„Benjamins Sprachtheorie behandeln“

Adornos Neumen als mimetische Körperschrift

In: Dialektik der Schrift
Author:
Tobias Robert Klein
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Sichtlich verstimmt registrierte Walter Benjamin in einem Brief an Gershom Scholem vom Januar 1933 den Einfluss seiner Arbeiten auf den gut zehn Jahre jüngeren Theodor W. Adorno. Dieser betätigte sich damals vorwiegend als Kritiker und Musikschriftsteller, während er seine Lehrverpflichtungen an der Frankfurter Universität unter impliziter Bezugnahme auf jenes Buch bestritt, an dem Benjamins Habilitation sieben Jahre zuvor gescheitert war:

Wenn ich Dir mitteile, daß er schon im zweiten Semester, in Fortsetzung des vorhergehenden, Seminar über das Trauerspielbuch liest, ohne dies aber im Vorlesungsverzeichnis kenntlich zu machen, dann hast Du eine kleine Miniature, die bis auf weiteres ihre Dienste tun mag.1

Die fragmentarisch hinterlassenen Notate Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion erweitern das vielfach diskutierte Problem (unausgesprochener) intellektueller Befruchtung, die sich seit den 1930er Jahren freilich auch in umgekehrter Richtung vollzieht,2 um eine weitere, der Ironie nicht entbehrende Facette. Gerade dort, wo Adorno (neben den ausführlichen Exzerpten musikwissenschaftlicher Literatur3) zentrale Inspirationsquellen explizit anführt, ist die theoretische und historische Reichweite der stets einen Akt der Aneignung bezeichnenden Termini ‚Übersetzung‘, ‚Nachahmung‘ und ‚Mimesis‘ bislang weithin unbeachtet geblieben. Den Benjamins Übertragung von Charles Baudelaires Gedichtzyklus Tableaux Parisien vorangestellten Aufsatz „Die Aufgabe des Übersetzers“ ziehen Adornos Notizen zur Deutung der musikalischen Interpretation heran, die „als autonome Form […] notwendig auf ihren Widerspruch verwiesen [ist], das autonome musikalische Gebilde.“4 In Analogie zur sprachlichen Übertragung tritt die musikalische Übersetzung als eine „Form“ in Erscheinung: „Sie als solche zu erfassen, gilt es zurückzugehen auf das Original, denn in ihm liegt deren Gesetz als in dessen Übersetzbarkeit beschlossen.“5 Von fundamentaler Bedeutung für Adornos Denken bis hin zum Getreuen Korrepetitor und der Ästhetischen Theorie erweist sich dabei aber auch die fortwährende historische Metamorphose eben jenes Originals: „Denn in seinem Fortleben, das“ – wie Benjamin feststellt – „so nicht heißen dürfte, wenn es nicht Wandlung und Erneuerung des Lebendigen wäre, ändert sich das Original. Es gibt eine Nachreife auch der festgelegten Worte.“6 An anderer Stelle charakterisiert Adorno „[d]ie wahre Interpretation“ der Musik als „die vollkommene Nachahmung der musikalischen Schrift“7 und verweist an einem Umschlagspunkt zwischen den ersten Notizen vom Herbst 1946 und ihrer drei Jahre später liegenden Fortsetzung auf einen Abschnitt des in Benjamins eingangs zitiertem Brief an Scholem erwähnten Buchs zum Ursprung des Deutschen Trauerspiels.

Dessen insgesamt 27 Zeilen umfassende Exegese einer Passage aus Johann Wilhelm Ritters Fragmenten eines jungen Physikers, die auf die mit einer Verschränkung von Ton, Sprache, Klang und Schrift verbundene Restitution des ‚Kreatürlichen‘ zielt, haben auf Musikhistoriker, soweit sie sie zur Kenntnis nehmen, von je her erratisch gewirkt. Zur abschließenden Einbindung der sich parallel zum (deutschen) Trauerspiel entfaltenden opera seria des Sei- und Settecento wird von Benjamin ein Autor herangezogen, der prinzipiell dem Gesichtskreis seiner Dissertation zur frühromantischen Kunstkritik entstammt. Für die von Ritter ausgehende Faszination lassen sich indessen handfeste Motive benennen8: Die um 1800 zahlreiche seiner Zeitgenossen von Hans Christian Ørsted bis Johann Wolfgang von Goethe beschäftigenden Chladnischen Klangfiguren beschreibt der Jenenser Experimentalphysiker und Naturphilosoph nicht als bloße Visualisierung akustischer Proportionen, sondern charakterisiert sie darüber hinaus gleichsam als Hieroglyphenschrift der Natur und somit als symbolische Allegorie sinnlicher Erfahrungen, die sich auf sprachlicher Ebene als unzugänglich erweisen. Den Zeichencharakter des Tones unterstreicht dabei die plastische Metapher der „Feuerschrift“9, mit der Ritter ihre Zeichen aus dem „Buch der Natur“10 zur zwischen Klang und Sprache oszillierenden Repräsentation von Erfahrungen und Bedeutungen erhebt. Lesen, Hören und Sehen erscheinen jenseits eines die Stimme gegen den Buchstaben privilegierenden ‚Phonozentrismus‘ als Ausprägungen eines prinzipiell gleichartigen und mit galvanischen Prozessen oder der Oxidation in Analogie gesetzten Vorgangs. „Daß einst aber“, so Ritter,

