Musikalische Relationen
Es gibt das Wort des Musikalischen. Wir hören es die verschiedensten Leute sagen, an den verschiedensten Orten. Wir selbst verwenden es. Wir hören, etwas sei musikalisch. Nicht, dass es geräuschhaft oder von Musikant*innen ausgeführt ist, aber doch sind sich alle einig, dieser Text, jenes Stück oder dieser Film oder auch dieses Bild, diese Grafik, dieser Raum, diese Zusammensetzung ist musikalisch. An die Musikalität im Sinne einer spezifischen Form der Bezogenheit, an die musikalischen Relationen wollen wir hier unser Ohr halten. Wir fragen nach der musikalischen Schicht in nicht- oder nicht ausschließlich klanglichen Gefügen, um uns langsam, in der Modulation der verschiedenen Schauplätze, entlang derer wir uns bewegen, mit der Spezifik eines transkategorial Musikalischen vertraut zu machen – uns ihm anzunähern, „obgleich nichts uns klarer und unmittelbarer spürbar ist.“1
Mischwesen
Das Bündnis der Musik mit den Vögeln lässt die eigentümliche Verwicklung dieser Kunst in allerhand andere Wesen und nicht-menschliche Entitäten leicht vergessen. Da sind andere Tiere: perkussive Insekten, der Kehlgesang der Frösche und Kröten, der Kuckuck und der Esel, die Unterwassermusik der Wale. Humanoide Hybride, die die Grenzziehungen der Taxonomie transkategorial durchkreuzen: Sirenen genannte Vogelfrauen, bockbeinige Flötenspieler, Engelschöre („Alle Welt weiß, dass die Engel Musiker sind“2), trompetende Fliegenmänner, Unterwasserwesen an Sequenzern und natürlich Lebensformen von anderen Planeten. Da sind Klangkörper, mit denen sich die Musiker*innenkörper zusammensetzen: von den ersten Flöten aus Holz oder Knochen, Saiteninstrumenten mit Darm, Seide oder Metall, Bögen mit geharztem Rosshaar, Trommeln mit Fell bespannt bis hin zu den Abkömmlingen der Militärtechnologie der beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts, den Synthesizern und Verstärkungssystemen, ihren digitalen Mutationen sowie den selbst zu Klangerzeugern ausgewachsenen Maschinen der Klangreproduktion und -manipulation; von der Fixierung des stratifizierten symphonischen Apparats bis zu den erweiterten Spieltechniken der neuen Musik und dem Öffnen und Verschalten der als abgeschlossen erfundenen Instrumente untereinander und mit nicht als musikalisch erfundenen Dingen, wie Tischtennisbällen, Radiergummis, Bohrmaschinen etc. Und irgendwo dazwischen tritt das Instrumentarium, treten die Klangkörper heraus aus der Logik eines instrumentellen Gebrauchs. Auf eigentümliche Art gehören zu diesen Körpern auch Sänger*innenkörper, Labyrinthe aus Schall- und Resonanzräumen, gespannten Bändern in einer Luftröhre, die ihre Stimmen aus sich heraustragen, sich aushöhlen, um den Raum zu füllen. Und mit und in dieser Verwickelung jenes Bündnis, das die Musik seit jeher, zumindest seit den Pythagoreern, mit der Kosmologie, dem Kosmos und seiner Genese verknüpft.3 Durch sämtliche Transformationen, die Kosmos und Musik durchgemacht haben, blieb dieses Bündnis bestehen: von einer allumfassenden und stabilen Harmonie bis zum rhythmischen „Szenario nichtsimultaner, nur teilweise einander überlappender, transformativer Ereignisse“4; von der Entdeckung harmonischer Intervalle zwischen Planeten und Tönen bis zu Sun Ras „‚space key‘, where players were instructed to improvise without regard for conventional tonal centers; modal pieces with no fixed harmonic structure; superimposition of one chord over another; and songs played in multiple keys.“5
Und sei es hier – wie etwa bezogen auf die Dinge – oder dort – wie etwa bezogen auf die humanoiden Hybride – mehr oder weniger eingängig: All dies ist in der Musik bevor ein*e Musiker*in zu musizieren beginnt, mit all dem haben die Musiker*innen sich herumzuschlagen; weder sind dies die Gegenstände oder Inhalte, die sie sich für ihre Musik aussuchen, noch unterhält die Musik zu all diesen Dingen und Wesen und auch zum Kosmos eine Beziehung der Darstellung, ein mimetisches Verhältnis. „Die Musik bezeichnet nichts und definiert nichts; kaum dass sie etwas beschreibt; ausgestattet mit vielen Bedeutungen und ebenso vielen Richtungen, ist sie unbegrenzt.“6 All diese grenzenlose oder die Grenzen in Schwingung versetzende Verwicklung hängt mit der Voraussetzung der Musik zusammen, und das ist der Klang und sein (Er-)Klingen, seine Ausdehnung, seine Arealität, seine spezifische Art der Ansteckung, des Vermischens, der Modulation, des sich Beziehens: seine Relationalität. Die Musik untersucht und entfaltet die Potentiale dieses spezifischen Materials.
Diese der Musik vorausgehende und sie begründende Verwicklung begegnet uns bei Marshall McLuhan als „interstrukturelle Resonanz“7, bei Jean-Luc Nancy als „Methexis“8, bei Gilles Deleuze und Félix Guattari als „Maschinen-Phylum“, als „destratifizierende Transversalität“9. Und für Michel Serres heißt es,10 „komponieren, unablässig singen […,] einen unwahrscheinlichen Takt entdecken“, will man die Auseinandersetzung eingehen mit dem Chaos, mit der materiellen, durch keine sprachliche Klassifikation sortierten und eingehegten Härte, den wilden Tieren, den Sirenen, den Meeren, dem Rauschen.
