Wo findet das Abenteuer statt? Für die Moderne ist diese Frage sowohl einfach als auch schwer zu beantworten. Die einfache Antwort würde lauten: nirgendwo. Institutionen, Medien und Wissenschaften der Moderne sind darauf ausgelegt, auch jene geo- ebenso wie biographische „Exterritorialität“ zu durchdringen, in der Georg Simmel das Abenteuer lokalisiert hat.1 So scheint nicht nur für das einzelne, individuelle Abenteuer, sondern für das Abenteuer schlechthin zu gelten, was Simmel seinem ersten Entwurf einer „Philosophie des Abenteuers“ hinzufügt, als er ihn für die Sammlung Philosophische Kultur überarbeitet: In der Erinnerung „bekommt das Abenteuer leicht die Färbung eines Traumes. Jeder weiß, wie leicht wir Träume vergessen“.2
Simmels Essay selbst ist aber nur eines von vielen Zeugnissen dafür, dass Protagonisten und Protagonistinnen der ‚klassischen‘ Moderne mit der einfachen Antwort keineswegs zufrieden waren. Der Wille, „reinen Tisch“ zu machen, „von vorn zu beginnen; von Neuem anzufangen; mit Wenigem auszukommen; aus Wenigem heraus zu konstruieren und dabei weder rechts noch links zu blicken“, in dem Walter Benjamin die Triebkraft dieser Moderne ausgemacht hat,3 scheint sich auch in dem Weg ins Abenteuer zu finden, so wie ihn Simmel beschrieben hat: In einer
Gleichzeitigkeit von Eroberertum, das alles nur der eigenen Kraft und Geistesgegenwart verdankt, und völligem Sich-Überlassen an die Gewalten und Chancen der Welt, die uns beglücken, aber in demselben Atem auch zerstören können[,]
brechen wir „die Brücken hinter uns ab, treten in den Nebel“.4
Aber, und das ist Simmels Pointe, das, was uns begegnen mag, wenn die Brücken abgebrochen sind, bleibt ein „Fremdkörper“, sowohl in der Kontinuität eines Lebenslaufs als auch im Zusammenhang eines sozialen Gefüges. So ist es das Schicksal des Abenteuers, dass „es wie ein Traum alle Leidenschaften in sich sammelt und doch wie dieser zum Vergessenwerden bestimmt ist“.5 Wer Abenteuer erlebt, heißt das, kehrt zurück, um zurückzulassen und zu vergessen, was im Nebel geschehen ist. Es hieße auch, dass Benjamins Architekten der Moderne auf ihrer tabula rasa die in der „Exterritorialität“ gesammelten und zurückgelassenen Leidenschaften beiseite geräumt und dem Vergessenwerden anheimgegeben hätten.
Fremdkörper, „aus Himmel und Hölle vertrieben“,6 scheinen auch die Abenteurerfiguren zu sein, die in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg eine Reihe von Texten Bertolt Brechts bevölkern. Brecht stellt ihre Asozialität ebenso heraus wie ihr Eingebundensein in imperialistisch-kolonialistische Macht-Zusammenhänge.7 Und doch haben diese „Mörder, denen viel Leides geschah“,8 mit denen Brecht die von Simmel beschriebene „Gleichzeitigkeit von Eroberertum […] und völligem Sich-Überlassen“ ausbuchstabiert, auch immer etwas Faszinierendes. In der „Ballade von den Abenteurern“ löst Brecht jedoch die von Simmel hergestellte Verbindung von Traum und Vergessen auf, wenn es nun gerade die Träume sind, die sich dem Vergessen widersetzen:
Von Sonne krank und ganz von Regen zerfressen
Geraubten Lorbeer im zerrauften Haar
Hat er seine ganze Jugend, nur nicht ihre Träume vergessen
Lange das Dach, nie den Himmel, der drüber war.9
Für diesen Abenteurer ist das Erlebte keine Episode geblieben, es hat Spuren hinterlassen, es hat ihm die Rückkehr in den bürgerlichen Alltag unmöglich werden lassen, es hat ihn aber auch mit der Fähigkeit begabt, Träume zu erinnern – oder die Erinnerung für andere wachzurufen, oder zum Katalysator einer solchen Erinnerung zu werden. Vergessen scheint dagegen jene andere Gleichzeitigkeit, in der die „Gleichzeitigkeit von Eroberertum […] und völligem Sich-Überlassen“ eingebunden ist: die der ganz realen Kolonialisierung exterritorialer Räume. So bevölkern, gleichsam als Tagesreste, die Gespenster den Traum, die das Abenteuer für den Kolonialismus aufbereitet haben, oder umgekehrt, dem Kolonialismus ein abenteuerliches Ansehen gegeben haben. An diesen Gespenstern haben sich die mit der einfachen Antwort auf die Frage nach dem Ort des Abenteuers in der Moderne Unzufriedenen abgearbeitet. Das Abenteuerterritorium ist vermintes Terrain.
Lesefrüchte (Reichstagsbibliothek)
Am Freitag, den 13. März 1896 nahm die Haushaltsdebatte des Deutschen Reichstags eine unerwartete Wendung. Im Zuge der Verhandlungen über den Etat der im Auswärtigen Amt angesiedelten Kolonialabteilung kam auch der Abschlussbericht eines Untersuchungsausschusses zur Sprache, der sich mit einigen Gewaltexzessen deutscher Kolonialbeamter und -offiziere zu beschäftigen hatte. Das Fazit nach einem Jahrzehnt des deutschen Kolonialismus war erschütternd. Gewalttätige Übergriffe gegenüber ‚Eingeborenen‘ sind so häufig, dass selbst kolonialfreundliche Abgeordnete dringend eine Reform des Strafrechts für nötig halten, die den eigentümlich exterritorialen Status, in dem sich Europäer auch juristisch in den Kolonien bewegten, aufhebt und diese deutschen Rechtsnormen unterwirft.
Immer wieder kommt in der Debatte ein nicht von der Kommission untersuchter Fall zur Sprache, der hier, in den Worten des deutschkonservativen Abgeordneten Ernst Schall, erstmals der „Fall Peters“ heißt. Mit ihm entwickelt die Debatte eine Eigendynamik, in der schließlich der deutsche Kolonialismus selbst in Frage steht. Sie erregt die Abgeordneten so sehr, dass die Sitzung zweimal vertagt werden muss und sich schließlich über drei Sitzungstage erstrecken und die Politiker ihr Wochenende kosten wird.10
Carl Peters (1856–1918), der selbsternannte Gründer der Kolonie „Deutsch-Ostafrika“, war zu diesem Zeitpunkt „Beamter zur Dispositionsstellung“, das heißt ohne Aufgabenbereich, im Auswärtigen Amt, nachdem er Ende 1892 von seinem Amt als Reichskommissar am Kilimandscharo abberufen worden war. Seitdem war ein Disziplinarverfahren gegen ihn anhängig, auch wenn Peters selbst es nur seiner geplanten Kandidatur für den Reichstag im Wahlkreis Witzenhausen-Eschwege-Schmalkalden zuschreibt, dass, wie er in seinen „Lebenserinnerungen“ schreibt, seine politischen Gegner „den alten, längst erledigten Klatsch vom Kilimandscharo“ wieder aufwärmen.11
Bei dem „Klatsch“ geht es um zwei Todesurteile, die Peters, ohne dafür autorisiert gewesen zu sein, ausgesprochen hatte und unmittelbar hatte vollstrecken lassen. Er habe, so seine Rechtfertigung, im Sinne des Kriegsrechts gehandelt, da er von einem Aufstand bedroht gewesen sei, und die zwei Verurteilten in dem von ihm geführten Prozess eindeutig als Spione überführt worden seien. Dem stehen mehrere Aussagen gegenüber, wonach es sich um eine afrikanische Konkubine von Peters gehandelt habe, die auch Beziehungen zu einem anderen, afrikanischen Mann gehabt habe. Als Peters davon erfahren habe, habe er in einem Wutanfall beide exekutieren lassen. Die Protokolle des Prozesses (wenn es sie denn gegeben haben sollte), sind laut Peters verloren gegangen.
