Adornos Theorie der musikalischen Reproduktion als Herausforderung für die digitale Codierung musikalischer Schrift

In: Dialektik der Schrift
Author:
Stefan Münnich
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Keine Anweisung zur Aufführung, keine Fixierung der Vorstellung, sondern die notwendig fragmentarische, lückenhafte, der Interpretation bis zur endlichen Konvergenz bedürftige Notation eines Objektiven.1

Mit dieser Notiz in den überlieferten Aufzeichnungen Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion umreißt Theodor W. Adorno nicht nur seine darin formulierte Ausgangsfrage: „Was ist ein musikalischer Text?“, sondern stellt gleichsam das Programm für den Modus seines Schreibens und Denkens auf: keine fertig fixierten Vorstellungen, sondern teils lückenhaft springende, teils paradoxe Annäherungen, die der Interpretation des Notierten bedürfen. Auch wenn uneingeschränkt die Position geteilt werden muss, dass rein zufällige, biographische Gründe dazu führten, dass Adornos Überlegungen zu einer musikalischen Reproduktionstheorie – und mit ihr eng verwoben einer Theorie der musikalischen Schrift2 – genau wie sein „Fragment über Musik und Sprache“3 und andere Aufzeichnungen eben genau das geblieben sind: Fragmente, Offengelassenes, Nicht-Abgeschlossenes, so entbehrt dies jedoch nicht einer gewissen Konsequenz und auch Faszination. Offenbart sich hierin doch, zumindest aus philologischer Sicht, eine aufschlussreiche Perspektive auf Adornos Schreibwerkstatt in der Konzeptionierungsphase eines Textes und zugleich eine erstaunliche Kongruenz der inhaltlichen Bestimmungsarbeit, die Adorno leistet, zu der Form, in der sie überliefert ist.4 Fast scheint es, als wöbe Adorno seine Gedanken und Einsichten bewusst in eine Hülle aus Sprache und Text, freilich nicht im Sinne ‚leerer Worthülsen‘, sondern im Sinne einer schützenden, halbdurchlässigen Membran, die einen Blick auf das Dahinterliegende nur adäquaten Botenstoffen gewährt.5 In dieser Halbdurchlässigkeit, dem konstellativen Setting des vermeintlich Nicht-Fertigen, Offengelassenen,6 man könnte auch sagen: der ausformulierten Unschärfe, liegt zugleich die Faszination und die Herausforderung sowohl im Umgang mit musikalischer Schrift als auch mit Adornos Aufzeichnungen – eröffnet sich hier doch ein dynamischer Operationsraum zwischen wörtlicher Auseinandersetzung auf der ‚Zeichen-Ebene‘ (Nahperspektive) und performativer, gestisch-nachahmender Auslegung (Stichwort: Mimesis) auf der ‚Bild-Ebene‘ (Fernperspektive). Nimmt man dies ernst, so müsste das ‚Dahinterliegende‘ von Adornos Notizen und Gedanken selbst erst in einem performativ-mimetischen Nachvollzug, einem ‚Gedanken-Machen‘, wieder zum Vorschein bzw. an die Oberfläche gebracht werden.

Im Folgenden soll daher ein solcher performativer Nachvollzug versucht werden. Und zwar möchte ich den Blick dabei auf die zentrale Fragestellung werfen, die das Thema des vorliegenden Bandes und des vorausgegangenen Symposiums „Musik, Schrift, Differenz“ inspiriert hat: Wie verhält sich Musik zu ihrer Schrift bzw. worin liegt ihre Differenz begründet? Bemerkenswerterweise stellt Adorno die Frage in seinen Aufzeichnungen Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion anders: „Wie verhält sich die Notenschrift zur Schrift? Eine der zentralsten Fragen, unlösbar von der: wie verhält Musik sich zur Sprache?“7 Adorno ersetzt also die Differenz ‚Musik vs. musikalische Schrift‘ durch eine doppelte Differenz ‚Musik vs. Sprache‘ und ‚musikalische Schrift vs. Schrift‘.8 Warum? Neben der Möglichkeit, durch den seit der Antike verhandelten Topos einer Sprachähnlichkeit von Musik gleichsam eine Schriftähnlichkeit musikalischer Schrift zu postulieren, lässt sich in diesem Vorgehen eine Komplexitäts-Reduktions-Strategie erkennen, die es Adorno erlaubt, musikalische – also übersprachliche – Kommunikationsprozesse mit den einschränkenden Mitteln von Sprache bzw. Schrift überhaupt zu adressieren.9 In dem bei Adorno dialektisch vermittelten Dreischritt von Musik über Sprache über Schrift zur musikalischen Schrift wird die Differenz von Musik und ihrer Schrift somit zwar nur indirekt, aber fokussierbar ausgeleuchtet.

Bei der anstehenden Betrachtung soll ein ähnlich indirekter Weg beschritten werden, allerdings in anderer Richtung, und zwar über die digitale Codierung von Musik. In Anlehnung an Adornos ‚analogen‘ Dreischritt ließe sich in den Differenzrelationen von Musik zu digitalen Musikcodierungen, von diesen zu digitalen Codierungen musikalischer Schrift, sowie von diesen wiederum zur musikalischen Schrift ein ‚digitaler‘ Dreischritt wagen, der ebenfalls – und das ist die These dieses Beitrags – etwas über die Beziehung sowie Differenz von Musik und musikalischer Schrift auszusagen imstande ist. Vor allem das Verhältnis von musikalischer Schrift zu ihrer digitalen Codierung ist es, das hierbei besonders interessiert und das die folgenden Betrachtungen innerhalb des in Abb. 19.1 angedeuteten Annäherungskontextes an entsprechender Stelle verortet.

Abb. 19.1
Abb. 19.1

Annäherung an die Differenz von Musik und musikalischer Schrift mit ‚analogem‘ (oben) und ‚digitalem‘ (unten) Dreischritt und den jeweiligen Differenzrelationen (δ, δ‘, etc.)

Was bringt dieser ‚Umweg‘? Zum einen erlaubt er, Adornos grundlegende Ausführungen zur Thematik einzubinden, um jene Prozesse, die bei der digitalen Codierung musikalischer Schrift ablaufen, kritisch zu befragen und zu durchleuchten; denn gerade im Bereich der digitalen Reproduktion musikalischer Schrift, wie sie gegenwärtig in diversen Notencodierungsformaten erprobt und angestrebt wird, um einen technischen Zugriff und bis dato nicht dagewesene maschinelle Auswertbarkeit zu ermöglichen, scheint eine Rezeption von Adornos herausfordernden Überlegungen bislang kaum stattgefunden zu haben. Dabei böten sich einige Anknüpfungspunkte an: das Moment der Nachahmung (Mimesis), der Begriff der ‚Röntgenphotographie‘10, die Problematik der ‚Leerstellen‘ bzw. Übertragungsverluste oder auch die Differenz von zeichenhafter Nah- und bildhafter Fernperspektive. Im Umkehrschluss ermöglicht die Betrachtung eben jener Codierungsprozesse das Verhältnis von Musik und (musikalischer) Schrift auch bei Adorno zu reflektieren. Ob es sich dabei um einen adäquaten Zugang handelt, dessen Membran durchlässig sein kann, wird sich zeigen.