bey kräftigerer Menschennatur wirklich mehr daran gedacht wurde, beweißt das Daseyn von Wort und Schrift. Ihre erste, und zwar absolute, Gleichzeitigkeit lag darin, daß das Sprachorgan selbst schreibt, um zu sprechen. Nur der Buchstabe spricht, oder besser: Wort und Schrift sind gleich an ihrem Ursprunge eins, und keines ohne das andere möglich.11

Benjamin fordert darob „Laut- und Schriftsprache, wie auch immer einander zu nähern, so doch nicht anders als dialektisch, als Thesis und Synthesis, zu identifizieren“ und

wie aus ihr, nicht aber aus dem Sprachlaut unmittelbar, die Schrift erwächst, zu erforschen. […] Mitten ins Zentrum allegorischer Anschauung trifft [Ritter] mit seiner Lehre, alles Bild sei nur Schriftbild.12

Dass die „Lineatur der Schrift“ auf der Schwelle zwischen dem Sinnlichen und dem Sinn, zwischen dem Körperlichen und dem Geistigen [steht]“ und dabei eine „Gelenkstelle zwischen beiden Sphären [bildet]“,13 ist in der Musikwissenschaft, ausgehend von der scharfen Abgrenzung einer auf Klanglichkeit zielenden musikalischen Interpretation von der noch mit der Neumennotation angestrebten Umsetzung sprachlicher Texte,14 vor allem von Thrasybulos Georgiades und seinen Münchener Schülern15 thematisiert worden:

Woher kommt es, daß [Musik] über sich hinausweisen kann, den Hörer etwas Zweites hinter dem Erklingenden suchen läßt und in dieser Brechung eine eigenartige Bildlichkeit hervorruft? Der Fähigkeit, ein Bild zu geben, geht die Eigenschaft voraus, Bild zu sein. Musik bildet sich selbst ab.16

Adornos Interesse an der Notation unterscheidet sich von einem solchen phänomenologischen Zugang durch die Einbindung ihrer historischen Entwicklung in eine von den einander widerstreitenden Interpretationsidealen der Schönberg-Schule geprägte Typologie, die zugleich auf Motive der vor dem Reproduktionsfragment beendeten Dialektik der Aufklärung rekurriert: Mimetisches Handeln steht dort für die Anpassung an die Natur und ihre Überlistung ebenso wie für ein sich dem rationalen Zugriff entziehendes Moment von Hingabe und ästhetischer Erfahrung ein.

So verweist die von Adorno hier dem als „Inbegriff alles durch Zeichen eindeutig Gegebenen“ eingeführten Prinzip des ‚Mensuralen‘ entgegenstellte Kategorie des ‚Neumischen‘ im Sinne einer Nachahmung des melodischen Duktus ‚mimetisch-gestisch‘ auf „das aus den Zeichen zu interpolierende [S]trukturelle“ der Musik.17 Dabei visualisiert das Neumenzeichen zugleich allerdings musikalische Praktiken, die anders als in auf die Darstellung von Strukturen und Relationen zielenden Notationsformen trotz – oder gerade – aufgrund ihrer Ausdifferenzierung in jenen Bereich mündlicher Aufführungstraditionen verschoben werden, für den Adorno den regionale und stilistische Konventionen wie das ‚Wienerische‘ umfassenden Begriff des ‚Idiomatischen‘ einführt. Realisiert wird dieses an jenem ‚Wendepunkt‘, an dem als „eigentliche[s] Zentrum aller musikalischen Interpretation“ die „mensurale Interpretation aus sich selbst heraus dialektisch in die neumische umschlägt.“18

Eine nach außen hin verborgene Tiefendimension erhält der aus diesem dialektisch eingeführten Ideal resultierende Widerstand, der sich gegen eine „Barbarei der Vollendung“ so gut wie gegen jene der „Imperfektion“ richtet,19 wenn man den der Definition der drei Grundkategorien unmittelbar vorausgehenden Eintrag „Benjamins Sprachphilosophie behandeln“,20 anders als die editorische Kommentierung seiner Notate, jedoch nicht allein auf das vorangegangene Zitat aus dem Trauerspielbuch bezieht.21 Bereits Benjamins frühe sprachtheoretische Arbeiten, wie die Abhandlung „Über die Sprache überhaupt und über die Sprache des Menschen“ von 1916, stehen durch den wiederholten Aufruf der Topoi Klage und Trauer gleichsam im Schatten musikalischer wie religiös-mystischer Vorstellungen.22 Eine über die sprachliche Mitteilung hinausgehende Erweiterung des Naturlauts zum Gefühlslaut, den Adorno selbst als versöhnende „Geste des Lösens“23 beschrieb, bezeichnet dabei einen fortdauernden Widerstreit zwischen der natürlichen und funktionell-bedeutenden Rolle der Sprache, dessen Überwindung im lautlichen Verlöschen der Bedeutung den Übergang zur ‚Musik‘ markiert.