„[D]urch die Arten von Frau-, Kind-, Tier- oder Molekular-Werden setzt die Natur ihre Macht und die Macht der Musik der Macht der Maschinen des Menschen entgegen, dem Lärm von Fabriken und Bomben.“11 Es ist ihre grundsätzliche Teilhabe, die potentiell alles mit allem in Verbindung zu bringen vermag und die kategorialen Trennungen in Vibration versetzt, die der Musik einen trans-humanistischen Zug verleiht – zumindest wenn man unter dem Begriff Humanismus eine bestimmte, historisch spätestens mit dem Aufkommen der Moderne und geo-politisch im Abendland zu verortende Ein-stellung des Menschen gegenüber der Welt versteht, eine Form des Umgangs mit und eine Haltung zu den Dingen.12
Eine kurze Geschichte des sehenden Menschen
Der Mensch dieses spezifischen Humanismus, dessen wesensmäßige Konturiertheit im Gang der letzten hundert Jahre in Schwingung geriet durch die Einwirkung globaler, kosmischer, elektromagnetischer und digitaler Ströme sowie durch die Subjektivierungsbestrebungen von ihm unterdrückter und kolonisierter Humanoider, dieser Mensch also war ein Europäer, eine historische Figur, deren Genese sich rückblickend an Schwellen wie der antiken Entstehung des phonetischen Alphabets abzeichnete. Eine bemerkenswerte Schwelle ihrer Geschichtlichkeit lag in der Renaissance, in der sich ihre Kontur entlang der Erfindungen von Perspektive, messbarer Raum-Zeit und Buchdruck schärfte.14 Es ist häufig zu lesen, dass als Folge u.a. der genannten Schwellen in dieser westlichen Geisteshaltung unter den Sinnen dem Sehsinn in besonderer Weise getraut und diesem in Fragen von Erkenntnis und Wahrheit gegenüber den anderen Sinnen der Vorzug gegeben worden sei; und dass die angedeutete abendländische Stellung dieses Menschen zur Welt mit der Priorisierung des Sehsinns nicht bloß irgendwie oder zufällig zu tun gehabt habe, sondern mit ihr untrennbar umwunden gewesen und der Bezug dieser historischen Figur zur Welt damit geradezu als ein sehender Weltbezug zu charakterisieren sei. Konsequenterweise sei diese Priorisierung mit einer Isolation der Sicht von allen übrigen Erfahrungsweisen einhergegangen. In der Antike sei etwa noch von einem lebendigen, einem taktilen Sehen, das sich als in die Welt verwickelt erfahren habe15, zu reden und für die mittelalterlichen Mönche habe Lesen immer unbedingt lautes Lesen gemeint, sei die Lesenische eine Singzelle und das visuelle Lesen so immer auch ein Horchen gewesen.16 Doch mit dem Passieren der angerissenen Schwellen sei die Sicht nicht nur zum Medium des Wissens stilisiert worden, sondern habe sich zusehends von den anderen Sinnen und ihrem Wechselspiel abgekapselt.
Der Europäer17 dieses bestimmten Humanismus war demnach jemand (oder hielt sich für einen und tut es vielfach noch), der von seiner Netzhaut, die er selbst nicht sah, hinausblickte auf eine Welt voll mehr oder weniger manifester, geschlossener und begrenzter Dinge. Und weil er seinen Blickpunkt, seine Perspektive, diese „blamable Täuschung“18, mit der Welt verwechselte, stellte er sich vor, diese Welt würde von seinem sehenden Bewusstsein eigentlich überhaupt erst hergestellt, erfahre erst von dort Sinn und Bedeutung. Er nahm sich an als aktiver Part, als form- und bedeutungsgebend gegenüber einem von ihm klar geschiedenen, passiven und bedeutungslosen Stoff. Der Fluchtpunkt dieser dreidimensionalen, bildhaften, in Gänze auf diesen Punkt bezogenen und auf ihn ausgerichteten Welt kam dabei natürlich nicht in den Blick und blieb als nicht in sie verwickelt ort- und herkunftslos. Von diesem Blickpunkt erschien die Welt als ein Arsenal verfügbarer und der Aneignung offenstehender Dinge, zu denen bloß er selbst, das hinausschauende Bewusstsein, das er war, nicht gehörte, und auf das er im Modus eines intentionalen Zugriffs einzuwirken vermochte.19 Auch seine Erkenntnis war ein-sehend, dem inneren Auge vor-stellend, den Gegenständen distanziert gegenüber-stehend. Die in der Sprache fortbestehende Reihe der Isomorphismen zwischen dem Reich der Erkenntnis und jenem des Sehens sind Zeugen dieses Bündnisses: Man betrachtet, nimmt in Augenschein, will erhellen, Klarheit schaffen, um zur Einsicht, zur Evidenz zu gelangen, zu den Urbildern, Erscheinungen, Gestalten, die man Ideen nennt; man will veranschaulichen oder dem inneren Auge vor-stellen. Und auch die Wissensproduktion bleibt im sprachlichen Register einer Herstellung von Sichtbarkeit. So verdanken wir diesem Menschen das Ideal einer sichtspendenden Erkenntnis, eines Lichts der Wahrheit, das die Lage der Dinge erhellt, Aufklärung stiftet.
