der Sowjetisierung ausgesetzt. Schwartz zeigt die kulturpolitischen Verschiebungen und Schwierigkeiten auf, die mit einer im Abenteuermodus argumentierenden „Exotisierung der sowjetischen Peripherie“ einhergehen. Wird die ideologische ‚Kolonialisierung‘ der indigenen Bevölkerung zunächst als „antikolonialer Befreiungskampf“ gefeiert, erscheinen die dazugehörigen abenteuerlichen Exotismen und Plotmodelle den Programmatiken der 1930er Jahre zunehmend suspekt. Dies führt zu bemerkenswerten Neubestimmungen des Abenteuererzählens, bei denen nahezu alle Merkmale, die es definieren, umkodiert werden.

Wie bereits in diesem verkürzten Gang durch die Beiträge des Sammelbandes deutlich wird, finden sich in modernen Literaturen neben dem Topos der Zurückweisung des (populären) Abenteuers immer wieder Verfahren seiner – ironisch oder analytisch distanzierten, häufig auch machtpolitisch instrumentalisierten – Reaktivierung und Aneignung, an denen sich die Produktivkraft des scheinbar Trivialen bzw. die Aktualität des scheinbar Obsoleten ablesen lässt. Zudem kann das Abenteuer aufgerufen werden, um einer modernistischen Verwischung der Differenz von Literatur und Nicht-Literatur zuzuarbeiten. Die Heterogenität dieser Verfahren zeigt, dass es nicht eine Geschichte des Abenteuers in der Moderne gibt, sondern viele. Für sich genommen überrascht das kaum. Bemerkenswert ist jedoch, dass diese hier aufgezeigten Geschichten begleitet werden von unterschiedlichen Anläufen, das Abenteuer als historische Formation des epischen Erzählens oder als Metonymie des Populären zu perspektivieren und es dabei zugleich so zu rekonzeptualisieren, dass es für das eigene Projekt, sei es nun literarisch, theoretisch oder kulturpolitisch ausgerichtet, anschlussfähig wird. Indem die Autorinnen und Autoren, deren Texte hier untersucht werden, nicht nur und nicht einmal immer vordringlich Abenteuer erzählen wollen, sondern vielmehr selbst an einer Geschichte und Theorie des Abenteuers mitschreiben, betreiben sie dessen moderne Transformation.28 Insofern lassen sich die ideologischen Vereinnahmungen und politischen Indienstnahmen des Abenteuers auch nicht ganz von den modernistischen Erzählverfahren und Theoriebildungen trennen, die sich auf die Möglichkeiten und Grenzen des Abenteuers als narratives Konzept richten (und vice versa). Hier wie dort hat sich der Reiz, der von Abenteuerplots und abenteuerlichen Motivbeständen ausgeht, nie einfach erledigt. Er fordert vielmehr sowohl seine Abwehr und Objektivierung als auch affirmative Anläufe, ihn produktiv zu machen, stets aufs Neue heraus. Aus dieser unauflöslichen Spannung geht die spezifische Signatur des Abenteuers in der Moderne hervor.

1

Giorgio Agamben, Das Abenteuer / Der Freund, aus dem Italienischen von Andreas Hiepko, Berlin: Matthes & Seitz 2018, S. 9–68, hier S. 35–46. Agamben rekurriert bei seiner Interpretation des âventiure-Begriffs auf die Beiträge von Volker Mertens und Peter Strohschneider in: Im Wortfeld des Textes. Worthistorische Beiträge zu den Bezeichnungen von Rede und Schrift im Mittelalter, hg. v. Gert Dicke, Manfred Eikelmann u. Burkhard Hasebrink, Berlin u. New York: de Gruyter 2006, S. 339–346 und S. 377–383. Siehe außerdem Klaus-Peter Wegera, „‚mich enhabe diu âventiure betrogen‘. Ein Beitrag zur Wort- und Begriffsgeschichte von âventiure im Mittelhochdeutschen“, in: Das Wort. Seine strukturelle und kulturelle Dimension, hg. v. Vilmos Ágel u.a., Tübingen: Max Niemeyer 2002, S. 229–244; Mireille Schnyder, „‚Âventiure? waz ist daz?‘ Zum Begriff des Abenteuers in der deutschen Literatur des Mittelalters“, in: Euphorion 96 (2002), S. 257–272; Franz Lebsanft, „Die Bedeutung von altfranzösisch aventure. Ein Beitrag zur Theorie und Methodologie der mediävistischen Wort- und Begriffsgeschichte“, in: Dicke u.a., Im Wortfeld des Textes, S. 311–338; Martin Baisch, „Âventiure“, in: Gert Ueding (Hg.), Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Tübingen: Max Niemeyer 2012, Bd. 10, Sp. 91–96.

2

Vgl. Agamben, Das Abenteuer, S. 47.