Terminologie I: Überlegungen zu Notation, Skript und musikalischer Schrift11

Was genau Adorno in seinen Aufzeichnungen Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion eigentlich unter ‚musikalischer Schrift‘ versteht, bleibt bisweilen – wie erwähnt vermutlich ganz bewusst – unspezifisch bis unklar. So heißt es an einer Stelle:

Gleich der sprachlichen ist die musikalische Schrift ein Zeichensystem.12

Und wenig später:

Gerade weil Musik eine intentionslose [d.h.: bedeutungsfreie, Anm. S.M.] Sprache ausmacht, ist der signifikative Charakter ihrer Schrift, die Differenz von Zeichen und Bezeichnetem, zum qualitativen Bruch gesteigert.13

In den weiteren Aufzeichnungen verwendet Adorno die Begriffe Notenschrift, Notation, musikalische Schrift oder musikalischer Text größtenteils synonym. Auch heute noch lässt sich nicht nur in der (musikbezogenen) Alltagssprache, sondern auch im einschlägigen fachwissenschaftlichen Diskurs, eine teils deckungsgleiche Begriffsverwendung feststellen, der trotz des lange Zeit primären bzw. einseitigen historiographischen Fokus auf die Schriftform überlieferter Musik eine Marginalisierung schrifttheoretischer Reflexionen sowie ein gewisses Desinteresse an terminologischer Schärfung zu attestieren ist.14 So beginnt der MGG2-Artikel zu „Notation“ mit dem Zirkelschluss: „Die Notation von Musik ist Schrift und damit ein Teilbereich allgemeiner Notationssysteme.“15 Weitere Beispiele ließen sich anführen. Um die Begriffsvielfalt ein wenig einzuschränken und zu präzisieren, bevor ihr im nächsten Abschnitt dieses Beitrags der Begriff der musikschriftlichen Codierung wiederum hinzugefügt werden soll, seien hier zunächst einige terminologische Bestimmungsversuche unternommen:

In einem ersten Schritt der Reduktion seien im Rahmen dieses Beitrags sämtliche mit der Vorsilbe ‚Noten-‘ akkompagnierten Begriffe (Notenschrift, Notentext, Notenbild, Notenzeichen, usw.) zurückgestellt. Begründet sei dies mit der in der Vorsilbe liegenden Einschränkung auf eine bestimmte Erscheinungsform musikalischer Aufzeichnungspraktiken – nämlich ‚Noten‘ –, die nur in einem bestimmten historischen Zeithorizont überhaupt – und wenn, dann gar nicht so stabil, wie der Begriff vermuten lässt – zum Tragen kommen. Alternative Aufzeichnungsformen (Dasia-Zeichen der musica enchiriadis, Neumen, primär graphische Partituren der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Formen außereuropäischer Aufzeichnungspraktiken usw.) blieben hier ausgeschlossen, was darauf hindeutet, dass im ‚Noten‘-Begriff durchaus noch sedimentierte Reste eines vermeintlich überkommenen, eurozentristisch-kanonischen Werkverteidigungsdenkens auszumachen sind. Ähnliches gilt für den Textbegriff, der auch in der Form ‚musikalischer Text‘ oder ‚musikschriftlicher Text‘ hier keine Anwendung finden soll.16 Diese Reduktion erfolgt zugunsten einer inklusiveren Musikschriftlichkeit (musikalische Schrift, musikschriftliches Zeichen, usw.), deren Bestimmung in einem folgenden Schritt der Präzision erfolgen soll. Auch der noch verbleibende Begriff der Notation soll in diesem Zusammenhang geschärft werden.

Wenn, wie Adorno behauptet, sich musikalische Schrift auf Schrift im Allgemeinen beziehen lässt, so müsste zuvorderst ein Begriff für Schrift angegeben werden. Hierfür sei ein Strukturmodell des Schriftbegriffs zugrunde gelegt, das Gernot Grube und Werner Kogge im Anschluss an Sybille Krämer vorgelegt haben und das sich aus der triadischen Konstellation und Bedingtheit von Referenz, aisthetischer Präsenz und Operativität speist.17 ‚Referenz‘ verstehen Grube und Kogge hier als bezugnehmende Verweisfunktion der Schrift, die auch „dann nicht beschädigt [wird], wenn die Projektionsbeziehung zwischen Schriftzeichen und ihrer Bezugsordnung uneindeutig ist.“18 Unter ‚aisthetischer Präsenz‘ werden die einer sinnlichen Wahrnehmung zugänglichen und dauerhaften ‚Gestaltformationen‘ gefasst, die eine Ablösung vom Erzeugungskontext (Verdauerung), Nachbearbeitungen sowie Eigenbewegungen in der Schrift erst ermöglichen.19 Der Präsenzaspekt betont demnach nicht eine bloße Visualisierungsfunktion, sondern eher eine Verräumlichungsfunktion von Schrift. Mit dem Terminus ‚Operativität‘ wollen Grube und Kogge in Abgrenzung vom ‚gewöhnlichen Bild‘, welches die zwei vorgenannten Bedingungen ebenfalls erfüllt, den Aufbau von Schrift „aus prinzipiell unterscheidbaren und definiten Elementen“ betonen, mit denen „grundsätzlich nach eindeutigen Regeln operiert werden kann.“20 Dies nennen sie den operativen oder auch „notationalen Aspekt“ von Schrift. Da der hierbei zugrunde gelegte Notationsbegriff – zumindest in Bezug auf Musik – nicht unproblematisch zu sein scheint, soll der Begriff der ‚Operativität‘ gleich noch weiter beschäftigen; für eine mögliche Bestimmung musikalischer Schrift ist erst einmal wichtig festzuhalten, dass es nach dem triadischen Strukturmodell des Schriftbegriffs von Grube und Kogge

nicht erforderlich [ist], dass ein Sinn (eine Bedeutung, ein Konzept) schon sprachlich oder mental vorliegt, damit dieser sodann schriftlich kodiert werden kann. Schrift gilt nach dieser Auffassung als ein Medium sui generis, das systematisch weder von der Sprache noch von sonst einer semiotischen Ordnung abhängig ist; das vielmehr geeignet ist, prinzipiell jede strukturierte Sphäre zu vergegenwärtigen.21

Vor diesem dezidiert lautsprachenunabhängigen Dispositiv erscheint das Strukturmodell demnach grundsätzlich geeignet, die Überführung auch der musikalischen Sphäre in den „spezifischen Darstellungs- und Operationsraum der Schrift […] [b]egreiflicher zu machen“22 und so eine Annäherung an Adornos Frage, wie sich musikalische Schrift zur Schrift verhalte, zu ermöglichen. Das triadische Strukturmodell macht deutlich, dass es gerade das Zusammenspiel und die gegenseitige Bedingtheit der drei bezeichneten Aspekte ist, die einen Schriftbegriff umreißen (Referenzialität ist auch bei transitorischen Phänomenen wie Klang oder Sprache, Referenzialität mit aisthetischer Präsenz auch bei Bildern gegeben). Sollte musikalische Schrift nunmehr Referenz-, Präsenz- sowie operative Aspekte ausprägen, so ließe sich wohl tatsächlich von einer Schrift sprechen und demnach musikalische Schrift als Teilbereich allgemeiner Schrift identifizieren.

Zum Präsenzaspekt: In ihrer dauerhaft sinnlichen Wahrnehmbarkeit können musikalische Notate als kulturelle Artefakte beschrieben werden. Adorno hat dies, ganz in der Tradition des schriftverwehrenden Sokrates in Platons Phaidros23, als „tödliches Moment“ von Notation apostrophiert:

Der Verewigung der Musik durch Schrift eignet ein tödliches Moment: was sie hält, wird zugleich unwiederbringlich. (Etwas früher stellen, verräumlichen heißt da sein: die absolute Gegenwart wäre zeitlos und nur was ganz da ist, läßt sich beherrschen. Verräumlichung ist ihrem Inhalt nach Beherrschbarkeit.)24

Die Verräumlichungsfunktion des Schriftzeichens macht es zu etwas Seiendem („da sein“) und somit adressierbar bzw., wie Adorno negativ dialektisch aufklärt, beherrschbar.25 Durch ihre verdauerte Präsenz werden die Zeichen strukturellen Prozessen, wie einer reflexiv an den Lesefluss gekoppelten (primären und sekundären) Schreibrichtung26, unterworfen sowie den Möglichkeiten nachträglicher Bearbeitungsschritte, von Umstellung über Erweiterung zu Ersetzung oder Tilgung, allesamt substituierende Prozesse.27 In Ergänzung dazu lassen sich durch die Bildlichkeit der Zeichen-Präsenz auf rein ikonographischer Ebene vergleichende Prozesse durchführen, die Ähnlichkeits- und Differenzbeziehungen zwischen Einzelzeichen, Zeichengruppen oder Zusammenstellungen jeglicher Granularität – auch in ihrer historischen Veränderlichkeit – ins Blickfeld nehmen und rücken können:28