Punkte
„Es gibt kaum ein Privileg des Menschen, außer den Mitteln zur Übercodierung, zur Entwicklung von Punktsystemen.“20 Dieser Mensch, der den Schauplatz keineswegs verlassen hat, weswegen wir wieder in das Präsens wechseln, dieser Mensch also und sein Sehen kreuzen sich genau im Punkt, in der Punktierung, im Fest-Stellen punktförmiger Positionen. Denn, so Gilles Deleuze und Félix Guattari, das herausragende Vermögen dieses Menschen sei das unterteilende Codieren, das alles ausgehend von dem sich selbst als zentralen Punkt setzenden männlichen „Durchschnittseuropäers“21 unterteile. Von diesem ausgehend operiere er mit einer binären Klassifikationsmechanik von männlich-weiblich, vernünftig-triebhaft, Mensch-Maschine usw. Die Verknüpfung dieses Vermögens mit dem Seh-Sinn hat mit dem Aufteilen, Zerlegen, Analysieren, Trennen zu tun: das sehende Subjekt als getrennt von seinen Gegenständen, die von ihm wiederum auf voneinander getrennte, punktförmige, (wieder-)erkennbare Positionen verteilt werden und dabei selbst nicht zurückblicken, bzw. deren aktiver Widerhall nicht vernommen wird. „Das Auge“, so lesen wir bei Donna Haraway, „hat zur Bezeichnung einer perversen Fähigkeit gedient, die in der mit Militarismus, Kapitalismus, Kolonialismus und männlicher Vorherrschaft verbundenen Geschichte der Wissenschaft zur Perfektion getrieben wurde, nämlich die im Interesse ungehinderter Machtausübung stehende Distanzierung des Wissenssubjekts von allem und jedem.“22
Dieser Mensch und dieses Sehen sind nicht verwickelt in die Welt, auf die sie sich beziehen. Sie richten sich auf eine Welt dort, ein „Da-Präsent-Sein“23, eine „Präsentation des So-Seins, und zwar so als solches“24. Auch wenn das Sehen Bewegungen und Transformationen zu registrieren vermag, ist es mit der Annahme verknüpft, dass das, was sich bewegt oder transformiert, doch das Gleiche bleibt, seine Identität, seine erkennbare Form bewahrt, manifest ist, dass seine Kontur sich ein wenig verschoben oder in sich selbst verdreht haben mag, aber doch fortbesteht. Diese Herstellung von umgrenzten, abgeschlossenen Punkten betreibt dabei ein „Auf-Distanz-Halten dessen […], was im Phänomen selbst über das Phänomen hinausgeht“25. Die geschlossenen Punkte, stabile, feste und dauerhafte „mittelgroße Exemplare von Trockenwaren“26, sind die Wahrheiten des sehenden Menschen, herausseziert aus den Zusammenhängen, in denen sie sich wechselseitig, ihre Konturen überschreitend transkategorial modulieren: ihren Klängen, aber auch Gerüchen und Ausdünstungen aller Art, dem Geschmack eines Gases, den Verhältnissen der Ansteckung usw.
Die unsichtbaren Klangkörper
Etwas vom theoretischen und intentionalen Schema, das am Optischen ausgerichtet ist, gerät ins Wanken.27
Als wenig zuverlässige Agenten auf der Suche nach Wahrheit müssen einem solchen Weltbezug das Hinein- oder Nachhören, ein Echo oder Timbre, ein Rhythmus oder ein Klang erscheinen – all diese vibrierenden Membranen und sich überlappenden Areale, die weder als Vor-Gestellte wahrnehmbar noch überhaupt in der Semantik des Stellens und Stehens, ja des Ver-Stehens zu begreifen, eigentlich nicht einmal greifbar, nicht manifest sind. Im Anschluss an Casey O’Callaghans Theory of Sound28 wäre zu fragen, ob wir nicht solange dem sehenden Paradigma die Treue halten, wie wir die Klänge als Eigenschaften sichtbarer Trockenwaren begreifen und nicht als ganz eigenständige Individuationen. In ähnlicher Weise heißt es in Gunnar Hindrichs Die Autonomie des Klangs, dass „Klänge nicht die Klänge eines Gegenstandes sind, sondern von einem Gegenstand erzeugt werden. Sie lassen sich daher unabhängig von ihrer Ursache erfahren und sind Objekte eigener Art.“29 Oder um es im Ton Deleuze’ zu formulieren: Die Klänge sind keine partialen Vermögen greif- und sichtbarer Körper, sondern selbst Körper, unsichtbare „Klangkörper“30, die aus verschiedenen Teilen wie Tonhöhe, Lautstärke, Timbre, Dauer bestehen und die darüber hinaus ganz spezielle Vermögen hinsichtlich des Kontakts, des Affizierens und Affiziert-Werdens mit anderen Körpern aller Art besitzen, wie etwa das In-Vibration-Versetzen von Membranen oder die Modulation eines Tänzer*innenkörpers oder die Transformation eines gesprochenen Textkörpers oder die modulierende Einfaltung eines anderen Klangs.
In ihrer Unsicht- und Ungreifbarkeit müssen sie dem sehenden Weltbezug aber entweder schlicht entgehen, in ein ‚Unbewusstes‘ abgeschoben werden31 oder als gasförmiges Leben von einem anderen Stern, „a different order of being“32, erscheinen, das man flieht, wenn man es nicht zu kolonisieren oder zu versklaven vermag. Bürgerrecht im Reich anerkannter Dinge kann dieser sehende Weltbezug den klanglichen Wesen jedenfalls nicht erteilen und Wahrheit verspricht das Hören noch am ehesten in Form eines Hörens auf eine sprechende Stimme, deren Ausführung Erhellung und Einsicht verspricht. Gegenüber der Anschauung konturierter Formen wird das Horchen auf eine „Stimme der Dinge“33 eher in das Reich der Esoterik oder der Mystik abgeschoben, hat seinen Ort in jedem Fall nicht in dem der Theorie, deren Wortherkunft wiederum in der Betrachtung liegt.