Die im Reproduktionsfragment eingeführten Begriffe der „mimetischen Charaktere in den Werken“,24 der ‚wahren Interpretation‘ als „Nachahmung des nichtvorhandenen Originals“25 oder ‚Nachahmung der Schrift‘26 korrespondieren jedoch auffällig mit einigen Texten Benjamins aus den 1930er Jahren, die das ‚mimetische Vermögen‘ des Körpers als in Schrift und Sprache sedimentierten Akt sinnstiftenden Weltbezugs beschreiben. (Die biographisch inspirierte Frage, inwieweit Adorno, der an der Sammlung von Benjamins Nachlass von Beginn an beteiligt war und mit ihm mehrfach noch im mündlichen Austausch stand, diese Aufzeichnungen bereits in den späten 1940er Jahren kannte, tritt dabei heuristisch gegenüber ihrer inhaltlich fruchtbaren Nähe zurück.)

Benjamins Anfang 1933 entstandene „Lehre vom Ähnlichen“ und der im Sommer des gleichen Jahres verfasste Aufsatz „Über das mimetische Vermögen“, der einige Exkurse des früheren Textes zum Verhältnis von Lesen und Sprechen sowie magisch-animistischen Praktiken wie Sternen- und Naturdeutung emendiert, teilen mit der anschließend entstandenen Sammelbesprechung „Probleme der Sprachsoziologie“27 ein primäres Interesse für die von der Linguistik über lange Zeit vernachlässigten repräsentativen, mimisch-mimetischen und gestischen Aspekte der Sprache. Dabei geht es Benjamin „nicht um den exakten Nachvollzug der von ihm konstatierten Transformierung des mimetischen Vermögens von einer vormodernen Welt der Korrespondenzen und Ähnlichkeiten zur arbiträr-repräsentativen ‚Merkwelt des modernen Menschen‘, sondern um die Grundbezüge zwischen diesen beiden Polen im Transformationsprozess des mimetischen Vermögens ins Sprachliche.“28 Im Kontext von Adornos musik- und notationsbezogener Verwendung des Mimesis-Begriffs gewinnen drei Aspekte aus der „Lehre vom Ähnlichen“, in der Jörg Leineweber „das einzige Kompendium der Motive“ sieht, die „Benjamins Denken ohne Trennung eines frühen und späten erfassen“,29 an besonderer Bedeutung:

Nachahmung dient erstens sowohl zur Wahrnehmung als auch zur Erzeugung von Ähnlichkeit, die im Sinne der von Michel Foucault postulierten „Wiederholung des Himmels“ noch „[b]is zum Ende des sechzehnten Jahrhunderts […] das Spiel der Symbole organisiert, die Erkenntnis der sichtbaren und unsichtbaren Dinge gestattet und die Kunst ihrer Repräsentation bestimmt.“30 „Im mimetischen Handeln erfolgt“ dabei – wie Christoph Wulff und Gunter Gebauer (in partieller Übereinstimmung zu einer psychoanalytischen Bestimmung31) betonen – zugleich „jedoch eine ‚Aufhebung‘ der Spaltung von Ich und Gegenstand, Subjekt und Objekt“, die „vor allen Trennungen und Differenzierungen […] eine Gemeinsamkeit zwischen Mensch und Natur“ konstituiert.32 Zweitens verbindet Benjamin ein auf mystische Handlungen wie die Sternendeutung zurückgeführtes „mimetisches Vermögen“, das, analog zur Vorstellung einer ‚musica mundana bzw. caelestis‘,33 im Fortschreiten der Neuzeit vordergründig zu verblassen beginnt, mit der von anderen Autoren als motorische Entladung beschriebenen Entstehung von Schrift34 und Sprache:

Es ist anzunehmen, daß das mimetische Vermögen, welches […] in der Aktivität des Schreibenden zum Ausdruck kommt, in sehr entrückten Zeiten, als die Schrift entstand, von größter Bedeutung für das Schreiben gewesen ist. […] Diese, wenn man so will, magische Seite der Sprache wie der Schrift läuft aber nicht beziehungslos neben der andern, der semiotischen, einher. Alles Mimetische der Sprache ist vielmehr eine fundierte Intention, die überhaupt nur an etwas Fremdem, eben dem Semiotischen, Mitteilenden der Sprache als ihrem Fundus in Erscheinung treten kann. So ist der buchstäbliche Text der Schrift der Fundus, in dem einzig und allein sich das Vexierbild formen kann.35