Was Zeichen was Bild ist wechselt. Beleg: Notenkopf und Ligatur. Es werden immer mehr Bilder zu Zeichen und diese treten zu immer neuen Bildern zusammen.29

Ich kann im Allgemeinen, beim Überblicken und Erfassen des Notenbildes, eine Musik beurteilen, noch ehe ich sie mir exakt vorstelle.30

Da die aisthetische Präsenz von Schrift mit räumlicher Distanz einhergeht, ohne die sie nicht wahrnehmbar wäre, lassen sich, je nach gewählter Distanz, unterschiedliche Nah-(Zeichenebene) oder Fernperspektiven (Bildebene) einnehmen. Zwischen diesen Perspektiven können Prozesse vermitteln, die hier im Anschluss an Gilbert Simondon als transduktiv bezeichnet werden sollen. ‚Transduktion‘ bezieht sich bei Simondon auf „eine dynamische Operation, in deren Verlauf Energie aktualisiert wird, indem sie im Verlaufe eines Prozesses, der neue Materialitäten individuiert, von einem Zustand in einen anderen gebracht wird.“31 Als Überführungs- und Umwandlungsprozesse, die aufeinander Bezug nehmend eine allmähliche Strukturierung und Konturierung eines Bereichs vorantreiben, lassen sich die Transformationen und permanenten Rückkopplungseffekte zwischen Nah- und Fernperspektive, aber auch beim Aufschreiben, Lesen sowie der performativen Umsetzung musikalischer Zeichen transduktiv verstehen. Auch die im Writing Music-Projekt untersuchten Kernbegriffe der Ikonizität, Operativität, Materialität und Performativität lassen sich sowohl einzeln als auch in ihrem Zusammenspiel als Transduktionen auffassen. Dies zu zeigen, bleibt aber anderen Studien vorbehalten.

Zum Referenzaspekt: Laut gängiger Meinung verweisen musikalische Notate auf ein durch sie repräsentiertes, zeitliches Phänomen, den musikalischen Klang.32 Dies stellt sich jedoch im Grunde als nichts anderes als eine auf Musik übertragene phonozentrierte Sichtweise heraus, die die mediale Eigen- und Gleichwertigkeit von Schrift negiert und in der Vergangenheit oft zu erhöhtem argumentativem Aufwand zur Überbrückung dieses ‚qualitativen Bruchs‘ geführt hat.33 Die grundlegende Frage ist dabei: Wie soll ein verräumlichtes Zeichen auf ein zeitlich Ephemeres verweisen können? Ist es doch keineswegs so, dass „im Fünfliniensystem notierte Musik“34 oder andere historische Aufzeichnungsformen beim intuitiven, unvermittelten Anblick eine klangliche Realisierung oder Vorstellung hervorrufen würden. Eine solche kann erzeugt werden, wenn – und das ist der entscheidende Unterschied – entsprechende semantische Relationen entweder zuvor erlernt, einstudiert und etabliert, oder im Moment des performativen Vollzugs stets neu und spontan kontextualisiert und materialisiert werden.35 Dies verweist auf eine kognitive Funktion, die sich aus musikpädagogischen, kompositorischen, analytischen, rezeptiven, performativen oder auch spieltechnischen und instrumentenbaulichen Momenten konstituieren und zugleich in ihnen artikulieren kann, und die ich hier zusammenfassend als ‚musikalisches Wissen‘ bezeichnen möchte.36 Das musikschriftliche Zeichen würde demnach nicht direkt auf einen Klang verweisen, sondern nur auf ein (evidentes oder latentes) musikalisches Wissen, das das Zeichen in ein Verhältnis setzt zu anderen Zeichen und zu diesem Klang. Umgekehrt legt dies nahe, dass nicht Musik selbst verschriftlicht werden kann, sondern nur ein bestimmtes Wissen über sie. Dieses kann kompositorischer, analytischer, historischer oder auch rezeptiver Art sein und muss stets historisch betrachtet werden: Zu unterschiedlichen Zeiten, in unterschiedlichen Kontexten kann ganz unterschiedliches – komplementäres, alternatives, paralleles, redundantes – Wissen über Musik vorhanden sein, entstehen, sich transformieren und transduzieren.

Zur Operativität: Wie bereits dargelegt, verstehen Grube und Kogge hierunter den ‚notationalen Aspekt‘ von Schrift. Der dabei zugrunde gelegte Notationsbegriff geht zurück auf die von Nelson Goodman in Languages of Art (1968) dargelegte Notationstheorie, wie sie von Martin Fischer 1996 in seiner Magisterarbeit zur Bestimmung von Schrift (genauer: formal-logischer Sprachen, wie sie in der Informatik zum Einsatz kommen) als notational (genauer: als Notationsschema Goodman’scher Lesart) herangezogen und in die frühen Schrift-Bild-lichkeitsdiskurse eingeführt wurde.37 Fischer entwickelte seine Ausführungen an der damals gängigen Behauptung, dass ‚der Computer‘ eine ‚neue Mündlichkeit‘ hervorbringe, wohingegen er ihn „als genuin schriftgebundenes Medium“38 bestimmte. Dabei vernachlässigte Fischer – erklärtermaßen – die von Goodman für ein Notationssystem geforderte semantische Disjunktheit und Differenziertheit sowie Eineindeutigkeit und hob allein auf die für ein Symbolschema von Goodman geforderte syntaktische Disjunktheit und Differenziertheit ab, wodurch ihm laut Elena Ungeheuer, „ein radikal pragmatischer Blick [gelang], der das operative Potential von Schrift herausstellte“.39 In einer späteren Einzeldarstellung hat Fischer selbst den Begriff der ‚operativen Schrift‘ für logische Symbolschemata als „strukturellen Gegenpol zum Symbolsystem der mündlichen Rede“40 vorgeschlagen.

Hieraus ergeben sich mehrere Probleme – darunter ein rezeptives und ein strukturelles: So wird durch Verschleifungseffekte in der Rezeption von Fischers Texten dessen Interpretation der Goodman’schen Notationstheorie häufig verkürzt auf die Formel: ‚Schrift = Notation = Vorhandensein differenzierter und disjunkter Elemente‘. Die bei Goodman (und von Fischer in weiten Teilen differenziert dargelegte) fundamentale Unterscheidung von syntaktischer und semantischer Ebene, sowie zwischen Notationsschema und -system erscheint hierbei eliminiert.41 Das strukturelle Problem betrifft die Frage, ob Goodmans Notationstheorie sich überhaupt eignet, um auf musikalische Notationen übertragen zu werden.42 Dass sie historisch durchaus genau dafür in Anschlag gebracht wurde,43 ist nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass Goodman selbst sein Notationsmodell auch mit Blick auf musikalische Schriftformen konzipiert hatte: Ein Notationssystem ist bei ihm ein Notationsschema (eine Menge von Zeichen plus Regeln zu deren Kombination) verknüpft mit einem Gegenstandsbereich/Referenzfeld (field of reference), auf dessen Objekte denotativ Bezug genommen wird (correlation).44 Für Goodman hat eine musikschriftliche Partitur eine denotative Referenz auf ihre Aufführung, ähnlich wie ein geschriebenes Wort auf seine Aussprache. Die Identität eines ‚Werkes‘ werde von Aufführung zu Aufführung allein durch den Rückbezug auf die Partitur gewährleistet. Um diese (theoretische) Funktion der ‚Identität des (musikalischen) Werkes‘ zu erfüllen, so Goodmans Ausgangspunkt, müsse eine Partitur (das notationale System, in dem sie abgefasst ist) den oben genannten fünf Kriterien folgen, was durch eine (selbst schlechte) Aufführung vollständig erfüllt sei. Umgekehrt jedoch würde eine einzige falsche Note die Identifikationsfunktion der Partitur aushebeln.45 Fraglich bleibt, ob und wie Goodman mit einer klanglichen Kriterien ungenügenden, aber richtig gespielten Aufführung umgehen kann, z.B. einer tonhöhenkorrekten Wiedergabe in einem MIDI-Ausgabegerät. Oder einer Aufführung von Beethovens V. Symphonie, um bei Goodmans Beispiel zu bleiben, auf selbstgebauten (geleimten und gebogenen Spanplatten- und Kupferrohr-)Instrumenten, die nahezu keinen musikalischen Ton hervorbringen.46 Welchen ‚Werk‘-/Partitur-Begriff legt Goodman hier zugrunde? Und warum brauchen wir diese Kategorien überhaupt, um von Notation (sei es als Schema oder System) zu sprechen?