Die Musikant*innen aber und die Akustiker*innen haben sich über die Jahrtausende mit diesem rätselhaften Material befasst, sich mit ihm herumgeschlagen, sich affizieren lassen und andere mit ihm affiziert. Sie haben ihm die verschiedensten Formen abgerungen, es zu codieren versucht und diese Codierungen in Frage gestellt. Sie sind ihm gefolgt und haben so ein Wissen entlang dieser vibrierenden Kräfte entfaltet, das nicht nur in den Praktiken und Werken des Musizierens, sondern auch in technischen Verfahrensweisen und Vokabeln geronnen ist. Ihr Wissen über die Relationen der resonierenden Klangkörper springt von Zeit zu Zeit über in ganz andere Felder des Wissens, um hier Dinge denkbar zu machen, relationale Gefüge aufzuschließen, um die musikalischen Schichten nicht-klanglicher Kontexte wahrnehmbar zu machen. Wir nehmen an, dass ihre Hilfe gerade in den mentalen Landschaften den 20. und jungen 21. Jahrhundert verstärkt gefragt ist, aber dazu gleich mehr.
Musikalität: Zusammenhangstiftende Überschreitung
Wir spüren es in der Sprache, in den Techniken, einen Text wie diesen zu schreiben – den unmusikalischen, ja den de-musikalisierenden Hang zur Trennung:
Das erste Verb der griechischen Grammatik bedeutet ‚zerhacken‘, ‚spalten‘, ‚zerbrechen‘, und das ist Analyse. Von Kindheit an hat man uns gelehrt, in der Umgangssprache zu lieben und in der Sprache des Denkens zu zerstören. Sobald wir diese Sprache vergessen oder ignorieren, kehrt sie wieder und rächt sich. Wir glauben unverrückbar, Denken und Wissen heiße Zerstören, Auflösen, Zerlegen, Auseinanderlegen, Explizieren und ebendies ist Analyse. Sie ist das Gegenteil von Konstruieren und Verbinden. Musik aber ist eine Komposition; wenn man sie analysiert, verflüchtigt sie sich in Noten oder verstreute Stücke.34
Michel Serres stellt an den Beginn der Geschichte des abendländischen Geistes das Verb
Doch wollen wir versuchen, das gleiche negative Entweder-Oder nicht aus einer anderen Perspektive erneut zu erzählen. McLuhan formuliert eine Alternative zum Entweder-Oder, das Optionen voneinander trennt, um eine auszuschließen, nämlich den klanglichen Zusammenhang des „both-and“37, Sowohl-Als-Auch. Dies wäre ein positives, ein nicht-dialektisches Verhältnis, in dem die Terme miteinander produktiv in Beziehung treten. Insofern sich dieses Verhältnis nicht schließt, sondern für ein weiteres Hinzustoßendes offenbleibt, ist McLuhans Formulierung noch durch ein Und zu verlängern: Sowohl-Als-Auch-Und. Mischen wir verschiedene Schwingungen eines Synthesizers und betrachten die entstehende Wellenform auf dem Oszilloskop, so zeigt sich, wie die Wellenformen einander modulieren, einander einfalten, um so einen Klang zwischen den Inputs zu bilden: die individuelle Schwingung der wechselseitigen Modulation, die in keinem der isolierten Einzelinputs vorgesehen war. Die Differenz führt also nicht zu einer negativen Entscheidung, sondern wird produktiv in der Affirmation der Gleichzeitigkeit heterogener Ordnungen. Anne Sauvagnargues entwickelt den Begriff der Modulation im Anschluss an Simondon und Deleuze als „a metastable relation between two orders of different realities that enter into resonance“38.
Sowohl-Als-Auch-Und
Serres riet uns, die Sprache der Trennungen nicht „zu vergessen oder zu ignorieren“39, und so sind auch wir uns bewusst, dass wir durch die Aufspaltung immer wieder hindurchgehen müssen, um dann aber die musikalischen Schichten, ihr transversales Unterlaufen der vordergründigen Trennungen, zu rekomponieren. Denn soll die Musikalität etwas zu tun haben mit der klanglichen Infektion, der wechselseitigen Modulation von Elementen, die möglicherweise ganz heterogenen Ordnungen angehören, dann können wir dieser Musikalität nicht in einer ausschließenden Form etwas entgegensetzen. Wir können nicht sagen, dies ist jetzt die Musikalität und die hat ganz genau gar nichts zu tun mit einer visuellen Verhältnisnahme, hat keine Überschneidung mit ihr. Was wir sagen werden, wovon wir sprechen werden, das ist die Musikalität als eine Anteilnahme des einen am anderen, ein Ins-Verhältnis-Setzen, eine wechselseitige heterogenetische Variation zwischen ganz verschiedenen Ordnungen; Ordnungen, die sich vielleicht mit den Sinnen assoziieren lassen, wenn wir etwa von der Bildkunst als einer „Sehmusik“40 oder von einem musikalischen Zusammenspiel der heterogenen Elemente eines Bühnengefüges sprechen; aber auch eine wechselseitige Modulation von Ordnungen der Repräsentation, signifikanter Ordnungen, affektiver, asignifikanter Ordnungen, die Modulation verschiedener Wertuniversen, verschiedener Logiken, ja, verschiedener Welten. Und in diesem Sinne wollen wir auch in diesem Text nach Art der Modulation vorgehen und nicht einen Begriff, ein Konzept analytisch voraussetzen, sondern verschiedene Orte einer transkategorialen Musikalität aufsuchen und so ein Feld der musikalischen Relationen aufspannen.