Drittens aber kehrt das Plädoyer für eine Erweiterung des Schriftbegriffs, und dies mehrere Jahrzehnte vor der Derrida’schen Grammatologie, dabei auch das Verhältnis zwischen der Sprache und dem Ähnlichkeiten und Korrespondenzen interpretierenden Lesen um:

Dies Lesen ist das älteste: das Lesen vor aller Sprache, aus den Eingeweiden, den Sternen oder Tänzen. Später kamen Vermittlungsglieder eines neuen Lesens, Runen und Hieroglyphen in Gebrauch. Die Annahme liegt nahe, daß dies die Stationen wurden, über welche jene mimetische Begabung, die einst das Fundament der okkulten Praxis gewesen ist, in Schrift und Sprache ihren Eingang fand.36

Eben jenen mimetischen Charakter, der als Residuum älterer Aufschreibesysteme noch in der von Rationalisierung, Abmessung und befreienden Zwang geprägten ‚mensuralen‘ Notenschrift erkennbar bleibt, reklamieren Adornos aus dem Jahr 1949 stammende Entwurfspassagen für die Neumen:

Was aber der Mensuralnotenschrift recht ist, ist den Neumen billig: die anwachsende Genauigkeit ist die Voraussetzung für die ‚Rationalisierung‘ und Ausbildung des Komponierens ebenso wie für das sich Anmessen der Reproduktion an den dergestalt sich auskristallisierenden musikalischen Text. Der Ursprung der Neumenschrift ergibt erst die Wahrheit über die Idee der musikalischen Schrift selber und damit über das Grundproblem der Interpretation. Dem ist Riemann nahegekommen, indem er der modernen Notenschrift ‚Anschaulichkeit‘ – also eben das unintentionale mimetische Element – zuerkennt als das Erbe der Neumierung.37

Die Korrelation der Annahme, dass die „Körperschrift der Partituren performative Figuren aufbewahrt hält, die in der Aufführung dann freigesetzt werden“,38 mit dem von Adorno auch in vorausgehenden Notaten benannten „chironomisch (mimetischen) Element“39 der Neumen führt freilich zu einem forschungsgeschichtlichen Paradoxon. Mit Oskar Fleischer (1858–1933) avanciert ausgerechnet ein seit dem ersten Weltkrieg in völkischen Obskurantismus abdriftender Musikologe, der im Zuge seiner körperlich-cheironomischen Ableitung der Neumen gleichwohl als einziger Mediävist einen transkulturellen Seitenblick auf die melodisch-räumlichen Handbewegungen indischer Musiktraditionen40 richtete, zum Kronzeugen für Adornos aus der „Sinnesgeschichte der musikalischen Schrift“41 abgeleitete Topologie des Neumischen, Mensuralen und Idiomatischen.

In der Forschung zur Neumennotation wurden und werden aufgrund der erheblichen Heterogenität der Symbole bis heute verschiedene Positionen zu ihrer Herkunft vertreten: Im Rahmen seiner gegen die Existenz einer gemeinsamen Neumen-Urquelle gerichteten Unterscheidung schreibökonomischer, zur schnellen Übertragung vokaler Gesten geeigneter und den melodischen Fluss repräsentierender Grundformen (‚graphic‘ bzw. ‚gestural‘) führt Kenneth Levy die Adaptation alexandrinischer Prosodiezeichen wie accutus, grave oder circumflex, die Verwendung der im karolingischen Scriptorum zur Textbetonung gebrauchten Punktuationszeichen, den Rückgriff auf für melodische Kurzformeln einstehende ekphonetische Symbole und die schriftliche Aufzeichnung cheironomischer Handgesten an.42 Die letztere, durch die Beschäftigung mit Riemanns Handbuch schließlich auch in Adornos Gesichtskreis gelangende und zuerst von dem Benediktiner André Mocquerau vertretene Theorie43 steht im Mittelpunkt von Fleischers 1895 publizierten Neumen-Studien, die eine langjährige Auseinandersetzung mit dem katholischen Gregorianik-Forscher Peter Wagner provozierten. Demzufolge zeigte „der Chordirigent […] durch eine aufsteigende Handbewegung einen aufsteigenden Tonschritt an [und] durch eine absteigende Handgebärde bezeichnete er eine fallende Tonbewegung“, so dass „durch die Bewegungen der Hand […] eine einfache Melodie in die Luft geschrieben werden“ konnte und die für die „einzelnen Gebärden jener bewegten Schrift gebräuchliche Bezeichnung Neuma auf die Notationszeichen überging.“44

