Maximilian Bayer, einer der Mitbegründer der deutschen Pfadfinderbewegung, beschrieb im Jahr 1914 eine ihrer programmatischen Inspirationsquellen folgendermaßen:
„Nicht umsonst ist ein Werk, wie Defoes Robinson Krusoe, zum Allgemeingut der Jugend […] geworden. Darin findet der Junge, was ihn reizt, was er erstrebt: selber etwas zu schaffen, – frei und allein zu sein mit seinen spielerisch-grübelnden Gedanken, – ohne Anleitung nur auf sich gestellt, durch eigene Findigkeit und Geschicklichkeit das Leben einzurichten. In jedem gesunden Jungen steckt ein Robinson.“1
Der Kerngedanke der Pfadfinderbewegung, nämlich männliche Jugendliche für ein eigenständiges Zurechtfinden in der Welt zu wappnen, basiert Bayer zufolge auf der Überzeugung, dass jeder Junge gerne – wie Defoes Robinson – aus eigener Kraft die Unwägbarkeiten des Lebens meistern will. Es ist auffällig, dass es mit Robinson Crusoe gerade eine literarische Abenteuerfigur ist, die den Pfadfindern als Vorbild dienen soll. Darüber hinaus wird betont, dass die Sehnsucht nach einer abenteuerlichen Robinsonade ein Ausdruck von Gesundheit sei, was suggeriert, dass die Pfadfinderpädagogik die Jugend über das Abenteuer von pathogenen Einflüssen der modernen Zivilisation zu bewahren versucht.
Die in dieser Referenz auf Defoes Helden aufscheinende Diagnose der jugendlichen Bedürfnisse greift in weiten Teilen das auf, was seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert als Sehnsucht nach einem Abenteuer in Abgrenzung zur bürgerlichen Gesellschaft formuliert wurde: Das selbstständige Agieren und freie Entscheiden des Individuums, das den Fährnissen des Lebens entgegentritt und dabei die Grenzen des Altbekannten überschreitet, wurde von Hegel als verzweifelter Versuch der „Jünglinge“ beschrieben, ein „Loch in diese Ordnung hineinzustoßen“,2 nur um schlussendlich doch die in ihr vorgesehene Rolle einnehmen zu müssen. Und auch mit Simmel ließe sich dieses ersehnte Abenteuer als etwas begreifen, das „aus dem Zusammenhange des Lebens herausfällt“3 und insofern nicht den Regeln der eigenen biografischen Relationen innerhalb einer bestehenden Ordnung gehorcht.
Im Folgenden soll näher betrachtet werden, wie die deutsche Pfadfinderbewegung in ihrem Gründungsdokument, dem Pfadfinderbuch (1909),4 gerade mit dem von der gesellschaftlichen Ordnung abweichenden Abenteuer ein Erziehungskonzept für Kinder und Jugendliche entwickelt. Wenngleich sich die deutschen Pfadfinder nach dem Vorbild der britischen Boy Scouts entwickelten und viele Elemente von ihnen übernahmen, so zeigt sich im Pfadfinderbuch und den darin vorhandenen abenteuerlichen Spielen und Erzählungen ein distinkter Umgang mit dem Abenteuer, den es näher zu bestimmen gilt. Gefragt wird dabei nach den Funktionen, die die Bezugnahmen auf unterschiedliche literarische Abenteuer in diesem programmatischen Gründungstext für das Konzept der Pfadfinderausbildung erfüllen.
Zunächst wird, ausgehend vom britischen Originaltext Scouting for Boys (1908),5 die Grundidee des Scoutings skizziert, um so das Pfadfinderbuch als Grundlagenwerk der deutschen Pfadfinder in seinem Entstehungskontext zu verorten. Dabei wird eine Diskrepanz zwischen dem Original und der deutschen Fassung im Umgang mit dem Abenteuer aufgezeigt, die aus einer unterschiedlichen pädagogischen Grundausrichtung resultiert. Anders als die britischen Boy Scouts, so die These, nutzte die deutsche Pfadfinderbewegung die Bezüge auf moderne Abenteuererzählungen in erster Linie als unterhaltsame Anleihen mit dem konkreten Zweck, die jugendliche Imagination zu stimulieren, weniger jedoch als tatsächliches Erfahrungsmodell für die jungen Pfadfinder. Zweitens wird die widersprüchliche Position der Gründer der deutschen Pfadfinder zum Abenteuer erläutert: Während sie, wie das Eingangszitat bereits andeutet, das Abenteuer als Erlebnis für Heranwachsende instrumentalisieren, distanzieren sie sich zugleich vom populärliterarischen Abenteuer als moralisch fragwürdigem Schund. Drittens wird gezeigt, dass es indes ein vormoderner Abenteuerroman ist, nämlich der Parzival Wolframs von Eschenbach, der von den Verfassern zur Auflösung dieses Widerspruchs rezipiert wird. Der Ritter Parzival gerät dabei in dieser Lesart bemerkenswerterweise ausgerechnet zum Archetyp der europäischen Kolonisatoren; gleichzeitig wird mit dieser Bezugnahme der militaristisch-kolonialistische Ursprung der Pfadfinder als Welt ritterlichen Abenteuers perspektiviert und somit gleichsam geadelt.
Der Burenkrieg als Abenteuer: koloniale Ursprünge der Pfadfinderpädagogik
Insofern ihre historischen Wurzeln im kolonialen Südafrika liegen, ist die kolonialistische Ideologie nicht von der Entstehung der Pfadfinder zu trennen. Ihre Gründung geht auf den britischen General Robert Baden-Powell zurück, der im Burenkrieg die Stadt Mafeking gegen eine feindliche Übermacht verteidigte, indem er unter anderem Kinder aus der Zivilbevölkerung für Spähertätigkeiten und andere Hilfsdienste rekrutierte. Daraus entstand für ihn die Vision, britische Kinder zu sogenannten Scouts zu erziehen, ihnen also beizubringen, wie sie – nicht nur im Krieg – ihre Umwelt aufmerksam wahrnehmen und sich in ihr besser zurechtfinden können. Sein 1908 erschienenes Scouting for Boys war das Gründungsdokument einer neuen Jugendbewegung, die Erfahrungen aus der kolonialen Peripherie auf die Verhältnisse in Großbritannien übertrug. Baden-Powell bot mit seinem Buch eine Antwort auf die durch den überraschend langwierigen Burenkrieg verstärkte imperiale Verunsicherung, indem er dieser mit dem System der Boy Scouts ein Konzept der (Selbst-)Disziplinierung und körperlichen Stärkung entgegensetzte.6
Die mediale Berichterstattung über den großen Verkaufserfolg des Buches erreichte auch Dr. Alexander Lion, der als Stabsarzt der deutschen Schutztruppe am Krieg gegen die Herero und Nama in Deutsch-Südwestafrika beteiligt gewesen war. Lion hatte in Afrika ähnliche Erfahrungen wie Baden-Powell gesammelt und teilte dessen Einschätzung, der zufolge viele Soldaten mit einfachen Tätigkeiten, die für das Überleben fernab der Heimat nötig gewesen wären, nicht mehr vertraut seien, wie etwa Feuer machen, Essen zubereiten und Spurenlesen. Mit einem zivilisationskritischen, lebensreformerischen Blick führte Lion diese Entfremdung der deutschen Jugend von der Natur auf übermäßigen Alkohol- und Zigarettenkonsum und auf weitere Verführungen der modernen Großstadt zurück.7 Gerade im Krieg mit scheinbar ‚unzivilisierten‘ Völkern, die diese ursprüngliche Naturverbundenheit noch stärker pflegten, stellten diese mangelnden Fähigkeiten seiner Meinung nach einen Nachteil dar.8 Um auch in Deutschland eine Pfadfinderbewegung zu begründen, übersetzte er zusammen mit seinem ehemaligen Kriegskameraden Hauptmann Maximilian Bayer das Buch ins Deutsche, das 1909 als Das Pfadfinderbuch in der ersten Auflage erschien.9
Es handelt sich dabei um einen Leitfaden zur gesunden Lebensführung, mit dessen Hilfe die jungen Pfadfinder den Anforderungen der zunehmend als bedrohlich wahrgenommenen modernen Welt gerecht werden sollen. Zu den praktischen Inhalten der Pfadfinderausbildung gehört die Naturbeobachtung, das Leben und Sich-Orientieren im Freien, die Lebensrettung und die Sorge um die körperliche Gesundheit. Entsprechend ist das Buch gespickt mit konkreten Anleitungen zu Tätigkeiten wie Körperhygiene, Brot backen, Spurenlesen oder dem Bau einer Schutzhütte. Die theoretischen Kapitel befassen sich hingegen mit den angestrebten Tugenden wie Tapferkeit, Ausdauer und Disziplin. Diese umfassende Bildung findet sich im Motto „Be prepared“ bzw. „Sei allzeit bereit“ verdichtet, das den Versuch zum Ausdruck bringt, durch individuelle Optimierung gegen körperliche und moralische Degeneration gewappnet zu sein.