Musikalische Lebenskunst
Vielleicht also ist die musikalische Schicht gar nicht eine Schicht unter anderen, sondern gerade das Ins-Verhältnis-Setzen der ganz heterogenen Ordnungen und Schichten in ihrer Polyphonie und ihrer rhythmischen Interaktion. Für Serres etwa ist die universelle Musikalität, derer alles bedarf, eine Art Brückenkunst, die vermittelt zwischen einerseits dem Reich der Logik, der Zeichen, der sprachlichen, signifikanten Ordnung, das er mit dem Begriff des Sanften zusammenfasst, und andererseits dem Harten der großen Energien einer außersprachlichen Existenz, der Tiere und Gesteine, der Wasser, Gestirne, der fleischlichen Körper. Zwischen dem Rauschen des Harten und dem einwertigen Signal der weichen Signifikanz vermittle die Musik, und dies nicht im Sinne einer teleologischen Geschichte in nur eine Richtung, sondern in beide Richtungen, als Aushandlung, als notwendige Anteilnahme zwischen dem Fleisch und dem Wort, dem Chaos und der Ordnung.41
In Serres Band Musik wird hieraus eine Art kosmischer Lebenskunst qua Musikalität, die es ermöglichen soll, ein Leben nicht gegenüber der Welt, sondern als Komponente der komplexen Komposition des Alls zu leben, „in den Lärm der Welt gemischt“42:
Es gilt, sich zum Musiker zu machen, um seinen Körper besser zu bewohnen, um sein Leben besser zu leben, um endlich seinen eigenen Status des In-der-Welt-Seins einzufordern. Leben Sie die Rhythmen Ihres Körpers, des Lebens, der Flüsse, der Welt und der Galaxien und Sie sind wie selbstverständlich ein Musikkomponist.43
Eine solch musikalische Existenzweise hat die Kräfteverhältnisse auszutarieren: die heterogenen Pulsationen und Rotationen, die Oszillation der Erde um die Sonne, den Gang der Gedärme und der Verdauung, den Takt des gesellschaftlichen Lebens sowie dessen Variation entlang der Jahreszeiten und deren Auswirkung auf die körperliche Verfasstheit, das Verhältnis von Anspannung und Entspannung, die Konjunkturen der Makroökonomie usw. All diese ganz heterogenen Ordnungen und Schichten hat eine musikalische Existenzweise zu einer existentiellen Komposition zusammenzufügen, um nicht einer rhythmischen Katastrophe anheimzufallen, um nicht irgendeiner Kraft völlig ausgeliefert zu sein, um nicht in irgendeiner Rotation zu stagnieren. Diese Existenzweise erlaubt keine Logik des Entweder-Oder, sondern hat sich im Sowohl-Als-Auch-Und einzurichten. Wir hören ein Echo dieser Lebenskunst in Félix Guattaris existentiellen Kompositionen der Subjektivierung, die sich bilden zwischen einer Polyphonie der Referenzuniversen und dem rhythmischen Austarieren ihrer Ebenen.44
Klangliche Methexis: Zwischen Archaik und technologischer Bedingung
Das spezifische Potential der Musikalität liegt in den Zusammensetzungen, den Zusammenhang stiftenden Überschreitungen, in der Ansteckung, der Teilhabe, die sich für das Einzelne als Komponente, als Vektor dieser Kompositionen interessiert, für die Modulation ihrer Komponenten. Für ein solches Werden von Komponenten, ihre Individuation entlang der Verhältnisse, in denen sie stehen, entlang der Potentiale, die in wechselnden Konstellationen aktualisiert werden, entwickelt Simondon den Begriff der Relation. Relationen sind damit nicht etwas Sekundäres, das den als gegeben angenommenen Elementen (den Trockenwaren etwa) nachgeordnet wäre, sondern sie sind „gleichzeitig mit den Zuständen, deren Existenz sie gewährleisten“45. Erst durch die relationalen Teilhaben werden individuelle Elemente und bleiben dabei offen für die weitere Modulation. Für Jean-Luc Nancy ist die Teilhabe das Spezifische des Klanglichen und seiner intensivierten Form der Musik.
Es handelt sich um die Teilhabe an einer Welt, gegenüber der ich nicht mehr das Subjekt eines Objekts bin und mich auch keinem phantasmatischen Subjekt als Objekt ausliefere: ich selbst werde zu einem Moment der allgemeinen Weltbewegung, ich selbst werde zu einem Moment des allgemeinen Handels mit Sinn, Gefühlen und Bedeutungen.46
Das Klangliche verunmöglicht die Wahrnehmung einer Welt vor oder außerhalb von uns und lässt uns uns selbst als Moment, Komponente, Vektor, als ökologisches Wesen einer Welt erfahren, an der wir Anteil haben, mit der wir uns vermischen, die wir infizieren und von der wir infiziert werden; einer primordialen Umwelt, die vor uns da war und nach uns da sein wird.
Dieses partizipative Moment des Klanglichen fasst Nancy mit dem Begriff der Methexis zusammen und verweist uns damit auf den Ethnologen Lucien Lévi-Bruel, der diesen Begriff zur Beschreibung primitiver, nicht-logischer Seinsweisen entwickelte. Ähnlich wie McLuhan ahnt Lévi-Bruel, dass diese Seinsweisen es sind, die unter der im zwanzigsten Jahrhundert sich entfaltenden technologischen Bedingung47 viel mehr als die erhellungs- und sichtbarkeitsfixierten Zeitgenoss*innen und Vorfahren Orientierung für die Beschreibung und das Verständnis des neuen Weltzustandes zu bieten vermögen – diesen Zusammenhang zumindest stellt Erich Hörl her.
Wenn es etwas gibt, was für Lévi-Bruel absolut problematisch geworden ist, dann ist es die moderne Erfahrung, dass es geordnete, radikal vereinzelte Wesen geben könnte. Entscheidend ist vielmehr die absolute Vorgängigkeit des Bezugs: die Partizipation ist eine ursprüngliche primordiale Beziehung, die die Terme dieser Beziehung überhaupt erst konstituiert.48
Solch pathische Subjektivitäten finden sich in ganz ähnlicher Weise in der von Marshall McLuhan formulierten, die archaische und die elektronische Seinsweise verknüpfenden klanglichen Verfassung, die uns in den „akustischen Raum […] einer resonanten Welt gleichzeitiger Beziehungen“49 versetzt. Und vielleicht wird uns von hier aus verständlich, warum Félix Guattari seine komplexen, multizentrischen Prozesse der Subjektivierung durchgehend in musikalischen Begriffen formuliert.