Die um 1900 dabei von der Doppelstellung expressiver Gesten und sensuell wahrnehmbarer Spannungen und Emotionen als natürliche Erscheinung wie technologisches Artefakt45 ausgehende Faszination unterstreicht eine spätere Ergänzung der deiktisch-zeichenhaften Funktion der Handbewegungen. Im Zuge einer körperlich-medialen Analogie verschränkt Fleischer die mittelalterlichen Lineaturen mit der apparativen Reproduzierbarkeit von Musik:

Neumen nannte und nennt man die stenographieartigen Zeichen, mit denen das Mittelalter seine Melodien niederschrieb, indem man, ähnlich wie der Stift des Phonographen auf der Wachsplatte, die Auf- und Abbewegungen des Kehlkopfes beim Singen schriftlich abmalte. Dieses Nachmalen nennt man Cheironomie.46

Helmut Huckes scharfe Kritik an der auch von Forschern wie Bruno Stäblein, Ewald Jammers oder Egon Wellesz übernommenen und in der semiologisch orientierten Choralpraxis nach wie vor weit verbreiteten These einer Entwicklung der Neumenschrift aus cheironomischen Handzeichen,47 sieht für ein derartiges Konstrukt schon in der frühchristlichen Literatur keine ausreichenden Belege mehr.48 Anders als eine gestisch-deiktische Funktion schließt diese Skepsis grundsätzlich jedoch weder eine „unsinnliche Ähnlichkeit, die die Verspannungen nicht nur zwischen dem Gesprochenen und Gemeinten sondern auch […] zwischen dem Gesprochenen und Geschriebenen stiftet“49 noch eine motorisch-gestische Wurzel von ornamentalen Neumensymbolen wie dem Oriscus oder Quilisma,50 aber auch dem graphisch zumeist als Verbindung von punctum und clivis gedeuteten torculus51 aus.52 In schriftlicher Form treten solche visuellen Impulse dabei freilich erst nach der Entwicklung älterer Schriftformen wie den von Jacques Handschin verkürzt als semi-diastematisches System gedeuteten paläofränkischen Neumen von Saint Amand53 in Erscheinung. In ihrem jüngsten Buch Writing Sounds in Carolingian Europe – das anders als Levys typologisch-chronologische Unterscheidung gesturaler und graphischer Symbole die körperliche Dimension der Notation weithin unberücksichtigt lässt – hat Susan Rankin diesen Prozess als „changeover from a script that began with modulation of sound as its basis to scripts that records individual notes“54 beschrieben:

In Palaeofrankish notations there was a careful mapping out of direction of movement, which was easy to mistake – as Handschin did – for a diastematic treatment. […] In the new, younger music scripts, none of the written signs reflected movement itself: that quality was simply removed from the visual image.55

Neumensymbole dienen in beiden Fällen indessen nicht zur abstrakten Fixierung von strukturellen Relationen oder expliziten Tonhöhen,56 für die man gegen Ende des 9. Jahrhunderts zunächst die (antike) Buchstabenschrift revitalisiert,57 sondern zielen auf den adäquaten Vortrag der (Worte) der Liturgie. Festgehalten werden dabei phonetisch-musikalische Praktiken, die sich in diastematischen Aufschreibesystemen in ‚idiomatische‘, auf mündlicher Weitergabe basierende Aufführungstraditionen verlagern.58

An das mit der Ausdifferenzierung der Musiknotation nicht selten verbundene ästhetisch-reflexive Narrativ einer Gewinn- und Verlustgeschichte59 knüpft zweifellos auch Adornos Begriffskette des Idiomatischen, Mensuralen und Neumischen an, deren simultane Präsenz zugleich an Denkfiguren der vor den ersten Notizen zum Reproduktionsfragment beendeten Dialektik der Aufklärung gemahnt: Das ‚neumische‘, das im Rahmen seiner gestisch-mimetischen Deutung als „leiblich[e] Angleichung an Natur“60 erscheint, ist „als das eigentliche Element der Unmittelbarkeit […] durch den Sieg des Mensuralen zu dem Vermittelten geworden und dies macht den genauen Sinn von Interpretation als einem Erschließen aus dem Text aus.“61 Einerseits bedroht die strikte Quantifizierung und Determination, indem sie alte Beschränkungen durch neue Zwänge aufhebt, jene Möglichkeiten der Entfaltung, die ihre Rationalität zunächst freizusetzen versprach:

Der Inbegriff der Realisierung des Mensuralen allein wäre sinnlos. Gegen den Begriff einer chemisch reinen Sprache der Musik. Sie wäre genau die, welche das innere Moment der Historizität eskamotiert, vergleichbar dem Logikkalkül im Verhältnis zur Sprache. […]. Vielfach gewahrt der Interpret den Sinn des Mensuralen durchs Medium seines Idioms, das dann freilich hinter der Darstellung des Sinnes zurückbleibt, gleichsam abfällt.62