Bemerkenswert ist dabei die doppelte Instrumentalisierung des kolonialen Raums für diese Art der Ausbildung: Einerseits werden die Kolonien, in denen das Scouting nach indigenem Vorbild erstmals erprobt wurde, als reizvoller Raum des Abenteuers und der Gefahr imaginiert.10 So unterstreicht Baden-Powell etwa die Bedeutung des Spurenlesens zur Bewältigung einer gefährlichen Situation anhand einer selbst erlebten Episode aus dem Kolonialkrieg:
I myself led a column through an intricate part of the Matopo Mountains in Rhodesia by night to attack the enemy’s stronghold which I had reconnoitred the previous day. I found the way by feeling my own tracks, sometimes with my hands and sometimes through the soles of my shoes which had worn very thin; and I never had any difficulty in finding the line.11
Andererseits werden die widrigen Erfahrungen aus dem zivilisationsfernen Raum als notwendig für das Zurechtkommen sowohl im kolonialen Afrika als auch in der britischen Gesellschaft erachtet, wie das ausführlich erläuterte Beispiel eines Mordfalls in Großbritannien zeigt, anhand dessen demonstriert wird, wie die Pfadfinder durch ursprünglich kolonialspezifisches Wissen, nämlich das genaue Beobachten einer Situation und das Erkennen der Fußspuren, den Mörder überführen können.12
Um die erforderliche Bildung zur Bewältigung solch gefährlicher Situationen ebenso wie alltäglicher Probleme für die Jungen nachvollziehbar und spannend zu gestalten, setzt Baden-Powell nicht nur auf Selbstdisziplinierung, sondern auch auf die Imagination und das Spiel: „Boys are full of romance, and they love ‚make-believe‘ to a greater extent than they like to show.“13 Er attestiert den Jugendlichen einen verschämten Hang zur romanzenhaften Fiktion und empfiehlt daher den Ausbildern: „All you have to do is to play up to this and to give rein to your imagination to meet their requirements.“14 Für den Aufbau des Buches bedeutet das, dass der Fiktion eine maßgebliche Position eingeräumt wird, nämlich in Form der als „campfire yarns“ gekennzeichneten Passagen am Ende eines jeden Kapitels. In diesen wird dazu eingeladen, die technische Ausbildung ruhen zu lassen, um sich am Lagerfeuer in abenteuerliche Geschichten hineinzuversetzen. Hier finden sich vor allem paraphrasierte Episoden aus britischen Abenteuerklassikern, wie Kiplings Kim oder Defoes Robinson Crusoe, die den Pfadfindern vorgelesen werden sollen, um daraus exemplarische Lehren zu ziehen, zum Beispiel Kims schnelle Auffassungsgabe oder Robinsons Fähigkeit, allein in der Wildnis zu überleben. Darüber hinaus werden auch die Kolonialerlebnisse Baden-Powells und anderer Kolonisatoren retrospektiv als Abenteuergeschichten nacherzählt.15 Trotz seines faktualen Handbuchcharakters wird Scouting for Boys in diesen Teilen also zum (Vor-)Lesebuch literarisiert, das auch die konkrete Situation des Erzählens und Zuhörens dieser Geschichten berücksichtigt.16 Indem am Lagerfeuer, das man soeben erst zu entzünden gelernt hat, literarische Abenteuerepisoden vorgelesen werden, greifen nämlich die faktuale praktische Erziehung und die fiktionalen Erzählungen, die wiederum die Erziehung bereits prägen, ineinander.
Diese fiktionalen Anregungen werden sodann über das Spiel wieder in die Tat umgesetzt. Am Ende einer jeden Lagerfeuergeschichte finden sich Hinweise für die Ausbilder, wie die jeweilige ‚Moral von der Geschichte‘ vermittelt werden soll, gefolgt von weiterführenden Literaturhinweisen und Spielideen, sodass die zur Bewältigung der geschilderten Abenteuer notwendigen Fähigkeiten direkt im Spiel erprobt werden können. Für Baden-Powell besaß das Spiel einen zentralen Stellenwert innerhalb seines Ausbildungsprogramms: „Bacon said that play-acting was one of the best means of educating children, and one can quite believe him.“17 Das play-acting, also das praktische Nachspielen, eigne sich aufgrund der höheren Erlebnisqualität besser zur Vermittlung von Pfadfinderidealen als das rein theoretische Dozieren der Inhalte, beispielsweise beim Nachahmen der Laute des jeweiligen Totemtiers. Dass diese Spiele größtenteils eine Imitation der vorgelesenen Abenteuerepisoden, etwa aus Doyles Sherlock Holmes oder Kiplings Kim beinhalten, dient dazu, die Sehnsucht der Jugendlichen nach „romance“ zu stillen. Kim, der in Indien ohne das Wissen um seine britische Herkunft unter Indigenen aufgewachsene Junge, eignet sich als Vorbild aufgrund seiner Kenntnis der indigenen Kultur, seiner Beobachtungsgabe und Verstellungskunst, durch die er zum britischen Geheimagenten wird; Sherlock Holmes hingegen wegen seines berühmten detektivischen Spürsinns, der das pfadfinderische Spurenlesen repräsentiert. Darüber hinaus bezieht sich das play-acting auch auf das tatsächliche Theaterspielen, wie das im ersten Kapitel enthaltene Pocahontas Play18 zeigt, das zum sofortigen Reinszenieren einer historischen Situation mit verteilten Rollen einlädt. Im ‚Als ob‘ des Spielens, in dem die Jungen mit kolonialen Abenteuern assoziierten Tätigkeiten wie dem Spurenlesen weitestgehend ohne elterliche oder schulische Reglementierung nachgehen können, soll der Keim für die Erziehung zum good citizen gepflanzt werden.19
Die literarischen und selbst erlebten Beispiele inszenieren den modernen Abenteurer als einen frei und unkonventionell handelnden, sich selbst behauptenden und ganz dem eigenen Urteil vertrauenden Mann, der sich in der – meist kolonisierten – Fremde ohne Hilfsmittel zurechtfinden muss, etwa im Gefecht oder in der Dunkelheit bzw. im Verborgenen. Darüber hinaus wird suggeriert, dass er seine Abenteuer nicht aus Lust an Gefahr und Transgression erlebt, sondern sie in den Dienst des nationalen und imperialen Interesses stellt – sei es durch das detektivische Lösen von Kriminalfällen, Spionage für den Geheimdienst oder die koloniale Besiedelung neuer Gebiete. Indem über diese literarischen Abenteuer oft ein kolonialer Kontext spielerisch aktualisiert wird, dienen sie zudem auch als Mittel, die Jugendlichen ideologisch auf den imperialen Dienst für das Vaterland vorzubereiten. Dies bedeutet umgekehrt, dass das Abenteuer wiederum als elementare Erfahrung für die zivilisierte Gesellschaft erachtet wird, die von einem spielerischen Ausprobieren verschiedener Verhaltensweisen zum besseren Verstehen und Meistern kritischer Situationen profitiert.