Derartige und ähnliche Fragen haben den Linguisten und Semiotiker Roy Harris dazu bewogen, Goodmans Notationstheorie als „fixed-code theory“ zu kritisieren, „i.e. all systems that conform to its requirements provide for a totally determinate encoding and decoding of every message“.47 Für Harris ist die Unterscheidung Goodmans zwischen notational und nicht-notational hauptsächlich ein Surrogat für die Begriffe digitales vs. analoges System. Harris’ eigenes Modell (in konsequenter Weiterführung von Saussures strukturalistischem Ansatz) hält dem entgegen, dass Zeichenbedeutungen nicht aus vor-festgelegten, fixen Beziehungen zwischen Signifikat und Signifikant entstehen, sondern stets kontextabhängig seien. Harris unterscheidet dabei grundsätzlich zwischen ‚Notation‘ und ‚Skript‘ (script).48 Notationen sind für ihn kulturelle Artefakte (im Gegensatz zu phonologischen Systemen), die spezielle Konstellationen der zugrunde liegenden Zeichen im Sinne eines finiten Zeicheninventars gestatten, dem noch keinerlei Referenzfunktion zugesprochen werden kann. Sie stellen den symbolischen Rahmen – im Sinne eines frames49 – bereit, dessen Einheiten in jeglichen visuellen Signalisierungssystemen eingesetzt werden können.50 Demgegenüber meint ‚Skript‘ die prozessuale Anpassung und Anwendung, verbunden mit syntaktischen Regeln, in einem solchen konkreten Ausdruckssystem wie der Schrift. Dabei kann dieselbe Notation in beliebig vielen unterschiedlichen ‚Skripten‘ zur Anwendung kommen, da ein Notationselement erst durch seine konkrete Einbindung in eine Schrift einen Zeichenwert im Kontext dieses Ausdruckssystems erhält.51 In Anlehnung an Harris’ Bezeichnung ‚fixed-code theory‘ für Goodmans Modell möchte ich hier Harris’ kontextbetonendes Modell als ‚dynamic-code theory‘ ansprechen, die ein Zeichen stets in Wechselwirkung mit und Abhängigkeit von seinem umgebenden Kontext betrachtet. Harris’ analytische Unterscheidung von Notations- und Ausdruckssystem bietet mit ihrer Grundannahme, „dass Schrift auf der Korrelation zweier graphischer Systeme beruht, der zugrunde gelegten Notation und ihrer modifizierten Anpassung [‚script‘] in der jeweiligen Schrift“,52 eine begriffliche Differenzierung an, die Goodmans Theorie, speziell in Fischers Interpretation, nicht leisten kann. Notationen (im Harris’schen Sinn) sind nach dem zuvor dargelegten triadischen Strukturmodell aufgrund ihrer fehlenden Referenzialität53 nicht unter den Schriftbegriff zu subsumieren, sondern: Schrift kann sich aus ihnen konstituieren. Übertragen auf musikalische Notationen, stellen diese mit Harris somit nur ein Zeichenarsenal zur Verfügung. Erst in ihrer skriptuellen Anwendung werden diese zur musikalischen Schrift. In dem Moment des Übergangs von Notation zu Skript lässt sich ein Operativ-Machen, sprich das operative Moment, das ja der Ausgangspunkt dieses Exkurses zum Notationsbegriff darstellte und sich als konstitutiv für den Schriftbegriff erwies, weiterhin wiederfinden.

Wie sich zeigt, lassen sich (unter Anpassung des zugrunde gelegten Notations- und Referenzbegriffs) die drei von Grube und Kogge aufgezeigten Teilaspekte eines Schriftbegriffs für musikalische Schrift in Anschlag bringen und somit musikalische Schrift als Teilbereich allgemeiner Schrift bestimmen.

Wenn zuvor gesagt worden ist, dass Adorno im Hinblick auf seinen Schriftbegriff unspezifisch bleibt, so wird er doch in (mindestens) einem Punkt recht deutlich: Dies betrifft die Dynamik der in der musikalischen Schrift aufeinander bezogenen Momente. Adorno bezeichnet diese bekanntermaßen als das ‚Idiomatische‘, das ‚Mensurale‘ und das ‚Neumische‘. Auch wenn die Terminologie hier mitunter stark dem 19. Jahrhundert und insbesondere Hugo Riemann verpflichtet ist – möglicherweise wäre sie aktualisierbar mit (1) Kontext, ‚Spracheigentümlichkeit‘, (2) Zeichenvorrat, (3) Schriftbildlichkeit, Gestus, shape – so enthält sie doch Elemente, die in diesen Update-Versuchen nicht vollends aufgehen. Das „Warum?“ zeigt sich bei dem Versuch, Adornos Trias mit derjenigen des schriftbegrifflichen Strukturmodells von Grube und Kogge zusammenzudenken: Adornos Begrifflichkeiten scheinen nämlich nicht mit jenen der Referenzialität, Operativität und Präsenz zusammenzufallen, sondern eher die Leerräume – die Kanten zwischen den Knoten, wenn man so will – zwischen diesen dialektisch zu vermitteln und zu besetzen. So ließe sich das ‚Mensurale‘ bei Adorno („signifikativ […], der Inbegriff alles durch Zeichen eindeutig Gegebenen“54) als die Funktion verstehen, die sowohl von der Wahrnehmbarkeit des Zeichens als auch seinen Bezugnahmen geprägt ist (Präsenz – Referenz); dem ‚Neumischen‘ („gestisch […], das aus den Zeichen zu interpolierende strukturelle“55) käme die Funktion zu, zwischen Wahrnehmbarkeit und Gestik des Zeichenvorrats zu vermitteln (Präsenz – Operativität); dem ‚Idiomatischen‘ obläge „die aus der je vorgegebenen und das Werk einschließenden Musiksprache zu erschließende“56 Kontextualisierungsfunktion (Operativität – Referenz). Adorno interessiert für seine Reproduktionstheorie hierbei vor allem das Zusammenspiel der drei Funktionen, verkürzt gesagt: wie der Kontext durch das Zeichen ins Gestische übersetzt werden kann.57 Unter Ausnutzung der Differenz und gleichzeitigen Verschränkung der beiden (und mit Harris drei) diskutierten Schriftmodelle ließe sich diese Frage umformulieren zu: Wie kann musikalisches Wissen durch dynamisch-codierte Skripte medial (in Adornos Fall: performativ) verfügbar gehalten und transformiert werden?

Der Begriff der musikalischen Schrift ließe sich also in einer Arbeitsdefinition zusammenführend schärfen als diejenigen dynamisch-codierten (da notational bedingten) Skripte58, die evident oder latent musikalisches Wissen transduktiven Prozessen59 verfügbar halten. Mit dieser Annäherung lässt sich auch Adorno querlesen, wenn er schreibt:

Wahrscheinlich ist unser ganzes Bewußtsein eines musikalischen Zusammenhanges durch die Schrift vermittelt.60

Man muß die Zeichen in Nachahmung verwandeln und das Bild in die Erkenntnis. Beides nicht an sich in der Schrift gegeben sondern erfragt. Daher trägt diese ihre Dynamik in sich.61

Erst durch die Befragung der in einem Skript sich aktualisierenden Notationselemente lässt sich durch performativen Nachvollzug das darin dynamisch-codierte musikalische Wissen („Erkenntnis“, „Bewußtsein eines musikalischen Zusammenhanges“) transferieren und transformieren.