Auf der Reichstagssitzung vom 13. März kann nun August Bebel, der nachdrücklichste Kritiker von Peters, neues Belastungsmaterial vorlegen, allerdings ist auch das zu vage, um den „alten Klatsch“ wirklich aus der Sphäre der Gerüchte zu holen. Aber es geht Bebel auch gar nicht in erster Linie um diese Affäre. Das eigentlich brisante Material, das er vorzuweisen hat, stammt von Peters selbst und könnte jedem bekannt sein: Es ist Peters’ Bericht über „Die Deutsche Emin Pascha-Expedition“, 1891 im Münchner Oldenbourg-Verlag erschienen, und, wie Bebel ironisch anmerkt, zu finden in der Bibliothek des Deutschen Reichstags.
Bebel zitiert ausführlich, wie sich Peters selbst seines schneidig-kompromisslosen Auftretens rühmt und dabei detailliert die ständigen Gewalttätigkeiten schildert, mit denen er seine afrikanischen „Jungen“ diszipliniert habe, und wie er sich den Respekt der Bevölkerung der durchzogenen Länder durch äußerste Brutalität erzwungen habe. Die „Expedition“, die dem deutschstämmigen Gouverneur der ägyptischen Äquatorial-Provinz, der durch den Aufstand der Mahdi im Norden seiner Provinz von Ägypten abgetrennt war,12 Entsatz hätte bringen sollen und zugleich, Peters’ eigenen Plänen zufolge, der Erweiterung der Kolonie Ostafrika dienen sollte, erweist sich als kolonialpolitisch wie militärisch völlig sinnlose Aneinanderreihung von Gräueltaten – und das in der eigenen Schilderung ihres Protagonisten. Der Zentrumsabgeordnete Dr. Ernst Lieber zeigt sich entsetzt über diese „Lesefrüchte aus dem Petersschen Buch“ und sieht darin ein Zeugnis „frivoler Berühmung“ und „eine der widerlichsten fin de siècle-Farcen“.13 Der Deutschkonservative und Peters-Freund v. Arnim wirft Bebel dagegen vor, Zitate aus dem Zusammenhang gerissen zu haben. So hatte Bebel eine Beschreibung zitiert, derzufolge Peters und seine Leute mit „Repetiergewehrsalven vom Rücken her in die Wadsagga hineinfuhren, wobei einige von denselben, welche in den Bäumen saßen, wider ihren Willen außerordentlich schnell zur Erde herunter kamen“. Dies sei, wie v. Arnim mit einem ausführlicheren Zitat belegen möchte, nur geschehen, weil Peters selbst sich in einem Hinterhalt gesehen und die vermeintlichen Angreifer geschickt umgangen habe. Peters sei also zur Gewaltanwendung gezwungen gewesen, und er sei sich seiner zivilisatorischen Verantwortung durchaus bewusst gewesen.14 Allerdings ist auch die von v. Arnim vorgebrachte Passage aus dem Zusammenhang gerissen. Liest man weiter, wie es Bebel in seiner Replik genüsslich tut, wird klar, dass tatsächlich keine Bedrohung bestanden hat. Bebel zitiert noch die Antwort, die Peters gegeben haben will, als die Überlebenden des Blutbades klagen, sie seien doch gar nicht im Krieg mit ihm: „‘Ah so,‘ rief ich hinauf, ‚dann wünsche ich einen vergnügten Nachmittag!‘“ Bebel zielt dabei vor allem auf dem Zynismus jenes „vergnügten“ Tonfalls, in dem Peters durchgängig seine Gewaltexzesse darstellt.15
Im Schlagabtausch von Zitat und Gegenzitat und im Ringen um Entkontextualisierung und Zusammenhang, Wort und Sinn oder Fakten und Fiktionen mutiert die Reichstagssitzung unversehens zum philologischen Seminar. Das setzt sich auch da fort, wo nicht direkt von Peters’ Buch die Rede ist. So setzt etwa der Direktor der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amts, Paul Kayser, der „Farce“, in der Liebers „Lesefrüchte“16 kulminieren, eine heroische Geschichte entgegen. Um Verständnis für die Ausnahmesituation zu wecken, in der Peters sich befunden habe, konstruiert er ein Szenario, das die Kolonien in lebhaften Kontrast zur Heimat stellt:
Wenn man eine ganze Reihe von Jahren amtlich und außeramtlich mit den bekannteren Afrikanern verkehrt, dann findet man es erklärlich, wie in früheren Jahrhunderten die ersten Entdecker wie Christoph Columbus, Amerigo Vespucci und wie sie alle heißen, allmählich in gewissen Gegensatz zu ihren Landsleuten und auch zu ihrer Regierung gekommen sind. Denn diese Männer, die jahrelang in der Wildnis lebten, die durch eine lange Reihe von Tagen und Monaten den größten Gefahren ausgesetzt waren, die für ihr eigenes Leben und für das Leben ihrer Angehörigen zu sorgen hatten, – sie fassen häufig das als Heldenthaten und als Maßnahmen gerechter Nothwehr auf, was diejenigen Leute, die zu Hause sitzen und berufen oder nicht berufen sind, diese Dinge zu kritisiren, als Grausamkeiten oder Akte ungerechtfertigter Härte hinstellen.17
Wiederum ist es Lieber, der sich irritiert zeigt über den Vergleich, mit dem eine archaische – und in Liebers Augen keineswegs heroische – Vergangenheit in die Gegenwart einzubrechen droht:
Und ich hatte bis hierher geglaubt, die deutsche Kolonialverwaltung am Ende des neunzehnten Jahrhunderts stehe auf einer anderen Stufe, als daß sie heute noch einen Cortez, Pizarro, Almagro und andere ‚Helden‘ früherer Jahrhunderte von gleichem Wert entschuldigen möchte.