Neben dieser gezielten Pädagogisierung und Ideologisierung des Abenteuerspiels wartet Baden-Powells Buch selbst mit Merkmalen und Inhalten des Unterhaltsamen auf. Sein Versuch, ein Programm zu entwickeln, das gerade der männlichen Jugend in ihrem Denken, ihren Bedürfnissen und ihrem Humor20 gerecht wird, spiegelt sich deutlich in der Form und Sprache seines Buches wider: Weil Baden-Powell hierfür auf einige seiner vorherigen Schriften zurückgriff und außerdem Zeitungsausschnitte, Abenteuerromane und Reiseberichte zitierte, stellt Scouting for Boys eine Montage heterogener Texte und Textformen dar, die inhaltlich eher lose aufeinander Bezug nehmen und selbst typografisch keiner einheitlichen Struktur folgen.21 Auch die einzelnen Kapitel sind nicht linear konzipiert, sondern überraschen durch immer neue Einschübe aus Zeitungsberichten, Anekdoten aus dem Burenkrieg und dem kolonialen Indien, Erste-Hilfe-Tipps, Kriminalgeschichten, Liedern und Theaterstücken. In dieser fragmentierten mosaikartigen Kompilation22 liegt ein Erfolgsfaktor des Buchs: Gerade weil die einzelnen Abschnitte kurz sind und belehrenden Passagen und Regeln viele Praxisbeispiele und im Plauderton formulierte, reichlich illustrierte Anekdoten folgen, richtet es sich neben den Ausbildern vor allem an adoleszente Leser, die eine kurzweilige und unterhaltsame Lektüre bevorzugen. Die fehlende Kohärenz der einzelnen Beiträge sowie das handliche Format ermöglichen es, das Buch, auch unterwegs, an einer beliebigen Stelle aufzuschlagen und sich in den abwechslungsreichen Inhalt zu vertiefen.
Das Pfadfinderbuch als Lehrbuch für den „richtigen Lebenspfad“
Zwar instrumentalisiert Baden-Powell das literarisch inspirierte Abenteuerspiel in erster Linie zur Kanalisierung jugendlicher Energie in die Rolle des guten Bürgers; gemäß seinem Anspruch, den Jungen einen Raum zur Entfaltung zu gewähren, verwendet er jedoch auch großen Aufwand darauf, das Abenteuer zugleich als Erlebnis zu erhalten. Das beweist die in Scouting for Boys gelungene Montage von faktualen und fiktionalen Elementen mit dem Fokus auf abenteuerlichem Erzählen und Erleben eindrucksvoll.23 Die deutsche Ausgabe hingegen, das werde ich im Weiteren ausführen, reduziert diese Kombination aus dem Erzählen und Erleben des Abenteuers auf sporadisch eingestreute literarische Reminiszenzen, die nur noch den Zweck erfüllen, das Interesse am Pfadfinden zu wecken. Hinzu kommt eine kritische Haltung zum modernen Abenteuer populärliterarischer Ausprägung, die eine Rückbesinnung auf die vormoderne Abenteuerform des höfischen Romans bedingt.
Lion und Bayer übersetzten die Inhalte von Scouting for Boys nicht wörtlich, sondern übertrugen sie eher frei ins Deutsche, um eine veränderte inhaltliche Anordnung, Schwerpunktsetzung und auch Auslassungen zu ermöglichen. Das Pfadfinderbuch zeugt zunächst vom Bemühen der Herausgeber, den heterogenen Ausgangstext zu vereinheitlichen und im Kapitelaufbau logischer und kohärenter zu machen. Das Inhaltsverzeichnis ist deutlich ausführlicher und erleichtert damit die Orientierung im Buch.24 Die praktischen Inhalte der Ausbildung wurden größtenteils ohne Änderungen übernommen, ebenso die Anekdoten aus den britischen Kolonien und aus dem Burenkrieg. Sie muten in der deutschen Version jedoch distanziert und spröde an, da sie oft eingeleitet werden durch Phrasen wie „Baden-Powell erzählt …“ und teilweise in indirekter Rede wiedergegeben werden.25 Viele der Kriminal- und Abenteuererzählungen bleiben zwar erhalten, aber sie sind nicht mehr als Lagerfeuer-Geschichten markiert und wirken in der Übersetzung hölzern und ohne den situativen Kontext des Lagerfeuers in vielen Passagen fehl am Platz. Die Geschichte Kims etwa, die im britischen Original auf mehreren Seiten nacherzählt wird, wird auf einen einzigen, isoliert stehenden Satz komprimiert, der unverständlich bleibt, weil nicht erklärt wird, wer Kim ist: „Kim, der wackere, junge Pfadfinder wurde von den Indern ‚Der kleine Freund aller Menschen‘ genannt, und jeder Pfadfinder sollte danach streben, sich diesen Ehrentitel zu erwerben.“26 Das erhalten gebliebene Kim-Spiel verliert durch diesen fehlenden Zusammenhang ebenfalls an Reiz. An die Stelle der fest in den Kapiteln verankerten campfire yarns treten nun im Inhaltsverzeichnis eigens hervorgehobene „Winke für den Lehrmeister“, die es im britischen Original zwar auch gibt, dort jedoch in einem ausgewogenen Verhältnis zu den Lagerfeuergeschichten stehen. Insgesamt verliert das Buch so an vielen Stellen die Faszinationskraft und Literarizität, die durch die Erzählepisoden im britischen Original beabsichtigt war.
Um den vielen Beispielen aus den britischen Kolonialgebieten einen Bezug zu den deutschen Kolonien entgegenzustellen, wurden in der deutschen Version einige wenige Erlebnisse Lions und Bayers aus dem Kolonialkrieg in Deutsch-Südwestafrika hinzugefügt. Gestrichen wurden indes viele der Stellen, die in der britischen Fassung den spielerischen Charakter der Pfadfinder hervorheben, etwa die Beschreibung der Totemtiere der jeweiligen Pfadfindergruppe und die Nachahmung der Tierrufe zur geheimen Verständigung, die Handzeichen, Symbole und Rituale, die die Faszination dieser jugendlichen Pfadfinderwelt ursprünglich ausmachten.27 Stattdessen überwiegt nun ein ermahnender Ton, der das Buch eher zum Lehrbuch als zu einem mit Abenteuern gespickten, fiktionalisierten Leitfaden macht. Denn anstatt wie Baden-Powell die Bedürfnisse der Jungen im Blick zu behalten, zeigt sich bei Lion und Bayer eine misstrauische Sicht auf die Heranwachsenden: Ausgehend von der „Gefahr, dass die Jugend körperlich zurückgeht und geistig verroht“,28 wird sie pauschal unter den Verdacht der Degeneration und Delinquenz gestellt.29 Die im Original vorgesehenen Freiräume für die Fantasie in Form von Abenteuergeschichten am Lagerfeuer oder Theaterspielen, die für die Entwicklung zum verantwortungsvollen Bürger als förderlich erachtet wurden, werden zugunsten einer geradlinigeren Vermittlung von Lernstoff stark eingeschränkt. Besonders deutlich zeigt sich das im Kapitel über persönliche Hygiene, gesunde Lebensführung und Sport, in dem „[d]as Wirtshaus, der Alkoholgenuss, der Tabak, das andere Geschlecht“30 als negative Einflüsse vehement missbilligt werden und der Fokus stärker als bei Baden-Powell auf körperliche Ertüchtigung gerichtet wird. Schnell verflüchtigt sich die beabsichtigte Anregung für die Fantasie angesichts folgender prosaischer Ratschläge: „Kräftiges Essen, keine unnötige Anfüllung des Magens, lieber mehrmals kleine Mengen als auf einmal grosse [sic]. Gut kauen. Nie auf vollen Magen turnen. Tägliche Stuhlentleerung zu regelmässigen Zeiten. Obst essen, besonders abends.“31 Der hier anklingende klinisch sterile, syntaktisch verkürzte Kasernenhofton verdeutlicht, wie kühl und distanziert die Jungen adressiert werden und wie unmittelbar die technische Ausbildung ohne eine exemplifizierende Einbettung in eine fiktionale Geschichte, eine humorvolle Anekdote oder ein Spiel von Statten gehen soll. Stattdessen wird anhand einer längeren, wörtlich zitierten Passage aus einer militärischen Vorschrift die Pflicht eines jeden Pfadfinders verdeutlicht, sich „gesund und kampffähig“32 zu halten.
