Theodor W. Adornos Reflexionen und Denkfiguren zur musikalischen Schrift und Interpretation können (und sollten) auch jenseits des in Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion gesteckten Rahmens auf ihr Erkenntnispotenzial hin befragt werden. Dazu bietet sich eine Konfrontation mit damals zeitgenössischen, von Adorno indes kaum beachteten Phänomenen wie den sogenannten ‚graphischen Notationen‘ an. In dem Sinne entwickelt dieser Beitrag1 im Folgenden eine Deutung von vier frühen graphischen Partituren des italienischen Komponisten Sylvano Bussotti aus den Zyklen Pièces de chair II (1958–60) und Sette fogli (1959), die Adornos musikphilosophische Argumentationen ebenso wie Bussottis ästhetische Praxis ernst nimmt und dabei der Frage nach den in den Notationen angelegten Interpretationsmöglichkeiten nachgeht. Im Zuge dessen werden einerseits Grenzen von Adornos eigenen Diagnosen sichtbar; andererseits können mit Adorno grundlegende Fragen an graphische Notationsformen gerichtet werden, die für die Schrift- und Interpretationsforschung wie auch für die musikalische Praxis von Interesse sein dürften. Gerade Bussottis graphische Partituren mit Adornos Reproduktionstheorie zusammenzudenken erscheint im Lichte der vielfältigen, mitunter überraschenden (und bisher kaum thematisierten) Berührungspunkte und Wechselwirkungen zwischen den beiden Personen und ihrem Schaffen als besonders vielversprechend.
Ein wichtiger Hintergrund der Themenstellung ist der auffällige Befund, dass in den uns vorliegenden Fragmenten zur Theorie der musikalischen Reproduktion graphische Notationsformen keine Erwähnung finden. Woran liegt das?
Relevant ist hier zum einen der Zeitpunkt der Niederschrift: Der Entwurf und der Großteil der Aufzeichnungen entstanden in den 1940er und frühen 1950er Jahren, während eine verstärkte Auseinandersetzung mit alternativen, graphischen Notationen, etwa von John Cage, Earle Brown oder Roman Haubenstock-Ramati, in den deutschsprachigen Debatten zur neuen Musik erst in den mittleren bis späten 1950er Jahren einsetzte.
Doch lässt aufhorchen, dass sich auch in den späteren Notizen aus den 1960er Jahren kein Eintrag zu diesem Thema findet, reichen diese unter dem Titel „Aufzeichnungen II“ gesammelten Notizen doch immerhin bis ins Jahr 1966. Dass Adorno zu diesem Zeitpunkt der Band der Darmstädter Beiträge zum Kongress Notation Neuer Musik (1964, publiziert 1965) vorlag,2 fällt dabei noch am wenigsten ins Gewicht. Viel wichtiger ist, dass Adorno die neuesten musikalischen Entwicklungen – u.a. bei den Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik3 – stets zwar in kritischer Distanz, jedoch mit großem Interesse mitverfolgte und sich aktiv darüber informierte. Und nicht nur das: Auf den Kontakt zu den „jungen Komponisten“4 legte er offenkundig viel Wert; er sah sich als deren Verbündeter, Mentor und Kritiker.5 Von seinen Versuchen, die Nähe seines Denkens zu aktuellen kompositorischen Fragestellungen zu bekunden, geben zahlreiche Passagen seiner Kranichsteiner Vorlesungen Auskunft.6
Genauere Einblicke in den Briefwechsel7 zwischen Adorno und Bussotti legen offen, wie sehr es dem italienischen Komponisten am Herzen lag, Adorno mit seiner Musik bekannt zu machen: Er schickte Adorno Partituren und setzte ihn über anstehende Aufführungen seiner Werke in Deutschland in Kenntnis. Adorno war im Besitz mehrerer Partituren von Bussotti.8 Dazu gehören neben einer größeren Auswahl an Stücken aus dem Zyklus Pièces de chair II auch fünf Stücke der dezidiert graphisch notierten Sammlung Sette fogli.9 Ob Adorno in seinen Antwortbriefen jene Kompositionen kommentierte – Eintragungen in die Partituren liegen nicht vor – muss an dieser Stelle offen bleiben.10
Dafür ist eine andere Begebenheit aufschlussreich: Im Vorfeld seines Darmstädter Vortrags „Vers une musique informelle“ hatte Adorno Heinz-Klaus Metzger darum gebeten, ihn über aktuelle Entwicklungen und Theorien der jüngsten Musik zu informieren. Metzger antwortete mit detaillierten Ausführungen, die auch eine Passage über Bussotti enthalten, den er neben Cage, Nam June Paik und Dieter Schnebel „gegenwärtig“ zu den „eigentlichen Exponenten der musique informelle“ zähle.11 Er nennt in dem Kontext Bussottis Five Piano Pieces for David Tudor, die Adorno ja bereits kenne, zudem die Werke Pièces de chair II, Sette fogli, Phrase à trois (1960) (von dem noch die Rede sein wird) und Torso. Letture di Braibanti (1960–63). Metzger verhehlte auch nicht, „daß ich mir von Ihrer Vorlesung ‚Pour une musique informelle‘ eine gewisse öffentliche Stärkung der Sache Sylvanos nur zu gern erwarte.“12 Wie auch immer Adorno den letzten Kommentar für sich bewertet haben mochte – weder die genannten Werke Bussottis noch der Gegenstand graphischer Notationen haben Eingang in die Adorno’schen Überlegungen zur informellen Musik gefunden.13
Die Nichterwähnung graphischer Notationsformen legt also zum anderen – das sei dem Hinweis auf die Entstehungszeit der Theorie der musikalischen Reproduktion an die Seite gestellt – die Vermutung nahe, dass jene Notationsformen aus der Perspektive Adornos bei der Formulierung einer „Theorie der Notenschrift“14 und der Reproduktion keine Rolle spielten.
Daher beginne ich meine Überlegungen an einem anderen Ort: Adornos Aufsatz „Die Kunst und die Künste“. In diesem Text, ursprünglich ein Vortrag aus dem Jahr 1966, artikuliert Adorno seine Gegenwartsdiagnose einer ‚Verfransungstendenz‘ in den Künsten. Der Begriff der ‚Verfransung‘ zielt darauf ab, Grenzüberschreitungen zwischen den etablierten Kunstgattungen – z.B. bei den Mobiles von Alexander Calder, in denen sich die Plastik den ‚Zeitkünsten‘ gleichmache15 – einsichtig zu machen. Und in diesem Kontext verortet Adorno auch den Bereich graphischer Notationen, d.h. als musikalische Phänomene im Übergang zur Graphik bzw. Malerei, wobei er die Werke Bussottis als besonders markantes Beispiel aufruft.16
Gegenüber den ‚Verfransungsphänomenen‘, mögen sie auch einer materialspezifischen Dynamik entspringen,17 macht Adorno die mediale Ausdifferenzierung der Künste und ihre Eigengesetzlichkeit stark: Kunst müsse sich immer an etwas, an ihrem Material, an ihren Verfahrensweisen, objektivieren, und dies lasse sich nicht ohne weiteres – sondern im Gegenteil: unter Sinnverlust – in eine andere Kunstform übersetzen. Doch hat in der Musik, die häufig, wie Adorno selbst schreibt, qua ihrer Notation „[z]ur Graphik neigt“18, eine Transformation vom Klanglich-Ephemeren ins Visuell-Räumliche bereits stattgefunden: Als „authentische[] Zeitkunst“, als „Mienenspiel“, dessen „Gestus […] immer Gegenwart“ ist,19 wird Musik in ihrer Verschriftlichung verewigt, verräumlicht, „stillgelegt“.20 Die darin gesetzte mediale Differenz erfordert nicht nur in besonderem Maße das Interpretiertwerden von Musik, sie wirft auch die Frage nach dem Wie einer solchen medialen Übertragung auf.
1 Zur Dynamik von Bild und Zeichen
Gemäß der Antwort, welche die Theorie der musikalischen Reproduktion bereithält, sind es Prozesse der Kodifizierung und des Ins-Bild-Setzens, die bei einer solchen Übertragung am Werk sind. Und Adorno bringt die Begriffe von ‚Zeichen‘ und ‚Bild‘ in Stellung, um die „beiden Pole“ oder „Elemente der musikalischen Schrift“21 zu bezeichnen; zwei Elemente, die gleichwohl miteinander verschränkt sind. Diese Verschränkung bildet einen wichtigen Hintergrund der folgenden Überlegungen und sei daher in einem ersten Schritt resümiert.
Eine basale Dimension des Ineinandergreifens von Zeichen- und Bildhaftigkeit musikalischer Schrift lässt sich leicht vor Augen führen: Denken wir an das Anfangsthema des zweiten Razumowsky-Quartetts Ludwig van Beethovens, das Adorno im Zusammenhang mit Überlegungen zu dessen angemessener Interpretation in seinem Notizbuch festhielt.22 Die Töne e’–h–g’–h’ der ersten Violine werden durch Zeichen repräsentiert und sind dabei zugleich in eine visuell-räumliche Darstellungslogik eingebettet. Denn die Relationen zwischen den Tonhöhen (hier: der Quartfall e’–h, die aufsteigende Sexte h–g’, die rahmende Quinte e’–h’ etc.) vermitteln sich uns ja kraft ihrer räumlichen Positionierung: ihrer Anordnung auf einer intern (mittels des Fünfliniensystems) ausgerichteten Schriftfläche. Diesen räumlichen Modus der Darstellung hat Sybille Krämer in ihrer Forschung zur Schriftbildlichkeit23 und Diagrammatik24 ausführlich beschrieben.
Darüber hinausgehend – und das ist für den vorliegenden Kontext von besonderem Interesse – begreift Adorno das Bild- und das Zeichenelement im Rahmen einer dialektischen Beziehung, die sich mitunter historisch artikuliert. Aufschlussreich ist hier die nachstehende Passage aus dem „Entwurf“:
Denn was Bild und Zeichen ist am Text, unterliegt selber der historischen Dynamik. Was Zeichen ist und was Bild wechselt. Immer mehr Bilder werden zu Zeichen, und diese wiederum treten zu immer neuen Bildern zusammen. Wenn selbst der Notenkopf, das festeste, rationalste Element der modernen Notenschrift, vielleicht Bild des Schlages war, dann ist gewiß aus der Ligatur, dem neumischen Bild für melodische Kurven, der Notenbalken geworden, der musikalische Sukzessivgestalten, wie sie dem Gestus am nächsten liegen, gerade in die feste Ordnung einbezieht. Und doch sind die zuckenden Zweiunddreißigstelgruppen von Schönbergs ‚Erwartung‘ gerade wieder zu Bildern für den Angstgestus dieser Musik geworden.25
Ausgehend von der These, musikalische Zeichen gingen auf Bilder zurück, expliziert Adorno, dass sich die einmal konventionell festgelegten Zeichen im Blick der Interpret*innen wieder zu Bildern zusammenfügen können. Mit dem Bildelement der Schrift wird also auch eine Ähnlichkeitsbeziehung zwischen graphischer Darstellung und Musik angesprochen.26 „Noten sind nicht nur Zeichen, sondern in ihren Linien, Tonköpfen, Bögen und ungezählten graphischen Momenten immer auch Bilder des Erklingenden“,27 schreibt Adorno an anderer Stelle. So lasse sich in Arnold Schönbergs Erwartung der Gestus der Angst einerseits aus den Zeichen dechiffrieren; andererseits zeige sich dieser Gestus in den ‚zuckenden‘ Zweiundreißigstelfiguren, die das Notenbild durchfahren. Dabei ist die Art und Weise, wie sich die musikalischen Einzelmomente konfigurieren, ob sie sich zu Gestalten und Formteilen verbinden, ob sie sich zusammendrängen oder auseinanderfallen, historischen Veränderungen unterworfen. In Rückbindung an die historische Situiertheit von Interpret*innen hat also das Schriftbild, so könnte man im Rekurs auf Walter Benjamin formulieren, einen „Zeitkern, welcher im Erkannten und Erkennenden zugleich steckt“.28
Mit den zwei Elementen der musikalischen Schrift sind auch zwei aufeinander verwiesene Auffassungsmodalitäten des Notentextes verbunden: nämlich einmal das Lesen, das Übersetzen der einzelnen Zeichen, und zweitens der Blick auf das Ganze, auf das „Schriftbild als Totalität“. Letzteres ist mit seinen „Kurven und Zäsuren in Nachahmung um[zu]setzen“, um den „musikalischen Gestus“ zu erfassen.29
Was Adorno zu Beginn der entsprechenden Passage aus dem „Entwurf“30 schlaglichtartig als „Zeichensprache im einzelnen und Bildersprache im ganzen“31 umreißt, der im Interpretationsakt einerseits ein „Buchstabieren“, andererseits ein „Dirigieren“ entspreche,32 wird auf den darauffolgenden Seiten in einer dialektischen Denkbewegung differenziert, wobei ein Blick in die „Aufzeichnungen“ verrät, dass die Darlegung der konkreten Vermittlung beider Auffassungsweisen für Adorno nicht ohne Herausforderung war.33 Hält die Schrift einerseits als „Bildphänomen“34 in oben genannter Hinsicht den Gestus der Musik fest, werden die einzelnen „mimische[n] Regung[en]“35 andererseits gerade im Lesen der Zeichen entschlüsselt und sind mit Blick aufs Ganze als Teil des musikalischen Zusammenhangs zu artikulieren. Im Zuge dieser Überlegungen bestimmt Adorno das Notenbild, das allein durchs Lesen der Zeichen in Nachahmung umzusetzen ist, sodann als „graphische Spur der Konstruktion“36, die jene ‚mimischen Regungen‘ nur noch als vergegenständlichte enthält. So heißt es schließlich – in deutlicher Distanz zur Zweiheit von Buchstabieren und Dirigieren –, dass Musik im Lesen nachgeahmt wird; „ihr Bild wahrnehmen“, so Adorno weiter, „heißt sie verstehen.“37
Die „Verräumlichung des Zeitverlaufs“38 oder, wie Adorno andernorts notiert, die Stilllegung von Musik „durch die Schrift“, ist dabei der Musik „nicht äußerlich“39, sondern als Instrument ästhetischer Naturbeherrschung für musikalische Zusammenhangsbildung konstitutiv. Die ‚mimischen Regungen‘ der Musik werden im Bild fixiert und in Relation zueinander gesetzt, was ein Umstellen der einzelnen Elemente sowie andere Operationen ermöglicht. Wird das Ephemer-Gestische der Musik im Schriftbild so „in eine mit sich identische, konsistente Totalität“ eingefügt, ist damit „zugleich die Negation des gestischen Elements geleistet.“40 In diesen rationalisierenden, verdinglichenden Momenten ist die musikalische Schrift Adorno zufolge auch in die Dialektik der Aufklärung verstrickt.