Differenzen digitaler Transduktionsprozesse

Der in Abb. 19.1 an Adornos Gedankenkonstrukt angelehnte digitale ‚Dreischritt‘ zwischen Musik (als Klang) und musikalischer Schrift soll im Folgenden noch etwas genauer unter Berücksichtigung der zu beobachtenden transduktiven Prozesse betrachtet werden. Dazu sei ein Schema herangezogen, das Günther Rudolph 2017 zur Beschreibung von „digitalen Musikrepräsentationsformen“ erstellt hat und das die Transformationsprozesse und -differenzen bei der Umwandlung von ‚nicht digital codiertem Audio‘ (natürlichen Klänge, analogen Aufnahmen) zu ‚digital codiertem Audio‘, von diesem zu ‚digital codierter musikalischer Schrift‘, und von dieser zu ‚nicht digital codierter musikalischer Schrift‘ aufzeigt (vgl. Abb. 19.2). Wie bei der eingangs diskutierten Ausgangsfrage Adornos wird interessanterweise auch hier gar nicht erst versucht, eine direkte Beziehung von Klang und Schrift auf der nicht digital codierten Ebene zu thematisieren. Tatsächlich deckt sich das Schema mit dem unteren, digitalen ‚Umweg‘ der Anfangsgrafik.

Abb. 19.2
Abb. 19.2

Differenzrelationen in digitalen Codierungs- und Decodierungsprozessen

Auf der Audio-Seite (linker Teil der Abbildung) kommen Analog/Digital- bzw. Digital/Analog-Wandler zum Einsatz, die zumeist Binärdateiformate62 als Ausgangs- oder Endpunkt haben. Hinter der rasanten Entwicklung von z.B. Audio-CD, WAV- oder MP3-Format seit den 1980er Jahren stehen neben forschungstechnologischen Fragen insbesondere auch eine industrielle Triebfeder und (musik-)ökonomische Interessen.

Die Schrift-Seite (rechter Teil der Abbildung) wird vor allem durch manuelle oder (semi-)automatisierte musikschriftliche Codierungs- (music encodings) bzw. Zeichenerkennungsverfahren (Optical Music Recognition – OMR) geprägt. Während für den Musiksatz bereits vielfältige ansprechende Lösungen für die visuelle Darstellung sowohl am Bildschirm als auch im Printbereich gefunden wurden und weiterhin optimiert werden, sind die Transformationsschritte von Musikdrucken oder -manuskripten hin zu digital codierter musikalischer Schrift weiterhin Gegenstand aktueller Forschungen in Editions- oder OMR-Projekten. Im Gegensatz zum Audio-Bereich werden die Codierungen hier meist als (auch noch) menschenlesbare Textdateien vorgehalten. Als verbreitetes Austauschformat hat sich MusicXML etabliert, als (musik)wissenschaftliche Anforderungen adressierendes Format darf hingegen wohl das Format der Music Encoding Initiative (MEI) gelten.63 Weitere gängige Formate werden durch ABC-Format, Plaine & Easie (PAE), GNU Lilypond, Humdrum (**kern), MIDI, MuseScore, MusicOWL oder Music Braille (BRF) zur Verfügung gestellt.64 Die automatisierte Erkennung musikschriftlicher Zeichen (OMR) darf zu Recht als hochkomplex und mitunter problematisch angesehen werden. Tatsächlich zeitigen kommerzielle OMR-Programme im Bereich (gedruckter) neuzeitlicher Takt- und Liniennotation zwar bereits erstaunliche Erkennungsraten; für alternative, frühere oder handschriftliche Aufzeichnungsformen von Musik lässt sich hier bislang keine ‚einfache‘ Lösung im Übergang zwischen nicht digitaler und digitaler Musikschrift identifizieren. Zumeist durch Künstliche Intelligenz- und Machine Learning-Verfahren unterstützt, sollen die komplexen Prozesse nachvollzogen und nachvollziehbar(er) gemacht werden.65

Im noch verbleibenden Bereich zwischen digital codiertem Audio und digital codierter Schrift (unterer Teil der Abbildung) wurden seit der Einführung von MIDI, der Entwicklung von Klangbibliotheken und Methoden der ‚Audio Feature Extraction‘ enorme Fortschritte erzielt. Dennoch bleibt besonders die Richtung Audio zu Schrift höchst fehleranfällig und vor allem mit Präzisionsverlusten verbunden,66 obwohl – und das ist der erstaunliche Befund – mit dem zugrunde liegenden maschinellen Binärcode eine vermeintlich fehler- und verlustfrei übersetzbare, medienunabhängige Transcodierung angenommen werden sollte.67

Es wird deutlich, dass hierbei in den unterschiedlichen Teilbereichen verschiedene Transformationsprozesse, prozedurale Abläufe, Programm-Codes zum Einsatz kommen, die auf ihre jeweilige Aufgabe dezidiert spezialisiert (und kaum gegeneinander austauschbar) sind. In einer ersten Annäherung ließe sich hier festhalten: Die spezifische Differenz δ zwischen den jeweiligen Positionen ist diejenige, die in den jeweiligen Transcodierungsprozess hineingelegt bzw. hinein programmiert ist. Soll heißen: Die transduktiven Schritte, die ein Prozess durchlaufen muss, um einen analogen Klang zu digitalisieren oder um eine digitale Codierung in musikalische Schrift zu transformieren, beschreiben zugleich die Differenz des Ausgangs- und Endzustands.

Dies hat mitunter weitreichende Konsequenzen: Während bei der A/D-Wandlung im Audio-Bereich weithin standardisierte Verfahren der Messtechnik und Signalverarbeitung zum Einsatz kommen, beruhen sehr viele Verfahren für die digitale Codierung musikalischer Schrift auf Initiativen von Firmen (proprietäre Software) oder individuellen Privatprojekten. Community-basierte Projekte wie die Music Encoding Initiative oder das als Freie Software konzipierte GNU LilyPond, in denen das Wissen vieler, idealerweise eines Großteils des Fachgebiets und darüber hinaus, zusammengeführt wird, bilden hier eher die Ausnahme. Aber auch dabei kommt oft zu wenig Input aus den Fachwissenschaften, sodass die Entscheidungen, wie bestimmte musikalische Aspekte in Zukunft in einem Musiksatzprogramm oder im World Wide Web dargestellt werden, ja, welchen Begriff wir überhaupt von (digitaler) musikalischer Schrift haben, möglicherweise von nur sehr wenigen Spezialisten bzw. im Zweifelsfall von Informatikern, Programmierern oder Web-Designern getroffen werden. Immerhin finden sich in diesem Bereich zumindest häufig, wenn auch nicht immer, mehr oder weniger ausführliche Dokumentationen über die getroffenen Entscheidungen und Transformations- bzw. Codierungsregeln. Schwieriger sieht es hier im Bereich der durch den Einsatz maschinellen Lernens unterstützten Transformationen zwischen digitalem Audio und digitaler Schrift aus: Hier entstehen ganz neue Problematiken, die sich dem Zugriff menschlicher Kontrolle und ‚Beherrschbarkeit‘ teilweise entziehen. So warnen mithin führende Expert*innen im Bereich der Artificial Intelligence-Forschung davor, selbstlernende Algorithmen sich selbst zu überlassen und eine neue ‚digitale Alchemie‘ zu begünstigen.68 Die konkreten Lernschritte, die Googles DeepMind-System AlphaGo bei seinem Sieg über den 18-fachen Go-Weltmeister Lee Sedol durchlief, sind z.B. aufgrund ihrer Komplexität größtenteils unbekannt. Gleichzeitig entstehen neue Forschungszweige wie „AI Neuroscience“, die versuchen, derartige Verstehenslücken zu schließen.69 Eine Musik- und Medienphilologie, aber auch allgemein eine Musikwissenschaft des 21. Jahrhunderts, steht vor der Herausforderung, kritische Zugänge, Bewertungs- und Bewältigungsstrategien auch für derartige algorithmische Prozesse und Überlieferungskontexte sowie eine ‚Code-Literacy‘ und Methoden der Code-Kritik zu entwickeln.70