Obwohl dem Pfadfinderbuch somit weitgehend der fabulierende Überschuss und die Ungezwungenheit der britischen Vorlage fehlen, sind noch literarische Spuren des Abenteuers vorhanden, beispielsweise Bezüge zu Coopers Lederstrumpf-Romanen, deren Protagonist Natty Bumppo mit dem Beinamen „pathfinder“ immerhin der Namensgeber der deutschen Pfadfinder ist. Diese Spuren des Abenteuers verankern die Pfadfinderbewegung in einer längeren, historisch gewachsenen Tradition vorbildlichen Handelns, die im Fall der Lederstrumpf-Geschichten eine nationalistische Prägung zur Profilierung gegenüber dem britischen Original erfährt: Der Lederstrumpf wird den jungen Pfadfindern als Musterbeispiel für Selbstlosigkeit im Dienst der Kolonisation vorgestellt; zugleich solle die Figur sie aber auch mit Stolz erfüllen, da Cooper sie nach dem Vorbild eines deutschen Auswanderers namens Herkheimer entworfen habe, der, ebenso wie der von Baden-Powell so hochgelobte John Smith,33 die koloniale Erschließung Nordamerikas vorangetrieben habe, die damit auch der deutschen Schaffenskraft zu verdanken sei.34 Entsprechend wird das Pfadfinden auch als „das Suchen und Finden des richtigen Lebenspfades“35 beschrieben, sodass die koloniale Erschließung neuer Wege und Gebiete an der frontier als Sinnbild für die adoleszente Selbstfindung dient. Abgesehen von Coopers Lederstrumpf, der im Original nur am Rande erwähnt wird, werden im Pfadfinderbuch mit dem Kim-Spiel zur Schulung der Beobachtungsgabe und dem Robinson-Spiel zum Erlernen lebensnotwendiger Fähigkeiten die auch in Scouting for Boys bereits zitierten Abenteuerbeispiele übernommen. In einer späteren Publikation charakterisierte Alexander Lion diese Verwendung des spielerischen Abenteuers folgendermaßen:
Wie aber macht es der Fischer, der Fische fangen will? Er wirft den Fischen nicht den Köder vor, der ihm zusagt, sondern der den Fischen zusagt. Sonst fängt er sie nicht. So warf auch die Pfadfinderbewegung ihren Fischen, der Jugend, den Köder hin, der ihnen schmeckte. Aber war der junge Mensch erst einmal geködert, dann wurde er auch unmerklich zum Guten beeinflußt, unaufdringlich in die richtige Bahn geleitet. Die Pfadfinderbewegung wandte sich also an die Jugend, packte sie an ihrer Begeisterungsfähigkeit, an der romantischen Seite, der Robinsonnatur, die in jedem gesunden Jungen steckt.36
Wie der eingangs zitierte Bayer beschreibt auch Lion hier mit dem bedrohlich wirkenden Bild des Menschenfischers den Versuch, die Jugendlichen über ihre romantische Sehnsucht nach Abenteuern gezielt zu manipulieren: Über den Köder des Abenteuerspiels werden sie dazu gebracht, dem eigentlichen Ziel der Pfadfinderausbildung zu entsprechen, nämlich dem „Vaterlande zu dienen, und dafür zu sorgen, dass es gross und mächtig bleibe.“37 Das Spiel verliert so, noch deutlicher als im Originaltext, seine Zweckfreiheit und wird stattdessen zum zweckgebundenen Experimentieren mit bestimmten Situationen und Kontexten. Statt einem spielerischen Sich-Ausprobieren geht es nun um ein Einstudieren von Eigenschaften und Fähigkeiten zur Bewältigung gefährlicher Situationen, für die man „allzeit bereit“ sein soll. Dies kollidiert indes deutlich mit den in Aussicht gestellten Abenteuern, die ja gerade dadurch entstehen, dass eine unvorhersehbare Situation eintritt, auf die man nicht vorbereitet ist. Die Suche der Jugendlichen nach dem „richtigen Lebenspfad“ ist also keineswegs als freie Selbstentfaltung gedacht, sondern als gezielte Einführung in eine staatsbürgerliche Rolle, wie Lion zusammenfasste: „So sucht das Pfadfindertum, moralisch wie auch körperlich den jungen Menschen zu fördern, er [sic] will ihn darüber hinaus auch zu einem tüchtigen, allen Lagen des Lebens gewachsenen Staatsbürger erziehen.“38
Gehorsam „wie jeder Soldat“: Die Gebote der Pfadfinder
Wie diese tüchtigen Staatsbürger sein sollen, zeigt die aus dem Englischen übernommene Aufstellung der Pfadfinder-Gebote. An erster Stelle steht die „Ehre eines Pfadfinders“, gefolgt von der Treue gegenüber „seinem Landesherrn, dem Kaiser, seinem Vaterlande, seinen Vorgesetzen, Lehrern und Brotherren.“39 Neben Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit, Höflichkeit, Tierliebe, Heiterkeit und Sparsamkeit wird zudem Gehorsam gefordert: „Ein Pfadfinder gehorcht seinem Feldkornett, dessen Stellvertreter (Junker) und dem Feldmeister ohne Widerrede. Auch wenn er einen Befehl erhält, der nicht nach seinem Geschmack ist, muss er ihn dennoch wie jeder Soldat genau befolgen. Es ist dies seine Pflicht.“40 Obgleich Lion und Bayer, ebenso wie Baden-Powell selbst, verschiedentlich betonen, dass sie eine nicht-militärische Ausbildung zum „Friedens-Pfadfinder“41 konzipiert hätten, so gibt bereits die Formulierung „wie jeder Soldat“ einen eindeutigen Hinweis darauf, dass als elementare Bestandteile der Staatsbürgerpflichten auch militärischer Drill, Gehorsam und Diensteifer angesehen werden. Insbesondere der technische Ausbildungsteil entspricht größtenteils der damaligen militärischen Infanteristenausbildung.42 Auch die Pfadfindertracht, die der Uniform der kolonialen Soldaten nachempfunden war, sowie die durch Ränge und Abzeichen verwirklichte hierarchische Organisation zeugen sowohl im britischen als auch im deutschen Fall vom militärischen Ethos, der den Pfadfindern zugrunde gelegt wurde.43
Während diese protomilitaristische Ausrichtung angesichts der persönlichen Kriegserfahrungen Baden-Powells, Lions und Bayers wenig überrascht, so zeigt sie doch zumindest im deutschen Fall ein deutliches Aufeinanderprallen unterschiedlicher Werte: die mit den literarischen Abenteurerfiguren Lederstrumpf, Kim oder Robinson in Verbindung gebrachte eigenständige Grenzüberschreitung, Freiheit und Selbstbestimmtheit, meist in der Abgeschiedenheit der Natur, im Gegensatz zu Disziplin, Gehorsam und Dienst der idealen, militärisch geschulten und für den Ernstfall gewappneten Staatsbürger. Die im Eingangszitat versprochene Freiheit, sich sein Leben nach eigenen Vorstellungen zu gestalten, erscheint an diesem Tugendkatalog gemessen als purer Egoismus gegenüber den Belangen der nationalen Gemeinschaft. Das Spiel und das Imitieren literarischer Vorbilder erlauben lediglich imaginierte Abenteuer, wohingegen die Ausbildung eigentlich darauf abzielt, abenteuerliche Unwägbarkeiten zugunsten der nationalen Sicherheit zu eliminieren.