Wenn wir einigen Erosionen in der Theoriegeschichte folgen, sind wir Prozessen zeitgenössisch, durch die das verfügende Gegen-Über also nicht mehr als primäre Erkenntnis- und Existenzweise taugt. Und ironischerweise wird dies besonders wahrnehmbar durch eine Art Umschlag in der Geschichte von der Technik zur Technologie, so lesen wir bei Erich Hörl und so legen es auch McLuhan, Simondon und Guattari nahe. Denn war die Technik einst gerade die exemplarische Domäne der Veräußerung eines werktätigen Menschen, so wird sie im Umschlag zur Technologie zu einem intensiven Feld, einer Umwelt, besiedelt von „größtenteils ohne Umweg über das Subjekt automatisch kommunizierenden und operierenden Objekten“50. Die Frage der Handlungsmacht wird so zerstreut vom zentralen Blickpunkt eines*r Akteur*in zugunsten komplexer Gefüge, heterogener Agenturen, verteilter Kognition. Auf diese Wendung vom Extensiven zum Intensiven, das durch miteinander interagierende, ganz heterogene Ordnungen ausgezeichnet ist, scheint uns die im 20. Jahrhundert sich verdichtende Anrufung der klanglichen Kunst der Musik zu antworten. In Problemlagen, denen unter dem Paradigma der Sicht nicht beizukommen ist, wo es um die heterogenetische Modulation geht, um Cyborgs oder um die Affektion durch die Tierwelt, wo die Trennung von Individuum und Umwelt uneindeutig wird, hat „die Musik bereits Lösungen ersonnen“51. Die klangliche Kunst ist eine Expertin, wenn es darum geht, sich hineinzustellen in vielschichtige Systeme der wechselseitigen Modulation, in denen alles von allem widerklingt. Ihr weit aufgefächerter Katalog technischer Vokabeln wie Rhythmus, Harmonie, Modulation, Akkord, Melodie bis hin zu einem Begriff wie dem Synthesizer macht Zusammensetzungen und Interaktionen innerhalb dieser Zusammensetzungen denkbar, sowie spezifische Signaturen des Zusammenspiels heterogener Zeit- und Räumlichkeiten.52
Ausblick
Uns geht es also nicht nur um die Formulierung einer klanglichen Subjektivierung, sondern vielmehr um die Musikalität ganz verschiedener Gefüge, die ganz verschiedene Materialien und Ordnungen ins Verhältnis setzt. Was wir sagen wollen, was wir in diesem Text untersuchen wollen, das ist die Intervention einer musikalischen Schicht in verschiedene Felder des Wissens der mentalen Landschaft des zwanzigsten Jahrhunderts und die Frage, welche Formen des Zusammenhangs der Bezug auf die musikalischen Relationen jeweils eröffnet.
Ausführlich werden wir uns mit dem Denken von Gilles Deleuze und Félix Guattari befassen, das von musikalischen Begriffen und Denkbewegungen geradezu gesättigt ist. Es wird uns die Frage leiten, was diese Modulation durch die musikalische Schicht ihnen zu denken erlaubt und zu welchen Relationen sie ihnen Zugang verschafft. Wir werden weiter darauf eingehen, inwiefern diese spezifische Anrufung der musikalischen Schicht mit der epochalen Problemlage des 20. Jahrhunderts aufs Engste verbunden ist. Mit einem zeitlichen Ausfallschritt zu Leibniz’ Lehre der prästabilierten Harmonie und ihrer Verbindung mit der barocken Generalbassmusik wollen wir sowohl die Kontinuität der musikalischen Schicht aufzeigen, die über das 20. Jahrhundert hinausweist, als auch ihre Historizität. Denn das Musikalische transformiert sich entlang der Verschiebungen dessen, was in einem spezifischen historischen Moment Musik genannt wird, wie sie gemacht wird und wer sie herstellt, wie sie verbreitet wird und wer sie hört, also mit dem, was wir als das musikalische Äußerungsgefüge bezeichnen wollen.53
Es ist unmöglich, für das zwanzigste Jahrhundert eine einheitliche Verfassung dieses Äußerungsgefüges zu konstatieren. Wir werden uns daher drei verschiedenen, von der Musik ausgehenden Umgangsformen mit den transkategorialen Elementen der szenischen Künste zuwenden. Es wird darum gehen, wie Arnold Schönberg in Die glückliche Hand, John Cage in den Europeras I & II und Heiner Goebbels in Stifters Dinge mit den klanglichen und nicht-klanglichen Elementen des Theaters, dem Licht, dem Raum und seiner Gliederung, den Körpern, dem Text usw., wie sie also mit diesen Elementen auf je sehr verschiedene Weise musikalischen Zusammenhang zu komponieren versuchen.
Daran anschließend soll es um die Frage der Erfahrung des Musik-Hörens als spezifischer Form nicht-hermeneutischer Sinnproduktion, eines Sinns ohne Bezug zum Reich signifikanter Bedeutung gehen. Hierbei werden wir zunächst Peter Szendys Band Höre(n)54 folgen, in dem eine musikalische Sinnproduktion keineswegs allein in die musikalischen Werke verlegt ist, sondern sich in Partizipationen an diesen Werken entfaltet, in den wechselnden Konstellationen, in denen sie gehört, gespielt, erinnert werden. Der Gedanke einer produktiven Anteilnahme des Hörens, Spielens und Arrangierens an der Musik selbst ist von großer Wichtigkeit für die Beschreibung des gegenwärtigen Stands des musikalischen Äußerungsgefüges, das durch Mix und Remix-Kulturen ausgezeichnet ist, durch die wechselseitigen Infektionen der vielen, heterogenen musikalischen Welten. Leider formuliert Sezndy diese Überlegungen ausschließlich aus einem Denken heraus, das der Tradition europäischer Kunstmusik verpflichtet ist, und tut dies auch dort, wo er Referenzen zu Rate zieht, die dieser Tradition nichts schulden. Unter Bezugnahme auf Paul Gilroys Black Atlantic55 wollen wir den Blick weiten und die Bewegungen unterhalb des Radars der Kunstmusik wahrnehmbar machen, die „Musik von anderen Planeten“56, die für das, was wir heute Musik nennen, von elementarer Bedeutung sind und auch das von Szendy Formulierte sehr viel weitreichender verständlich machen.