Terminologie II: Überlegungen zu einer „Röntgenphotographie“ des Codes

Wenn im vorigen Abschnitt ganz unbedarft von digitaler Musikschrift oder musikschriftlicher Codierung die Rede war, so aus rein pragmatischen Gründen. Fragt man sich, ob die dargelegten Positionen zu einem Verständnis von musikalischer Schrift, von musikschriftlichen digitalen Codierungen sowie zu deren Wechselwirkungen beitragen können und ob der Code-Begriff produktiv genutzt werden kann, um sich dem Feld und der Beschreibung musikalischer Schrift und Notation anzunähern, so ist die Antwort auf diese Frage meines Erachtens definitiv ja, allerdings bedarf es dazu eines expliziten, theoretisch – auch begriffs-theoretisch – fundierten Zugangs zu den beteiligten Komponenten, der sowohl in der Begriffsgeschichte musikalischer Schrift, als auch derjenigen von Code allzu selten geleistet worden ist. Stellvertretend sei hier noch einmal der Notationsartikel in der MGG2 herangezogen, in dem diese beiden Momente – nahezu beschwörungshaft – verwoben sind:

Beim Lesen von Notenschrift sind gemäß den Ergebnissen jüngerer Lesetheorien visuelle und kognitive Vorgänge miteinander verbunden: Das visuelle Muster wird im Kontext identifiziert, decodiert und in seiner Bedeutung im inneren ‚Lexikon‘ abgerufen […]. Die in ‚moderner‘ musikalischer ‚Standardnotation‘ verbundenen abstrakten Zeichen […], Zahlen […], abbildenden Charaktere […], Abbreviaturen […] und verbalen Elemente sind auf den ersten Blick aufgrund der gewohnten europäischen Codierungsprinzipien problemlos lesbar […]. Innerhalb dieser konventionellen Codierungsdimension bietet die Stellung der Noten im Liniensystem eine analoge Codierung der Tonhöhenrelationen.71

Was Code hier bedeutet oder bedeuten kann, erklärt Möller freilich nicht, und somit werden die Ausführungen nahezu obsolet, da wir so im Grunde auch nichts über den eigentlich interessierenden Begriff musikalischer Schrift erfahren.

Tatsächlich lässt sich der Begriff des Codes im Zusammenhang mit musikalischer Schrift bis mindestens in die 1950er Jahre zurückverfolgen, sei es bei Lejaren Hiller (erste vollständig mit einem Computer erzeugte Komposition: Illiac Suite, 1956/1957)72, Leland Smith (erste vollständig mit einem Computer gesetzte Partitur: Six Bagatelles, 1965)73 oder Pierre Boulez (Darmstadt-Vortrag: „Zeit, Notation und Kode“, 1960).74 Auch bei Adorno finden sich hierfür Beispiele: Mehr als ein Dutzend Mal lässt sich der Code-Begriff in dessen Gesammelten Schriften nachweisen, zumeist im Zusammenhang eines einer bürgerlichen Moralvorstellung unterworfenen Verhaltenscodex (‚moral code‘), allerdings auch zweimal im Sinne einer Verschlüsselung, Chiffre.75 Seither tauchen Verwendungen des Codebegriffs im Zusammenhang mit Musiknotation in der Literatur immer wieder auf. Es fällt jedoch auf, dass in all diesen Fällen eine Bestimmung oder zumindest eine Problematisierung dessen, was Code in dem Zusammenhang bedeutet oder zumindest bedeuten kann, weitgehend ausbleibt. Dies kann als Desinteresse gedeutet werden, oder, wie es die Molekularbiologin Lily E. Kay in Bezug auf den genetischen Code beschrieben hat, als ein „‚Epochenstück‘, ein Anzeichen für das Auftauchen des Informationszeitalters‘“.76 Nicht im Sinne von Adornos ‚wahrer Reproduktion‘, sondern im Sinne von ‚in den Code hineinzugehen‘, sein ‚Subkutanes‘ hervorzubringen, sei im Folgenden eine „Röntgenphotographie“77 dieses epochemachenden Begriffs versucht:

In seinem lateinischen Ursprung als „das unter der Rinde liegende Holz eines Baums“78 gemahnt der Begriff des Codes an die bereits erwähnte ‚Haut‘-Metapher bei Adorno, die auch noch im mittelalterlichen Kodex als Blättersammlung zwischen zwei Holzdeckeln durchscheint und sich als juristische, ethische, religiöse oder moralische „Sammlung von Normen, Vorschriften, Verhaltensregeln“79 etabliert. Im französischen Rechtswesen adaptiert (Code civil), im englischen Schifffahrtswesen Mitte des 19. Jahrhunderts erstmals als Signalisationssystem (Code of Signals) auftauchend, weitet sich der Code-Begriff ab Mitte der 1940er Jahre zunehmend auf verschiedene Fach- und Wissenschaftsgebiete als „Organisationsprinzip der Wahrnehmung“80 aus. In diesem weiten Verständnis steht er für „kommunizierte Information“, „Sprache“, „Schrift“ und „platonische Entität“ zugleich ein.81 Dabei können Codes normativ (als Regelsammlung, Erstellungsregel oder Bauplan) sein, oder produktiv, indem aus normativen Codes hervorgegangene Zeichenfolgen (Geheimcodes, Quellcodes, Maschinencodes) wiederum die Auslösung bestimmter (technischer) Operationen und Funktionen erlauben. Sie können aisthetisch (visuell, akustisch, fühlbar), mechanisch, elektrisch, elektromagnetisch oder elektronisch durch unterschiedlichste Empfänger (Mensch, Tier, Maschine, Netzwerke) verarbeitbar und ausführbar sein. Die historisch unzähligen, sich teilweise ergänzenden, teilweise widersprüchlichen Konzeptionen der theoretischen Modelle von Codes und ihren Funktionen sollen hier im Detail nicht interessieren;82 es sei aber festgehalten, dass sie alle zu tun haben mit einer Art von Abbildungs- oder Übertragungsvorschrift, Speicherung, Transformation oder Kommunikationskonvention. So wie deutlich wurde, dass in Bezug auf musikalische Schrift eine Kombination mehrerer zugrunde liegender grafischer Systeme (Notation, Skript) eine Rolle spielt, zeigt sich, dass auch für den Code-Begriff stets ein Zusammenspiel mehrerer der vorgenannten Funktionen berücksichtigt werden muss:83 „The ‚tightness‘ of semiotic codes themselves varies from the rule-bound closure of logical codes (such as computer codes) to the interpretative looseness of poetic codes.“84