2 Der Bildcharakter der Schrift und die Möglichkeit des Andersseins
Bussotti, „J.H-K.S.“ aus Pièces de chair II
Doch entfaltet der so verstandene „Bildcharakter der musikalischen Schrift“41 in der simultanen Ordnung des zeitlich Sukzessiven noch ein anderes, der Vergegenständlichung gegenläufiges Potenzial. Dem soll im Folgenden anhand des 1959 komponierten Stücks „J.H-K.S.“ aus der Sammlung Pièces de chair II (1958–60) für Klavier, Bariton, Frauenstimme und Instrumente nachgegangen werden. Zu diesem graphisch notierten Stück mit offener Form veröffentlichte Bussotti drei Realisierungen mit determiniertem Formverlauf, die uns einen seltenen (und sehr konkreten) Einblick in die vom Komponisten anvisierten Interpretationsmöglichkeiten einer solchen Komposition gewähren.42
Das an dritter Stelle43 im heterogenen kammermusikalischen Zyklus positionierte „J.H-K.S“ ist auf die Dimensionen einer (Halb-)Seite beschränkt und auf fünf Fünfliniensystemen notiert. Die Tonhöhen sind zum Teil durch Notenschlüssel festgelegt, zum Teil bleiben sie mehrdeutig, während die rhythmischen Werte meist nur angedeutet44 und von den Interpret*innen flexibel umzusetzen sind. Nicht festgelegt ist, welche Töne von welchem Instrument zu spielen oder zu singen sind. Ebenfalls nicht festgelegt – und das ist für die hiesigen Überlegungen zentral – ist die Reihenfolge der Text-Rechtecke sowie der um sie herum bzw. zwischen ihnen platzierten Tongruppen und Klänge. Die Partitur lässt sich von links nach rechts oder auch von rechts nach links lesen. Nebeneinander Stehendes kann gleichzeitig erklingen; untereinander Stehendes nacheinander. Anfangspunkt und Verlauf sind grundsätzlich offen.45 Die Linien, welche die vier kleineren Rechtecke – „J“, „H-K“, „S“ und das von Bussotti als „leeb“ bzw. „lave“ transkribierte hebräische Wort für ‚Herz‘46 – verbinden, erfüllen dabei insofern eine formbildende Funktion, als sie den Blick der Interpret*innen auf eine besondere Zusammengehörigkeit der verbundenen Felder lenken.

Bussotti, „J.H-K.S.“ aus Pièces de chair II. Copyright © 1958–1960 by Casa Ricordi Srl.

Bussotti, „J.H-K.S.“ aus Pièces de chair II. Copyright © 1958–1960 by Casa Ricordi Srl.
Bussotti, „J.H-K.S.“ aus Pièces de chair II. Copyright © 1958–1960 by Casa Ricordi Srl.
Während die musikalische Schrift einerseits die Speicherung und Wiedergabe von Musik ermöglicht, und zwar durch die Etablierung bestimmter Darstellungspraktiken, zu denen auch eine konventionell festgelegte, klare Leserichtung gehört, ist sie zugleich, mit Friedrich Kittler gesprochen, eine der ersten „Zeitmanipulationstechniken“.47 Ist eine Zeitstruktur einmal in eine Raumstruktur umgewandelt, ermöglicht gerade die Bildleistung der Simultaneität eine offene bzw. vieldeutige Zeitordnung. Im Kontrast zu Adornos Lesart der Verräumlichung von Musik als ihrer Vergegenständlichung zeigt sich an unserem Beispiel eine musikschriftbildliche Konstellation, die sich in Hinblick auf ihre möglichen klanglichen Realisierungen einer Fixierung entzieht.
Der Einwand einer bloßen Beliebigkeit der musikalischen Organisation mag hier auf der Hand liegen, und ein ganz ähnliches Argument führt Adorno – durchaus mit Blick auf graphisch notierte Kompositionen mit offener Form – ins Feld: „Durch Vertauschbarkeit oder wechselnde Anordnung“, schreibt er in „Die Kunst und die Künste“, „verlieren musikalische Abschnitte etwas von der Verbindlichkeit ihrer Zeitfolge: sie verzichten auf Ähnlichkeit mit Kausalverhältnissen.“48 Da Adorno Objektivierungsprozesse (und als solche fasst er musikalische Interpretationen auf) grundsätzlich als subjektiv vermittelt versteht, beträfe ein solcher Verlust an Verbindlichkeit nicht allein die Komposition, sondern auch die Interpretierenden in ihrem Tun.
Doch was Adorno 1961 in seiner Kritik an damals aktuellen Erscheinungsformen neuer Musik als Symptom einer „Ich-Schwäche“ – korrespondierend zur „gesellschaftlich reale[n] Depotenzierung des Individuums“ – auslegt,49 kann mit Blick auf das vorliegende Beispiel in eine andere Deutung überführt werden. Denn lässt sich nicht auch hier das „Notenbild“, wie Adorno schreibt, als „graphische Spur der Konstruktion“50 betrachten – einer Konstruktion, die im Interpretationsakt durch einen „Prozeß der rationalen Erkenntnis“51 offenzulegen und zu entfalten ist? Wäre nicht auch hier „[d]ie stets wieder sich stellende Aufgabe wahrer Interpretation […] der verbindliche Ausdruck der Dialektik von Ganzem und Teilen“?52
In der Tat erweisen sich die in der Theorie der musikalischen Reproduktion versammelten Überlegungen zu den Teilmomenten der Interpretation als äußert produktiv, um einen interpretativen Vorgang zu beschreiben, der die notational vermittelte formale Disposition des Stücks „J.H-K.S“ in besonderem Maße berücksichtigt: Im Einlassen auf die Partitur und im Nachvollziehen der darin angelegten Verknüpfungsmöglichkeiten wird die Komposition durch einen schöpferisch-synthetisierenden Eingriff der Interpretierenden realisiert, bei dem die Einzelmomente in ein sinnvoll artikuliertes Ganzes integriert werden. Damit ist eine interpretative Haltung skizziert, die ganz im Sinne Adornos gleichermaßen passiv-rezeptiv und aktiv-gestaltend ist.
Wenn Bussotti nun in Hinblick auf die rhythmischen, tonhöhenbezogenen und sonstigen Angaben in der Partitur von einem ‚Repertoire‘ spricht, das von den Interpret*innen einzusetzen ist,53 sollte dies nicht undialektisch im Sinne eines neutralen Materialvorrats verstanden werden. Das auf der Partitur angeordnete ‚Repertoire‘ ist selbstverständlich bereits kompositorisch geformt. So sind die den Text-Rechtecken mal mehr, mal weniger präzise zuordenbaren Ton-Gruppen von unterschiedlicher Charakteristik: Die schnellen irrationalen Rhythmen zum (Lautréamont’schen54) Ausspruch „O Matématiques sévères“, die weiten, ausladenden Intervallsprünge zu „Boletus Dill“ oder das von Clusterfolgen flankierte „H-K“ können dabei je nach konkreter Zusammenstellung andere (Strebe- oder Kontrast-)Wirkungen im Verhältnis zueinander entfalten. Für ein formbildendes Detail sei auf den wiederkehrenden erweiterten Quartenakkord es–f–h–e(–a) verwiesen, dem auch in den ersten beiden realisierten Versionen Bussottis eine formverdeutlichende (hier: klammernde) Funktion zukommt.
Ist also der Interpretationsakt einerseits durch ein Eintauchen ins Objekt und dessen Strukturpotenziale gekennzeichnet, fordert er von den Interpret*innen andererseits eine organisierende Beteiligung an der Hervorbringung der Musik, wie es Umberto Eco in seiner Poetik des offenen Kunstwerks beschrieben hat.55 Juliane Rebentisch hat in Hinblick auf die „interpretierende[] Subjektivität“ gar von einem „Formprinzip“ gesprochen.56 Anders als in Adornos Vorbehalten gegenüber offenen Formen tritt in dieser Deutung gerade ein ermächtigtes Subjekt zutage, das – so könnte ja eine an Adorno orientierte These lauten – im Zuge zunehmender Materialbeherrschung nun auch über die Form, über die Organisation der Zeit, verfügt. In mancher Hinsicht ist ein solches starkes Interpret*innensubjekt in der Theorie der musikalischen Reproduktion bereits angelegt, etwa wenn es heißt: „Interpretation ist mimetisch auch in dem Sinn, daß sie im Komponierten gleichsam das Komponieren nachmacht“.57 Eine Objektivierung im Adorno’schen Sinne kann auch bei „J.H-K.S“ gelingen: durch die formstiftende Arbeit der Interpretierenden in fortwährendem Bezug auf die Formpotenziale der Partitur.58
Die Objektivierungsmöglichkeiten sind im vorliegenden Fall plural zu fassen: Die Relationen zwischen den musikalischen Details untereinander und in Hinblick auf das Ganze können sich auf verschiedene Weise artikulieren. Als Beispiel sei hier die Aufmerksamkeit auf die mikrotonal erhöhte Viertonfolge 𝄱g–a–𝄱f–𝄰g gerichtet. In der „Versione 1“59 (für Stimme, Schlagwerk, Celesta, Klavier) hat die Figur, auf ein vierfaches piano zurückgenommen, eine überleitende Funktion: als Nachklang oder Nachsinnen zum lang gehaltenen, tiefen „J“ im Gesang und den wilden Nachschlägen des Klaviers, zugleich als Vorbereitung und Hinleitung zum Einsatz des scharf akzentuierten „H K“, unmittelbar gefolgt von einem Cluster und Saitenglissandi im Klavier. Die „Versione 2“60 (für Harfe, Schlagwerk, Celesta, Ondes Martenot, Stimme und Klavier) ist viel dichter geschrieben. Was zuvor zeitlich sukzessiv verlief, ist nun vertikal organisiert: Hier liegt die Viertongruppe im Rahmen einer Sechzehntelquintole im Ondes Martenot, als eine Art melodiöser Kontrapunkt zu den rhythmisch deklamierten Buchstaben „J“, „h K“ und „s“ und dem perkussiv eingesetzten Klavier. Wieder eine andere Funktion übernimmt die Figur in der „Versione 3“61 (für Stimme und Klavier): Sie bildet das Material der „nostalgia di casa“-Phrase im Gesang, die – der ersten Version nicht unähnlich – als kontrastierende Antwort in reduzierter Dynamik und zurückgenommenem Tempo auf das von ungestümen Klaviersprüngen begleitete „J“ folgt. Umrahmt von langen Generalpausen hat die Phrase an dieser Stelle keinen Überleitungscharakter, sondern wird jäh von der Stille abgelöst.
Rufen wir uns an dieser Stelle Adornos Charakterisierung des Bildcharakters der Schrift als Modus der Verdinglichung ins Gedächtnis: Ist der musikalische Gestus in der vorliegenden Komposition „in eine mit sich identische, konsistente Totalität“62 eingeordnet? Wenn die musikalische Schrift hier eine Identität behauptet, dann ist es eine Identität, die in sich nicht-identisch ist.63 Der Bildcharakter der Schrift birgt somit auch das Potenzial, Musik als „Prozeß, ein Verhältnis zwischen Momenten“64, darzustellen. „[K]onkretisiert sich“ hier nicht gar, wie es in der Ästhetischen Theorie heißt, die „Möglichkeit, es könnte auch anders sein“?65
Adorno würde dem wohl widersprechen. Zwar schließt das in seinem Denken zentrale Konzept der inhärenten Stimmigkeit eines Werks auch in sich gebrochene Formen ein,66 und in seinen aktualisierenden Überlegungen der fünfziger und sechziger Jahren zu Formbildungen in der neuesten Musik räumte er durchaus ein: „[N]icht alles muß gleich verbindlich sein, nicht alles diesselbe Weise von Verbindlichkeit erstreben.“67 Doch steht dies einer Vielzahl an Passagen aus der gleichen Zeit gegenüber, in denen Adorno gerade das So-und-nicht-anders-sein-Können der zeitlichen Organisation hervorhebt. In dem Text „Kriterien der neuen Musik“, der auf eine Darmstädter Vorlesung aus dem Jahr 1956 zurückgeht, schreibt er beispielsweise: „Sinnvoll bleibt Musik, die organisiert ist, als müsse sie so, könne nicht anders sein, nur jetzt ohne den Beistand abstrakter Normen.“68
Beim nochmaligen Blick auf die Realisierungen Bussottis verstärkt sich der Eindruck, dass hier teilweise – z.B. in der zweiten Hälfte der ersten69 und vor allem in der dritten Version – in sich differenzierte musikalische Einheiten eher in („bedeutungsgeladener“70) Besonderung nebeneinanderstehen als syntaktisch präzise aufeinander bezogen sind. Ein Befund, der nicht allzu überraschend ist, könnte man argumentieren, ist doch die Entfaltung von Teilkomplexen gegenüber einer weniger stark durchgestalteten Organisation der Großform in der Partitur in mancher Hinsicht bereits vorgeprägt. Während die Spannung zwischen singulären Gebilden und ihrer Integrierbarkeit in den Bogen des Ganzen produktiv ausgetragen werden könnte, hält Adorno an einem organischen Formkonzept fest, gemäß dem alle Einzelmomente in ihrer Anordnung aufeinander bezogen und durcheinander bestimmt sind.71 Wird man hier einer Limitierung in Adornos Auseinandersetzung mit der neuen Musik seiner Zeit gewahr, stößt der Aspekt des Verbindlichen der Interpretation eine Frage an, die im Kontext der Auseinandersetzung mit dem in sich heterogenen Phänomenbereich graphischer Notationen nicht unwichtig ist: In welchen Fällen wird die Herstellung der musikalischen Zusammenhänge vollends an die interpretierenden Subjekte delegiert? Wo treffen die Interpret*innen in den Partituren auf objektivierbare Konfigurationen, und in welcher Art und Weise können Letztere auftreten? In Hinblick auf eine Theorie der musikalischen Schrift wäre dabei auch – das sei hier zumindest angedeutet – der Frage nachzugehen, ob das Vorliegen solcher objektivierbaren Konfigurationen eine sinnvolle Ausgangsbasis darstellt, um terminologische Differenzierungen innerhalb des Schriftbegriffs vorzunehmen.72
3 ‚Kritik des Vergangenen‘
Bussotti, „Piano Piece for David Tudor 1“ aus Pièces de chair II
Lag bislang das Augenmerk auf dem Potenzial räumlicher Darstellung, soll nun mit dem ersten der Five Piano Pieces for David Tudor (1959) ein anderer Aspekt der bildlichen Dimension graphischer Notationen in den Blick genommen werden. Die fünf Klavierstücke bilden einen, wie Bussotti schreibt, bereits „virtuell“ in der Sammlung Pièces de chair II angelegten Zyklus.73 Die für die Darmstädter Ferienkurse des Jahres 1959 anvisierte Aufführung der gesamten Pièces de chair II kam nicht zustande – nicht zuletzt auch deshalb, weil Wolfgang Steinecke die Partitur ohne weitere Erläuterungen für unverständlich hielt.74 Als Kompromiss brachte David Tudor einen Teil der Piano Pieces im Rahmen von Karlheinz Stockhausens Seminar Musik und Graphik (1959) zur Uraufführung. Im gleichen Jahr wurden die Klavierstücke in einem Sonderdruck der Universal Edition veröffentlicht, was erheblich zum Eigenleben des Klavierzyklus beitrug.75

Bussotti, „Piano Piece for David Tudor 1“ aus Pièces de chair II. Copyright © 1958–1960 by Casa Ricordi Srl.