Abschließend wenden wir uns dem Begriff des Rhythmischen zu, der uns hinsichtlich der Bewegung der vielen musikalischen Welten auf unserem Planeten hilfreich sein wird, was uns unter anderem ein Stück von Theo Parrish beweisen wird. Um aber allem Gegenüberstellen nun direkt das Wasser abzugraben, wollen wir mit einem beginnen, der mit Sichtbarkeit zu tun hat, nämlich dem Maler Paul Klee und der musikalischen Schicht seines bildnerischen Denkens.
Jean-Luc Nancy, Zum Gehör, Zürich/Berlin 2010, S. 15.
Michel Serres, Musik, Berlin 2015, S. 83.
Vgl. Hans-Georg Nicklaus Die Maschinen des Himmels: Zur Kosmologie und Ästhetik des Klangs, München 1994.
Richard Buckminster-Fuller, Das totale Kommunikationssystem des Menschen, in: Ders., Bedienungsanleitung für das Raumschiff Erde und andere Schriften, hrsg. v. Joachim Krausse, Hamburg 2008, S. 130.
John Sinclair, Sun Ra Visits Planet Earth, in: John Sinclair (Hrsg.), Sun Ra. Interviews & Essays, London 2010, S. 7.
Michel Serres, Musik, a.a.O., S. 80.
Marshall McLuhan, Die Gutenberg-Galaxis. Die Entstehung des typographischen Menschen, Hamburg 2011, S. 56.
Vgl. Jean-Luc Nancy, Zum Gehör, a.a.O., S. 19. Ders., Das Bild: Mimesis und Methexis, in: Emmanuel Alloa (Hrsg.), Bildtheorien aus Frankreich, Paderborn 2011, S. 361.
Vgl. Gilles Deleuze & Félix Guattari, Tausend Plateaus. Kapitalismus und Schizophrenie, Berlin 1992, insb. S. 475, aber auch S. 412 & 458.
Michel Serres, Die fünf Sinne, Frankfurt a. M. 1998, S. 167.
Gilles Deleuze & Félix Guattari, Tausend Plateaus, a.a.O., S. 421.
Vgl. zur Historizität der Frage nach dem Humanismus, darüber, dass „jede Epoche [] ihren eigenen Humanismus entdecken muss“: Gilbert Simondon, Die Existenzweise technischer Objekte, Zürich 2012, S. 94ff.
David Toop, Sinister Resonance. The Mediumship of the Listener, New York/London 2010, S. 17.
Vgl. hierzu und zum Folgenden: Michel Serres, Die fünf Sinne, a.a.O., S. 119. Marshall McLuhan, Die Gutenberg-Galaxis, a.a.O. Ulrike Haß, Das Drama des Sehens. Auge, Blick und Bühnenform, München 2005. Jean-Luc Nancy, Zum Gehör, a.a.O. Ders., Das Bild. Mimesis und Methexis, a.a.O., S. 356. Petra Maria Meyer, Minimalia zur philosophischen Bedeutung des Hörens und des Hörbaren, in: Dies. (Hrsg.), acoustic turn, München 2008, S. 47ff.
Vgl. Gérard Simon, Der Blick, Das Sein und die Erscheinung in der antiken Optik. Mit einem Anhang: Die Wissenschaft vom Sehen und die Darstellung des Sichtbaren, München 1992, S. 223ff.
Vgl. Marschall McLuhan, Die Gutenberg-Galaxis, a.a.O., S. 109. Vgl. zu der Renaissance einer oralen Sprache etwa in der Rap-Kultur: Félix Guattari, Chaosmose, Wien/Berlin 2014, S. 123f.
Warum wir hier und im Folgenden durchgehend in der männlichen Form schreiben und die gendergerechte Sprache für einen Moment verlassen, wird im folgenden Unterkapitel ‚Punkte‘ verständlich.
Richard Hülsenbeck, En avant Dada. Die Geschichte des Dadaismus, Hamburg 1978, S. 30.
Vgl. Donna Haraway, Situiertes Wissen, in Dies., Die Neuerfindung der Natur. Primaten, Cyborgs und Frauen, hrsg. v. Carmen Hammer & Immanuel Stieß, Frankfurt a. M./New York 1995, S. 80ff.
Gilles Deleuze & Félix Guattari, Tausend Plateaus, a.a.O., S. 421.
Ebd. S. 398.
Donna Haraway, Situiertes Wissen, a.a.O., S. 80.
Jean Luc Nancy, Zum Gehör, a.a.O., S. 25.
Ders., Der Sinn der Welt, Zürich/Berlin 2014, S. 23.
Ebd. S. 32.
John L. Austin, Sinn und Sinneserfahrung, Stuttgart 1986, S. 19.
Jean-Luc Nancy, Zum Gehör, a.a.O., S. 23.
Casey O’Callaghan, Constructing a Theory of Sound, Oxford 2009.
Gunnar Hindrichs, Die Autonomie des Klangs. Eine Philosophie der Musik, Frankfurt a. M. 2014, S. 95. Gunnar Hendrichs unterscheidet sie hier von der Farbe, die stets Eigenschaft eines Gegenstands sei. Bei diesem Mangel an Autonomie der Farbe wollen wir Hendrichs allerdings nicht folgen. Zum autonomen Erscheinen der Farbe vgl.: Ulrike Haß, Der Raum spielt, in: Mark Lammert, Bühnen Räume Sapces, hrsg. v. Ulrike Haß, Berlin 2013, S. 6ff. & S. 124f.