Im Folgenden soll der Fokus auf digitale Codes als eine mögliche unter diesen verschiedensten Formen von Codes gelegt sein, also Codes als ‚digitale Objekte‘85 verstanden werden, wie sie sich in Programmcodes, Maschinencodes oder anderen maschinenlesbaren, digital verarbeitbaren, buchstabenschriftlich oder numerisch bestimmten Dateiformaten manifestieren. Insofern sie Schrift maschinenles- und -verarbeitbar halten, sei von (digitalen) Codierungen die Rede. Als solche überführen sie transduktiv Schrift (technische Objekte) in Code (digitale Objekte). Für sie gelten genauso die Voraussetzungen einer notationalen Bedingtheit sowie die Möglichkeit, die Verarbeitung von Daten, Informationen und Wissen zwischen verschiedenen Bereichen anzuregen, zu transformieren und zu transferieren. Dabei verschieben sie jedoch den zuvor betrachteten Schriftbegriff insoweit, als sie „charakteristische[] Schriftfunktionen digitaler Zeichen“86 ausprägen, wie Gabriele Gramelsberger angemerkt hat. Laut Gramelsberger äußern sich diese zunächst in einer Trennung von der in hand- oder druckschriftlichen Zeichen noch in eins fallenden Aspekte von Zeichenerzeugung (z.B. bei der Tastatureingabe als gescannte elektrische Spannungslevel), Zeichenpräsentation (z.B. über den Bildschirm als Glyphe) sowie Zeichenspeicherung (z.B. im Arbeitsspeicher als zeitlich getaktete Schaltzustände).87 Das Auseinanderfallen ist jedoch noch weitaus radikaler. Auf all diesen Ebenen kommt es zu weiteren Ausdifferenzierungen durch unterschiedlichste digitale Code-Typen: Die auf einer Computertastatur verfügbaren Tasten werden zeilen- und spaltenweise mehrfach in der Sekunde auf Spannungsdifferenzen von einem Controller überprüft und der ermittelte Tasten-Code (‚scan code‘) an die Recheneinheit übermittelt. Die auf einem Computerbildschirm angezeigten Zeichenformen werden in ihrer graphischen Darstellung durch die in der verwendeten Schriftart (Font) festgelegten Glyphen bestimmt, die selbst wiederum durch interne ‚Codepoints‘ eines codierten Zeichensatzes88 (‚coded character set‘, z.B. ASCII, Unicode, ISO 8859-1) rein abstrakt repräsentiert werden.89 Die eigentliche ‚Zeichencodierung‘ in das maschinelle Binärformat findet noch auf einer Ebene ‚darunter‘ statt: Abhängig von der Zeichencodierungsform (‚character encoding form‘, z.B. UTF-8, -16, oder -32 für Unicode) werden die Codepoints als ‚Code Units‘ in unterschiedlich langen, konkreten Byte-Werten abgespeichert und deren Reihenfolge gemäß eines Zeichencodierungsschemas (‚character encoding schema‘) bestimmt.90 Die maschinelle Zeichencodierung zerfällt also selbst noch einmal in ein normativ formgebendes (Welche konkreten Byte-Werte werden verwendet?) und ein produktiv prozessuales Moment (In welcher Abfolge erscheinen die Byte-Werte?). Dabei vermitteln die Codepoints zwischen der graphisch-codierten (als Glyphe) und der binär-codierten (als Code Unit) Existenzweise eines maschinenverarbeiteten Zeichenelements, oder mit Gabriele Gramelsberger: „[D]ie heterogenen Individualzeichen der Schrift (Buchstaben, Zahlen, Operations- und Hilfszeichen) [werden] in ein homogenes Schema aufgelöst“.91 Peter Koch beobachtet hierin eine mediale Schichten-Trennung: Neben „der vom Benutzer wahrnehmbaren Schicht der Darstellung“, in der eine Schriftlichkeit (Graphé) als „echtes Medium“ vorläge, käme es zu einer zusätzlich „‚submediale[n]‘ Vereinheitlichung“, die dem Benutzer bei der Sinnvermittlung nicht mehr direkt entgegenträte und sich – obwohl als logisches Kalkül organisiert – außerhalb einer Schriftlichkeit (Graphé) bewege.92 Demgegenüber will Sybille Krämer die Emergenz einer neuen Kulturtechnik feststellen, die sie mit Gernot Grube als „auto-operative Schriften“93 fasst. Auto-operative Schriften implementieren Zeitlichkeit in eine symbolische Ordnung und erlauben so eine Interaktion mit und eine Selbstorganisation von Zeichen. Die notationale Ikonizität (Schriftbildlichkeit) wird so in eine „notationale Zeittaktung“94 bzw. notational bedingte Zeittaktung überführt. Die Unterscheidung von Notation und Skript findet sich offensichtlich auf allen drei benannten Ebenen wieder: Der Binärcode bedingt als Notation die Skripte der Code-Units, d.h. als Byte-Folgen gespeicherte Zeittaktungen; ein abstraktes, rein notationales Element eines Zeichenvorrats wird zusammen mit seinem Codepoint zum codierten Zeichen (encoded character) eines codierten Zeichensatzes; der notationale Vorrat an Glyphen wird durch eine konkrete Schriftart kontextualisiert und ausgeführt (vgl. Abb. 19.3). Gleichwohl bedingen sich und interagieren die Ebenen auch untereinander und können von einer Ebene zur anderen ebenfalls die strukturellen Positionen als Notation oder Skript für eine andere Ebene einnehmen. Die Schriftfunktionen fallen in maschinenverarbeitbarer Schrift nicht nur auseinander, sie potenzieren und skalieren das operative Potenzial hin zu einer ‚submedialen‘, subkutanen Auto-Operativität, die im dynamisch-codierten Wechselspiel von notationalen Elementen und Skripten angelegt ist.95 Die schlussendlich aus Bitfolgen resultierenden Spannungsdifferenzen sind entscheidend für das Gelingen einer solchen Selbst-Ausführbarkeit. Eine einzelne Leerstelle oder das Fehlverhalten eines einzelnen Schalters (Bug) kann dabei zu enormen Konsequenzen für die an der Oberfläche befindlichen Strukturen führen (Crash). Klarmachen muss man sich, dass diese Oberfläche keine wirklich ‚stabile Struktur‘, keine plastische ‚Haut‘ darstellt, sondern durch permanent geschalteten Strom nur der Anschein einer solchen simuliert wird. Kurz und überspitzt gesagt: Digitale Codes können Schrift simulieren, wodurch sie selbst wiederum als Schrift beschreibbar werden. Das Moment der Mimesis (Nachahmung, Nachvollzug) klingt hier an. Statt begrifflicher Reflexion, der reproduktiven Wiederholung der Zeichenebene, wird eine „unsinnliche Ähnlichkeitsbeziehung“ hergestellt, die in mimetischem Nachvollzug „etwas von der Unmittelbarkeit der ursprünglichen Erfahrung [womöglich einer funktionalen Einheit der Schriftfunktionen] wiederherzustellen sucht“.96

Unter musikschriftlichen Codierungen seien nun jene digitalen Codierungen verstanden, die musikalische Schrift transduktiv in Code überführen und diese simulieren können. Sie teilen mit musikalischer Schrift nicht nur den transduktiven Aspekt, sondern auch die notationale Bedingtheit und die funktionalen Bestimmungen – so wie sie üblicherweise genannt werden – nämlich: Kommunikationsmittel, Speichermedium oder Spielanweisung (Übertragungsvorschrift). Die in dieser bemerkenswerten Parallelität liegende Spannung von Schnittstellen, aber auch Differenzen, zwischen Musik, Schrift und ihrer digitalen Umsetzung in Form musikschriftlicher Codierungsformate sei wie folgt formuliert: Digitale Codierungen musikalischer Schrift können selbst als musikalische Schrift sich gerieren, während musikalische Schrift, auch schon in ihren historischen Formen, sich funktional wie ein Code verhalten und als eine Form codierter Information aufgefasst werden kann.

Abb. 19.3
Abb. 19.3

Röntgenphotographische Betrachtung des Auftakts aus Johann Sebastian Bach: „Wie wunderbarlich ist doch diese Strafe!“, Matthäus-Passion, BWV 244 (1727), Nr. 55 (46), Auftakt:

1) l.o., Rendering von [2]: Verovio MEI Viewer;

2) r.o., Perry Roland, Transcodierung einer originalen MusicXML1.0-Codierung von Johann Sebastian Bach, „Herzliebster Jesu, was hast Du verbrochen“97;

3) l.u., Dezimale Codepoints der MEI-Transcodierung aus [2];

4) r.u., Anfang der binären Darstellung der Codepoints der MEI-Transcodierung aus [3]

Nah und fern. Perspektiven auf musikschriftliche Codierungen als Zeichen oder Bild

Nähert man sich musikschriftlichen Codierungsformaten auf der Ebene ihrer Präsenzfunktion, so lässt sich auch hier eine Nah- und Fernperspektive ausmachen. Aus unmittelbarer Nähe, also der Perspektive der Einzelzeichen (vgl. Abb. 19.4), zeigt sich z.B., dass es in allen Formaten bestimmte Elemente gibt, die syntaktische Funktionen übernehmen (Klammern, Zeilenfälle, Spalten, Backslashes), andere übernehmen ‚semantische‘ Funktionen (erklären, was etwas ist oder tut: Elemente, Attribute, Befehle, Kommandos) und wiederum andere beschreiben den eigentlichen musikalischen Inhalt. Verschiedene Funktionen eines musikschriftlichen Zeichens, die diesem zumeist simultan innewohnen und in ihm zusammengehen, werden in der Codierung nochmals ausdifferenziert und fallen auseinander (vgl. den Abschnitt zur „Röntgenphotographie“ des Codes).