Bussotti, „Piano Piece for David Tudor 1“ aus Pièces de chair II. Copyright © 1958–1960 by Casa Ricordi Srl.
Bussotti, „Piano Piece for David Tudor 1“ aus Pièces de chair II. Copyright © 1958–1960 by Casa Ricordi Srl.
Die Partitur des „Piano Piece for David Tudor 1“ besteht aus drei bezifferten Abschnitten, die jeweils mit einer Zeitangabe (in Sekunden) versehen sind (Abb. 7.2). Grundlage ist auch hier das Fünfliniensystem, wobei sich die Linien – wie Bussotti in seinen als Typoskript erhaltenen Anmerkungen zu den Pièces de chair II expliziert – auf die fünf Finger der linken (MS) und rechten Hand (MD) beziehen.76 Mit den kleinen weißen Notenköpfen ist in den Partituren des italienischen Komponisten häufig, wie im hiesigen Fall, die Spielanweisung battuto muto verknüpft: Die angezeigten Klangereignisse werden mit Fingerspitze oder -nagel (u = con l’unghia) leicht geschlagen, entweder auf der Tastatur oder – bei einer doppelten Linie – auf dem Klavierdeckel. Resultat ist ein kaum hörbares Klopfen, und das Klanggeschehen geht über den Bereich eines pianissimo nicht hinaus. In diesem Rahmen völliger dynamischer Zurücknahme, so Bussotti, sei es die Aufgabe des Interpretierenden, eine „Sensibilität des Anschlags“77 zu kultivieren, die letztlich auch in eine abwechslungsreiche Rhythmisierung münde. Töne im eigentlichen Sinne erklingen einzig bei schwarzen Notenköpfen; nur sind deren Tonhöhen nicht von ihrer Position im Fünfliniensystem ablesbar, das hier als Tabulatur umgedeutet wurde, sondern werden durch Buchstaben und Oktavangaben angezeigt (z.B. als „E/2“).
Was im vorliegenden Beispiel hervorzuheben ist und sich als Motiv gerade, wenn auch nicht ausschließlich, durch das frühe Schaffen Bussottis zieht, ist folgender Aspekt: Einzelne Linien brechen aus dem traditionell unbeweglichen, zumeist vor-rastrierten Fünfliniensystem aus; sie biegen ab und scheren aus. Besondere Aufmerksamkeit verdient ein Moment am Ende des dritten Teils in der rechten Hand: Unter der Fermate verfestigen sich die geschwungenen Linien zum Fünflinienraster. Während das Liniengewirr konkret als Glissandi längs der Saiten eines Flügels auszuspielen ist, lässt sich diese Stelle auch als Kommentar zu und Auseinandersetzung mit der etablierten Standardnotation europäischer Musik seit dem 17. Jahrhundert (im Folgenden: ‚Standardnotation‘) verstehen. Bussotti stellt mit seinen Verflüssigungen und Dekonstruktionen die Unhintergehbarkeit und Selbstverständlichkeit des traditionellen Tonsystems in Frage. Die Notenlinien, die in der Tat Spuren von Normierung und Kontrolle tragen, werden als beweglich und veränderlich präsentiert. Der Schriftraum wird so zum Ort der Reflexion78 auf die notationseigenen visuell-räumlichen Voraussetzungen.
Werfen wir an dieser Stelle einen Blick auf die Debatten der Zeit: Es ist kein Zufall, dass im Zuge der graphischen Notationsexperimente der 1950er und 1960er Jahren vermehrt Kritik an der Standardnotation laut wurde. Beanstandet wurden beispielsweise die „Starrheit des Klangbildes“79 und eine gewisse „Unangemessenheit der heutigen Notation“80, verbunden mit dem Wunsch nach einer adäquaten Niederschrift kompositorischer Vorstellungen und spieltechnischer Aktionen, aber auch mit einem neuen Interesse am „Undeutlichen, Vagen und Mehrdeutigen“.81 Die wechselseitige Abhängigkeit von Musik bzw. Komposition und Notation wurde wiederholt zum Thema kollektiver Reflexion gemacht.82
Zweifellos fungiert der Terminus ‚graphische Notation‘ als Sammelbegriff für recht verschiedenartige musikalische Phänomene – man denke allein an Kompositionen wie Browns Folio I (1952–53), Stockhausens Zyklus für einen Schlagzeuger (1959), Haubenstock-Ramatis Décisions (1959/61), Mauricio Kagels Transición (1958–59) und Bussottis Passion selon Sade (1965–66). Die damals neuen, graphischen Notationspraktiken wurden von sehr unterschiedlichen Überlegungen und Ideen begleitet, sei es die Integration außermusikalischer Dimensionen in die Partitur (z.B. bei Kagels oder Bussottis musiktheatralischen Werken), die gesteuerte Einführung unbestimmter Elemente (bei Stockhausen) oder die Intention, mittels graphischer Notation den Zugang zu einer ‚ganz neuen Klangwelt‘ zu eröffnen (z.B. bei Cage, Brown oder Haubenstock-Ramati). Richten die Überlegungen dieses Aufsatzes ihren Fokus auf das Schaffen Bussottis, ist hier doch als basale gemeinsame Stoßrichtung der genannten Komponisten neben der Suche nach neuen Formen des Notierens die kritische Reflexion auf überlieferte Notationspraktiken festzuhalten.
Nicht zuletzt auch vor diesem Hintergrund lassen sich graphische Partituren wie Bussottis „Piano Piece for David Tudor 1“ mit einiger Plausibilität im Sinne einer „Kritik des Vergangenen“83 deuten. Damit ist jener das eigene Traditionsgefüge erhellende und aufarbeitende Impuls gemeint, der im Denken Adornos nicht nur ein zentrales Merkmal neuer Musik, sondern auch ein wichtiges Movens der Musikgeschichte insgesamt bildet. Im vorliegenden Musikbeispiel vollzieht sich eine solche Kritik zunächst im Medium der Schrift selbst84 und betrifft mit dem Liniensystem das Moment des „Disziplinären“,85 das hier nun als Gewordenes, als ‚zweite Natur‘ offengelegt wird. Das Fünfliniensystem ist buchstäblich aus der Bahn gebracht; es wird – um eine Formulierung Adornos zu rekontextualisieren – „vom Prozeß der materialen Evolution angefressen“.86 Was Adorno in seinen reproduktionstheoretischen Darlegungen dem idiomatischen, musiksprachlichen Element zuschreibt, dass es nämlich von einer „gesellschaftliche[n] Verdinglichung“ und „Konventionalisierung“ zeuge,87 durch die es im Laufe der Zeit problematisch werde, lässt sich somit auch für die musikalische Schrift geltend machen. Problematisch wird auch sie, wie es im „Entwurf“ heißt, als „Schicht von Naivetät, welche durch Geschichte kritisiert wird.“88
In einer Notiz aus dem Jahr 1957 protokolliert Adorno den Gedanken, dass das geschichtliche Moment einer Komposition objektiv „als Bild einer Tradition“89 in der Schrift enthalten sei, wobei Adornos Bildbegriff an dieser Stelle in der stärkeren Akzentuierung einer spezifisch bildlichen Erkenntnisweise eine Neuausrichtung erfährt. Davon ausgehend lässt sich für den vorliegenden Fall die These formulieren, dass im Schriftbild ein historischer Zusammenhang90 erkennbar wird bzw. dass ein Moment eines geschichtlichen Prozesses zum Bild geronnen ist.91 Können wir gar von einer „Dialektik im Stillstand“92 sprechen, um einen Begriff Walter Benjamins zu borgen? Benjamins Figur des ‚dialektischen Bildes‘ wird jedenfalls von Adorno selbst in den frühen Aufzeichnungen zur Theorie der musikalischen Reproduktion bemüht, um jenen historischen Kern von Kompositionen zu benennen, der in einer Interpretation zu entfalten ist.93
Ob es nun die erklärte Absicht Bussottis gewesen ist, die Historizität des Notensystems einsichtig zu machen, oder ob ihm dies in einer spielerischen, gewissermaßen musikunspezifischen Auseinandersetzung mit der Standardnotation qua Personalunion von Komponist und visuellem Künstler gelang – etwas Ähnliches vermutete Adorno94 –, ist dabei nicht entscheidend. Hat sich die Einsicht in die historische Gewordenheit und Kontingenz der Standardnotation einmal manifestiert, lässt sie sich schwerlich rückgängig machen. „Kein Bewußtsein“, so Adornos Worte, „kann naiver sich äußern, als es ist.“95 Das in der Metapher der ‚Verfransung‘ mittransponierte Bild, an den Rändern der musikalischen Praxis würde sich eine Veränderung einstellen, ist dabei zu hinterfragen, haben wir es doch mit weitaus globaleren Konsequenzen zu tun.
Die sich daraus ergebende Frage, nämlich ob die oben beschriebene Einsicht in die Voraussetzungshaftigkeit etablierter Notationsformen in das kollektive musikalische Gedächtnis eingegangen ist, sei hier, wenn auch nicht mit einer abschließenden Antwort, so doch mit folgender Beobachtung bedacht: Zweifelsohne haben die notationalen Experimente der 1950er und 1960er Jahre zu einer größeren Flexibilität im Umgang mit der Standardnotation geführt und Notationsmischformen wie in Helmut Lachenmanns Pression für einen Cellisten (1969/2010) möglich gemacht. Manch ein aktuelles Phänomen wie die sogenannte ‚Animated Notation‘ knüpft explizit an die graphischen Notationen der Nachkriegszeit an.96 Doch ist kaum zu übersehen, dass viele der damaligen Protagonist*innen dazu übergingen, ihre Partituren wieder im Rahmen der standardisierten Notation zu verfassen – eine Tendenz, die auch bei Bussotti zu beobachten ist. Die Gründe dafür mögen vielfältig sein. Gegenwärtig stellt sich indes der Eindruck ein, dass der ‚graphischen Notation‘ als historischem Phänomen der Nachkriegszeit eher der Status eines Kuriosums zugesprochen wird als eines folgenreichen historischen Moments.
Diese Randständigkeit in der heutigen Wahrnehmung hat sicher etwas mit den immensen Schwierigkeiten der Interpretation graphisch notierter Kompositionen zu tun.97 Der Automatismus des Lesens ist, wenn nicht ausgesetzt, so doch zumindest stark irritiert. Bietet dieses Nicht-lesen-Können die Chance, in der Beschäftigung mit der Partitur sich zugleich auf den eigenen Interpretationsprozess zu besinnen, führt es ebenso zu Grenz- und Überforderungserfahrungen: Dies ist die prekäre Kehrseite der Aufforderung an die Musiker*innen zur mitkomponierenden Reproduktion.98 Zudem ist die interpretative Erarbeitung solcher Kompositionen zumeist nicht Teil des Curriculums an Musikhochschulen; Aufführungen bleiben rar.
Noch eine weitere, praxisbezogene Frage ergibt sich aus den obigen Überlegungen zum ‚Zeitkern‘ des „Piano Piece for David Tudor 1“: Wie wäre das in der Bussotti’schen Partitur einbeschlossene dialektische Bild heute umzusetzen? Möglicherweise wurde dieses Stück, in dem Töne (an der Schwelle zum Klangentzug) die Ausnahme und nicht die Regel sind, damals als Ausbruch aus der disziplinären Ordnung des traditionellen Tonsystems gehört. Doch lässt sich auch heute noch ein solches „Kraftfeld“99 zur Musik der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts heraufbeschwören? Ist eine gegenwärtige Realisierung als Aktualisierung möglich oder nur noch als historische Aufführungspraxis denkbar? Ist das Klavierstück womöglich uninterpretierbar100 geworden?
Wie auch immer die Notationsexperimente der 1950er und 1960er Jahre im Einzelfall zu bewerten sind – ob als „Durchgangsmoment der kritischen Selbstbewegung der Musik“,101 das zu einem reflektierten und flexibleren Umgang mit der musikalischen Schrift führt, ob als unerfüllt gebliebene Utopie einer positiven Aufhebung der objektivierenden Tendenz der Schrift –, es würde zu kurz greifen, sie als bloßes Grenzphänomen oder als Sondersphäre der Musikgeschichte abzutun. Das hier einmal visuell manifest gewordene Reflexionsmoment prägt und verändert nachhaltig den Blick auf die gängige Notationspraxis. Durch die damaligen Akte graphischen Schreibens und Komponierens hat sich die musikalische Schrift gewandelt.
4 ‚Optische Kommandos‘?
Bussotti, „Sensitivo“ per arco solo aus Sette fogli
Die visuell inszenierte Erschütterung des genormten Notensystems hat seine Spuren auch im nun folgenden Beispiel, dem Stück „Sensitivo per arco solo“102 aus dem Zyklus Sette fogli (1959) hinterlassen. Die Linien des Fünfliniensystems haben sich hier multipliziert. Einerseits erfüllen sie zum Teil noch ihre traditionelle Hilfslinienfunktion: Sie ermöglichen, wenn auch ohne eindeutige Zuordnung, eine Orientierung von höher–tiefer und etablieren einen gewissen Richtungssinn, nicht zuletzt auch entlang der fünf erkennbaren Linienblöcke (Abb. 7.3). Andererseits weichen die Linien deutlich von konventioneller Rastrierung ab: Sie sind unterschiedlich lang, manche verlaufen gerade, manche sind frei gezeichnet und stark gekrümmt. Die Notation besteht weiterhin aus Notenköpfen in verschiedenen Größen und Formen, die ohne zusätzliche Bestimmungen (Notenschlüssel, Akzidenzien etc.) auf dem dynamischen Liniengitter positioniert sind. Und schließlich sind die häufig senkrecht verlaufenden, geschwungenen Linien zu nennen, die teils an langgezogene Notenhälse, teils an Bindebögen erinnern. Sie tragen in erheblichem Maße zum gestischen Charakter des Schriftbildes bei. Im Sinne des Indexikalischen lassen sie sich als Spuren der Schreibgesten des Komponisten verstehen: als ehemalige Bewegung, die zu einer Struktur im Raum geworden ist und die wiederum in einen zeitlichen Ablauf umgewandelt werden kann, z.B. als klangerzeugende Geste.103

Bussotti, „Sensitivo“ per arco solo aus Sette fogli. Copyright © 1959 by Casa Ricordi Srl.