(Sehr gut! links)
Nein, meine Herren, darum haben wir – meine politischen Freunde und ich wenigstens; ich nehme aber an: auch andere Parteien – darum haben wir in der That uns für die Kolonialpolitik nicht interessirt, um am Ende des neunzehnten Jahrhunderts deutsche Cortez und deutsche Pizarros zu züchten!18
Selbst wenn Peters’ Version stimme, zeuge die Hinrichtung eines jungen Mädchens, das kaum einen Begriff von Spionage gehabt haben könne,
doch von einer so ungewöhnlich entwickelten Henkernatur, daß ich auch von diesem Standpunkt aus den Dr. Peters für einen vollständig verlorenen Mann halten muß, sofern er nicht im Stande ist, diese Anklage von sich abzuwälzen.19
Bebel dagegen malt, nach dem Hinweis, dass „jeder, der einigermaßen die Ereignisse jener Zeiten kennt, weiß, daß an Greuelthaten und Scheußlichkeiten niemals die Geschichte ärgeres aufzuweisen hatte als gerade in jener Periode“,20 den Vergleich aus und nimmt dabei auch noch einmal die – literarische – Klassifikation als „Farce“ auf:
Aber ich kann mich des geschichtlichen Vergleichs zu welchem uns gestern Herr Ministerialdirektor Kayser eingeladen hat, nicht entschlagen. Versetzen Sie sich, bitte, einen Augenblick mit mir in das 16. Jahrhundert zurück auf den Marktplatz von Cajamara in Hochperu, auf welchem der letzte Inka Atahuallpa auf Grund einer kriegsgerichtlichen Verurtheilung am 19. August 1533 erdrosselt wird wegen Verraths – genau wie die arme unglückliche Negerin auf dem Kilimandscharo! Auch ein kriegsgerichtliches Erkenntnis, veranlaßt von dem Zivilisator Almagro, der sich damit diesen unbequemen letzten Inka […] vom Halse schaffen wollen! Ja, meine Herren, wir sind auf diese Vergleiche hingewiesen worden, und ich sage dem Kriegsgericht gegenüber, mit dem man den Dr. Peters zu decken versucht hat: ich gebe gar nichts auf diese Farce.21
Dass dennoch nahezu alle Redner immer wieder auf genau diese in einem Geflecht von Gerüchten verfangenen Ereignisse zu sprechen kommen, hat wohl einerseits mit der Hoffnung zu tun, aus den Hinrichtungen lasse sich leichter als aus Peters’ anderen Verfehlungen ein juristisch greifbarer Sachverhalt konstruieren. Aber in den Reden darüber schwingt zugleich eine Mischung aus moralischer Empörung und einer gewissen Lüsternheit mit. Der „Fall Peters“ ist eine Geschichte um ‚Sex and Crime‘. Es ist wiederum Bebel, der das herausarbeitet. Zwar folgt er auch in der Beurteilung des Falls grundsätzlich seinem Credo, dass Kolonialismus ein Auswuchs eines ungezügelten Kapitalismus ist, aber er betont zugleich, dass kolonialistische „Abenteuerpolitik“22 keineswegs allein den Gesetzen kapitalistischer Ökonomie folgt, sondern dass sie ganz im Gegenteil geradezu auf Verschwendung hin angelegt zu sein scheint. Der Exzess ist ihr immanent. Um das zu illustrieren, greift Bebel das von Kayser entworfene Szenario auf. Die „Wildnis“, in die dieser alte wie neue „Conquistadores“ versetzt hatte, ist für ihn ein Territorium jenseits des modernen Staats, eine nicht nur juristische Exterritorialität der Kolonie, die mit dem Versprechen eines abenteuerlichen Lebens lockt.
Der Herr Direktor der Kolonialabtheilung hat dann im weiteren Verlauf seiner Rede ein hochpoetisches, allerdings etwas elegisch gefärbtes Bild von der dornenvollen Thätigkeit jener Beamten und Offiziere gegeben, die drüben durch die Sandsteppen Afrikas wanderten.
(Heiterkeit)
Das war mir übrigens interessant zu hören
(Zuruf),
sie sollen dort aus Begeisterung ihr Leben und ihre Gesundheit opfern.
(Zuruf vom Regierungstisch.)
– Was? glühende Steppen! Das kommt doch auf eins heraus.
(Widerspruch. Zuruf.)
Der Sand ist glühend, wenn die afrikanische Sonne darauf brennt, und die Steppe ist doch eben recht sehr sandig.
(Heiterkeit.)
Wir werden vielleicht in späteren Kapiteln des Etats über diese glühenden Steppen uns noch etwas unterhalten. Augenblicklich paßt dies nicht in meine Erörterungen. Ich habe sie nur erwähnt, weil der Herr Direktor für das Kolonialamt auf dieselben zu sprechen kam. Nun, meine Herren, täuschen wir uns doch nicht selbst! Sämmtliche Beamte und Offiziere, die nach Ostafrika und unseren Kolonien gehen, gehen freiwillig hinüber
(sehr wahr! links),
zum Theil vielleicht aus wahrem, aufrichtigem Interesse für die Kolonien und ihre Entwicklung; viele, ja die meisten gehen aber nur hinüber, weil sie das abenteuernde Leben, die Ungebundenheit, die absolute Freiheit anzieht
(sehr richtig! links),
und um später erzählen zu können, daß sie einige Jahre auch in Ostafrika gewesen, und dort allerlei schöne Dinge oder auch nicht schöne erlebt hätten. Das ist sogar bei dem weitaus größten Theil derjenigen, die nach Afrika gehen, der Haupttrieb.23
Mit dem hochpoetischen, elegischen Bild, dem dann die Abenteuererzählung, so wie sie nicht zuletzt Peters immer wieder bemüht, entgegengesetzt wird, ist Bebel wieder im philologischen Seminar angekommen. Das ist nicht so überraschend, wenn man sich klarmacht, dass hier etwas verhandelt wird, das nicht nur im juristischen Sinne exterritorial ist. Auf dieses (andere) Anderssein der Kolonie hat Bebel hingewiesen: als realer, physischer Ort entzieht sie sich den Parlamentariern. Umso öfter wird in der Debatte die Imagination bemüht. Wohl selten ist im Reichstag so oft der Appell ergangen, sich eine Situation vorzustellen, sich in eine Szene hineinzuversetzen: ‚Stellen Sie sich vor …‘ – etwa in einer glühenden Steppe, umgeben von zehntausenden feindlichen Wilden, einen einsamen Posten halten zu müssen, mit drei deutschen Unteroffizieren und 30 somalischen Askari-Soldaten … Wie sehr sich die Parlamentarier auf das Spiel einlassen, zeigt die eigentümliche Digression, die sich um die „glühenden Steppen“ entspinnt. Es geht darum, ein ‚Bild‘, oder besser eine Szene, enargetisch auszugestalten, sie gleichsam sinnlich fühlbar werden zu lassen und so einen Sprung in eine andere Welt zu vollziehen, eine Welt, die keinem der Parlamentarier aus eigener Erfahrung vertraut war. Dies aber ist die Welt von Carl Peters:
Ich fühlte mich wie hinausgeworfen auf einen anderen Planeten, wo das Leben noch glühender durch die Natur pulsiert. Ein unaussprechliches Sehnen und eine tiefe Melancholie überkam mich.24
Ein „unaussprechliches Sehnen“ ist es auch, was Bebel, nicht ohne ironische Untertöne, hinter dem Kolonialenthusiasmus vermutet, eine Flucht aus der gesicherten Sphäre moderner bürgerlicher Gesellschaften in das „abenteuernde Leben, die Ungebundenheit, die absolute Freiheit“. Bebels Argument ist weniger gegen Kayser und auch nicht gegen die nationalkonservativen Peters-Freunde gerichtet als vielmehr gegen den grundsätzlich kolonialfreundlichen Zentrums-Abgeordneten Lieber, der glaubt, einen ‚guten‘, der zivilisatorischen Mission verpflichteten Kolonialismus vor Peters’schen Exzessen schützen zu müssen und zu können. Indem er den ‚Gang in die Kolonien‘ mit der Sehnsucht nach Abenteuern verbindet, spricht Bebel eine heikle Motivationslage an, in der ein Carl Peters nicht trotz, sondern gerade wegen der dunklen Momente in seiner Biographie für diejenigen attraktiv werden kann, die ein diffuses Unbehagen an der bürgerlichen Moderne empfinden. Denn gerade dieses Dunkle ist es, was von der Exterritorialität zeugt, in der die koloniale zur abenteuerlichen Topographie wird. Und so kann es auch geschehen, dass Peters nicht nur Freunden, sondern auch Gegnern als Stichwortgeber dient, wenn sie die „glühenden Steppen“ imaginieren. Es ist dem deutschkonservativen Abgeordneten Friedrich Graf zu Limburg-Stirum vorbehalten, dies am Ende der Debatte auszusprechen:
Meine Herren, ich resumire mich kurz dahin: ich bin der Meinung, die Sache ist noch nicht liquid, und wenn, wie es sehr möglich ist, nichts dabei herauskommt, dann hat der hohe Reichstag nichts gethan, als in den 3 Tagen für den Mann, den Sie angriffen, die größte Reklame zu machen.