Andererseits erweist sich somit jedoch auch die durch die Abkehr vom mimetischen Prinzip suggerierte Präzision des ‚Mensuralen‘ – ebenso wie man umgekehrt bereits vor 1300 nurmehr genauer (Mehrstimmigkeit bzw. weltliche Monodie) und weniger genau abgemessene Musik (cantus planus) unterscheidet63 – im Hinblick auf das „nicht Notierte in der Musik“64 in keinem Fall als absolute Kategorie. Explizit verweist Adorno an dieser Stelle auf die verfeinerte Notation des späten Webern:

[D]as mensurale ist ungenau, d.h. reicht nicht an die Musik heran. Die musikalische Schrift ist Gedächtnisstütze. Sie trägt nicht das ganze, ist unvergleichlich viel zu undifferenziert […]. Diese Ungenauigkeit ist aber genau das Maß der Differenz von Notation und Sinn.65

Auf die Standardnotenschrift des 19. und 20. Jahrhunderts werden somit Attribute projiziert, mit denen spätere Publikationen die Neumen als ein Residuum der sinnlich-körperlichen Komplexität schriftloser Überlieferung scharf von ihr abgrenzen:

Freilich hielten die frühen Notationssysteme, vor der Jahrtausendwende, zugleich die Gedächtnistiefe der Tradition und deren Memoriergenauigkeit in Ehren. […] Neumen waren zunächst nicht mehr und nicht weniger als Merkhilfen. Vollständig, ganzheitlich, präzis ganzheitlich galt es die Gesänge im Kopf zu haben. Nur was geistig einverleibt war, konnte glaubensmächtige Wirkungen entfalten.66

Zugleich stellt der an dieser Stelle in den Notaten enthaltene Verweis auf „den Unterschied von Signum und Mimesis aus der Dialektik der Aufklärung“67 einen weiteren Bezug zu den sich in Benjamins „Lehre vom Ähnlichen“ in den Mikro- und Makrokosmos erstreckenden „natürlichen Korrespondenzen“ her, die hier die „Stimulantien und Erwecker jenes mimetischen Vermögens sind, welches im Menschen ihnen Antwort gibt.“68 Auch dieses freilich unterliegt – wie die „Lehre vom Ähnlichen“ betont – einer historisch-dialektischen Veränderung und Verlagerung:

Dabei ist zu bedenken, daß weder die mimetischen Kräfte noch die mimetischen Objekte, ihre Gegenstände, im Zeitlauf unveränderlich die gleichen blieben; daß im Laufe der Jahrhunderte die mimetische Kraft, und damit später die mimetische Auffassungsgabe gleichfalls, aus gewissen Feldern, vielleicht um sich in andere zu ergießen, geschwunden ist.69

Die Wahrnehmung ‚unsinnlicher Ähnlichkeiten‘ erfolgt im Zuge eines als Umschlag anikonischer Spuren in Bildhaftigkeit deutbaren70 „Aufblitzen[s]“71, das noch die Ästhetische Theorie mit der Nachahmung des „Naturschöne[n] an sich“ verbindet: „Wie in Musik blitzt, was schön ist, an der Natur auf, um sogleich zu verschwinden vor dem Versuch, es dingfest zu machen. Kunst ahmt nicht Natur nach, auch nicht einzelnes Naturschönes, doch das Naturschöne an sich.“72 Im Kontext der Transformation jener ‚mimetischen Kräfte‘, durch die Sprache und Schrift zum Verfall magisch-sinnlicher Erfahrungen auffangenden „Archiv unsinnlicher Ähnlichkeiten“73 mutieren, provoziert die Umsetzung des Idiomatischen durch das Mensurale ins Neumische jedoch nichts weniger als eine ‚Dialektik der Aufzeichnung‘. Die trotz ihrer körperlich-gestischen Residuen in erster Instanz als ein normierender Rationalisierungsprozess zur Vereinheitlichung der Liturgie vorgenommene Verbreitung von Schriftsymbolen avanciert mit dem „Sieg des Mensuralen“ zum Gegenpol subjektbildender Naturbeherrschung,74 während sich die Wiedergabe der erlösenden Botschaft zur graphisch-diagrammatischen Exploration75 des Tonraums weitert: „Authentisch[e] Kunstwerke“ bewahren die Kraft, durch ihr „magisches Erbe […] der bloßen Imitation dessen, was ohnehin schon ist, sich zu entziehen“, um den Preis, die Furchen instrumenteller Vernunft in ihrem „abgeschlossenen Bereich“ mimetisch auf- und nachzuzeichnen.76

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  • Rankin, Susan: Writing Sounds in Carolingian Europe. The Invention of Musical Notation, Cambridge 2018.

  • Riemann, Hugo: Handbuch der Musikgeschichte, Bd. 1, Leipzig 1923.

  • Ritter, Johann Wilhelm: Fragmente aus dem Nachlasse eines jungen Physikers. Ein Taschenbuch für Freunde der Natur, 2 Bde., Heidelberg 1810 (Nachdruck hg. v. Heinrich Schipperges, Heidelberg 1969).