Bussotti, „Sensitivo“ per arco solo aus Sette fogli. Copyright © 1959 by Casa Ricordi Srl.
Bussotti, „Sensitivo“ per arco solo aus Sette fogli. Copyright © 1959 by Casa Ricordi Srl.
Haben wir denn jene geschwungenen Linien auf dem ‚vibrierenden‘ Linienraster lediglich als Abbildung spieltechnischer Gesten zu verstehen? Als bloße „optische Kommandos“104 würden sie in der Sicht Adornos unter die Kritik der Regression fallen. In ähnlichem Sinne heißt es auch in der Ästhetischen Theorie:
Die jüngste Rebellion gegen die Fixierung der Werke als Verdinglichung, etwa der virtuelle Ersatz mensuraler Zeichensysteme durch neumisch-graphische Nachahmungen musikalischer Aktionen sind, mit diesen verglichen, immer noch signifikativ, Verdinglichungen älterer Stufe.105
Doch ist Bussotti hier nicht auf ein mechanisches Abspielen im Schriftbild sichtbarer Bewegungsmuster aus. Ebenso wenig zielt er auf ein Ausblenden der (insbesondere jüngeren) Musikgeschichte ab. Ganz im Gegenteil: Auch die „Sensitivo“-Notation verfügt über einen historischen Index. Sie bleibt auf die Standardnotation und die entsprechenden Musiktraditionen bezogen, und zwar in bestimmter Negation, oder weniger hegelianisch ausgedrückt: Sie steht in Spannung zur traditionellen Notation, die noch präsent ist, sich jedoch im Zustand der Zersetzung bzw. Neuzusammensetzung ihrer Elemente befindet. In Anlehnung an die Derrida’sche Vorstellung von Schrift als ein „Gewebe von Differenzen“106 ließe sich thesenhaft formulieren, dass die vorliegende Notation nicht im eigentlichen Sinne zu lesen (zu buchstabieren), sondern durch die Differenz, die hier aufscheint, zu interpretieren ist.107
Um die damit einhergehenden Verschiebungen im Verhältnis von musikalischer Schrift und Interpretierenden zur Sprache zu bringen, erweist sich die in der Theorie der musikalischen Reproduktion entwickelte begriffliche Trias vom Mensuralen, Idiomatischen und Neumischen als gewinnbringend. Damit beschreibt Adorno drei Momente des Interpretationsprozesses, die in unterschiedlicher Gewichtung und Weise aufeinander bezogen sein können: das mensurale, oder signifikative, Moment als „korrekte Übersetzung der musikalischen Zeichen“108; das idiomatische (oder tonsprachliche) Element, das „dem Text äußerlich ist“109 und vor allem für die musiksprachlichen Konventionen und Spielpraktiken einsteht, innerhalb derer eine Komposition situiert ist; schließlich das neumische als das „Moment des sinnvollen Zusammenhangs“110, der von der Interpretin hervorzubringen ist. Dass im Fall von „Sensitivo“, in der Andeutung gestischer Figuren, die Dimension des Signifikativen zurücktritt, ist kaum zu übersehen. Dabei lässt sich die Überlegung Adornos, „daß gleichsam die Hohlräume der Signifikation von der Variabilität der anderen Elemente ausgefüllt werden“,111 für das hiesige Beispiel dahingehend weiterführen, dass das idiomatische Element im Zusammenspiel mit dem sinnstiftenden Eingreifen des Interpreten (vgl. Kap. 2) die mangelnde Konkretion des Mensuralen ausgleicht. Damit verlagert sich die mensurale Konkretion – gemeint ist hier die Ausdifferenzierung der ‚mimischen Regungen‘ – ins Idiomatische und Neumische und so auch in den Bereich des Nicht-Schriftlichen.112 Selbstverständlich sind auch Kompositionen aus dem Bereich der neuen Musik in ein „musiksprachliche[s] Kontinuum“ eingebettet, das den spezialisierten Interpret*innen neuer Musik vertraut ist und das, wie Adorno schreibt, im Interpretationsprozess „darauf abzuhören [ist], in wieweit es mit jenen [aus der Partitur gewonnenen, Anm. J.F.] analytischen Befunden zusammentrifft.“113 Im Titel von Bussottis Piano Pieces for David Tudor liegt sogar eine direkte Bezugnahme auf eine spezifische Aufführungspraxis vor, nämlich die des amerikanischen Pianisten David Tudors – ein wesentlicher Hinweis für die Realisierung der Stücke.114
Die Problematik, auf die Adorno im oben angeführten Zitat über die ‚neumisch-graphischen Nachahmungen musikalischer Aktionen‘ zu sprechen kommt, könnte man nun so reformulieren: Gerade der Bildcharakter der Schrift, der nicht auf ein Übersetzen des Einzelnen ausgerichtet ist, birgt die Gefahr, Klischees hervorzubringen, also eingeschliffene idiomatische Wendungen und typische Gesten im Adorno’schen Sinne einer ‚schlechten musikalischen Allgemeinheit‘. Auf unser Beispiel „Sensitivo“ zugespitzt: Mit dem ersten Blick auf die Partitur hat man sich schon die spieltechnischen Gesten zurechtgelegt. Stellt ein idiomatisches ‚Repertoire‘ eine unentbehrliche Voraussetzung für das Gelingen einer musikalischen Interpretation dar, ist es ebenso wichtig, die idiomatischen Wendungen in Hinblick auf die „interpretative Konstruktion“115 zu reflektieren und, wie es bei Adorno heißt, im Neumischen aufzuheben, nämlich durch ihre Überführung in den spezifischen Sinnzusammenhang der einzelnen musikalischen Momente.
Durchbruch von Bildlichkeit
Was die Generierung sinnvoller musikalischer Zusammenhänge betrifft, liegt der Fall bei „Sensitivo“ anders als bei „J.H-K.S“. Waren bei Letzterem mensural mehrdeutig belassene musikalische Teilkomplexe in Relation zueinander zu bringen, wird hier, was potentiell als Zeichen lesbar ist, zu Elementen einer bildlich-piktorialen Konstellation. Darin wird der Horizont dessen, was Adorno als ‚Bild‘-Pol der musikalischen Schrift auffasst, überschritten.
Die horizontalen Linien in der „Sensitivo“-Partitur bilden nicht einfach ein stabiles Raster im Hintergrund, sondern scheinen in Bewegung zu sein: Mal bündeln sie sich, mal schweifen sie voneinander ab. Es entsteht der Eindruck, als würden die Notenköpfe und vertikalen Striche an den horizontalen Linien hängen (siehe ‚1. Akkolade‘), sie hochziehen (siehe 4. ‚Akkolade‘) oder an ihnen entlangfahren (siehe 3. ‚Akkolade‘). Es entfaltet sich ein visuelles Kräftespiel in der Interaktion zwischen den Elementen der Standardnotation. Schlägt hier, um eine Formulierung Adornos umzuwandeln, die latente (piktoriale) Bildlichkeit in der musikalischen Schrift durch?116
In der Tat sind bei „Sensitivo“ die Grenzen zwischen Musik und Zeichnung erodiert – eine Erosion, die sich im Lichte der „konstitutiven Intermedialität der Künste“117 begreifen lässt. Mit diesem Ausdruck benennt Martin Seel die in einer Kunstgattung bereits „angelegten Medien“118, das ihr inhärente Verhältnis zu anderen Gattungen. Das Moment der Intermedialität führt in unserem Kontext unweigerlich auf die Frage nach der Übersetzbarkeit vom Bildlichen ins Musikalische: Lässt sich eine Bildorganisation, d.h. die konkrete Ausbalancierung von Bildganzem und Einzelelementen, in eine musikalische Organisation übertragen? Dies scheint zweifelhaft, u.a. vor dem Hintergrund, dass die spezifische Zeitlichkeit des Bildes, verstanden als Spannungsgefüge zwischen Bilddetails und Bildganzem – Adorno spricht hier von der „im Bild sedimentierte[n] Zeit“119 sowie der „implizite[n] Bildzeit“120 –, mit der musikalischen Zeitgestaltung zunächst nicht identisch ist.
Der komplexen Frage nach dem Konnex von bildlich-piktorialer und musikalischer Organisation, hier in Bezug auf den Interpretationsvorgang, widmet sich der nächste Abschnitt. Zuvor sei noch eine abschließende Bemerkung zu „Sensitivo“ erlaubt: Vielleicht wäre in einer Interpretation gerade die Diskrepanz zwischen den angedeuteten Gesten und den musiksprachlichen Konventionen der Zeit, d.h. insbesondere der seriellen und postseriellen Musik, auszutragen (etwa in Hinblick auf die Spannung zwischen einer auf äußerster Diskretisierung von Klangelementen beruhender Idiomatik und einer aus dem Körperlich-Gestischen stammenden Klangvorstellung). Dass eine Aufführung des Jahres 1972 in Berlin unter der Regie von Bussotti in Form eines Balletts stattfand,121 könnte einerseits als Konsequenz daraus gedeutet werden, dass sich die Spannungsfelder der 1950er Jahre aufgelöst, zumindest aber entschärft haben. Andererseits verweist die gewählte Form der Umsetzung auf die Bussottis Instrumentalmusik inhärente Dimension des Theatralischen, die von der italienischen Musikwissenschaftlerin Giuseppina La Face als Möglichkeit der Übersetzung in eine szenische Darstellung umschrieben wurde.122 So öffnet das hier skizzierte Bildmoment der musikalischen Schrift auch die Tür zu weiteren gattungsbezogenen Grenzerosionen, die an diesem Ort jedoch nicht Thema sein sollen.
5 Dynamik von Bild und Zeichen weitergedacht
Bussotti, „Piano Piece for David Tudor 3“ aus Pièces de chair II
Die Frage nach dem Verhältnis zwischen genuin bildlichen und musikschriftbildlichen Konfigurationen in graphischen Notationen, die sich an der Schnittstelle zur bildenden Kunst bewegen, lässt sich nur an konkreten und für konkrete Beispiele beantworten. Die folgenden Ausführungen bieten eine mögliche Antwort an; Gegenstand ist Bussottis „Piano Piece for David Tudor 3“, das in der damals zeitgenössischen Perspektive mal als Graphik, mal als Notation besprochen wurde. Daher sei an dieser Stelle zunächst ein punktueller Einblick in die Notationsdebatten der späten 1950er und 1960er Jahre gegeben.
Graphische Notation & musikalische Graphik
Das Ausloten der Grenze zwischen Notationen, die besondere graphische Qualitäten aufweisen, und musikbezogenen Graphiken, die keine musikalische Notationen im engeren Sinne seien, war eine wichtige Themen- und Fragestellung des damaligen Diskurses um neue Notationsformen. Mauricio Kagel wollte etwa zwischen „Notation – als Aufzeichnung musikalischer Gedanken durch Zeichen und Symbole mit konventioneller Bedeutung“ – und „graphischen Partituren“ unterschieden wissen. Letztere verstand er als „graphische[] Vorlagen“, die durch einen „kompositorisch/interpretative[n] Akt“ realisiert werden, bei dem die „akustische Vorstellung des Komponisten/Graphikers durch die akustische Vorstellung bzw. die klangliche Erfindung des Interpreten/Komponisten ersetzt wird.“123 Für eine strenge Differenzierung zwischen Notationen als Zeichensystemen und musikalischen Graphiken als Zeichnungen plädierte insbesondere György Ligeti. Eine musikalische Graphik sei „kein Zeichensystem. Sie bedeutet keine musikalischen Beziehungen. Sie kann aber Darstellung (Abbildung) von Vorgängen sein, die zum Entstehen von Musik führen, oder kann auf assoziativem Weg zu musikalischen Vorstellungen und Realisationen anregen.“124 Und es ist Bussottis „Piano Piece for David Tudor 3“, das er als Beispiel anführt für eine „musikalische Graphik, die nur scheinbar Zeichen beinhaltet“125 – scheinbar, da den verfremdeten Resten der traditionellen Notationselemente keine Bedeutung zukomme. Als Bestandteile einer Zeichnung würden sie zu „Anregern für assoziative Interpretation“.126 Auch Haubenstock-Ramati betrachtete musikalische Graphiken als „eine Art Provokation zur Improvisation, durch die wieder etwas musikalisch Wahres und Einmaliges zum Leben in unserer Zeit erweckt wird.“127
In dem einleitenden Vortrag zu seinem Seminar Musik und Graphik während der Darmstädter Ferienkurse 1959 sprach Stockhausen von der „Emanzipation des Graphischen vom Akustischen“128, deren radikalste Ausprägung er im Schaffen von Cage und Bussotti erblickte. Der Usus, graphische Notationen im Rahmen einer Ausstellung zu präsentieren, mag als sinnfälliges Symptom einer solchen ‚Emanzipation‘ gelten. So ist Bussottis „Piano Piece for David Tudor 3“ auch in dem kleinen Katalog der Ausstellung Musikalische Grafik der Universal Edition abgebildet, die 1959 in Donaueschingen stattfand und von Haubenstock-Ramati kuratiert wurde.129 – Und doch nutzte Stockhausen die vierte Veranstaltung seines Seminars,130 in der David Tudor das genannte Klavierstück zur Uraufführung brachte, um zu erläutern, wie die entsprechende Partitur – in all ihrer Vieldeutigkeit – zu lesen, zu entschlüsseln ist. Als Grundlage dienten ihm die von Bussotti verfassten Spielanweisungen zu den Pièces de chair II.
Oszillierende Linien und virtuelle Klanglichkeit: Zur Partitur des „Piano Piece for David Tudor 3“
Während die Interpretation einiger graphischer Kompositionen eine spontane assoziative Lesart erfordert, „einen ununterbrochenen Blickkontakt mit der Partitur, an der die Klänge in actu performativ zu vollziehen sind“,131 ist die Situation bei Bussottis „Piano Piece for David Tudor 3“ eine andere. Blicken wir auf die Partitur, deren augenfälligstes Merkmal auch hier die Rastrierung ist (Abb. 7.4): Wir haben es mit einer Reihe von mindestens 100 und zumeist frei gezeichneten horizontalen Linien zu tun, wobei die Anzahl der Linien variiert. Verdichten sich die Linien zu einem Gitter vieler dünner Linien, verweisen sie auf das Spiel an den Klaviersaiten, wobei die eingezeichneten Pfeile bzw. Bögen für Glissandi stehen. Die horizontalen Linienzüge, so erfahren wir aus den Erläuterungen Bussottis, stellen die in der Zeit verlaufenden Tonhöhen eines Klaviers dar. Dort, wo Linien auf Figurationen stoßen, wo sie unterbrechen oder nicht mehr geradlinig verlaufen, wird ein Klangereignis angezeigt. Möglich ist, dass mehrere Linien derselben Tonhöhe zugeordnet sind, aber auch, dass eine Linie mehrere Tonhöhen repräsentiert. In der internen Ausrichtung des Schriftraums entlang einer horizontalen Achse für die Zeit und einer vertikalen Achse zur Kennzeichnung der Tonhöhen folgt die Partitur also einer zentralen diagrammatischen Konvention der Standardnotation; der Maßstab der Zuordnung ist allerdings variabel.