3

Martin von Koppenfels u. Manuel Mühlbacher, „Einleitung“, in: Abenteuer. Erzählmuster, Formprinzip, Genre, hg. v. dens., Paderborn: Wilhelm Fink 2019, S. 1–16, hier S. 1.

4

Vgl. von Koppenfels/Mühlbacher, „Einleitung“, S. 2.

5

Vgl. Brunhilde Wehinger, „Modern, Moderne, Modernismus“, in: Karlheinz Barck u.a. (Hgg.), Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch in sieben Bänden, Stuttgart: J. B. Metzler 2002, Bd. 4, S. 121–183, hier S. 122 sowie Hans Ulrich Gumbrecht, „Modern, Modernität, Moderne“, in: Otto Brunner, Werner Conze u. Reinhart Koselleck (Hgg.), Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, Stuttgart: Ernst Klett – Johann G. Cotta 1978, Bd. 4, S. 93–131, hier S. 96.

6

Gemeint sind Verfahren der Zusammenhangsbildung, Perspektivierung, Spannungserzeugung, Finalisierung und des Wirklichkeitsbezugs. Vgl. grundlegend Hans-Jörg Neuschäfer, Der Sinn der Parodie im „Don Quijote“, Heidelberg: C. Winter 1963, bes. S. 34–44.

7

Vgl. Rolf Grimminger, „Roman“, in: Hansers Sozialgeschichte der deutschen Literatur vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart, hg. v. dems., Wien: Carl Hanser 1980, Bd. 3.2, S. 635–715; Florian Gelzer, Konversation, Galanterie und Abenteuer. Romaneskes Erzählen zwischen Thomasius und Wieland, Tübingen: Max Niemeyer 2007; Katja Barthel, Gattung und Geschlecht. Weiblichkeitsnarrative im galanten Roman um 1700, Berlin u. New York: de Gruyter 2016.

8

Vgl. Jürgen Fohrmann, Abenteuer und Bürgertum. Zur Geschichte der deutschen Robinsonaden im 18. Jahrhundert, Stuttgart: J. B. Metzler 1981.

9

„Abentheuerlich (Dichtkunst)“, in: Johann Georg Sulzer, Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Biel: Heilmann 1777, Bd. 1, S. 3 f.

10

„Abentheuerlich“, in: Ludwig Julius Friedrich Höpfner, Deutsche Encyclopädie oder Allgemeines Real-Wörterbuch aller Künste und Wissenschaften, Frankfurt a.M.: Varrentrapp, Sohn und Wenner 1778–1807, Bd. 1, Sp. 31 f., hier Sp. 32.

11

„Abenteuer, Abenteuerlich, Abenteuerlichkeit, Der Abenteurer“, in: Johann Christoph Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, zweite vermehrte u. verbesserte Ausg., Leipzig: G. J. Göschen 1811. Nachdruck mit einer Einführung und Bibliographie von Helmut Henne, Hildesheim u. New York: Georg Olms 1970, Bd. 1, Sp. 26 f.

12

Sulzer, „Abentheuerlich (Dichtkunst)“, S. 3.

13

Johann Gottfried Herder, „J. G. Sulzers Allgemeine Theorie der Schönen Künste“, in: Allgemeine deutsche Bibliothek 22.1 (1774), S. 592, hier S. 15. Vgl. dazu Hans Hofmann, „Historische Wandlungen des Erlebnisphänomens ‚Abenteuer‘“, in: Weimarer Beiträge 1 (1977), S. 72–88, hier S. 75 f.

14

G. W. F. Hegel, Vorlesungen über die Ästhetik, in: ders., Werke in zwanzig Bänden, hg. v. Eva Moldenhauer u. Karl Markus Michel, Bde. 13–15, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1970, hier Bd. 14, S. 211–220.

15

„Wenn du meine Abenteuer liest, ohne der moralischen Lehren zu achten, die sie enthalten, wirst du keinen Nutzen aus diesem Werke ziehen; wenn du sie aber aufmerksam liest, so wirst du in ihnen nach Horazens Vorschrift das Nützliche finden, gemischt mit dem Unterhaltenden.“ Alain-René Le Sage, Die Geschichte des Gil Blas von Santillana [1715–35], aus dem Französischen von Konrad Thorer, Frankfurt a.M.: Insel 1986, S. 8.