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  • Schmid, Manfred Hermann: „Wien und die Folgen für die deutsche Musikwissenschaft. Klärungen zur ‚Münchner Schule‘“, in: Sebastian Bolz, Moritz Kelber, Ina Knoth und Anna Langenbruch (Hg.), Wissenskulturen der Musikwissenschaft. Generationen – Netzwerke – Denkstrukturen, Bielefeld 2016, S. 4157.

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  • Schmid Noerr, Gunzelin: Das Eingedenken der Natur im Subjekt. Zur Dialektik von Vernunft und Natur in der Kritischen Theorie Horkheimers, Adornos und Marcuses, Darmstadt 1990.

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  • Senner, Wayne M.: „Theories and Myths on the Origins of Writing: A Historical Overview“, in: Wayne M. Senner (Hg.), Origins of Writing, Lincoln 1992, S. 126.

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  • Strässle, Thomas: „‚Das Hören ist ein Sehen von und durch innen‘: Johann Wilhelm Ritter and the Aesthetics of Music“, in: Siobhán Donovan und Robin Elliot (Hg.), Music and Literature in German Romanticism, Rochester 2004, S. 2742.

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  • Weigel, Sigrid: „Die Geburt der Musik aus der Klage. Zum Zusammenhang von Trauer und Musik in Benjamins musiktheoretischen Thesen“, in: Tobias Robert Klein (Hg.), Klang und Musik bei Walter Benjamin, München 2013, S. 8593.

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  • Weigel, Sigrid: Grammatologie der Bilder, Berlin 2015.

  • Zenck, Martin: „Einleitung“, in: Martin Zenck und Markus Jünging (Hg.), Erzeugen und Nachvollziehen von Sinn. Rationale, performative und mimetische Verstehensbegriffe in den Kulturwissenschaften, München 2011, S. 1326.

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1

Benjamin/Scholem, Briefwechsel 1933–1940, S. 35–37, hier 36.

2

Vgl. Adorno/Benjamin, Briefwechsel 1928–1940 sowie Hinrichsen, „‚Vermittlung‘“ und Klein, „Noch einmal. Bewusstmachende oder rettende Kritik“.

3

Vgl. Dorian, History of Music in Performance und Riemann, Handbuch der Musikgeschichte.

4

Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 219.

5

Benjamin, „Die Aufgabe des Übersetzers“, GS 4.1/ 9.

6

Ebd., S. 12.

7

Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 83.

8

Vgl. Strässle, „,Das Hören ist ein Sehen‘“ und Meischein, „Zeichen-Deutungen“.

9

Ritter, Fragmente aus dem Nachlasse eines jungen Physikers, Bd. 2, S. 227.

10

Meischein, „Zeichen-Deutungen“, S. 80.

11

Ritter, Fragmente aus dem Nachlasse eines jungen Physikers, Bd. 2, S. 228f.

12

Benjamin, Ursprung des deutschen Trauerspiels, GS 1.1/ 388.

13

Krämer/Cancik-Kirschbaum/Totzke, „Einleitung“, S. 19.

14

Vgl. Georgiades, „Die musikalische Interpretation“, und ders., „Sprache, Musik“, S. 74f.

15

Vgl. Schmid, „Wien und die Folgen für die deutsche Musikwissenschaft“.

16

Schmid, Musik als Abbild, S. 9.

17

Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 88.

18

Ebd., S. 271.

19

Ebd., S. 188.

20

Ebd., S. 86.

21

So die Anmerkung des Herausgebers: „Adorno dachte dabei vermutlich vor allem an die in Anm. 74 nachgewiesenen Seiten aus Benjamins ‚Ursprung des deutschen Trauerspiels‘.“ [Henri Lonitz,] „Anmerkungen des Herausgebers“, in: Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 345. Mit anderen Akzenten hat Boucquet, „Adorno liest Benjamin“, dieses Versäumnis aufgegriffen.

22

Vgl. u.a. Menke, Sprachfiguren, S. 422–424 und besonders Weigel, „Die Geburt der Musik“.

23

Adorno, Philosophie der neuen Musik, GS XII/ 122.

24

Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 14 und 303.

25

Ebd., S. 303.

26

Vgl. ebd., S. 80.

27

Benjamin, „Probleme der Sprachsoziologie“ GS 3.

28

Lemke, „Zur späteren Sprachphilosophie“, S. 648. Vgl. auch Boucquet, „Adorno liest Benjamin“.

29

Leineweber, Mimetisches Vermögen, S. 22.

30

Foucault, Die Ordnung der Dinge, S. 46.

31

Vgl. Lacan, Four Fundamental Concepts of Psycho-Analysis, S. 207f.

32

Gebauer/Wulff, Mimesis, S. 374.

33

Vgl. Kaden, „Abschied von der Harmonie der Welt“.

34

Vgl. Danzel, Die Anfänge der Schrift sowie Senner, „Theories and Myths on the Origins of Writing“, S. 4.