(Lachen und Widerspruch links.)25
Papierreiche (Record Office, British Museum)
Folgenlos blieb die Diskussion nicht. 1897, ein Jahr nach der Reichstagsdebatte, wird Peters nach einem Disziplinarverfahren aus dem Beamtendienst entlassen, unter Verlust seiner Pensionsansprüche. Und der Vorsitzende Richter bedauert es ausdrücklich, ihn nicht strafrechtlich zur Rechenschaft ziehen zu können.26
Dennoch ist das Resümee Limburg-Stirums nicht unberechtigt. Peters selbst hat die Reichstagssitzung durchaus als „Reklame“ zu nutzen gewusst. In seinen „Lebenserinnerungen“ schreibt er es einem amerikanischen Freund zu, ihn „zu der ungeheuren Reklame“ beglückwünscht zu haben. Und ein anderer habe gesagt: „That must have cost Dr. Peters a lot of money to keep the pot boiling for three days!“27
Peters hat den Topf am Kochen gehalten, länger als drei Tage, und dabei seinen Fall aus der juristischen Sphäre herausgewunden. In einem ersten Zug hat er ihn in eine Kriminalposse verwandelt. Eine Kiste mit Dokumenten, die ihn entlasten und eine Verschwörung der Kolonialadministration gegen ihn beweisen sollten, sei aus einem Banktresor verschwunden und später aufgebrochen in einem Torbogen der Wilhelmstraße, dem Sitz der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amts, gefunden worden. Wertpapiere seien unangetastet gewesen, die Entlastungspapiere aber verschwunden. Wichtiger als die allzu plumpe Beschuldigung des Kolonialamts ist, dass Peters hier ein literarisches Genre aufruft, das im späten 19. Jahrhundert populär zu werden begann: den Kriminalroman. In diesem Genre bleibt Peters jedoch nicht lange. Er lässt den Kriminalplot schnell hinter sich, um in sein eigentliches Genre, die Abenteuererzählung zu springen. Die verschwundenen Papiere, wie bereits das am Kilimandscharo verschwundene Protokoll, erlauben es ihm vor allem, ganz aus dem Aktenkrieg auszusteigen. Seine Welt, so suggeriert er den Leserinnen und Lesern, sei eine andere als die der Beamten, eine Welt der Taten und nicht der Worte.
Diese beiden Welten lässt er in seinen „Lebenserinnerungen“ auch visuell aufeinanderprallen, nämlich auf der Vorder- und der Rückseite eines Abbildungsblattes. ‚Spiel‘ und ‚Gegenspiel‘ sind hier so arrangiert, dass sie, wie die zwei Ansichten einer Kippfigur, nicht gleichzeitig betrachtet werden können. Die Vorderseite zeigt Peters mit zwei Gefolgsleuten und einem afrikanischen Diener vor einem Zelt in ‚tropischer‘ Umgebung, auf der Rückseite befinden sich drei Porträtaufnahmen: Kayser, Bebel, Marschall – das Gegenspiel, die drei von Peters als Intimfeinde aufgerufenen Repräsentanten von Administration und Parlament.28 (Abb. 10.1 u. 10.2) Während diese stilistisch konventionellen Porträts, die, besonders im Fall von Kayser in seiner Galauniform, eine ebenso konventionelle (und durchaus bemüht wirkende) Repräsentation von Amtsautorität zeigen, inszeniert die – offensichtlich ebenfalls in einem Studio aufgenommene – ‚afrikanische‘ Photographie eine Szene, eine sehr viel dynamischer wirkende Konstellation von Männern, die aus ihrem Alltag herausgetreten sind. Nun sind sie in einem ‚Anderswo‘, dessen reale Koordinaten durch die Staffage, zu der auch der Afrikaner gehört, nur vage angedeutet werden. Auch die Bildunterschrift, „[…] auf der Kilimandscharo-Expedition“, konkretisiert keinen Ort, sondern verweist auf eine Bewegung. Eigentlich ist es eine Flucht, denn ‚Expeditionen‘ gehörten nicht zu Peters’ Aufgaben, die vor allem darin bestanden, im Kilimandscharo-Distrikt die Verwaltung zu organisieren und seinen Amtssitz, eine militärisch befestigte Station, zu deren Zentrum auszubauen. Die Photographie zeigt ihn dagegen ‚unterwegs‘, in einem provisorischen Lager mit Zelt und Klappstuhl, im Irgendwo.

Zwei Seiten auf dem gleichen Blatt: Recto: Carl Peters auf „Expedition“. Carl Peters, Lebenserinnerungen, 1918

Zwei Seiten auf dem gleichen Blatt: Recto: Carl Peters auf „Expedition“. Carl Peters, Lebenserinnerungen, 1918
Zwei Seiten auf dem gleichen Blatt: Recto: Carl Peters auf „Expedition“. Carl Peters, Lebenserinnerungen, 1918

Verso: Das Gegenspiel in der Administration des Deutschen Reichs. Carl Peters, Lebenserinnerungen, 1918

Verso: Das Gegenspiel in der Administration des Deutschen Reichs. Carl Peters, Lebenserinnerungen, 1918
Verso: Das Gegenspiel in der Administration des Deutschen Reichs. Carl Peters, Lebenserinnerungen, 1918
Die Fähigkeit, in Bewegung zu sein, sich nicht an einen Ort bannen zu lassen, ist es, was sich Peters in allen seinen Schriften immer wieder als entscheidende Eigenschaft zugeschrieben hat. In seinem Bericht über seine erste Landung auf dem afrikanischen Festland provoziert seine „Ungeduld“ zunächst ein Unglück, in dem der koloniale Herrschaftsanspruch als lächerliche Szene erscheint:
Vom Ufer waren wir noch etwa 300 Schritte entfernt, mich hielt meine Ungeduld nicht länger, und ich bestieg den Rücken eines meiner Diener, um mich persönlich sofort ans Land tragen zu lassen. Dies hatte das Unbequeme – da der Boden des Meeres ziemlich uneben war, wodurch mein Diener plötzlich ganz unter mir verschwand –, daß ich völlig durchnäßt im schwarzen Erdteil ankam. Mein Diener fiel obendrein noch einmal auf dem schlüpfrigen Boden hin. Ich benutzte diese Gelegenheit, um, „nach berühmten Mustern“ die Sache in ein gutes Omen umzudeuten. ‚„J’y suis et j’y reste“ rief ich aus in einer Situation, welche mir übrigens selbst ziemlich lächerlich erschien.29
Das ‚Bleiben‘ manifestiert sich in einem weiterhin von ständiger „Ungeduld“ getriebenem fünfwöchigen Marsch, auf dem Peters in immer wiederkehrenden Ritualen die Verträge abschließt, mit denen er Ostafrika erworben haben will. Wenn er sich dabei seines charismatisch-autoritären Auftretens ebenso wie seiner physischen Überlegenheit rühmt, dann ist das auch eine Auslöschung jener Lächerlichkeit, die die Expedition eingeleitet hatte. Nach diesen fünf Wochen kehrt Peters nach Deutschland zurück, während es seinen Gefolgsleuten überlassen bleibt, das, was eine Kolonie werden soll, in der von ihm vorgegebenen Manier abzurunden. Peters dagegen verzeichnet sein Reich auf einer Karte am Berliner Schreibtisch:
Im Winter 1885/86 erwarben Graf Pfeil und Premierleutnant Schlüter die südlichen Gebiete von Ubena, Wamatschonde, Mahenge, Wagindo, sowie mehr oder weniger auch Uhehe, sodaß ich nach der Richtung hin unsere Grenzen bis zum Nyassa und Rovuma hin eintrug, obwohl weder der See, noch der Grenzfluß aktuell erreicht worden war.30
Die Aufgabe, dieses papierene Reich in Realität zu verwandeln, blieb anderen vorbehalten; und gerade das vage „mehr oder weniger auch Uhehe“ verwickelte das Deutsche Reich in seinen ersten, äußerst verlustreichen, Kolonialkrieg. Für Peters dagegen geht es nicht um Konsolidierung, sondern um immer neue Reiche. Er wird erst nach Afrika zurückkehren, als sich mit der Organisation der „Emin Pascha-Expedition“ die Möglichkeit neuer Eroberungen auftut.