Zwar trifft diese grundsätzliche Ausrichtung auf Risikominimierung unter Zuhilfenahme fiktionaler Abenteuer auch auf das britische Original zu, aber im Gegensatz zu Baden-Powell, der das lustvolle Imaginieren und Imitieren von Abenteuer stärker in den Vordergrund rückt, entschieden sich die deutschen Pfadfindergründer zu einer deutlichen Reduzierung des selbstreferentiellen Abenteuers hin zu einer stärkeren Nutzbarmachung. Damit ist das literarische Abenteuer im deutschen Pfadfinderbuch nicht mehr als ein Köder, der die Jugendlichen über ihre Abenteuerlust in einen nationalen Funktionszusammenhang einbinden soll. Die Lederstrumpf-Geschichte wird beispielsweise nicht deshalb als Vorbild zitiert, weil der Protagonist darin Selbstständigkeit und Freiheit um ihrer selbst willen erlebt, sondern explizit wegen der ihm zugeschriebenen Selbstlosigkeit und Aufopferung im Dienst der Nation. Die im Roman beschriebene kriegerische Kolonisierung wird im Pfadfinderbuch somit vom reizvollen, selbstbestimmten Abenteuer zu einer nationalen Pflicht umgedeutet.
Dass die Bezugnahme auf das – vor allem literarisch vermittelte – Abenteuer primär zweckorientiert erfolgt und zugleich stark reduziert wird, zeigt sich auch daran, dass die Chance, Beispiele der zeitgenössischen deutschen Abenteuerliteratur in das Buch einzufügen, nicht genutzt wurde. Dies mag einerseits daran liegen, dass mit Kim und Robinson Crusoe zwei auch im deutschsprachigen Raum prominente Romane zitiert werden, die wie wenig andere für die literarische Repräsentation kolonialer Expansion standen und, im Fall der Robinsonade, im deutschen Kontext bereits eine lange Tradition der pädagogisierten Vermittlung durch Jugendadaptionen hatte.44 Andererseits liegt der Verzicht auf deutsche Literaturbeispiele auch in der kritischen Haltung der Verfasser gegenüber der zeitgenössischen Jugend- und Abenteuerliteratur begründet: So wird an verschiedenen Stellen betont, man würde unter keinen Umständen versuchen, die „lebhafte Phantasie der Jungen“ durch „Schundliteratur […] ohne jeden moralischen Wert“ zu befriedigen, da diese Art von Lektüre die „jugendlichen Gemüter“45 vergifte.46 Im Gegenteil distanziert man sich ausdrücklich von „Kolportageromantik“ und der „Mystik des Indianerwigwams“47, derer die Gründer der deutschen Pfadfinderbewegung seitens ihrer Kritiker bezichtigt wurden.
Diese vehemente Ablehnung der Abenteuerliteratur und die Reduzierung abenteuerlicher Inhalte im Pfadfinderbuch kann auch als Versuch verstanden werden, die medial formulierte Kritik an den Pfadfindern zu entkräften. Sowohl die konservative als auch die sozialistische Presse hatte den Pfadfindern vorgeworfen, durch die Übernahme abenteuerliterarischer Beispiele aus dem Original die Jugend durch moralisch fragwürdige Inhalte zu verführen, die darüber hinaus britischer Provenienz waren.48 Dieser Vorwurf ist in der um 1900 kontrovers geführten Debatte über die sogenannte Schmutz- und Schundliteratur, also populäre Massenliteratur, die weniger auf literarische Qualität denn auf kommerziellen Erfolg abzielte, zu verorten.49 Abenteuerromane als im erhöhten Maße Affekte evozierende Erzählungen standen besonders im Verdacht, ihre Leser zu verderben, weil in ihnen spannungsreiche Plots gegenüber inhaltlichem Tiefgang und stilistischer Finesse bevorzugt würden.50 Die deutsche Abenteuerliteratur wird von Lion und Bayer also nicht nur aufgrund ihrer Unvereinbarkeit mit den staatsbürgerlichen Tugenden abgelehnt, sondern darüber hinaus aufgrund der mit ihr in Verbindung gebrachten moralischen und ästhetischen Degeneration.
Dem Abenteuer auf der Spur: Parzival als erster deutscher Pfadfinder
Die Kritik am populären Abenteuer greift auch der Gymnasiallehrer Ludwig Kemmer in einem mediendidaktischen Kapitel mit dem Titel Der Ritterspiegel auf und konstruiert darin anhand von Parzival ein tugendhaftes Idealbild des deutschen Pfadfinderabenteuers:
Ich weiss, Ihr greift viel lieber nach Büchern, die Euch von der Gegenwart erzählen, als nach solchen, die Euch in die Zeit des Rittertums führen. […] Wie ein Klang aus der Heimat, so vertraut ist Euch dagegen der Name Winnetou. […] Euer Lieblingserzähler nennt Euern Lieblingshelden den roten Gentleman. Er hätte ihn besser den roten Ritter genannt. Aber das arme deutsche Wort ist daran, sein Leben zu verlieren und steinern und kalt zu werden […]. Darum lautet der Titel eines Eurer Lieblingsbücher Winnetou, der rote Gentleman, nicht Winnetou, der rote Ritter. Der rote Ritter? […] Habt Ihr nie von einem roten Ritter gehört oder hat der rote Gentleman die Erinnerung daran ganz getilgt? Der rote Ritter war Parzival, Gachmurets und Herzeloydens Sohn.51
Indem er den namentlich nicht genannten Karl May als einschlägigen Autor von Unterhaltungsliteratur anführt, schafft Kemmer eine Abgrenzung vom indigenen Spurenleser Winnetou, mittels der er dann die entgegengesetzte, beinahe in Vergessenheit geratene Fährte des Rittertums aufnimmt. Da das moderne Abenteuer sowohl als Erlebnis- als auch als Erzählform abgelehnt wird, bedarf es eines Ersatzes, den Kemmer in einem vormodernen Abenteurer findet, nämlich dem Ritter Parzival aus der Feder Wolframs von Eschenbach. Damit die Pfadfinder das Lesen dieser fremd gewordenen Abenteuerspur lernen können, bietet Kemmer in seiner schulbuchartigen Zusammenfassung des Romans eine moderne Interpretation an, nämlich Parzivals Entwicklung als adoleszente Bildungsgeschichte von der „kindlichen Torheit“52 zum vollendeten Gralskönig: Noch vollkommen unwissend bezüglich der Aufgaben und notwendigen Fähigkeiten eines Ritters, wird „der törichte Knabe“ zuerst äußerlich durch Ithers Rüstung zum Ritter, und erst viel später durch die Erziehung Gurnemanz’ und einen mühsamen Zugewinn an Lebenserfahrung „auch innerlich zum Ritter“.53 Aus Parzivals Erziehung zur Ritterlichkeit destilliert Kemmer dann die „Gesetze der Ritter“54 heraus, die im Wesentlichen Freigebigkeit, Selbstlosigkeit, Selbstaufopferung, Güte, Höflichkeit, Ritterlichkeit gegen Frauen, Ehrgefühl, Gehorsam und Mut beinhalten. Da es sich bei diesen ritterlichen Tugenden offensichtlich um das Vorbild der Pfadfindergesetze handelt, wird an anderer Stelle folgerichtig das Pfadfinden als die vom „englischen Gurnemanz“55 Baden-Powell ins Leben gerufene „Kunst des neuen Rittertums“56 definiert.