35

Benjamin, „Lehre vom Ähnlichen“, GS 2.1/ 208f.

36

Benjamin, „Über das mimetische Vermögen“, GS 2.1/ 213.

37

Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 232f.

38

Zenck, „Einleitung“, S. 20.

39

Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 80.

40

Vgl. die neueren Studien von Rahaim, „Gesture and Melody“ und Pearson, „Coarticulation and Gesture“.

41

Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 233.

42

Vgl. Levy, Gregorian Chant and the Carolingians, S. 109–139. Vgl. ferner Atkinson, Critical Nexus, S. 136–138 sowie zur Forschungsgeschichte das Kapitel „Palaeographical Study of Neumatic Notations (from 1681 to the Present)“, in: Rankin, Carolingans, S. 13–64.

43

Vgl. Mocquereau (Hg.), Le Codex 339, S. 96–98. Vgl. auch Rankin, Carolingans, S. 22–28.

44

Fleischer, Neumen-Studien, S. 39f.

45

Vgl. weiterführend Porath/Klein, „Zwischen Kinästhetik und Kommunikation“, S. 14–16.

46

Fleischer, Germanische Neumen, S. 1.

47

Vgl. Conti, „Die mittelalterlichen Quellen zum Dirigieren“.

48

Vgl. Hucke, „Die Cheironomie und die Entstehung der Neumenschrift“.

49

Benjamin, „Über das mimetische Vermögen“, GS 2.1/ 212.

50

Vgl. McGee, „‚Ornamental‘ Neumes and Early Notation“.

51

Vgl. Rankin, Carolingans, S. 325f.

52

Vgl. Klein, Musik als Ausdrucksgebärde, S. 45. Der Versuch, den Umgang mit Neumen als eine Aktivierung von ‚psychological and bodily memory‘ zu verstehen, ist präliminarisch und bedarf einer weiteren Vermittlung kognitiven und historischen Wissens. Vgl. Vitale, „From the Vocal Gesture to the Writing of Music“.

53

Vgl. Handschin, „Eine alte Neumenschrift“. Vgl. auch Levy, Gregorian Chant and the Carolingians, S. 115–117 sowie Atkinson, The Critical Nexus, S. 106–109.

54

Rankin, Carolingans, S. 325.

55

Ebd., S. 319.

56

Vgl. bereits Georgiades, „Sprache, Musik“, S. 75; Hiley, Western Plainchant, S. 341 und ausführlich Rankin, „On the Treatment of Pitch in Early Music Writing“.

57

Vgl. Hucbald von Saint-Amand, De harmonica institutione, S. 62f.

58

Vgl. auch Atkinson, The Critical Nexus, S. 139–143.

59

Vgl. (vor allem jedoch auf die Relation mündlicher und schriftlicher Überlieferung bezogen) Haug, „Gewinn und Verlust in der Musikgeschichte“, besonders S. 19f.

60

Horkheimer/Adorno, Dialektik der Aufklärung, GS III/ 190.

61

Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 123.

62

Ebd., S. 122.

63

Vgl. Johannes de Grocheio, Ars Musice, S. 58: „Alii autem musicam dividunt in planam sive immensurabilem et mensurabilem. […] Sed si per immensurabilem intelligant musicam nullo modo mensuratam immo totaliter ad libitum dictam. Deficiunt. eo quod quelibet operatio musice et cuiuslibet artis debet illius artis regulis mensurari. Si autem per immensurabilem non ita precise mensuratam intelligant, potest ut videtur ista diuisio remanere.“

64

Dahlhaus, „Über die Bedeutung des nicht Notierten in der Musik“.

65

Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 122.

66

Kaden, Das Unerhörte und das Unhörbare, S. 151. Vgl. auch Rankin, Carolingans, S. 327.

67

Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 123.

68

Benjamin, „Lehre vom Ähnlichen“, GS 2.1/ 205.

69

Ebd.

70

Vgl. Weigel, Grammatologie der Bilder, S. 37–39.

71

Benjamin, „Über das mimetische Vermögen“, GS 2.1/ 213.

72

Adorno, Ästhetische Theorie, GS VII/ 113.

73

Benjamin, „Über das mimetische Vermögen“, GS 2.1/ 213. Vgl. auch Gebauer/Wulff, Mimesis, S. 378f.

74

Vgl. Schmid Noerr, Das Eingedenken der Natur im Subjekt, besonders S. 37.

75

Zu den explorativen Eigenschaften zweidimensional-diagrammatischer Aufzeichnungen und Darstellungsformen vgl. Krämer, Figuration, Anschauung, Erkenntnis, S. 59–86.

76

Horkheimer/Adorno, Dialektik der Aufklärung, GS III/ 24f.

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Dialektik der Schrift

Zu Adornos Theorie der musikalischen Reproduktion

Series:  Theorie der musikalischen Schrift, Volume: 3