Sie war ein Versuch, unsere Interessensphäre über den Norden des Viktoriasees und nilabwärts bis nach Ladò auszudehnen, also Uganda und Emin Paschas Provinz in unser Schutzgebiet einzubeziehen. Sie beruhte politisch auf der Tatsache, daß Ägypten und Großbritannien bereits 1885 auf den ganzen Sudan in einer Note an die Mächte verzichtet hatten, daß diese Gebiete demnach nach europäischer Fiktion ‚nobody’s country‘ waren. Daß Deutschland umgekehrt schon 1889 seinerseits wieder auf diese Gebiete verzichtet hatte, das wußte ich nicht. Übrigens hatte ich bereits auf der Reise die Möglichkeit erwogen, daß das Deutsche Reich es ablehnen könnte, die Erwerbungen im Norden Deutsch-Ostafrika anzugliedern. Ich hatte demnach in einzelnen Fällen die Rechtsgültigkeit meiner Verträge von der Zustimmung des Deutschen Kaisers unabhängig gemacht und hatte die erworbenen Landstriche für mich persönlich genommen. Würde ich Emin noch in seiner Provinz getroffen haben, hätte ich vor allem genügend Munition gehabt, so würde ich sicherlich mir ein eigenes Herrschaftsgebiet gegründet haben und wäre dauernd in Mittelostafrika geblieben.31
… hätte, würde, wäre: ein Reich in der Tat nach „europäischer Fiktion“, oder genauer: nach Peters ureigenster Fiktion, in der er sich selbst, retrospektiv-konjunktivisch, zum König von Zentralafrika ernennt. Es ist ein reines Papier-Imperium, das hier gegründet wird: Nicht nur zeigte Emin Pascha wenig Interesse an einer Kooperation mit Peters, er hat auch niemals eine Provinz ‚besessen‘, die er dessen privatem Reich oder dem deutschen Schutzgebiet hätte angliedern können. Und auch Peters selbst hat nichts unter seine ‚Oberhoheit‘ gebracht. Selbst wenn man die von ihm geschlossenen Verträge als gültig ansehen wollte, hätte er doch seinen Vertragsanteil, den zugesicherten ‚Schutz‘, allein, das heißt ohne das Deutsche Reich, niemals einlösen können. Nach den Erfahrungen mit der schon bestehenden ostafrikanischen Kolonie hatte dieses Reich aber wenig Neigung, in die ihm zugedachte Rolle einzutreten.
Aber darum geht es eigentlich auch gar nicht. Es ist immer schon der Modus vergangener Zukunft, der Peters’ Schreiben beherrscht und in dem sein Größenwahn immer schon gefangen ist. Schon seine ersten Kolonialpläne waren ein Produkt der Vergangenheit. Im „British Museum“, „in dessen Lesesaale ich ein regelmäßiger Gast war“, sowie im „Record office (Archiv)“ des Londoner Kolonialamts habe er sich „durch Studium der Akten aus der Zeit des 16. und 17. Jahrhunderts“ die „Kenntnis der britischen Kolonialpolitik“ erworben, die er dann „durch Verkehr mit Leuten aus den Kolonien“ ergänzt habe.32
Was Peters sich als kolonialpolitisches Wissen aneignet, beruht also nicht auf dem, was man in London über gegenwärtige Kolonialpolitik erfahren konnte, sondern auf einer fernen Vergangenheit und auf dem, was ihm als Praxis ‚vor Ort‘ gilt. Schon hier, in der Metropole, verdrängt er gleichsam die metropolitane Gegenwart – eben jene Gegenwart, die ihm in Berlin dann in Gestalt phantasieloser Bürokraten entgegentritt, die seine weiterreichenden Kolonialpläne verhindern und ihn mit kleinlichen Vorschriften und völlig unangemessener Humanitätsduselei kujonieren. Dieser Metropole entflieht er, oder, in seiner eigenen Darstellung: Er lässt sie hinter sich zurück, indem er sich in die Provinz (die deutsche, und nicht die afrikanische) und in die Vergangenheit begibt.
Im Juni 1895 stiess ich in der Bibliothek des Landrat Berthold zu Blumenthal an der Weser zufällig auf einen historischen Atlas in 7 Bänden (Atlas Historique ou Nouvelle Introduction à l’ Histoire à la Chronologie et à la Géographie Ancienne et Moderne etc.). Der Atlas war in den Jahren 1705 bis 1719 zu Amsterdam im Verlage von L’Honoré & Chatelain veröffentlicht worden. […] Im sechsten Bande dieses Atlas fand ich eine Karte von Afrika, welche mein Interesse besonders erregte.33
So beginnt, im Stil einer phantastischen Erzählung, Peters’ 1902 erschienener Reisebericht Im Goldland des Altertums, der Bericht einer erneuten Rückkehr nach Afrika, die den doppelten Umweg über die deutsche Provinz und über die in der alten Karte repräsentierte Vergangenheit zu nehmen hat: „Folgen wir den alten Spuren der portugiesischen Conquistadores des 16. Jahrhunderts!“34
Wie sehr das Afrika, das sich nun erneut der Eroberung preiszugeben scheint, auf einer gewaltsamen Vereinfachung beruht, zeigt sich, wenn man die Karte, die Peters’ Reisebericht beigefügt ist, mit dem Atlas, der ihn so „erregte“ einerseits, andererseits mit Karten vergleicht, die um 1900 das gleiche Territorium sehr viel detaillierter darstellen.35 (Abb. 10.3 u. 10.4)

Carl Peters’ leergeräumtes Afrika. Übersichts Karte der Dr Carl Peters’schen Unternehmungen in den Zambesi-Ländern

Carl Peters’ leergeräumtes Afrika. Übersichts Karte der Dr Carl Peters’schen Unternehmungen in den Zambesi-Ländern
Carl Peters’ leergeräumtes Afrika. Übersichts Karte der Dr Carl Peters’schen Unternehmungen in den Zambesi-Ländern

Beispiel für das von Peters ignorierte geographische Wissen: Stieler’s Hand-Atlas

Beispiel für das von Peters ignorierte geographische Wissen: Stieler’s Hand-Atlas
Beispiel für das von Peters ignorierte geographische Wissen: Stieler’s Hand-Atlas
Peters musste seine Karte sowohl vom Wissen um 1700 als auch um 1900 erst leerräumen, bevor er ihr dann in seiner folgenden Erzählung einschreiben kann, was er, in recht abenteuerlichen philologischen Operationen, dem Atlas entnimmt.