Bussotti, „Piano Piece for David Tudor 3“ aus Pièces de chair II. Copyright © 1958–1960 by Casa Ricordi Srl.

Bussotti, „Piano Piece for David Tudor 3“ aus Pièces de chair II. Copyright © 1958–1960 by Casa Ricordi Srl.
Bussotti, „Piano Piece for David Tudor 3“ aus Pièces de chair II. Copyright © 1958–1960 by Casa Ricordi Srl.
Abgesehen von einigen Ausnahmen – z.B. dem sforzato zu artikulierenden Notenkopf in der Partiturmitte oder der ‚Brevis‘ am unteren Drittel des linken Seitenrandes – gibt es kaum konventionelle Notensymbole. Stattdessen bilden sich innerhalb des Liniengitters geometrische Figuren (z.B. Drei- und Vierecke). Sie repräsentieren die ‚eigentlichen‘ Klangereignisse,132 konfigurieren sich häufig zu Gruppen und zeichnen sich insgesamt durch eine „unbegrenzte Vieldeutigkeit“133 aus: Bussotti zufolge hat die Interpretin bzw. der Interpret dabei die „Freiheit […], alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen“.134
Die geschwungenen, bindebogenartigen Linien, von Bussotti als „Ligaturen“135 (legature) bezeichnet, zeigen dabei mögliche Verknüpfungen von Figuren an. Indem sie auch gegen die generelle Leserichtung von links nach rechts gerichtet sein können, fungieren die Ligaturen potentiell auch als ‚Rückwärtspfade‘136 im musikalischen Zeitverlauf. Es gibt folglich eine Vielzahl an Möglichkeiten, durch das Werk zu navigieren. Die genaue Abfolge der musikalischen Momente ist – bis auf Anfang und Ende des Stückes, die sich außerhalb des Linienrasters befinden – nicht festgelegt.
Besondere Beachtung verdient die Bemerkung Bussottis, er fasse das Gitter der Tonhöhen-Linien in der Partitur als eine Art „stille und virtuelle Präsenz“137 auf. Die Linien repräsentieren somit die Schicht einer nur vorgestellten, imaginären Klanglichkeit, vor deren Hintergrund es durch Besonderung, Differenzierung und Abweichung der Linienzüge zu Materialisierungen des Klangs kommt.138 Folgt man dieser Bestimmung Bussottis, haben wir es hier mit einem Funktionswandel der Notenlinien zu tun. Letztere werden zwar als Hilfslinien zur Strukturierung des Schriftraums eingesetzt, sind aber auch direkt an der Darstellung des Klangs beteiligt – ein Beispiel für das u.a. von Sybille Krämer explizierte „funktionale[] Doppelleben“139 von Linien als Hilfs- und Objektlinien. Durch die semantische Aufladung der Hilfslinien im Sinne einer virtuellen Klanglichkeit lässt sich im vorliegenden Fall jedoch zwischen den beiden Funktionen nicht grundsätzlich unterscheiden.
Zur Interpretation des „Piano Piece for David Tudor 3“
Während insbesondere die „graphischen Zeichen“140 (segni grafici), wie Bussotti die geometrischen Figurationen nennt, die vielerorts formulierten Anforderungen an ein neues Zeichenrepertoire nicht erfüllen (z.B. in Hinblick auf das Kriterium der Eindeutigkeit141), gibt es gute Gründe gegen die Diagnose Ligetis, Partitur und Klangresultat seien „bloß durch die Nabelschnur der Assoziation miteinander verbunden“.142 Dabei sei zunächst auf die bisher entfalteten Überlegungen verwiesen: erstens auf das topologisch vermittelte Verhältnis zwischen den ‚graphischen Zeichen‘ in einem ausgerichteten Schriftraum; zweitens auf den historischen Index, der sich hier in Relation zur Standardnotation und der in ihr artikulierten Musik manifestiert; drittens auf das Eingebundensein der Partitur in einen Kontext idiomatischer Praktiken, welche die fehlende Genauigkeit der Zeichen zu kompensieren vermögen.
Um das Zusammenwirken von Notation und Graphik tiefergehend zu durchleuchten, sei deren Verhältnis zunächst von einer anderen Seite her aufgerollt: Welche Bedeutung hat das ‚vom Klang emanzipierte‘ Moment des Graphischen in Bussottis „Piano Piece for David Tudor 3“? In seinem Beitrag zum Darmstädter Notations-Kongress 1964 stellte Carl Dahlhaus Überlegungen zur „Doppelfunktion“ von musikalischer Graphik „als Zeichnung und Zeichensystem“ an. Dabei mache das „ästhetische Moment“ einen „Überschuß“ aus, dessen Bedeutung für die Reproduktion des Notentextes Dahlhaus zufolge zu vernachlässigen sei: „Das Maß, in dem eine musikalische Graphik, während sie als Zeichensystem entziffert wird, zugleich als Zeichnung wirksam und von Einfluß auf die Interpretation ist, dürfte gering sein.“143
Die spezifische Wirkungsweise von Bildern hat Gottfried Boehm in seinen bildtheoretischen Schriften immer wieder zur Sprache gebracht.144 Boehm zufolge kommt Bildern das Potenzial zu, sich, „je nach Sichtweise und Einstellung, ganz verschieden zu zeigen“.145 Unsere wesentlich prozessuale Erfahrungsweise von Bildern sei – so lautet eine zentrale These Boehms – auf ein bildinternes Kontrastgeschehen zwischen Grund (Kontinuum) und Figur (Distinktion) zurückzuführen. Das aus dieser Dynamik erwachsende Moment der Unbestimmtheit eröffne dabei einen Spielraum, der uns dazu auffordert, ihn immer wieder zu erkunden. Hier greift auch die Boehm’sche Figur der „ikonischen Differenz“: „Das ‚Ikonische‘ beruht mithin auf einer vom Sehen realisierten ‚Differenz‘. Sie begründet die Möglichkeit, das eine im Lichte des anderen […] zu sehen.“146
Um nicht bei einem bloß abstrakten Verweis auf die potentielle Unerschöpflichkeit der Interpretation graphisch-bildlicher Notationen stehenzubleiben, sei der Blick nochmals auf die vorliegende Partitur gerichtet, nämlich zum einen unter Berücksichtigung der Ausführungen Boehms zu unserer Bilderfahrung, in der sich immer neue visuelle Zusammenhänge auftun, zum anderen vor dem Hintergrund der von Adorno geschilderten Verschränkung der Bild- und Zeichendimension musikalischer Schrift. Ein wichtiges Teilmoment in der Interpretation des „Piano Piece for David Tudor 3“ ist die Bestimmung dessen, wann die Linien aus ihrem Status als (raumstrukturierende) Hilfslinien mit bloß virtueller Klanglichkeit hervortreten und – etwa bei Abweichungen oder Unterbrechungen – zu realisierende Klangereignisse anzeigen. An welchen Stellen dies der Fall ist, d.h. wo z.B. ein Linienstopp oder eine Linienfluktuation in der Wahrnehmung in eine Konstellation mit den ‚graphischen Zeichen‘ tritt, die dann auf die Möglichkeit einer sinnvollen musikalischen Verbindung zu prüfen wäre, kann sich im Sinne des von Boehm benannten ikonischen Kontrast- und Auslegungsgeschehens mit jedem Blick auf das Ganze der graphischen Partitur neu einstellen. Der jeweilige „Gestaltzusammenhang“ wäre also, wie auch Adorno schreibt, abhängig vom „Eigenleben der Noten“,147 wobei das „Eigenleben“ hier eben nicht nur als ein historisches zu begreifen ist, sondern auch an die interne ikonische Dynamik gebunden wäre.
Was bedeutet dies für den Interpretationsvorgang? Regt die Partitur als Bild (im Boehm’schen Sinne) die Interpret*innen dazu an, sich immer wieder auf das visuelle Differenzereignis einzulassen, können in jedem neuen Akt des Schauens die spezifischen ‚Gestaltzusammenhänge‘ der Einzelelemente im Notenbild in etwas anderer Gewichtung erscheinen, und dies prägt dann die konkrete Auslegung der Zeichen. Demnach hat die Partitur in ihrer Wirkung als genuines Bild durchaus Einfluss auf die Interpretation und Artikulation des musikalischen Sinnzusammenhangs, was zumindest für den vorliegenden Fall gegen die zitierte These Dahlhaus’ vorzubringen wäre. Dabei ist die Art und Weise, wie sich die Elemente im interpretativen Blick auf die Partitur in (musikalisch sinnvoll umzusetzende) Gestaltzusammenhänge einfügen, nicht einer rein bildlichen Logik geschuldet, sondern ist beeinflusst durch die zeichenhaften Elemente und die dazugehörigen Darstellungskonventionen, die hier als Verstehenshorizont präsent sind.
Fassen wir zusammen: Für Bussottis „Piano Piece for David Tudor 3“ lässt sich also durchaus konkretisieren, dass und wie die Partitur in ihrer bildlichen Wirkungsweise (Boehm) und die Partitur als musikalische Schrift im Interpretationsprozess aufeinander bezogen sind bzw. sein können. In der von Adorno explizierten Verschränktheit der Bild- und Zeichendimension musikalischer Schrift ist ein solches wechselwirksames Verhältnis bereits angelegt.
Die anhand des vorliegenden Beispiels graphischer Notation weitergedachte Dynamik der Bild- und Zeichendimension musikalischer Schrift führt uns dann über die von Adorno in „Die Kunst und die Künste“ formulierte Annahme einer Undurchlässigkeit der Gattungsgrenzen ein Stück weit hinaus. Für Adorno stellt sich die Materialgerechtigkeit des künstlerischen Tuns innerhalb der je ausdifferenzierten medialen Bereiche als unhintergehbar dar. Das „Piano Piece for David Tudor 3“ hat sich allerdings an zwei „sinnliche[n] Träger[n]“148 objektiviert. Nun möchte Bussotti über bestehende Inhomogenitäten (etwa zwischen graphischen und musikalischen Figurationen) sicher nicht hinwegtäuschen. Es ist eher davon auszugehen, dass er aus dieser medial zweigleisigen künstlerischen Objektivation eine produktive Kraft zu schöpfen hoffte, also gerade durch die entstehenden Reibungen. Jedenfalls schreibt Bussotti in Bezug auf das „Piano Piece for David Tudor 4“, bei dem er bekanntlich auf eine zehn Jahre früher entstandene Zeichnung zurückgriff, dass die Interpretin bei der „‚Lektüre‘ des Bildes“149 in eine ‚unendliche Exegese‘150 eingespannt werde. An dieser Stelle tut sich wiederum eine überraschende Nähe zum Adorno’schen Gedanken auf, dass die analytische Auseinandersetzung mit Musik „prinzipiell nicht als abgeschlossene[] vorzustellen“151 ist.
Was das Verständnis von musikalischer Schrift angeht, ist Bussottis Position weit von derjenigen Adornos entfernt: Bussotti zufolge ist Schrift (bzw. sein Schreiben) durch „Vertauschungen, Mehrdeutigkeiten, Besonderheiten, Anomalien und […] Widersprüchlichkeiten“152 geprägt; jeder Katalogisierungsversuch berge die Gefahr, dass sie ihre Beweglichkeit verliere und ‚erstarre‘.153 Einige Bemerkungen Bussottis zur Interpretation seiner Werke konvergieren jedoch mit Anschauungen Adornos, etwa wenn Bussotti in den allgemeinen Hinweisen zum Lesen der Pièces de chair II-Partitur notiert, dass für eine sinnvolle Übersetzung seiner Notationen „eine analytisch informierte Einsicht“154 erforderlich sei. Zuweilen empfiehlt Bussotti explizit das Erstellen einer transkribierten Version.155 Während die in diesem Aufsatz anhand einer Relektüre von Adornos Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion entwickelten Darlegungen zur Interpretation der graphischen Partituren Bussottis den ästhetischen Vorstellungen des italienischen Komponisten durchaus nahekommen, ist Letzterem die Annahme einer ‚wahren Interpretation‘156 fremd. Wohl aber spricht er einmal von der noch unbekannten Ideallösung157 eines Stücks sowie von der Möglichkeit einer ‚besser informierten‘ Aufführung.158 Dabei soll hier nicht unerwähnt bleiben, dass Bussotti den Interpret*innen insgesamt große Freiräume zuschreibt. So heißt es in den bereits erwähnten Lese-Hinweisen zu Pièces de chair II, dass dort, wo die Schrift (scrittura) von den bekannten Zeichen (segni) abweicht, es dem Leser (lettore) und Interpreten freigestellt sei, andere Deutungen als diejenigen Bussottis vorzubringen – sofern sie vom klanglich-musikalischen Resultat her zu rechtfertigen sind.159
6 Abschließende Gedanken
Adornos theoretische und praktische Überlegungen zur musikalischen Reproduktion, so darf ein Fazit dieses Beitrags lauten, können auch für die Beschäftigung mit graphischen Notationen gewinnbringend sein. Neben dem in der Theorie der musikalischen Reproduktion ausbuchstabierten dynamischen Verhältnis der Bild- und Zeichendimension musikalischer Schrift (vgl. Kap. 1), das sich auch in Hinblick auf das nur schwer greifbare Zusammenwirken von graphischen Partituren als genuinen Bildern und als Notationen fruchtbar machen lässt (vgl. Kap. 5), sind hier insbesondere drei Aspekte hervorzuheben:
Ausdifferenzierung des Interpretationsprozesses: Auch wenn Adorno seine Terminologie nicht an graphisch notierten Kompositionen mit offenen Formen entwickelte, hat sich die von ihm vorgenommene Differenzierung der Momente des Mensuralen, Idiomatischen und Neumischen als geeignet erwiesen, um den erforderlichen Interpretationsakt zu den hier besprochenen Musikbeispielen Bussottis theoretisch zu beschreiben und verständlich zu machen. An den je spezifischen Gewichtungen innerhalb dieser Konstellation, etwa in der größeren (und veränderten) Bedeutung des Idiomatischen für die konkrete mensurale Ausgestaltung, sind dann Unterschiede zu anderen Notations- und Interpretationsformen ablesbar (vgl. Kap. 4). Die Konsequenzen solcher Verlagerungen sind in einer Theorie der musikalischen Schrift zu berücksichtigen, ihre Implikationen begrifflich festzuhalten.160 Insbesondere ist die Dimension des Idiomatischen in der neuen Musik auf ihre interpretationskonstituierende Rolle hin zu befragen, verknüpft mit einer historischen Analyse der entsprechenden Aufführungspraktiken.