16

Vgl. die Robinson Crusoe-Lektüre von Franco Moretti, The Bourgeois. Between History and Literature, London u. New York: Verso 2013, S. 25–51. Außerdem Gert Ueding, Glanzvolles Elend. Versuch über Kitsch und Kolportage, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1973, S. 70–76 sowie Peter Schnyder, Alea. Zählen und Erzählen im Zeichen des Glücksspiels. 1650–1850, Göttingen: Wallstein 2009, S. 143–183. Eine gegenläufige Perspektive nimmt Michael Nerlich ein, der über die Risikobereitschaft eine Linie zieht, die vom Âventiure-Ritter über den sogenannten Merchant Adventurer zu den Experimentalkulturen der Moderne führt. Michael Nerlich, Kritik der Abenteuerideologie. Beitrag zur Erforschung der bürgerlichen Bewußtseinsbildung 1100–1750, 2 Teile, Berlin: Akademie Verlag 1977 und Michael Nerlich, Abenteuer oder das verlorene Selbstverständnis der Moderne. Von der Unaufhebbarkeit experimentalen Handelns, München: Gerling Akademie Verlag 1997. Dazu kritisch Jutta Eming u. Ralf Schlechtweg-Jahn, „Einleitung: Das Abenteuer als Narrativ“, in: Aventiure und Eskapade. Narrative des Abenteuerlichen vom Mittelalter zur Moderne, hg. v. dens., Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2017, S. 7–33, hier S. 10 f.

17

Vgl. dazu aus sozialgeschichtlicher Perspektive die Einleitung und Beiträge in: Nicolai Hannig u. Hiram Kümper (Hgg.), Abenteuer. Paradoxien zwischen Sicherheit und Ausbruch, Paderborn: Ferdinand Schöningh 2015.

18

Einen Überblick geben Günter Kosch u. Manfred Nagl, Der Kolportageroman. Bibliographie 1850–1960, Stuttgart: J. B. Metzler 1993 sowie Matthieu Letourneux, Le roman d’aventures 1870–1930, Limoges: PULIM 2010.

19

Als Léon für den Immersionseffekt von Fiktionen im Allgemeinen und von Abenteuern im Besonderen schwärmt, stimmt ihm Emma enthusiastisch zu und bekundet: „[J’]adore les histoires qui se suivent tout d’une haleine, où l’on a peur.“ Gustave Flaubert, Madame Bovary, Introduction, notes, appendice, chronologie et bibliographie mise à jour (2006) par Bernard Ajac, Paris: Flammarion 2006, S. 147 f.

20

Flaubert, Madame Bovary, S. 123 f.

21

Wilhelm Raabe, Zum wilden Mann. Eine Erzählung, in: ders., Sämtliche Werke, 20 Bde. und 5 Erg.-Bde., im Auftrag der Braunschweigischen Gesellschaft der Wissenschaften hg. v. Karl Hoppe, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1965–1994, Bd. 11, bearb. v. Gerhart Mayer u. Hans Butzmann, S. 218 f.

22

Vgl. aber Margaret Bruzelius, Romancing the Novel. Adventure from Scott to Sebald, Lewisburg: Bucknell University Press 2007 sowie Eming/Schlechtweg-Jahn (Hgg.), Aventiure und Eskapade.

23

Ueding, Glanzvolles Elend; Ernst Bloch, Über Märchen, Kolportage und Sage, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1985 [1932]. Siehe außerdem Harald Eggebrecht, Sinnlichkeit und Abenteuer. Die Entstehung des Abenteuerromans im 19. Jahrhundert, Berlin u. Marburg: Guttandin und Hoppe 1985.

24

Volker Klotz, Abenteuer-Romane. Eugène Sue, Alexandre Dumas, Gabriel Ferry, Sir John Retcliffe, Karl May, Jules Verne, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1989.

25

Hans-Jörg Neuschäfer, Populärromane im 19. Jahrhundert. Von Dumas bis Zola, München: Wilhelm Fink 1976. Siehe außerdem Bernd Steinbrink, Abenteuerliteratur des 19. Jahrhunderts in Deutschland. Studien zu einer vernachlässigten Gattung, Tübingen: Max Niemeyer 1983. Weitere Arbeiten gehen auf die Wunschvorstellungen, die sich in diesem Genre manifestieren, ein: Otto F. Best, Abenteuer – Wonnetraum aus Flucht und Ferne, Frankfurt a.M.: Fischer 1980; Ralf-Peter Märtin, Wunschpotentiale. Geschichte und Gesellschaft in Abenteuerromanen von Retcliffe, Armand, May, Königstein i.Ts.: Hain 1983.

26

Vgl. v.a. Nerlich, Kritik der Abenteuerideologie.

27

Dass das Genre des Abenteuerromans eine Ausnahme in der Geschichte des Abenteuers darstellt, betonen von Koppenfels/Mühlbacher, „Einleitung“, S. 3.

28

In Anlehnung an das Konzept, das der Berliner Sonderforschungsbereich Transformationen der Antike entwickelt hat. Vgl. Hartmut Böhme, „Einladung zur Transformation“ und Lutz Bergemann u.a., „Transformation. Ein Konzept zur Erforschung kulturellen Wandels“, in: Transformation. Ein Konzept zur Erforschung kulturellen Wandels, hg. v. dens. u.a., München: Wilhelm Fink 2011, S. 7–37 und S. 38–56.

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