Der Name Fura, wie die portugiesischen Autoren meldeten, war eine Verstümmelung aus dem Worte Afur oder Aufur, wie die arabischen Händler den Berg nannten. Afir aber war, wie die Arabisten mich belehrten, die südarabische Form des hebräischen Wortes Ophir. […] Die Römer lernten den Namen Afir von den Carthagern in Nordafrika kennen. Sie bildeten daraus das Adjektiv africus und Namen Terra Africa und Africa. Die Reihenfolge: Afir, Afer, Africus, Terra Africa und Afrika als Entwicklung für unsere Bezeichnung des dunklen Erdteiles ist eine durchaus natürliche und schafft zwei geographische Probleme aus der Welt, indem sie auf der einen Seite die langgesuchte Ableitung des Wortes „Afrika“ bietet, andrerseits die Behandlung der Ophir-Frage in eine bestimmte Richtung verweist.36
In einer derartigen Kartenlegende entsteht dann die Gewissheit, die Peter erneut einen kühnen Sprung vollziehen lässt:
Wie hätte ich demnach über den Ausgangspunkt meiner Forschungsreise im Unklaren sein können? Zambesi-aufwärts mußte ich reisen bis an den östlichen Eingang in’s Lupata-Thor und von dort aus mich umsehen.37
Kurzerhand wird in London – wohin Peters nach der in Deutschland erfahrenen Kränkung seinen Wohnsitz verlegt hatte – eine „Dr. Carl Peters’ Estates and Exploration Co.“ gegründet, die ihre Teilhaber mit der „Erschließung reicher Goldfelder“ lockt, und schon öffnet sich dem aus der deutschen Kolonialpolitik Vertriebenen ein neues Kolonisationsfeld. 1899 ist er wieder unterwegs, im Grenzgebiet zwischen dem portugiesischen Mosambique und dem englischen Rhodesien. Die Goldfelder allerdings sind entweder weniger reich als versprochen oder bereits erschlossen. Auskünfte über den ökonomischen Erfolg der Expedition sucht man in Peters’ Bericht vergeblich, und er kehrt nicht als reicher Mann zurück. Und auch die Frage, wo das Goldland der Königin von Saba, von dem das Alte Testament berichtet, zu lokalisieren sei, ist nur in immer neuen, immer abenteuerlicheren etymologischen Spekulationen zu beantworten. Peters’ Kapital liegt nicht auf dem Feld der Ökonomie oder des Wissens, sondern auf genau jenem von ihm als ‚Mann der Tat‘ immer wieder geschmähten Gebiet des öffentlichen ‚Geredes‘. Bis zu seinem Tod 1918 zehrt er als redender und schreibender Propagandist der ‚kolonialen Sache‘ von seinem Ruhm. Was er dabei einzusetzen hat, ist keine Seriosität als Ökonom und Wissenschaftler (kein Aufsichtsrat und keine Akademie hat ihn berufen) und auch kaum die Kühnheit seiner Vision, die die Nationalsozialisten rühmen werden.38 Entscheidend sind gerade die dunklen, zweifelhaften Momente seiner ‚Vorgeschichte‘, machen sie ihn doch seinerseits zum Repräsentanten einer Vergangenheit, die sich bereits im mythologischen Dämmer verliert und deshalb eine Aura von Ursprünglichkeit, Ungezügeltheit, Sinnlichkeit und Abenteuer verkörpern kann. Gerade sein ‚Rauswurf‘ aus der wirklichen Kolonie mit ihrer sich etablierenden Bürokratie und ihren Gesetzen, ihren Gerichten und Aufsichtsräten, und die dubiosen, niemals völlig aufgeklärten, in jedem Fall aber von Gewalt und Sexualität geprägten Ereignisse, die dazu geführt haben, erschließen ihm die Welt, die er in seinen Erzählungen modelliert und in denen er zugleich den Versuch, sich als Kolonialpraktiker anzubieten, immer wieder unterläuft.
Exterritorialiät (Salisbury’s Farm)
Eine dritte Leseszene zeigt Peters auf einer Farm in Südafrika. Seine „Expedition“ ins „Goldland des Altertums“ war dort zum Stillstand gekommen, da die Träger, die ihn begleitet hatten, sich geweigert hatten, ihre abgelaufenen Verträge zu verlängern, und Ersatz schwer zu bekommen war. Man ahnt, warum, rühmt sich doch Peters auch in der Beschreibung dieser neuen „Expedition“, mit der Androhung und auch Anwendung von Gewalt einen maximalen Arbeitseinsatz aus ‚seinen‘ „Jungen“ herausgepresst zu haben. Die Existenz vertraglich geregelter Arbeitsverhältnisse ignorierend, betrachtet er die durchgängig als „Jungen“ bezeichneten indigenen Helfer als ihm in jeder Beziehung ausgelieferte Zwangsarbeiter. Unschwer ist zwischen den Zeilen zu lesen, dass in der Verkennung komplexer kolonialer Hierarchien der entscheidende Grund nicht nur für die erzwungene Pause, sondern auch für das Scheitern praktisch aller Pläne Peters’ zu suchen ist. Er selbst weicht einer solchen Reflexion jedoch aus, indem er Unterstützung in Europa, und nun dem Europa moderner Wissenschaft, sucht: „Am Nachmittag nehme ich Darwin’s Descent of man and selection in relation to sex einmal wieder vor.“39 Hier sei, so Peters in einer sehr eigenwilligen Zuspitzung von Darwins Argumentation, der untrügliche Nachweis erbracht,
dass der Wettkampf der Rassen um die Oberfläche unseres Planeten, welcher mit der Verdrängung der weniger tüchtigen Art endet, eines der wesentlichen Mittel für den Fortschritt der Menschheit gewesen ist. Heutzutage möchte man diesen Wettkampf eliminieren in einer krankhaften Sucht, alles schwächliche und minderwertige Gesindel mit durchzuschleppen, was nur zur Degenerierung der ganzen Art führen kann. Aber die Natur lässt sich keine Menschensatzungen vorschreiben, und das natürliche Recht wird am Ende doch obsiegen.40
Die „Eingeborenen“ Afrikas verkörpern demnach, genau wie diejenigen Australiens, eine Sackgasse der Evolution, im „Wettkampf der Rassen“ allein bestimmt zum „Arbeitsmaterial“. Erweisen sie sich dabei als unbrauchbar, dann sollten die Überlegenen konsequenterweise „das nutzlose Gesindel einfach ausrotten“.41
Die mörderische Logik, die der promovierte Philosoph Peters hier entfaltet, scheint wenig geeignet, seiner kolonialpolitischen Rehabilitierung zu dienen. Aber das ist auch nicht ihre Funktion. Sie dient ausdrücklich der Zuspitzung, mit der sich Peters einmal mehr von der politischen Realität abgrenzt und in eine andere, elementarere Sphäre – die der Natur und ihrer ‚natürlichen Rechte‘ – versetzt:
Ich wollte, unsere Negerfreunde, Bebel voran, hätten auch nur einmal ein Jahr unter Schwarzen zu leben, um die Probe auf ihre auf Unwissenheit beruhenden Ansichten zu machen.42
Dass Peters selbst diese „Probe“ niemals gemacht hat – seine Kontakte zu „Schwarzen“ folgen, jedenfalls in seinen Schriften, immer von ihm vorgegebenen Ritualen, die jede ethnographische Erfahrung ausschließen – spielt dabei keine Rolle. Seine Genozid-Phantasie zielt auf keine koloniale Praxis, sie knüpft vielmehr konsequent an jene Geste des Leerräumens an, mit der Peters auf der Afrika-Karte das Terrain für sein neues Abenteuer allererst erzeugt hatte. Geschichte, Mythos und Natur-Philosophie liefern ihm die Bausteine, um auf dieser tabula rasa eine andere Welt zu erzeugen, eine Gegenwelt nicht nur zur deutschen, sondern auch zur afrikanischen Gegenwart. Hier, und nur hier kann er Goldschätze und Kontinente erobern, ist er Herr über Leben und Tod, kann sich aber auch in den Armen einer afrikanischen Konkubine verlieren.