Gilles Deleuze, Spinoza. Praktische Philosophie, Berlin 1988, S. 165.
Zum Zusammenhang von der Priorisierung der Sicht und Entstehung des ‚Unbewussten‘ vgl. Marshall McLuhan, Die Gutenberg-Galaxis, a.a.O., S. 319. Vgl. auch: Vanessa Albus, Weltbild und Metapher. Untersuchungen zur Philosophie des 18. Jahrhunderts, Würzburg 2001, S. 178 sowie S. 174: „Während sich das Optische mit dem Räumlichen, dem Sicheren, Eindeutigen und Bewussten verbindet, paart sich das Akustische mit Zeitlichkeit, dem Unbewussten und Unsicheren.“
Sun Ra, A Joyful Noise, Philadelphia 1980, 10’20”.
Michel Serres, Die fünf Sinne, a.a.O., S. 138.
Michel Serres, Die fünf Sinne, a.a.O., S. 179.
Marshall McLuhan, Die Gutenberg-Galaxis, a.a.O., S. 165.
Alexander R. Galloway, Black Box, Schwarzer Block, in: Erich Hörl (Hrsg.), Die technologische Bedingung. Beiträge zur Beschreibung der technischen Welt, Frankfurt a. M. 2003, S. 271.
Marshall McLuhan, Visual and Acoustic Space, in: Christopher Cox & Daniel Warner (Hrsg.), Audio Culture. Readings in modern music, New York/London 2006, S. 70.
Anne Sauvagnargues, The Concept of Modulation in Deleuze, and the Importance of Simondon to the Deleuzian Aesthetic, in: Dies., Artmachines. Deleuze, Guattari, Simondon, Edinburgh 2016, S. 65.
Michel Serres, Die fünf Sinne, a.a.O., S. 179.
Jean-Luc Nancy, Das Bild: Mimesis und Methexis, a.a.O., S. 355.
Vgl. Michel Serres, Die fünf Sinne, a.a.O., S. 163. Vgl. hierzu auch: „denn der regulierte, rhythmisierte Klang kann […] den Wert einer Schwelle zwischen Sensibilität und Bedeutung haben.“ (Jean-Luc Nancy, Der Sinn der Welt, a.a.O., S. 121)
Michel Serres, Die fünf Sinne, a.a.O., S. 124.
Ders., Musik, a.a.O., S. 69.
Vgl. z.B.: Félix Guattari, Chaosmose, Wien 2014, S. 26ff.
Gilbert Simondon, Das Individuum und seine Genese. Einleitung, in: Claudia Blümle, Armin Schäfer (Hrsg.), Struktur, Figur, Kontur. Abstraktion in Kunst und Lebenswissenschaft, Zürich/Berlin 2007, S. 40.
Jean-Luc Nancy, Das Bild: Mimesis und Methexis, a.a.O., S. 361.
Vgl. zu diesem Begriff: Erich Hörl, Die technologische Bedingung. Zur Einführung, in: Ders. (Hrsg.), Die technologische Bedingung, a.a.O., S. 7ff.
Erich Hörl & Marita Tatari, Die technologische Sinnverschiebung, in: Marita Tatari (Hrsg.), Orte des Unermesslichen. Theater nach der Geschichtsteleologie, Zürich/Berlin 2014, S. 49f. Vgl. weiterhin: Erich Hörl, Die heiligen Kanäle. Über die archaische Illusion der Kommunikation, Zürich/Berlin 2005, S. 185ff.
Marshall McLuhan, Die Gutenberg-Galaxis, a.a.O., S. 28.
Erich Hörl, Die technologische Bedingung, a.a.O., S. 24. Vgl. auch: Erich Hörl & Marita Tatari, Die technologische Sinnverschiebung, a.a.O., S. 57.
Claude Lévi-Strauss, Mythologica I. Das Rohe und das Gekochte, Frankfurt a. M. 1976, S. 30.
Vgl. Jakob von Uexküll, Streifzüge durch die Umwelten von Tieren und Menschen. Bedeutungslehre, Hamburg 1958, S. 142. Vgl. als ein weiteres Beispiel aus dem Reich der Biologie: Denis Noble, The MUSIC of Life, New York 2006.
Während wir mit dem Begriff des musikalischen Äußerungsgefüges das Geflecht der sich transformierenden, direkt mit der Musik verbundenen Praxen beschreiben, bezeichnen die Begriffe der musikalischen Schicht und der musikalischen Relationen eher Abstraktionen dieses Äußerungsgefüges. Diese Abstraktionen sind es, die auch in außermusikalischen Kontexten wie der Philosophie, der Biologie, der bildenden Kunst etc. wirksam sind. Die musikalischen Relationen sind Formen des Bezugs, die im musikalischen Äußerungsgefüge entdeckt und bearbeitet werden. Sie weben die vom klanglichen Material unabhängige musikalische Schicht. Die barocke Generalbassmusik und ihre harmonische Ordnung ist Teil des musikalischen Äußerungsgefüges. Die Arten von Beziehung, die sich darin herstellen, sind die musikalischen Relationen dieses Gefüges und ergeben als bloße Relationen ein Netz von Beziehungen, die musikalische Schicht, die in den nicht-klanglichen Überlegungen Leibniz’ wirksam wird.
Peter Szendy, Höre(n). Eine Geschichte unserer Ohren, Paderborn 2015.
Paul Gilroy, Black Atlantic. Modernity and Double Consciousness, London/New York 1999.
Herbert Marcuse, Musik von anderen Planeten, in: Ders., Nachgelassene Schriften. Band 2: Kunst und Befreiung, hrsg. v. Peter-Erwin Jansen, Lüneburg 2000, S. 94.