Fokusverschiebung: Im Zentrum der obigen Darlegungen zur Interpretation der graphischen Partituren Bussottis steht ein starkes Interpret*innensubjekt, an das sich die Aufforderung richtet, im Studieren der Partitur auch kompositorisch in diese einzugreifen. Dass Interpretationsfragen in Adornos Reproduktionstheorie stets im Kontext einer Subjekt-Objekt-Relation verhandelt werden, wirft für die Beschäftigung mit graphischen Notationen die vielleicht zu selten gestellte Frage auf, was in den entsprechenden Partituren musikalisch angelegt ist (vgl. Kap. 2). Eine solche Fokusverschiebung auf die jeweiligen Objekte als musikalische Schrift – und zwar jenseits vorschneller Klassifizierungen, z.B. als bloß assoziativ umzusetzende musikalische Graphik – hat sich für das Verständnis der ausgewählten Musikbeispiele Bussottis als fruchtbar herausgestellt, auch in Hinblick auf den nachfolgenden Punkt: die Aussagekraft geschichtlicher Konfigurationen, die sich im Bildmoment der Schrift manifestieren (können).
Graphische Notationen als ‚dialektische Bilder‘: In der Perspektive Adornos, wie sie in „Die Kunst und die Künste“ ausformuliert ist, bedeutet eine Verselbstständigung des „graphische[n] Wesen[s]“161 der Notation, dass die Musik „am ihr Fremden [partizipiere]“162, was die Gefahr eines Sinnverlusts, ja sogar eines falschen Endes der Kunst mit sich führe.163 Die Überlegungen und Schwerpunktsetzungen in diesem Aufsatz haben demgegenüber gezeigt, dass gerade durch das Sich-Selbst-Fremdwerden der Zeitkunst Musik im Medium des Bildes sich die Möglichkeit eines kritischen Blicks auf die eigenen Bedingungen eröffnet: die Möglichkeit eines spielerischen Aufbrechens von Konventionen und der Erkundung der historischen Signaturen der musikalischen Schrift. (Und dies kann wiederum – das sei auf Adornos aporetische Diagnose erwidert – produktiv auf das musikalische Denken und Komponieren zurückwirken, sei es allein in Form eines nunmehr reflektierten Umgangs mit etablierten Notationspraktiken.) Graphische Notationen sind in diesem Sinne auch als ‚dialektische Bilder‘ zu befragen (vgl. Kap. 3); ihre historische Signatur bzw. das in ihnen zum Bild geronnene geschichtliche Kraftfeld (im Sinne einer ‚Dialektik im Stillstand‘) ist bei der Interpretation einzubeziehen.
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Mögen auch die flexiblen Begriffskonstellationen Adornos eine derartige Neuausrichtung gestatten – Adorno selbst würde die angeführten Musikbeispiele wohl eher im Lichte der von ihm konstatierten Krise des musikalischen Sinns in der neuen und neuesten Musik behandelt wissen wollen. Dem oben entfalteten Argument eines schöpferisch-sinnstiftenden Eingriffs der interpretierenden Subjektivität würde er entgegenhalten, dass die einmal etablierte Arbeitsteilung zwischen Komponist*in und Interpret*in nicht zu unterlaufen sei; wohl auch, dass hier eine problematische Heteronomie von außen an die Stelle kompositorischer Kontrolle trete. Dies kann erklären, warum Adorno – entgegen dem Vorschlag Metzgers – Bussotti gerade nicht als Exponenten einer informellen Musik in seinem Vortrag von 1961 berücksichtigte.
Dabei erfüllen Bussottis Kompositionen durchaus einige der von Adorno genannten Kriterien informeller Musik: etwa in der „aseriellen“164 Verfasstheit, der Abwesenheit integraler Ordnungssysteme oder in der elastischen Phrasengestaltung. Möglicherweise auch in jenen Impulsen des Ungebundenen und Irregulären – Adorno wählte gerne das Bild von der „Sphäre des Kleckses“165 –, die Adorno an den frühen atonalen Werken Schönbergs als Vorbild informellen Komponierens hervorhob. War Adorno auch der Person Bussottis freundschaftlich zugeneigt, schien er sich auf die spezifische Beschaffenheit von dessen Kompositionen jenseits gewisser schematischer Deutungsmuster seiner Musikphilosophie166 nur schwer einlassen zu können. Skepsis riefen bei Adorno gewiss auch die Spuren eines mehrdimensionalen, medienübergreifenden ästhetischen Empfindens und künstlerischen Schaffens Bussottis hervor.167
Umgekehrt verhielt es sich anders:168 Bussotti zeigte ein reges Interesse am Musiker und Komponisten Adorno. Insbesondere hatte er sich zum Ziel gesetzt, dessen Liedœuvre besser kennenzulernen und – zur Freude Adornos – in Italien bekanntzumachen. So fasste Bussotti Mitte der 1960er Jahre ein Konzert mit sämtlichen Liederzyklen169 Adornos in Rom ins Auge. Realisieren ließ sich dies in der angedachten Form zwar nicht, doch wurden schließlich am 9. Mai 1967 die Vier Gedichte von Stefan George für Singstimme und Klavier op. 1 (1925–28) sowie die Sechs Bagatellen für Singstimme und Klavier op. 6 (1923–1942) aufgeführt – in Abwesenheit Adornos, der später eine Tonbandaufnahme erhielt. Ob Bussotti, der selbst dem Liedschaffen eine zentrale Bedeutung in seinem künstlerischen Tun beimaß, hier eine Nähe seiner Musik zu jener Adornos sah? Auf jeden Fall blieb Bussottis Affinität nicht ohne Wirkung auf Adorno als Komponisten, war es doch Bussotti, der ihm 1966 vorschlug, seine Werke zu veröffentlichen und der den Kontakt zu Ricordi herstellte. Von den Plänen, zunächst die Liederhefte, dann die Instrumentalmusik zu publizieren, wurde nur die Herausgabe der Sechs kurzen Orchesterstücke op. 4 (1929) verwirklicht. Trotzdem war es ein Erfolg für Adorno, der in einem Brief aus dem Jahr 1968 Bussotti gegenüber die (auch andernorts wiederholte) Bemerkung machte, durch die verspätete Veröffentlichung seines Werks „zeichnet sich am grünen Horizont für mich doch wieder die Möglichkeit des Komponierens ab.“170
Darüber hinaus bekundete Bussotti auch seine Verbundenheit mit dem musikphilosophischen Denken Adornos171 – auch wenn er die deutschen Texte kaum lesen konnte, wie er Adorno gegenüber eingestand, nachdem dieser ihm die Textsammlung Kulturkritik und Gesellschaft geschickt hatte.172 Um zu eruieren, welche Aspekte und Themen für Bussotti in den 1960er Jahren von besonderem Interesse waren, lohnt sich ein Blick in seinen Einführungsvortrag zu dem oben genannten Lieder-Konzert in Rom, der im Dezember 1967173 unter dem Titel „Theodor W. Adorno, l’extra e la linea della vita“ in der italienischen Zeitschrift Marcatrè veröffentlicht wurde.174 Es sind Zitate Adornos zur Bedeutung der Phrasierung, auch in Hinblick auf die Interpretation von dessen Liedern, die Bussotti in dem Text anführt, zudem Äußerungen zur ‚Sprachähnlichkeit der Musik‘. Der Gedanke der Sprachähnlichkeit traf bei Bussotti auf eine gewisse Resonanz; hier sei nur an den Titel seiner kammermusikalischen Komposition „mit einem gewissen sprechenden Ausdruck“ (1961–63) erinnert. Ferner zitiert Bussotti lange Passagen aus dem Text „Musik, Sprache und ihr Verhältnis im gegenwärtigen Komponieren“, der 1956 in italienischer Übersetzung in der Zeitschrift Archivio di Filosofia erschien. Bei dem Aufsatz handelt es sich bekanntlich um eine erweiterte Version des „Fragments über Musik und Sprache“ (1956); erweitert nämlich um Adornos kritische Stellungnahme zur aktuellen Musikproduktion, wie sie u.a. durch „Das Altern der Neuen Musik“ Verbreitung fand. Auch solchen gegenwartsdiagnostischen Passagen gewährt Bussotti in seinem Einführungstext Raum, er kündigt sie gar als „prophetisch“175 an.
Adornos Einsichten zur musikalischen Interpretation scheinen ebenfalls einen nachhaltigen Eindruck auf Bussotti hinterlassen zu haben. Im Jahr 1960 widmete er Adorno, Rudolf Kolisch und Eduard Steuermann sein Streichtrio Phrase à trois. Diese Komposition ist, wie es in der Partitur heißt, als eine „einzige Phrase“176 zu spielen, ohne ein spürbares Absetzen der Instrumente. Eine augenfällige graphische Besonderheit besteht in den zum Teil schräg verlaufenden Fünfliniensystemen, die für die jeweilige Stimme eine individuelle Beschleunigung des Tempos anzeigen, während horizontal verlaufende Systeme im Grundtempo verbleiben. Die mensurale Spezifikation der Partitur solle „nicht wörtlich genommen werden“, schreibt Bussotti, „sondern man befolge derartige Andeutungen rhythmischer Artikulationen (hier fast = Akzentuationen) mit maßvoller Elastizität.“177 Ist die formale Organisation im Ganzen festgelegt, bietet die Partitur in den Details einige Freiräume: Die Ausgestaltung der musikalischen Teilgebilde kann stellenweise, jedoch nie auf Kosten der ‚Deutlichkeit‘ artikulatorischer Nuancen, flexibel gehandhabt werden. Insgesamt erfordert die Partitur von den Interpretinnen und Interpreten einen hohen eigenschöpferischen Anteil. Vor dem Hintergrund der in diesem Aufsatz erfolgten Engführung der kompositorischen Praxis Bussottis mit der Reproduktionstheorie Adornos sei abschließend erwähnt, dass Bussotti in seinem Begleitbrief zur Sendung jener Partitur an Adorno gerade die Vorbildfunktion und Expertise der Widmungsträger in Hinblick auf Fragen der Interpretation betonte:
Es ist ein Gebilde für Streichtrio, das ich sinnvoll einzig denen glaubte zueignen zu sollen, denen die heutigen – wenn auch leider noch immer nicht sehr verbreiteten – Einsichten auf dem Gebiet der Interpretation wesentlich zu danken sind. Die Widmung lautet daher: à Eduard Steuermann, Rudolf Kolisch et Theodor W. Adorno.178
Literatur
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Online-Quelle
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Archiv-Quellen
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Brief von Heinz-Klaus Metzger an Theodor W. Adorno vom 13. Juli 1961, Theodor W. Adorno Archiv, Frankfurt am Main, Br 1005/105–111.
Brief von Sylvano Bussotti an Theodor W. Adorno vom 26. Juli 1961, Theodor W. Adorno Archiv, Frankfurt am Main, Br 0241/03.
Brief von Sylvano Bussotti an Theodor W. Adorno vom 1. Dezember 1963, Theodor W. Adorno Archiv, Frankfurt am Main, Br 0241/10.
Brief von Ernst Thomas an Theodor W. Adorno vom 12. Oktober 1965, Archiv des Internationalen Musikinstituts Darmstadt (IMD).
Brief von Sylvano Bussotti an Theodor W. Adorno vom 18. Januar 1967, Theodor W. Adorno Archiv, Frankfurt am Main, Br 0241/17.
Brief von Theodor W. Adorno an Sylvano Bussotti vom 8. Januar 1968, Theodor W. Adorno Archiv, Frankfurt am Main, Br 0241/26.
Brief von Theodor W. Adorno an Michael Marschall von Bieberstein vom 27. März 1967, Theodor W. Adorno Archiv, Frankfurt am Main, Br 0977/10–11.
Musikalien
Sylvano Bussotti: Five Piano Pieces for David Tudor. Extraits de Pièces de chair II, London 1959.
Sylvano Bussotti: Phrase à trois, Mailand 1962.
Sylvano Bussotti: Sette fogli, Mailand 1963.
Sylvano Bussotti: Due Voci, Mailand 1970.
Sylvano Bussotti: Pièces de chair II. Pour piano, baryton, une voix de femme, instruments (1958 ’59 ’60), Mailand 1998.
Jennifer Walshe: Everything Is Important, for voice, string quartet and film, 2016, online: http://bura.brunel.ac.uk/handle/2438/13768 (17.3.2022).
Abbildungsverzeichnis
Abb. 7.1: Sylvano Bussotti: „J.H-K.S.“ aus Pièces de chair II. Pour piano, baryton, une voix de femme, instruments (1958 ’59 ’60), Mailand 1998, S. 6. Copyright © 1958–1960 by Casa Ricordi Srl. All Rights Reserved. International Copyright Secured. Reproduced by kind permission of Hal Leonard Europe Srl.
Abb. 7.2: Sylvano Bussotti: „Piano Piece for David Tudor 1“ aus Pièces de chair II. Pour piano, baryton, une voix de femme, instruments (1958 ’59 ’60), Mailand 1998, S. 16. Copyright © 1958–1960 by Casa Ricordi Srl. All Rights Reserved. International Copyright Secured. Reproduced by kind permission of Hal Leonard Europe Srl.
Abb. 7.3: Sylvano Bussotti: „Sensitivo“ aus Sette fogli, Mailand 1963, o.P. Copyright © 1959 by Casa Ricordi Srl. All Rights Reserved. International Copyright Secured. Reproduced by kind permission of Hal Leonard Europe Srl.
Abb. 7.4: Sylvano Bussotti: „Piano Piece for David Tudor 3“ aus Pièces de chair II. Pour piano, baryton, une voix de femme, instruments (1958 ’59 ’60), Mailand 1998, S. 28. Copyright © 1958–1960 by Casa Ricordi Srl. All Rights Reserved. International Copyright Secured. Reproduced by kind permission of Hal Leonard Europe Srl.
Dieser Aufsatz ist im Rahmen des Forschungsprojekts Writing Music. Iconic, performative, operative, and material aspects in musical notation(s) entstanden. Ich danke meinen Kolleginnen und Kollegen, insbesondere Matteo Nanni und Tobias Robert Klein, für die zahlreichen gedankenanregenden Gespräche.
Thomas (Hg.), Notation Neuer Musik. Der damalige Leiter der Darmstädter Ferienkurse, Ernst Thomas, schickte Adorno mit einem Brief vom 12. Oktober 1965 ein Exemplar dieser Ausgabe zu. Siehe Brief von Thomas an Adorno, 12. Oktober 1965, Archiv des Internationalen Musikinstituts Darmstadt (IMD).