Vor allem aber ist er hier immun gegen die Angriffe, die vom Reichstag und anderen Institutionen der Moderne gegen ihn geführt werden. In den „glühenden Steppen“, in denen zumindest einige der Abgeordneten Peters agieren sehen, hat der Reichstag selbst sein Anderes entworfen, eine Welt, in der er nicht ist und nicht sein kann. Es ist, so hatte es Bebel formuliert, ein „unaussprechliches Sehnen“, in dem sich ein Territorium abenteuernder Phantasie konstituiert. Eben das ist es, was Peters kolonialisiert, wenn er sich wie ein Partisan im Kampf gegen die Banalitäten der bürgerlichen Gesellschaft durch die „glühenden Steppen“ schlägt, während seine Kritiker als ‚phantasielose‘ Exponenten solcher Banalität auf den Bänken des Reichstags ihre Redeschlachten führen. Darin besteht die „Reklame“. Bebel hat das erkannt, wenn er feststellt, dass der Kolonialismus, den Peters verkörpert, zwar letztlich den Prinzipien kapitalistischer Ökonomie verpflichtet ist, dabei aber auch ganz andere, individual- wie kollektiv-psychische Ökonomien für die Moderne bearbeitet. Auch er hat aber kein wirklich wirksames Gegenmittel gefunden.
Peters und seine Mitspieler könnten die Protagonisten eines Abenteuerromans sein: Peters selbst, ein junger Akademiker, der das bereits eingeleitete Habilitationsverfahren abbricht, um der ‚Papierexistenz‘ eines Privatdozenten zu entfliehen, und nach Afrika aufbricht, um dort eine Kolonie zu gründen, Carl von der Heydt, junger Erbe einer Privatbank, der als Finanzier von Peters’ Deutsch-Ostafrikanischer-Gesellschaft den trägen Großbanken das Spiel des Risikokapitalismus vorspielt, Frieda von Bülow, die aus den Zwängen eines wilhelminischen Frauenlebens ausbricht, um im Urwald eine Krankenstation aufzubauen, stattdessen aber mit Peters eine afrikanische Romanze erlebt, ihr Bruder Albrecht schließlich, ein junger Leutnant, der die Offizierslaufbahn aufgibt, um dem Lockruf des Kilimandscharo zu folgen und dort den ‚Heldentod‘ zu finden. Auch ihre Gegenspieler gehören natürlich hierher: die Bürokraten, die zaudernden ‚Bedenkenträger‘, die von zivilisatorischen Missionen schwärmenden Anwälte der Humanität in Parlament, Presse, Kirchen und Öffentlichkeit. Zwar ist das klägliche Schicksal etwa Albrecht von Bülows, der in absoluter Unkenntnis der Situation eine völlig unzureichend vorbereitete militärische Expedition geradewegs in einen tödlichen Hinterhalt führte, nur der deutlichste Ausdruck einer grotesken Verwechslung von Spiel und Realität, der auch die anderen ‚Spieler‘ verfallen sind. Aber das ist Teil des Spiels und trägt eher zur Spannungssteigerung als zur Ernüchterung bei. Dem Abenteurer – und mehr noch der Abenteurerin – haftet per se etwas notorisch Unzuverlässiges an, ein Aufbäumen gegen die Sinn-, Rationalitäts- und Kohärenzzumutungen der – modernen – Gesellschaft.
Die mörderische Logik eines Carl Peters ist eine Anti-Logik. Sie ist weniger die auf die Spitze getriebene ökonomisch-militärische Zweckrationalität, als die er selbst sie in seinen Schriften, etwa in den kolonial-ökonomischen Ausführungen seines Ophir-Buches, zu rechtfertigen versucht, sondern sie entbindet eine ins Sinnlose zielende Destruktivität, nicht ohne diese allerdings nun selbst wieder – man mag hier an de Sade denken – in ein ökonomisches System zu übersetzen. Seine Zeitgenossen – und nicht nur seine Gegner unter ihnen – haben das sehr wohl gesehen, haben gesehen, dass Peters Eigenschaften ausagiert, die die bürgerliche Gesellschaft in ihrer Normalität zensiert: seinen Sadismus, seine Verantwortungslosigkeit, seine Bereitschaft, jenseits jeder argumentativen Logik zu operieren und so jedem Widerspruch den Boden zu entziehen. Das macht seine Beweglichkeit aus, das ist auch dafür verantwortlich, dass keines seiner Reiche dauerhaften Bestand haben kann. Phantasien zielen, so ein anderer Zeitgenosse von Peters, Sigmund Freud, nicht auf Wunscherfüllung, sondern auf die immer erneute Inszenierung eines unendlichen Begehrens.43 Daher muss Peters auch immer wieder aufbrechen, in immer neue, immer gleichermaßen leergeräumte Territorien – so wie jeder Abenteuerroman keine Fortsetzung, sondern eine Variation der gleichen Geschichte nach sich zieht.
Carl Peters mag ein Bibliotheksphänomen gewesen sein, eine einem Abenteuerroman entstiegene Figur – der deutsche Kolonialismus, für den er Reklame gemacht hat, war es nicht. Aber er, der Kolonialismus, hat es verstanden, zur Szene sehr heterogener, keineswegs primär ökonomischer, Begehren zu werden. In Peters hat er weder einen Praktiker noch einen Theoretiker besessen, aber eine ebenso fatale wie wirksame „Reklame“. Dass dabei das gleiche Vokabular bewegt wird wie etwa bei Simmel oder Brecht, macht ihn zu einem jener Gespenster, die das Abenteuer in der Moderne heimsuchen.
Georg Simmel, „Das Abenteuer“, in: ders., Philosophische Kultur: Gesammelte Essays [1911], 2. Aufl., Leipzig: Kröner 1919, S. 7–24, hier S. 10.
Simmel, „Das Abenteuer“, S. 8. Die erste Version des Essays erschien unter dem Titel „Philosophie des Abenteuers“ in der Zeitung Der Tag am 07. und 08. Juni 1910.
Walter Benjamin, „Erfahrung und Armut“, in: ders., Gesammelte Schriften, hg. v. Rolf Tiedemann u. Hermann Schweppenhäuser, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1977, Bd. II.1, S. 213–219, hier S. 215 u. 217.
Simmel, „Das Abenteuer“, S. 13 f.
Simmel, „Das Abenteuer“, S. 12.
Bertolt Brecht, „Ballade von den Abenteurern“, in: ders., Werke, hg. v. Werner Hecht u.a., Berlin u. Frankfurt a.M.: Aufbau u. Suhrkamp 1988–2000, Bd. 11, S. 78.
„Sie tragen ihren Bauch zum Fressen/auf fremde Schiffe wie nach Haus/Und strecken selig im Vergessen/ihn auf die fremden Frauen aus“, heißt es in der „Ballade von den Seeräubern“; in noch größerer Drastik und zugleich in einem kolonialen Kontext wird dieses Verhalten ausgestaltet in der Erzählung „Bargan läßt es sein. Eine Filibustiergeschichte“; vgl. Brecht, Werke, Bd. 11, S. 87 und Bd. 19, S. 24–37.