Weil Parzival „nur eine Sage“57 sei, geht Kemmer dann dazu über, das literarische Ideal des Rittertums am Beispiel der mittelalterlichen Ritterorden zu beleuchten und verankert so die sagenhafte Abenteuerspur in einem historischen Fundament. Der Deutschorden hätte nach dem erfolglosen Kampf gegen die Sarazenen im 13. Jahrhundert einen „neuen Schauplatz zur Erhaltung ihrer Tätigkeit“ gesucht, die sie in der Eroberung von „Masovien und Pommerellen“ als dem „neue[n] deutsche[n] Land, Preussen“58 gefunden hätten, weshalb die Farben und das Kreuz des Deutschordens die Reichskriegsflagge des Kaiserreichs schmückten. Unter dieser Flagge segelten ihm zufolge auch die „deutschen Pfadfinder und Pioniere, die im vorigen Jahrhundert die unerforschten Teile Afrikas rekogniszierten und die ersten Pfade durch Wälder, Wiesen, Wüsten und Wasser bahnten“.59 Kemmer schlägt damit einen Bogen von Parzival über die Deutschritter zu den kolonialen Eroberern des späten 19. Jahrhunderts, die alle angetrieben gewesen seien von den Tugenden des Rittertums.
Auffällig ist an diesem Argument zum einen, dass ein höfischer Roman und der darin thematisierte ritterliche Verhaltenskodex gleichgesetzt wird mit der historischen Entwicklung einer spezifischen Form des Rittertums, die dann wiederum als Vorbild für die Jahrhunderte später stattfindende Kolonisierung Afrikas dargestellt wird. Abgesehen von diesem eigenwilligen Umgang mit Fakt und Fiktion liegt hier zum anderem eine Lesart des Parzival vor, die wiederum charakteristisch ist für die Parzivalrezeption um 1900.60 Der Parzival-Stoff war in der Literatur und Kunst des Kaiserreichs vor allem deswegen so beliebt, weil er von ganz unterschiedlichen Positionen vereinnahmt werden konnte: etwa als christlicher Erlöser oder als weltlicher Held, als sehnsüchtig Suchender oder als pragmatischer Begründer einer neuen Ordnung.61 Insbesondere aber seitens des konservativ-modernekritischen Bildungsbürgertums wurde Parzival als idealistischer, auf traditionellen Werten beharrender Held inszeniert, der diese Innerlichkeit auf seinem Bildungsweg in der der rein säkularen Artuswelt überlegenen Gralswelt gefunden hat.62 Zugleich entsprach es aber auch dem Wilhelminischen Zeitgeist, Parzival als Sinnbild für den Aufbruch in ein kulturell neu begründetes Reich zu verstehen. Daraus ergibt sich Parzival als ein entschlossen handelnder, außergewöhnlicher „Tat-Mensch“63, der die Welt verändern kann, was wiederum bald nationalistisch bis völkisch instrumentalisiert wurde. Da das Mittelalter vielen ohnehin als Vorbild für die deutsche Gesellschaft galt, wurde Parzivals Ritterlichkeit nun zum Ideal einer urdeutschen Persönlichkeit erklärt, die jedermann in sich erwecken kann und soll.64 Zu diesem Zweck wurde Wolframs Parzival ab 1900 immer stärker als Teil eines ‚deutschen Kanons‘ im Unterricht etabliert – eine Entwicklung, die auch Kemmer als Deutschlehrer miterlebte.65
Entsprechend finden sich in seinem Kapitel viele dieser Rezeptionselemente wieder: Die Bedeutung der innerlichen Ritterwerdung betont er durch die Erörterung der von Parzival zu erlernenden ritterlichen Tugenden sowie die unermüdliche Suche nach der Gralsburg, um den kranken Gralskönig mit seiner Frage zu erlösen. Zugleich verbindet Parzival diese wertorientierte Innerlichkeit mit seiner jugendlichen Tatkraft, mit der er unbekümmert Entscheidungen trifft und seine Ehre zu mehren versucht. Parzival wird somit zum Einzelkämpfer stilisiert, der seine anfängliche Tumbheit durch herausragende Individualität abgelegt hat. Dies indes zeigt, dass hier lediglich die Figur des Romans rezipiert wird, nicht aber seine spezifische Struktur, die neuere Relektüren anhand des Begriffs der âventiure in den Vordergrund gerückt haben: Was nämlich gänzlich fehlt in Kemmers Ausführungen ist zum einen die heilsgeschichtliche Bedeutung der Gralssuche und zum anderen der damit korrelierende Doppelweg der âventiure. Das Abenteuer wird darauf reduziert, dass Parzival im Kampf nach ritterlicher Ehre sucht und dafür in einem modernen Verständnis eigenständige Entscheidungen trifft. Ausgeblendet wird dabei, dass „âventiure im höfischen Roman nichts weniger [meint] als den mutigen Ausbruch ins Unbekannte, Offene und Weite, den Aufbruch zu neuen Horizonten“66. Auch Mireille Schnyder betont, dass sich im Gegenteil das Geschehen dem Helden entzieht, sobald die âventiure „den weiteren Verlauf bestimmt. Sie ist es, die Parzival in undurchschaubarer Konsequenz durch die Wirrnisse der Welt dahin bringt, wohin ihn die Sælde (das Heil, das Glück) hingedacht hatte […].“67 Indem nun aber diese spezifische Erzählstruktur der âventiure ausgeblendet und die providentielle Fügung der Geschicke negiert wird, ist es möglich, Parzival deutlich mehr Individualität und Entscheidungsvermögen68 beizumessen, wodurch er erst als moderner Tatmensch rezipiert werden kann.
Parzivals Ritterlichkeit als Vorbild für die Ritterorden und die Pfadfinder liegt also in der einseitigen Fokussierung auf äußerer Tatkraft und zugleich seiner inneren Wertorientierung und Tugendhaftigkeit. Was im Pfadfinderbuch nun konkret als ritterlich gilt, verdeutlicht die Erwähnung all jener, die sich ritterlich um ihre Nation verdient gemacht haben: Zu den modernen Rittern zählen die Verfasser vor allem „die Trapper von Nordamerika, die Jäger in Zentralafrika, die europäischen Ingenieure, Prospektoren, Forscher und Missionare in allen noch unkultivierten Teilen der Erde“. Sie zeichneten sich dadurch aus, dass sie
stark und mutig [sind], bereit, jeder Gefahr entgegenzutreten […]. Sie sind gewohnt, ihr Leben selbst in ihre Hand zu nehmen und es ohne Besinnen einzusetzen, wenn sie ihrem Vaterlande und ihren Landsleuten damit nützen können. […] Denn sie tun dies alles nicht zu ihrem eigenen Vorteil, sondern weil es ihre Pflicht ist […].69
Personen wie Raleigh, Columbus, Livingstone einerseits und Wissmann, Nachtigall und Lüderitz andererseits hätten eines gemeinsam: „Es sind dies alles Kulturpioniere, Pfadfinder, Bahnbrecher ihres Volkes.“70 Was hier als auf Parzivals Tugendkodex basierende moderne Ritterlichkeit herausgestellt wird, ist also nichts anderes als die abenteuerliche Erkundung und Eroberung der Welt, die der europäische Kolonialismus mit sich brachte, mit dem Unterschied, dass der schon Parzival attestierte individualistische „Aufbruch ins Unbekannte“ nun als ein ritterlicher Akt der pflichtbewussten Selbstaufopferung für das Vaterland bewertet wird. Indem den abenteuerlichen Eroberungsfahrten ein altruistisches Motiv attestiert wird, lässt sich das moderne Abenteuer des Findens neuer Pfade nun als ritterlicher Akt der Nächstenliebe positiv umdeuten. Das Ziel dieser Ritterlichkeit ist nicht mehr wie noch bei Parzival die Erkenntnis Gottes, sondern nur noch die Mehrung nationaler Ehre, die damit gleichsam eine sakrale Legitimierung erfährt.