In den Jahren 1950–51, 1954–57, 1961 und 1966 war Adorno als Dozent bei den Darmstädter Ferienkursen tätig. Vgl. dazu die Editorische Nachbemerkung von Klaus Reichert und Michael Schwarz in: Adorno, Kranichsteiner Vorlesungen, NaS IV.17/ 639–650.
Adorno, „Kriterien der neuen Musik“ [Vorl.], NaS IV.17/ 240.
Vgl. Freund, Fortschrittsdenken in der Neuen Musik, S. 106–109.
Siehe beispielhaft Adorno, „Schönbergs Kontrapunkt“, NaS IV.17/ 125 sowie ders., „Vers une musique informelle“ [Vorl.], NaS IV.17/ 402f. und 442.
Der Briefwechsel zwischen Adorno und Bussotti ist – unvollständig – im Theodor W. Adorno Archiv einsehbar. Der erste dort verfügbare Brief ist auf den 27. Mai 1960 datiert, die letzte Korrespondenz auf den 25. Mai 1969. Wahrscheinlich ist, dass sich Bussotti und Adorno Ende der 1950er Jahre über Heinz-Klaus Metzger kennenlernten, der zu der Zeit mit Bussotti liiert war und mit dem Adorno einen regen Austausch pflegte. Über Metzger, der anfangs auch die Briefe Bussottis an Adorno ins Deutsche übertrug, entwickelte sich jedenfalls ein freundschaftlicher Umgang zwischen Adorno und Bussotti, den letztere beiden auch nach Ende der Beziehung zwischen Bussotti und Metzger weiterführten. Nach Kenntnis der Autorin sind bislang fünf Briefe aus dem Briefwechsel veröffentlicht worden. Es handelt sich dabei um Briefe Adornos an Bussotti (vom 03.01.1967, 26.01.1967, 22.03.1967, 08.01.1968, 15.01.1969, einsehbar – in deutschem Original – im Theodor W. Adorno Archiv), die in italienischer Übersetzung und mit einigen wenigen Auslassungen abgedruckt sind in: Bussotti/Adorno, „Cinque lettere di Adorno“.
Diesen Hinweis verdanke ich Michael Schwarz, Theodor W. Adorno Archiv.
Die genannten Werke waren Teil einer größeren Sendung an Partituren, die Bussotti Adorno im Juli 1961 zukommen ließ. Bei den fünf Stücken aus Sette fogli handelt es sich um „Coeur“, „Lettura di Braibanti“, „Mobile-Stabile“, „Manifesto per Kalinowski“ und „Sensitivo“. Siehe Brief von Bussotti an Adorno, 26. Juli 1961, Theodor W. Adorno Archiv, Frankfurt am Main, Br 0241/3.
Die Sammlung des Theodor W. Adorno Archivs enthält keine Kopie eines Antwortbriefs Adornos auf die umfangreiche Partiturensendung Bussottis vom 26. Juli 1961. Zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieses Aufsatzes lagen der Autorin keine Informationen über die im Theodor W. Adorno Archiv nicht einsehbaren Briefe vor.
Brief von Metzger an Adorno, 13. Juli 1961, Theodor W. Adorno Archiv, Frankfurt am Main, Br 1005/107.
Brief von Metzger an Adorno, 13. Juli 1961, Theodor W. Adorno Archiv, Frankfurt am Main, Br 1005/108.
Dieser Befund gilt für die 1962 in den Darmstädter Beiträgen zur Neuen Musik 1961 publizierte Textfassung sowie die Fassung in der 1963 bei Suhrkamp erschienenen Sammlung Quasi una fantasia, die dann in Band 16 der Gesammelten Schriften eingegangen ist. Und der Befund gilt ebenso – wenn auch nicht ohne Einschränkung – für den transkribierten Vortrag Adornos vom 4. und 5. September 1961. Das Band zur ersten Vorlesung bricht allerdings an einer Stelle ab und setzt zu einem Zeitpunkt wieder ein, als Adorno einen Gedankengang mit dem Hinweis beendete, „daß das graphische Moment der Musik – sehr oft erscheinen ja Dinge, die einmal blutiger Ernst werden, zunächst als Spaß – auch im ‚Wozzeck‘ bereits vorkommt: an der Stelle der Partitur, wo von ‚Linienkreisen – Figuren‘ die Rede ist, bildet tatsächlich die Partitur derartige Linienkreise und Figuren.“ Adorno, „Vers une musique informelle“ [Vorl.], NaS IV.17/ 412. In den später publizierten Aufsatzversionen erscheint der Hinweis auf das ‚graphische Moment‘ in Alban Bergs Wozzeck nicht mehr; er findet aber Einzug in einen anderen Text: Adorno, „Bergs kompositionstechnische Funde“, GS XVI/ 428f.
Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 87.
Siehe Adorno, „Die Kunst und die Künste“, GS X.1/ 432.
Siehe ebd.
Adorno nennt hier das „Bedürfnis, musikalische Ergebnisse flexibler […] festzuhalten“, außerdem den Wunsch, „auch improvisatorischer Wiedergabe einigen Raum [zu] verschaffen.“ Adorno, „Die Kunst und die Künste“, GS X.1/ 433f.
Ebd., S. 432.
Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 250.
Adorno, „Vers une musique informelle“, GS XVI/ 516: „Musik wie Literatur aber sind durch die Schrift stillgestellt, sind da.“
Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 243.
Siehe ebd., S. 142.
Siehe exemplarisch Krämer, „‚Schriftbildlichkeit‘ oder: Über eine (fast) vergessene Dimension der Schrift“. Zur Rezeption des Schriftbildlichkeitsdiskurses in der musikwissenschaftlichen Notationsforschung siehe u.a. Ungeheuer, „Schriftbildlichkeit als operatives Potenzial der Musik“, Nanni, „‚Quia scribi non possunt‘“, S. 12f., und in Bezug auf Adornos Reproduktionstheorie: Urbanek, „‚Bilder von Gesten‘“, S. 160–164 sowie den Beitrag von Gabriele Groll in diesem Band: „Musikalische Schrift zwischen Ikonizität und Diskursivität“.
Siehe Krämer, Figuration, Anschauung, Erkenntnis.
Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 251f.
Vgl. dazu auch Adorno, „Über einige Relationen zwischen Musik und Malerei“, GS XVI/ 632: „Die graphische Repräsentation ist denn auch nie bloß Zeichen für Musik, sondern immer auch in manchem ihr ähnlich wie einst die Neumen.“
Adorno, „Bibliographische Grillen“, GS XI/ 356.
Benjamin, Das Passagen-Werk, S. 578.
Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 243.
Gemeint ist hier die Passage S. 243–245.
Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 243.
Ebd., S. 244.
So heißt es in einer Typoskript-Notiz aus den „Aufzeichnungen II“: „Der Ausdruck ist bereits die Rationalisierung des Gestischen, d.h. dessen Objektivierung durch Signifikation […]. Und genau dies Moment fällt der Buchstabenschrift eher als dem Notenbild zu. Es ist die Frage, ob im Sinn dieses Tatbestands nicht die vorher entwickelte Lehre von Notenbild und totaler Konstruktion, daß nämlich diese das Mimetische eigentlich festhält, zu modifizieren sei. Andererseits ist mir jedoch noch nicht ausgemacht, ob das Ausdrucksmoment, das freilich durchaus ein vermitteltes ist, in der Tat an dem signifikativen Element der Schrift haftet. Dies muß genau durchdacht werden.“ Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 209f.
Ebd., S. 245.
Ebd.
Ebd.
Ebd.
Ebd.
Adorno, „Vers une musique informelle“, GS XVI/ 516.
Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 245.
Ebd.
Die Realisierungen befinden sich in der Partitur der Pièces de chair II, in direktem Anschluss an die ursprüngliche Partitur von „J.H-K.S“: Bussotti, Pièces de chair II, S. 7–11.
Je nachdem, wie gezählt wird, kann „J.H-K.S.“ auch als das vierte Stück des Zyklus gelten, da unter der römischen Zahl „I“ zwei Stücke (Ia, Ib) aufgeführt werden.
Hier zwei Beispiele solcher ‚Andeutungen‘: Die recht eng nebeneinander notierte Tonfolge d–c rechts neben dem „nostalgia“-Rechteck wird in den von Bussotti selbst hergestellten Versionen des Stücks stets als Vorschlag zum eingestrichenen cis gedeutet, während die (in vergleichsweise gleichgroßen Abständen) über dem „nostalgia“-Kästchen positionierte Viertonfolge 𝄱g–a–𝄱f–𝄰g in jeweils gleichen rhythmischen Werten vertont wird (siehe Abb. 7.1).
Bussotti lässt seine erste Version in der rechten oberen Ecke, seine zweite und dritte am „Boletus Dill“-Rechteck beginnen.
Vgl. in diesem Band: Freund/Marsico, „Bussotti’s notes on Pièces de chair II“, S. 206[6]; die Seitenangabe in eckigen Klammern verweist auf die Paginierung des Originals.
Kittler, „Real Time Analysis, Time Axis Manipulation“, S. 183.
Adorno, „Die Kunst und die Künste“, GS X.1/ 432.
Adorno, „Vers une musique informelle“, GS XVI/ 505. An dieser Stelle bezieht sich die Kritik einer ‚Ich-Schwäche‘, als Kehrseite eines formalen Spannungsverlustes in der Musik, auf aleatorische sowie serielle kompositorische Techniken.
Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 245.
Ebd., S. 250.
Ebd., S. 273.
Siehe in diesem Band: Freund/Marsico, „Bussotti’s notes on Pièces de chair II“, S. 206[6].
Vgl. Lautréamont, Die Gesänge des Maldoror, S. 79.
Siehe Eco, Das offene Kunstwerk, S. 41.
Rebentisch, Theorien der Gegenwartskunst, S. 29. Vgl. kontrastierend dazu Nelson Goodmans Annahme einer „Identität des Werks und der Partitur“, Goodman, Sprachen der Kunst, S. 170.
Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 155. Vgl. demgegenüber die These Nicholas Cooks, dass im Verstehen einer ‚Performance‘ als Reproduktion eines Werkes – von ihm als „paradigm of reproduction“ bezeichnet – die Kreativität der Interpret*innen unberücksichtigt bleibe. Cook, Beyond the Score, S. 3.
Konsequent weitergedacht hieße das auch, dass in einer heutigen Aufführung der Pièces de chair II nicht die Realisierungen Bussottis zu verwenden, sondern eigene, zeitgemäße Realisierungen zu erarbeiten wären. Für die musikwissenschaftliche Analyse der Realisierungen aus den 1950er Jahren ergibt sich daraus wiederum die Frage, welche historischen Spuren in die von Bussotti erstellten Versionen eingegangen sind.
Bussotti, Pièces de chair II, S. 7f.
Ebd., S. 9.
Ebd., S. 10f.
Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 245.
Vgl. ebd., S. 265.
Adorno, Ästhetische Theorie, GS VII/ 154.
Ebd., S. 208.
Siehe dazu Kreis, „Die philosophische Kritik der musikalischen Werke“, S. 87–89.
Adorno, „Vers une musique informelle“, GS XVI/ 512.
Adorno, „Kriterien der neuen Musik“, GS XVI/ 185.
Gemeint ist hier Bussotti, Pièces de chair II, S. 8.
Maehder, „‚Odo un Sylvano‘“, S. 24.
Vgl. dazu z.B. Adorno, „Vers une musique informelle“ [Vorl.], NaS IV.17/ 431.
Dabei geht es weniger um die – von den Autoren hier in bewusster Zuspitzung formulierte – Überlegung, dass in Hinblick auf den Aspekt der Referenzialität als definitorisches Moment von Schrift „[n]icht jedes Gekritzel […] bereits als (musikalische) Schrift zu sehen [ist]“ (Celestini/Nanni/Obert/Urbanek, „Zu einer Theorie der musikalischen Schrift“, S. 36). Angesprochen ist hier vielmehr die Möglichkeit einer Unterscheidung zwischen graphischen Gebilden, die einen Interpretationsmodus erfordern, bei dem „visuell Entdecktes in hörbar Erfundenes [zu verwandeln]“ ist (Magnus, „Aurale Latenzen“, S. 128) und solchen graphischen Notationsformen, deren Les- und Interpretierbarkeit über die Dimension rein subjektiv-assoziativer Translationsvorgänge hinausgeht, oder anders gesagt: in denen sich ein Anspruch intersubjektiver Verbindlichkeit äußert.
Vorwort zu Bussotti, Five Piano Pieces for David Tudor, o.P.
Siehe in diesem Band: Freund/Marsico, „Bussotti’s notes on Pièces de chair II“, Introduction, S. 191f.
Bussotti, Five Piano Pieces for David Tudor. Zur Vorveröffentlichung der Piano Pieces kam es entgegen der ursprünglichen Intention des Komponisten, die größere Sammlung Pièces de chair II zuerst zu publizieren. Die Klavierstücke haben in den letzten 60 Jahren eine deutlich breitere Rezeption erfahren als der übergeordnete Zyklus, dem sie entnommen sind.
Siehe in diesem Band: Freund/Marsico, „Bussotti’s notes on Pièces de chair II“, S. 208 und 210[7f].
Ebd., S. 210[8]. Die deutsche Übersetzung der aus diesem Dokument zitierten Begriffe und Passagen erfolgte, an dieser sowie an den folgenden Stellen, durch die Autorin.
Auch im vorliegenden Fall ließe sich Komponieren im Sinne einer „Meditation über die Möglichkeit musikalischer Schrift“ fassen, wie es Wolfgang Fuhrmann in Hinblick auf die mehrstimmige Musik in Spätmittelalter und Früher Neuzeit formuliert hat (Fuhrmann, „Notation als Denkform“, S. 134) – mit dem Unterschied, dass im Fall der graphischen Partituren der 1950er und 1960er Jahre weniger die spezifische Beschaffenheit des konventionellen Notationssystems zum Ideengeber musikalischer Gestaltung wurde als die Reflexion auf die notationalen Grenzen sowie das Bestreben, über jene Grenzen hinauszukommen.
Brown, „Notation und Ausführung Neuer Musik“, S. 68.
Kagel, „Komposition – Notation – Interpretation“, S. 57.
Ebd., S. 55.
Vgl. exemplarisch aus dem Kontext des Darmstädter Notations-Kongresses 1964: Ligeti, „Neue Notation – Kommunikationsmittel oder Selbstzweck?“, S. 37; Haubenstock-Ramati, „Notation – Material und Form“, S. 52.
Adorno, „Vers une musique informelle“, GS XVI/ 525.
Für die Überlegungen zur Interpretation als Kritikform innerhalb von Adornos Reproduktionstheorie siehe Danuser „‚Zur Haut ‚zurückkehren‘‘“, S. 14–16.
Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 230.
Adorno, „Vers une musique informelle“, GS XVI/ 503.
Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 267.
Ebd., S. 264.
Ebd., S. 184.