Brecht, Werke, Bd. 11, S. 78.
Brecht, Werke, Bd. 11, S. 78.
„IX. Legislaturperiode, IV. Session, 1895/97“, in: Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, 22 Bände, Berlin: Druck und Verlag der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags-Anstalt 1895–1918, Bd. 2, 59. Sitzung, S. 1423 [Digitalisat: https://www.reichstagsprotokolle.de/Blatt_k9_bsb00002757_00655.html (08.10.2019)].
Carl Peters, Lebenserinnerungen, Hamburg: Rüsch 1918, S. 103.
Emin Pascha, geboren als Eduard Schnitzer, war in das Osmanische Reich gegangen, nachdem ihm in Deutschland aufgrund seiner jüdischen Herkunft die Zulassung zum medizinischen Staatsexamen verweigert worden war. 1887 wird er zum Gouverneur der Provinz Äquatoria ernannt, die 1871 nach Eroberungen durch Samuel Baker im Auftrag von Ismail Pascha der autonomen osmanischen Provinz Ägypten angegliedert worden war.
„IX. Legislaturperiode, IV. Session, 1895/97“, S. 1494.
„IX. Legislaturperiode, IV. Session, 1895/97“, S. 1451.
Die Stelle, auf die sich sowohl v. Arnim als auch Bebel beziehen, befindet sich im 6. Kapitel von Carl Peters, Die deutsche Emin-Pascha-Expedition, München u. Leipzig: Oldenbourg 1891, S. 178; vgl „IX. Legislaturperiode, IV. Session, 1895/97“, S. 1471.
„IX. Legislaturperiode, IV. Session, 1895/97“, S. 1494.
„IX. Legislaturperiode, IV. Session, 1895/97“, S. 1440.
„IX. Legislaturperiode, IV. Session, 1895/97“, S. 1443 (Hervorhebungen im Original).
„IX. Legislaturperiode, IV. Session, 1895/97“, S. 1444.
„IX. Legislaturperiode, IV. Session, 1895/97“, S. 1470.
„IX. Legislaturperiode, IV. Session, 1895/97“, S. 1473.
„IX. Legislaturperiode, IV. Session, 1895/97“, S. 1490. Zu Bebels kolonialpolitischer Überzeugung vgl. seine Grundsatzrede vom Januar 1889: „XII. Legislaturperiode, IV. Session, 1888/89“, in: Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, 22 Bände, Berlin: Druck und Verlag der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags-Anstalt 1895–1918, Bd. 1, S. 627–631.
„IX. Legislaturperiode, IV. Session, 1895/97“, S. 1488 (Hervorhebungen im Original).
Carl Peters, „Die Usagara-Expedition“ [1885], in: ders., Gesammelte Schriften, hg. v. Walter Frank, München: Beck 1943, Bd. 1, S. 295.
„IX. Legislaturperiode, IV. Session, 1895/97“, S. 1499.
Heinz Schneppen, „Der Fall Karl Peters: Ein Kolonialbeamter vor Gericht“, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 49 (2001), S. 869–885.
Carl Peters, Lebenserinnerungen, Hamburg: Rüsch 1918, S. 107. In dem 1940/1941 von Herbert Selpin inszenierten Bavaria-Spielfilm „Carl Peters“ bildet der Auftritt des von Hans Albers gespielten Peters vor dem Reichstag – der in der Wirklichkeit nie stattgefunden hat – den dramatischen Höhepunkt: Ein Visionär scheitert an bürokratischer Kleinlichkeit und Böswilligkeit.
Peters, Lebenserinnerungen, nach S. 104. Dass Paul Kayser Peters nicht nur im Reichstag öffentlich verteidigt hat, ändert nichts daran, dass er diesem als „mein heimtückischster und verschlagenster Gegner“ gilt (Lebenserinnerungen, S. 94); Freiherr Marschall von Bieberstein, Staatssekretär des Äußeren, war offiziell für die Eröffnung des Disziplinarverfahrens gegen Peters verantwortlich – „das Seiltanzen im Marschallschen Intrigenspiel der deutschen Kolonialpolitik“ (Lebenserinnerungen, S. 94).
Peters, „Die Usagara-Expedition“, S. 292 f.
Carl Peters, Die Gründung von Deutsch-Ostafrika, Berlin: Schwetschte 1906, S. 124. Zu Peters’ Gründungsszenarien vgl. Michael Pesek, „Eine Gründungsszene des deutschen Kolonialismus – Peters’ Expedition nach Usagara, 1884“, in: Die (koloniale) Begegnung. AfrikanerInnen in Deutschland 1880–1945, Deutsche in Afrika 1880–1918, hg. v. Marianne Bechhaus-Gerst u. Reinhard Klein-Arendt, Frankfurt a.M. u.a.: Peter Lang 2003, S. 255–267.
Peters, Lebenserinnerungen, S. 89 f.
Peters, Lebenserinnerungen, S. 65.
Carl Peters, Im Goldland des Altertums. Forschungen zwischen Zambesi und Sabi, München: J. F. Lehmann 1902, S. 1.
Peters, Im Goldland, S. 13.
Übersichts Karte der Dr Carl Peters’schen Unternehmungen in den Zambesi-Ländern, Beilage zu Peters, Im Goldland; zum Vergleich: Stieler’s Hand-Atlas, 8. Aufl., Gotha: Perthes 1891, Afrika, Bl. 6. und Zacharie Chatelain, „Carte du Royaume de Congo, du Monomotapa et de la Cafrerie“, in: Atlas historique, ou nouvelle introduction à l’histoire, à la chronologie & à la géographie ancienne & moderne, Amsterdam: Zacharie Chatelain 1732 [Digitalisat Universitätsbibliothek Heidelberg: http://ub.uni-heidelberg.de/diglit/chatelain1732bd6/0103 (08.10.2019)].
Peters, Im Goldland, S. 3; ähnlich noch mehrmals, z.B. S. 8 f.: „Ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass der Name Mapassa durch eine leichte Lautverschiebung aus dem Worte Massaba entstanden ist, ähnlich wie der Sabi in einem seiner Hauptzuflüsse sich in den Rusapi umwandelt (Ru oder Lu ist Bantu-Präfix und bedeutet Fluss).“
Peters, Im Goldland, S. 12.
Etwa Walter Frank in seinem Vorwort zu der ab 1943 entstehenden, nicht vollendeten Ausgabe von Peters’ Gesammelten Schriften (Carl Peters, Gesammelte Schriften, mit Unterstützung des Reichsinst. für Geschichte des neuen Deutschlands, hg. v. Walter Frank, München 1943, Bd. 1, S. 1–12), ein gutes Beispiel bildet auch der Propagandafilm „Carl Peters“ (vgl. Fußnote 27).
Peters, Im Goldland, S. 181.
Peters, Im Goldland, S. 180 f.
Peters, Im Goldland, S. 180.
Peters, Im Goldland, S. 180.
Freud hat seinen Phantasie-Begriff vor allem in den Aufsätzen „Der Dichter und das Phantasieren“ (1907/1908), „Das Unbewußte“ (1915) und „Ein Kind wird geschlagen“ (1919) entwickelt; zusammenfassend dazu: Jean Laplanche u. Jean-Bertrand Pontalis, „Fantasy and the Origins of Sexuality“, in: Formations of Fantasy, hg. v. Victor Burgin, James Donald u. Cora Kaplan, London u. New York: Methuen 1986, S. 5–34 und dies., Das Vokabular der Psychoanalyse, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1972, S. 388–394.