Der Exkurs zu Parzival dient Kemmer also dazu, über den Bezug auf ein Werk des deutschen Bildungskanons den an die Pfadfinder gerichteten Vorwurf der moralischen Fragwürdigkeit zu entkräften. Dass dafür die nationale Identifikationsfigur Parzival herangezogen wird, und nicht wie im Original König Artus, zeigt auch, dass ihre Arbeit als Ausdruck einer spezifisch deutschen Tugendhaftigkeit verstanden werden soll.71 Darüber hinaus ermöglicht es die Referenz auf Parzival, den Widerspruch zwischen der Affirmation des Abenteuers als willkommene Erlebnisform einerseits und der Ablehnung des modernen Abenteuers als egoistischer Vernachlässigung der nationalen Verantwortung sowie der Abenteuerliteratur als minderwertigem Schund andererseits aufzulösen. Mit Parzival wird ein Ideal vormoderner Ritterlichkeit gegenüber moralisch wie auch ästhetisch bedenklichen Abenteurern konstruiert. Indem der so stilisierte Parzival dann auf die moderne kolonialistische Expansion übertragen wird, kann dieser ‚ritterliche‘ Kolonialabenteurer vom Verdikt der Rücksichtslosigkeit freigesprochen werden. Die rückwärtsgewandte Spurenlese verankert das moderne (Kolonial-)Abenteuer also im historischen Zeitverlauf, wodurch auch seine räumliche und moralische Transgressivität gerechtfertigt wird. Dieses Manöver erlaubt es, die kolonialen Ursprünge der Pfadfinder zum Inbegriff ritterlicher Selbstaufopferung zu machen.
Die Beziehung zwischen pädagogischer Programmatik der deutschen Pfadfinderbewegung und dem literarisierten Abenteuer stellt sich damit als intrikat heraus. Erstens versuchen die Verfasser des Pfadfinderbuchs, ihrem Text im Vergleich zum überbordenden narrativen Kaleidoskop des englischen Originals einen stärker faktualen Lehrbuchcharakter zu geben, ohne sich jedoch definitiv von Spuren literarischer Abenteuer zu lösen. Die zitierten literarischen Abenteuersequenzen werden beibehalten, um sie weiterhin als zweckrationale ‚Köder‘ für die jugendliche Fantasie beibehalten zu können. Die Ablehnung der Abenteuerliteratur gründet, zweitens, sowohl in einer Forderung nach staatsbürgerlicher Tugendhaftigkeit, dem das moderne Abenteuer in seiner egoistischen Selbstbestimmtheit widerspräche, als auch in der zeitgenössisch virulenten Diskussion über die Moral gefährdende Schundliteratur. Schließlich markiert die reduktive Parzivalrezeption den Versuch, diesen widersprüchlichen, zugleich ablehnenden und affirmativen Umgang mit dem modernen Abenteuer und der Abenteuerliteratur hin zu einer positiven Lesart des Abenteuers als ritterlichem Altruismus zu wenden. Bayers Beteuerung, dass „in jedem gesunden Jungen […] ein Robinson“ stecke, verweist dann nicht mehr auf potentielle Delinquenz, sondern verspricht mutige Ritter, die sich im (kolonialen) Dienst für die Nation aufopfern. Dass aber überhaupt ein so großer argumentativer Aufwand betrieben wird, um das in Verruf geratene koloniale Abenteuer positiv zu konnotieren, verdeutlicht, wie stark das Pfadfinderkonzept von der kolonialistischen Ideologie beeinflusst war, die wiederum maßgeblich auf dem Narrativ des Abenteuers aufbaute. Darüber hinaus zeugt die Umständlichkeit und Widersprüchlichkeit dieser Argumentation von der Widerständigkeit des Abenteuers gegenüber einem rationalistisch-modernen Funktionalitätszwang, dem es sich als spielerisch-Imaginäres zu entziehen vermag.
Major Maximilian Bayer, Der Deutsche Pfadfinderbund. Sonderdruck aus dem Handbuch für Jugendpflege, Langensalza: Hermann Beyer & Söhne 1914, S. 4.
G. W. F. Hegel: Vorlesungen über die Ästhetik, in: ders., Werke in zwanzig Bänden, hg. v. Eva Moldenhauer und Karl Markus Michel, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1970, Bd. 14, hier S. 219.
Georg Simmel, „Philosophie des Abenteuers“, in: ders., Gesamtausgabe, 24 Bde., hg. v. Otthein Rammstedt u.a., Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2001, Bd. 12, hg. v. Rüdiger Kramme u. Angela Rammstedt, S. 97–110, hier S. 97.
Alexander Lion, Das Pfadfinderbuch. Nach General Baden-Powells Scouting for Boys, unter Mitwirkung von Offizieren und Schulmännern, Faksimile der deutschen Erstausgabe von 1909, Baunach: Spurbuch 2014. Die historische Entwicklung der deutschen Pfadfinderbewegung ist gut erforscht, vgl. z.B. die interdisziplinären Beiträge im Sammelband Pfadfinden. Eine globale Erziehungs- und Bildungsidee aus interdisziplinärer Sicht, hg. v. Eckart Conze u. Matthias D. Witte, Wiesbaden: Springer VS 2012. Der kolonialistisch-militaristische Kontext, in dem die Pfadfinderbewegung gegründet wurde, wurde hingegen bislang kaum berücksichtigt. Auch Das Pfadfinderbuch selbst wurde, abgesehen vom inhaltlichen Gebrauchswert, vernachlässigt. Ausnahmen bilden Jeff Bowersox, Raising Germans in the Age of Empire. Youth and Colonial Culture, 1871–1914, Oxford: Oxford University Press 2013 sowie Christoph Schubert-Weller, So begann es – Scouting als vormilitärische Erziehung. Der Beginn der Pfadfinderbewegung in Deutschland am Vorabend des Ersten Weltkrieges, Baunach: Spurbuch 1988.
Robert Baden-Powell, Scouting for Boys. A Handbook for Instruction in Good Citizenship, The Original 1908 Edition, Oxford u. New York: Oxford University Press 2004.
Vgl. Elleke Boehmer, „Introduction“, in: Baden-Powell, Scouting for Boys, S. XI–LVII, hier S. XII.
Lion hatte seine den Ideen Baden-Powells stark ähnelnden, von Degenerationsängsten und lebensreformerischen Idealen geprägten Überlegungen bereits 1907 publiziert, vgl. Alexander Lion, Tropenhygienische Ratschläge, München: Verlag der Aerztlichen Rundschau Otto Gmelin 1907.
Vgl. Bowersox, Raising Germans, S. 170.
Sowohl die englisch- als auch die deutschsprachige Erstausgabe wurden in den letzten Jahren als Faksimile-Editionen neu herausgegeben. Während Baden-Powells Handbuch mit einer ausführlichen und bibliografisch angereicherten Einführung versehen wurde, wurde darauf in der deutschen Ausgabe verzichtet, wodurch die stellenweise kolonialistisch-rassistischen Inhalte fatalerweise unkommentiert bleiben. Stattdessen wurde ein viertelseitiges Vorwort vorangestellt, in dem pflichtschuldig darauf hingewiesen wird, dass es sich um ein „historisches Buch“ handle, das sich nicht als „Anleitung für die heutige Gruppenarbeit“ eigne.
Vgl. Boehmer, „Introduction“, S. XIX.
Baden-Powell, Scouting for Boys, S. 78.
Für die genaue Erläuterung des „Elson Murder“-Falls vgl. Baden-Powell, Scouting for Boys, S. 28–32.
Baden-Powell, Scouting for Boys, S. 312.
Baden-Powell, Scouting for Boys, S. 312.
Ein solches Abenteuer ist etwa die Belagerung von Mafeking, die Baden-Powell erfolgreich beendete, worauf sich seine große Bekanntheit in Großbritannien gründete.
Vgl. dazu auch Boehmer, „Introduction“, S. XXX.
Baden-Powell, Scouting for Boys, S. 313.
Es ist bezeichnend, dass auch für das Theaterspiel ein Beispiel mit kolonialem Bezug gewählt wurde, nämlich die Gründung der kolonialen Siedlung Jamestown in Virginia unter der Ägide des Briten John Smith.
Vgl. Baden-Powell, Scouting for Boys, S. 313 f.
Baden-Powell lässt an manchen Stellen Witze und nur halbernste Bemerkungen einfließen, vgl. Boehmer, „Introduction“, S. XXXI.