Vgl. die Überlegungen zum Bildbegriff bei Adorno und Benjamin in Nanni, „Die imaginative Kraft der Musik“, v.a. S. 54f.
Vgl. Adorno, Ästhetische Theorie, GS VII/ 132f.
Benjamin, Das Passagen-Werk, S. 578: „Bild ist dasjenige, worin das Gewesene mit dem Jetzt blitzhaft zu einer Konstellation zusammentritt. Mit andern Worten: Bild ist die Dialektik im Stillstand.“
Siehe Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 66f.
Als eine Triebkraft hinter dem Phänomen graphischer Notationen führt Adorno das Moment von „Verspieltheit“ an: Adorno, „Die Kunst und die Künste“, GS X.1/ 433.
Adorno, „Vers une musique informelle“, GS XVI/ 499.
Vgl. z.B. Hope, „Electronic Scores for Music“, S. 33f.
Gesa Finke weist noch auf einen anderen hier relevanten Aspekt hin: den „intergenerationelle[n] Bruch“, der sich nach dem Tod der Komponist*innen und Erstinterpret*innen in der Rezeptionsgeschichte graphisch notierter Werke häufig abzeichnet. Finke, „Partituren zum Lesen und Schauen“, S. 23.
Vorstellbar ist auch, dass solche Erfahrungen der eigenen Grenzen bei dem eingeforderten mitkomponierenden Lesen von graphischen Notationen – vielleicht sogar in Form eines interpretativen Scheiterns – wesentlich in die musikalische Realisierung eingehen. Vgl. dazu Adorno, Der getreue Korrepetitor, GS XV/ 339: „Nur in der Erkenntnis ihrer eigenen Unmöglichkeit wird authentische Interpretation überhaupt möglich.“
Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 106.
Vgl. ebd., S. 36.
Adorno, „Vers une musique informelle“, GS XVI/ 519.
Zur Instrumentenangabe „per arco solo“: Die wörtliche Übersetzung „für Bogen allein“ ist nicht abwegig: für einen Bogen, der dynamisch über die Saiten eines Streichinstruments, vielleicht über ein anderes Objekt oder einfach durch die Luft fährt. Als Bussotti Adorno die Partitur von „Sensitivo“ schickte, notierte er allerdings im Begleitschreiben neben dem Titel folgende Angabe: „per violino (o viola, cello, c-basso) solo“. Brief von Bussotti an Adorno, 26. Juli 1961, Theodor W. Adorno Archiv, Frankfurt am Main, Br 0241/3.
Vgl. Krämer, Figuration, Anschauung, Erkenntnis, S. 104 und 109.
Adorno, „Über den Fetischcharakter in der Musik und die Regression des Hörens“, GS XIV/ 40. Den Ausdruck „optische Kommandos“ prägt Adorno im Rahmen seiner Kritik an Tabulaturen für Zupfinstrumente. Siehe ebd.: „Der rational aufzufassende Notentext wird durch optische Kommandos ersetzt, gewissermaßen durch musikalische Verkehrssignale.“
Adorno, Ästhetische Theorie, GS VII/ 154.
Derrida, „Die différance“, S. 38.
Eine so verstandene Notation verweist also auch ex negativo auf das Idiomatische im Sinne Adornos, indem sie anzeigt, welche musiksprachlichen Konventionen gerade nicht aufzurufen sind.
Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 264.
Ebd., S. 265.
Ebd., S. 275.
Ebd., S. 265.
Zwei Konsequenzen dieser Überlegung möchte ich hervorheben: Erstens wäre das von Adorno beleuchtete dialektische Verhältnis von Gedächtnis und Schrift „als dessen Feind“ (ebd., S. 226) neu zu artikulieren, und zwar in Hinblick auf die veränderte, konstitutive Rolle des Ersteren. Zweitens hätte sich ein Teil dessen, was Adorno unter den Materialbegriff fasst, nämlich die ‚technischen Produktivkräfte‘ einer bestimmten Zeit, von der Komposition selbst losgelöst und der interpretierenden Subjektivität überantwortet, die freilich auch als ‚technische Produktivkraft‘ zu verstehen wäre.
Ebd., S. 268. In Hinblick auf die Vertrautheit von Interpret*innen mit der Idiomatik neuer Musik ist eine Stelle in der Partitur zu Jennifer Walshes für das Arditti Quartet komponierte Everything Is Important (2016) aufschlussreich. Dort findet sich die verbale Anweisung: „Incredibly frenetic, new complexity style playing“ (Zeitpunkt: 00:21). Walshe, Everything Is Important, S. 3. Ich danke Michelle Ziegler für den Hinweis.
Relevant ist hier u.a. die Praktik Tudors, Transkriptionen anzufertigen. Für eine genaue Untersuchung des Vorgehens Tudors bei der Realisierung Cage’scher Kompositionen siehe Iddon, John Cage and David Tudor.
Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 268.
Adorno, „Über einige Relationen zwischen Musik und Malerei“, GS XVI/ 633: „Nähert heute, wie der Terminis écriture es anzeigt, Malerei sich der Schrift, so besagt das nichts anderes, als daß, wie alles Subkutane in der gegenwärtigen Kunst, die latente Zeitlichkeit im Bild durchschlägt“.
Seel, Ästhetik des Erscheinens, S. 178.
Ebd.
Adorno, „Über einige Relationen zwischen Musik und Malerei“, GS XVI/ 632.
Ebd., S. 633.
Bussotti war neben der Regie auch für die Kostüme verantwortlich, als Choreograph wirkte Giancarlo Vantaggio. Siehe Homepage von Sylvano Bussotti,
Siehe La Face, „Teatro, eros e segno nell’opera di Sylvano Bussotti“, S. 254.
Kagel, „Komposition – Notation – Interpretation“, S. 60.
Ligeti, „Neue Notation – Kommunikationsmittel oder Selbstzweck?“, S. 36f.
Ebd., S. 38.
Ebd.
Haubenstock-Ramati, „Notation – Material und Form“, S. 52.
Stockhausen, „Musik und Graphik“, S. 182.
Siehe Universal Edition (Hg.), Musikalische Grafik.
Eine Aufnahme der am 29. August 1959 abgehaltenen Veranstaltung ist im Archiv des Internationalen Musikinstituts Darmstadt verfügbar.
Magnus, Aurale Latenz, S. 296. Der von Magnus vor allem anhand der graphischen Notationen und ästhetischen Vorstellungen Earle Browns entwickelte Ausdruck einer „auralen Latenz“ musikalischer Schrift zielt insbesondere auf eine solche, im spontanen Interpretationsakt (immer wieder neu und anders) umzusetzende „intendierte[] Musikalität“ (Magnus, „Aurale Latenzen“, S. 127) graphischer Figurationen.
Bussotti beschreibt sie als „i veri e propri avvenimenti (‚acustici‘) del pezzo“. In diesem Band: Freund/Marsico, „Bussotti’s notes on Pièces de chair II“, S. 214[9 fortges.].
Diesen Begriff verwendet Dahlhaus in „Notenschrift heute“, S. 32.
In diesem Band: Freund/Marsico, „Bussotti’s notes on Pièces de chair II“, S. 214[9 fortges.].
Ebd.
Im italienischen Original spricht Bussotti von „‚ritorni‘ (cammini a ritorsi) del tempo“. Ebd.
Ebd., S. 212[9]: „[L]a totalità delle linee ‚frequenze-tempo‘ è raffigurata sul foglio come una silenziosa e virtuale prensenza“.
Die sichtbaren Schwingungen (oscillazioni) der Linien, so heißt es bei Bussotti, können – abhängig vom Kontext – sowohl eine Alteration der Tonhöhe als auch der Tondauer bewirken: Beide Parameter sind in diesen Fällen also in einem Symbol vereint. Siehe ebd., S. 214[9 fortges.].
Krämer, Figuration, Anschauung, Erkenntnis, S. 102.
In diesem Band: Freund/Marsico, „Bussotti’s notes on Pièces de chair II“, S. 214[9 fortges.].
Vgl. Karkoschka, Das Schriftbild der Neuen Musik, S. 5.
Ligeti, „Neue Notation – Kommunikationsmittel oder Selbstzweck?“, S. 43.
Dahlhaus, „Notenschrift heute“, S. 31, Herv. d. Verf.
Zur musikwissenschaftlichen Rezeption der bildtheoretischen Schwerpunktsetzungen Boehms siehe Nanni, „Das Bildliche der Musik: Gedanken zum ‚iconic turn‘“, S. 405–407.
Boehm, „Unbestimmtheit. Zur Logik des Bildes“, S. 210.
Boehm, „Jenseits der Sprache? Anmerkungen zur Logik der Bilder“, S. 37.
Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 85.
Adorno, „Die Kunst und die Künste“, GS X.1/ 437.
In diesem Band: Freund/Marsico, „Bussotti’s notes on Pièces de chair II“, S. 220[12]: „‚lettura‘ di un disgeno“.
Bussotti, „Note sui ‚Piano Pieces for David Tudor‘“, S. 54: „Procedendo in tal senso venne fatto di individuare, in un vecchio disegno, precise probabilità musicali che necessitavano, per venire alla luce, non soltanto l’elaborazione di un complesso ed inedito sistema di indagine, ma l’assoggettarsi, da parte di un interprete d’eccezione quale il Tudor, ad un inconsueto quanto interminabile esercizio di esegesi.“
Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 91.
In diesem Band: Freund/Marsico, „Bussotti’s notes on Pièces de chair II“, S. 204[5]: „[N]el campo specifico della scrittura gli scambi, le ambiguità, particolarità, anomalie e contraddizioni di cui sopra, maggiormente si manifestano.“
Ebd.: „[O]gni elenco sintetico rischiando d’irrigidire la mobilità della scrittura entro schemi limitati e ristretti“.
Ebd.
Z.B. im Falle des „Piano Piece for David Tudor 4“. Siehe ebd., S. 220[12].
Für eine Auseinandersetzung mit dem Ideal der ‚wahren Interpretation‘ in Adornos Reproduktionstheorie siehe Klein, „Adorno als negativer Hermeneutiker“, S. 45–47.
Siehe in diesem Band: Freund/Marsico, „Bussotti’s notes on Pièces de chair II“, S. 220[12]: „[A]d ora resta la soluzione ‚optima‘ da scoprire“. Bussotti bezieht sich hier auf das „Piano Piece for David Tudor 4“.
Siehe ebd., S. 218[11].
Siehe ebd., S. 204[5].
Vgl. für einen solchen Ansatz: Borio, „Die Darstellung des Undarstellbaren. Zum Verhältnis von Zeichen und Performanz in der Musik des 20. Jahrhunderts.“
Adorno, „Die Kunst und die Künste“, GS X.1/ 432.
Ebd., S. 450.
Siehe ebd., S. 452.
Adorno, „Vers une musique informelle“, GS XVI/ 495. Explizit beschreibt Bussotti in seinem Vorwort zu Due Voci (1958) seine Kompositionstechnik als „aseriell“: Bussotti, Due Voci [Vorwort], o.P.
Adorno, „Der junge Schönberg“, NaS IV.17/ 95.
Gemeint ist hier z.B. die bereits erwähnte Dichotomie von organischer und sinnleerer Form.
Bussottis genuine Zeichnungen gehen zum Teil von Elementen musikalischer Notation aus; andererseits finden zeichnerische Elemente, Bühnenbilder und Kostümentwürfe Eingang in seine Partituren. Adorno thematisierte demgegenüber das Problem „des Vorrangs des Ästhetischen als des Beseelten vor seinen Medien“: Adorno, „Die Kunst und die Künste“, GS XVI/ 439.
In dem 2002 in der Schriftensammlung Disordine alfabetico veröffentlichten kurzen Text „Adorno se. Su alcune composizioni musicali di un filosofo della musica“ bekundet Bussotti, dass er Adorno – neben seinem Lehrer (und Schönberg-Schüler) Max Deutsch – ‚wesentliche Einflüsse‘ verdanke. Bussotti, „Adorno se“, S. 212. Der italienische Aufsatz enthält einige aus Briefen Adornos zitierte Passagen sowie Anmerkungen zu Adornos Sechs Bagatellen op. 6 und den Vier Gedichten von Stefan George op. 1.
Dabei handelt es sich um Opp. 1, 3, 5, 6 und 7.
Brief von Adorno an Bussotti, 8. Januar 1968, Theodor W. Adorno Archiv, Frankfurt am Main, Br 0241/26.
Siehe z.B. Brief von Bussotti an Adorno, 18. Januar 1967, Theodor W. Adorno Archiv, Frankfurt am Main, Br 0241/17.
Siehe Brief von Bussotti an Adorno, 1. Dezember 1963, Theodor W. Adorno Archiv, Frankfurt am Main, Br 0241/10.
Fälschlicherweise ist bei dem späteren Wiederabdruck des Textes als „Theodor Adorno, l’extra et la linea della vita“ in Scarlini (Hg.), Corpi da musica, das Jahr der Erstpublikation in Marcatrè als 1970 angegeben. Dem Wiederabdruck in Corpi da musica ist auch eine englische Übersetzung beigegeben: „Theodor Adorno, the extra and the lifeline“.
Bei dem Text handelt es sich um eine Montage aus autobiographischen Erzählstücken, Erinnerungen Bussottis an persönliche Begegnungen mit Adorno (in Köln, Paris, Frankfurt, Bremen, Lucca), die zum Teil ins Traumhafte gewendet werden, Ausschnitten aus Briefen Adornos an Bussotti und Michael Marschall von Bieberstein (zu der Zeit Direktor des Goethe-Instituts in Rom) sowie zitierten Passagen aus Adornos Aufsatz „Musik, Sprache und ihr Verhältnis im gegenwärtigen Komponieren“. Bussotti hatte im Vorfeld seines Einführungsvortrags Adorno wiederholt und nachdrücklich um Informationen zu seinen Werken gebeten, dem Adorno allerdings nicht nachkam, aus „Furcht, als Komponist mit dem Theoretiker verwechselt zu werden“ und mit dem expliziten Wunsch, „daß die Zuhörer, soweit sie das vermögen, alles vergessen, was ich je über Musik oder sonst etwas geschrieben habe, auch nicht meine Sachen als Anwendungen von Theorien hören, sondern einfach dem Phänomen sich überlassen.“ Brief von Adorno an Marschall von Bieberstein, 27. März 1967, Theodor W. Adorno Archiv, Br 0977/10.
Bussotti, „Theodor Adorno, the extra and the lifeline“, S. 160. Vgl. die entsprechenden Stellen in Adorno, „Musik, Sprache und ihr Verhältnis im gegenwärtigen Komponieren“, GS XVI/ 659f.
Bussotti, Phrase à trois [Spielanweisungen], o.P.
Ebd.
Brief von Bussotti an Adorno, 27. Mai 1960, Theodor W. Adorno Archiv, Frankfurt am Main, Br 0241/1.