Zu den von Baden-Powell verwendeten Quellen vgl. Boehmer, „Introduction“, S. XI f.
Vgl. Boehmer, „Introduction“, S. XXXV.
Vgl. hierzu auch ähnliche Überlegungen bei Christoph Schubert-Weller, „Internationale Orientierung und nationale Aufgabe: Pfadfinderpädagogik der Gründungsphase“, in: Conze, Witte, Pfadfinden, S. 25–36, hier S. 32.
Dem Inhaltsverzeichnis lässt sich außerdem entnehmen, dass die Kapitel von verschiedenen Personen stammen: Bis auf das Kapitel VII „Der Ritterspiegel“, das von Dr. Ludwig Kemmer, Professor am Münchner Theresiengymnasium, verfasst wurde, und den vom Bamberger Turnlehrer Heinrich Steinmetz beigesteuerten Turnübungen wurde das Pfadfinderbuch von Alexander Lion und Maximilian Bayer ins Deutsche übertragen.
Vgl. z.B. Lion, Das Pfadfinderbuch, S. 298.
Lion, Das Pfadfinderbuch, S. 28.
Zur Faszinationskraft dieser jugendlichen Fantasiewelt vgl. Schubert-Weller, „Internationale Orientierung“, S. 32.
Lion, Das Pfadfinderbuch, S. III. Das Zitat ist im Original durch Sperrdruck hervorgehoben.
Vgl. Schubert-Weller, „Internationale Orientierung“, S. 32.
Lion, Das Pfadfinderbuch, S. III.
Lion, Das Pfadfinderbuch, S. 179.
Lion, Das Pfadfinderbuch, S. 175.
John Smith wird an verschiedenen Stellen lobend hervorgehoben, insbesondere aber im Pocahontas Play, vgl. Baden-Powell, Scouting for Boys, S. 51–62 und Anmerkung 22.
Vgl. Lion, Das Pfadfinderbuch, S. 233–235.
Lion, Das Pfadfinderbuch, S. XI.
Alexander Lion, Die Pfadfinder- und Wehrkraftbewegung und ihre Ursachen, München: Verlag der Aerztlichen Rundschau Otto Gmelin 1913, S. 14.
Lion, Das Pfadfinderbuch, S. 305.
Lion, Die Pfadfinder- und Wehrkraftbewegung, S. 21.
Lion, Das Pfadfinderbuch, S. 27.
Lion, Das Pfadfinderbuch, S. 29.
Lion, Das Pfadfinderbuch, S. 11.
Vgl. Schubert-Weller, „Internationale Orientierung“, S. 30.
Vgl. Schubert-Weller, So begann es, S. 52.
Robinson wurde bereits in der Pädagogik der Aufklärung zur zentralen Figur, die etwa in Campes Kinderbuch Robinson der Jüngere pädagogisch umgedeutet wurde. Vgl. Jürgen Fohrmann, Abenteuer und Bürgertum. Zur Geschichte der deutschen Robinsonaden im 18. Jahrhundert, Stuttgart: J. B. Metzler 1981, S. 112–117.
Lion, Das Pfadfinderbuch, S. 319.
Dass indes ausgerechnet der Name ‚Pfadfinder‘ auf genau diese „Indianerromane“ verweist, ist Lion zufolge ein unglücklicher Zufall. Vgl. Lion, Das Pfadfinderbuch, S. XI.
Lion, Das Pfadfinderbuch, S. IX.
Vgl. dazu ausführlich Bowersox, Raising Germans, S. 190–196.
Zur Diskussion um Schundliteratur im Kaiserreich vgl. Gisela Wilkending, „Die Kommerzialisierung der Jugendliteratur und die Jugendschriftenbewegung um 1900“, in: Schund und Schönheit. Populäre Kultur um 1900, hg. v. Wolfgang Kaschuba u. Kaspar Maase, Köln u.a.: Böhlau 2001, S. 218–251.
Auch diese Kritik findet sich bereits in der Aufklärung, vgl. Roberto Simanowski, Die Verwaltung des Abenteuers. Massenkultur um 1800 am Beispiel Christian August Vulpius, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1998, hier S. 150–169.
Lion, Das Pfadfinderbuch, S. 222 f.
Lion, Das Pfadfinderbuch, S. 223.
Lion, Das Pfadfinderbuch, S. 224.
Lion, Das Pfadfinderbuch, S. 229.
Lion, Das Pfadfinderbuch, S. 230.
Lion, Das Pfadfinderbuch, S. 14.
Lion, Das Pfadfinderbuch, S. 225.
Lion, Das Pfadfinderbuch, S. 226 f.
Lion, Das Pfadfinderbuch, S. 228.
Einen Überblick über die komplexe Parzivalrezeption bieten Ursula Schulze, „Stationen der Parzival-Rezeption: Strukturveränderung und ihre Folgen“, in: Mittelalter-Rezeption. Ein Symposion, hg. v. Peter Wapnewski, Stuttgart: J. B. Metzler 1986, S. 555–580 sowie Claudia Wasielewski-Knecht, Studien zur deutschen Parzival-Rezeption in Epos und Drama des 18. - 20. Jahrhunderts, Frankfurt a.M.: Peter Lang 1993.
Vgl. Jost Hermand, „Gralsmotive um die Jahrhundertwende“, in: Von Mainz nach Weimar (1793–1919). Studien zur Deutschen Literatur, hg. v. dems., Stuttgart: J. B. Metzler 1969, S. 269–297, hier S. 275.
Vgl. Schulze, „Stationen“, S. 556.
Wasielewski-Knecht, Studien, S. 71.
Vgl. Karen Werner, „‚Idealer Tatmensch‘, ‚Leitbild guter Manieren‘ oder ‚germanischer Recke‘? Zur erzieherischen Bedeutung des Parzival im mittelschulischen Deutschunterricht (1910–1945)“, in: Mittelalter im Kinder- und Jugendbuch. Akten der Tagung Bamberg 2010, hg. v. Ingrid Bennewitz u. Andrea Schindler, Bamberg: University of Bamberg Press 2012, S. 65–78, hier S. 66.
Zur Kanonisierung des Parzivals im Deutschunterricht und zur ‚Nationalisierung‘ der Gymnasialerziehung vgl. Werner, „Idealer Tatmensch“, S. 65–67, sowie Helmut Brackert, Hannelore Christ u. Horst Holzschuh (Hgg.), Mittelalterliche Texte im Unterricht, München: C. H. Beck 1973, S. 43–50.
Jutta Eming, „Sirenenlist, Brunnenguss, Teufelsflug: Zur Historizität des literarischen Abenteuers“, in: Abenteuer. Zur Geschichte eines paradoxen Bedürfnisses, hg. v. Nicolai Hannig u. Hiram Kümper, Paderborn: Ferdinand Schöningh 2015, S. 53–82, hier S. 53.
Mireille Schnyder, „Âventiure? waz ist daz? Zum Begriff des Abenteuers in der deutschen Literatur des Mittelalters“, Euphorion 96 (2002), S. 257–272, hier S. 263.
Zur Frage nach Subjektivität und Identität im höfischen Roman vgl. z.B. Mireille Schnyder, „Ich-Geschichten: Die (Er)findung des Selbst“, in: Inszenierungen von Subjektivität in der Literatur des Mittelalters, hg. v. Martin Baisch u.a., Königstein im Taunus: Ulrike Helmer 2005, S. 75–90, sowie Marina Münkler, „Inszenierungen von Normreflexivität und Selbstreflexivität in Wolframs von Eschenbach Parzival“, in: Zeitschrift für Germanistik 18.3 (2008), S. 497–511.
Lion, Das Pfadfinderbuch, S. 10.
Lion, Das Pfadfinderbuch, S. 11.
Diese nationalistische Stoßrichtung und die Abgrenzung vom englischen Vorbild wurden in den Auflagen von 1911 und 1913 deutlich stärker, vgl. Bowersox, Raising Germans, S. 197.