Abb. 19.4
Abb. 19.4

Nahperspektive auf musikschriftliche Codierung im MEI-Format. Transcodierung eines vierstimmigen C-Dur-Akkords in enger Oktavlage

Aus einer Fernperspektive (vgl. Abb. 19.5), sozusagen beim Herauszoomen, treten, wie beim groben Erfassen einer Partitur-Seite mit Adorno,98 die Einzelzeichen in den Hintergrund zugunsten eines Code-Bildes, oder man könnte auch sagen eines shapes. Dabei lassen sich mindestens zwei Beobachtungen machen: Durch die transduktiven Prozesse zwischen musikschriftlicher Darstellung und derjenigen in digitalen Musikcodierungsformaten werden die im Musikschriftbild enthaltenen graphischen Elemente komplett eliminiert, d.h. jede zuvor graphisch bzw. schriftbildlich latent verfügbare musikalische Information muss explizit schriftlich codiert festgehalten werden. Dies lässt sich für nahezu alle heute gängigen Codierungsformate beobachten. Das Bild, der shape der Codierungen lässt keinerlei Rückschlüsse mehr auf einen musikalischen Verlauf zu, d.h. wir können nicht sagen, weil dieser in die eine oder die andere Richtung verläuft, täte die Musik dies auch. Während das musikschriftliche Bild häufig in gestischem Zusammenhang mit einem musikalischen Geschehen gesehen werden kann,99 ist das Code-Bild in seinem schon oben angesprochenen gestisch-mimetischen Verhalten vollständig an die Schrift ge- und von klanglichen Realisationen ent-koppelt. Es kommt also auf bestimmten Ebenen zu Übertragungsverlusten, die gleichzeitig jedoch – und das ist die transduktive Feedbackschleife – neue explizite Bearbeitungsmöglichkeiten hervorbringen. So können musikalisch ähnliche Schriftbilder zu sehr unterschiedlichen Code-Bildern führen bzw. musikalisch sehr unterschiedliche Konturen auf der Codierungs-Ebene einander ähnliche shapes ausprägen. Während dabei mitunter Ähnlichkeitsbeziehungen auftreten können, die gar nicht beabsichtigt oder im Zweifel sogar irreführend wären, ließen sich derartige Ähnlichkeiten für die Untersuchung der spezifischen ‚visuellen Logik‘100 von Codes und der für deren Leseverständnis notwendigen Prozesse fruchtbar machen.101

Abb. 19.5
Abb. 19.5

Fernperspektive auf verschiedene Codierungsformate. L.o.: MusicXML 3.0; r.o.: MEI 4.0.0; l.u.: **kern; r.u.: GNU Lilypond 2.16.0. Transcodierungen der Zwölftonreihe aus Alban Bergs Violinkonzert (1935)

Übertragungsverluste und Leerstellen musikschriftlicher Codierungen

In Bezug auf mögliche ‚Leerstellen‘, also die Momente, in denen sich Differenzen digitaler musikschriftlicher Codierungen zu musikalischer Schrift offenbaren, seien hier einige fundamentale Punkte exemplarisch benannt:

Zum ersten betrifft dies die Schreib- und Leserichtung, die, wie bereits erwähnt, in musikalischer Schrift zu allermeist den kulturellen Gepflogenheiten primärer und sekundärer Schreibrichtungen folgt. Der zumindest in taktgebundenen Aufzeichnungsformen mitteleuropäischer Tradition an die primäre horizontale Schreib- und Leseachse geknüpfte zeitliche Verlauf von Musik ‚kippt‘ in musikschriftlichen Codierungsformaten in eine Vertikale, so dass zeitliche Informationen (wie Taktfolgen) in Text-Dateien mit Musikcodierungsformaten seriell von oben nach unten auszulesen (und ‚abzuarbeiten‘) sind. Einer horizontalen Diskretisierung von Einzelseiten im Buchformat wird das vertikale Scrollen am Bildschirm entgegensetzt und so die Lesekonvention der Schriftrolle bzw. Notenrolle reimplementiert und durch die theoretische Endlosigkeit sogar noch übertroffen.102

Der zweite Aspekt betrifft die in vielen musikalischen Skripten anzutreffende Verschränkung der horizontalen (häufig: Zeit/Taktebene) und vertikalen (häufig: Tonhöhe bzw. Besetzung/Stimmen-Ebene) Achse. Dies stellt in Bezug auf musikschriftliche Codierung eine Herausforderung dar, die durch die sich überlappenden Hierarchien in Baumstrukturen wie XML-Formaten, die keine hierarchische Verschränkung erlauben, kaum aufgelöst werden kann. Hier lässt sich nur durch redundante Codierung arbeiten: im Falle von MusicXML mit tatsächlicher Verdopplung, im Falle von MEI mit Verweisen. Im **kern-Format kann durch die spaltenweise Darstellung diese Problematik teilweise aufgelöst werden. Doch erst in neueren, graphen-basierten Ansätzen wie MusicOWL lässt sich eine hierarchiefreie Ansprache von Takt- und Stimmenebene realisieren.103

Des Weiteren könnte man fragen, warum es überhaupt Differenzen zwischen Musikcodierungsformaten gibt, wenn der Output der Formate zunehmend identisch ist.104 Ohne darauf eine definitive Antwort geben zu können, zeigt sich bei genauerem Hinsehen wohl, dass man dann auch fragen müsste, warum sich historisch so viele verschiedene musikschriftliche Aufzeichnungsformen (die Größenordnung geht in die Hunderte) entwickelt haben. Sie alle haben ihre Berechtigung als (mehr oder weniger erfolgreiche) Beiträge zu einem „gesellschaftlichen Problemlösen“105, wie Konrad Ehlich es einst mit Blick auf die Schriftentwicklung formuliert hat. Und gleiches gilt auch für die Codierungsformate: Sie alle legen unterschiedliche Schwerpunkte – auf Austausch, Wissenschaftlichkeit, Typographisches oder Analytisches – in dem Versuch, das Problem musikschriftlicher digitaler Codierung zu lösen. Es wäre wohl der einschneidendste Verlust, wenn diese Differenzen nivelliert würden.

Adornos Dialektik der technischen Reproduzierbarkeit und der Verlust des Codes

Natürlich konnte Adorno von musikschriftlichen Codierungen nichts wissen, gleichwohl er mit den grundsätzlichen Prinzipien des (nicht digitalen) Codierens durch seine soziologischen Forschungen bekannt war.106 Die technisch bestimmenden Medien seiner Zeit jedoch – zumindest die, denen er seine philosophische Aufmerksamkeit widmete – waren die Schallplatte, das Radio und das Kino.107 So formulierte Adorno bereits 1928 in dem unveröffentlichten Exposé „Zum ‚Anbruch‘“ in Bezug auf eine in der Musikzeitschrift (Musikblätter des) Anbruch wiedereinzurichtenden Rubrik über mechanische Musik, d.h. musiktechnologische Entwicklungen:

Die Abteilung Mechanische Musik ist nicht einseitig auf Schallplattenkritik zu beschränken, sondern hat auch Radioprobleme zu erörtern, eventuell dauernde Kritik der wichtigsten Sendungen moderner Musik (auch hier Kritik!) zu treiben und schließlich alle musikalischen Probleme des Kinos, also sowohl die alten Formen der Kinomusik wie die neuen Probleme des Musikfilms, zu diskutieren.108

Im Geleitwort „Zum Jahrgang 1929 des ‚Anbruch‘“ präzisiert Adorno hinsichtlich des Status‘ einer technischen Reproduzierbarkeit von Musik:

[D]ie mechanische Rubrik will nicht bloß journalistisch eine auffällige Strömung heutigen Musiklebens verfolgen, sondern erhellen, was eigentlich mit Mechanisierung gemeint ist, die Tendenzen der Mechanisierung gegeneinander abwägen, auf Programmpolitik Einfluß nehmen; dies alles in der Überzeugung, daß mechanische Darstellung von Musik heute in einem tieferen Sinne aktuell ist als dem der bloßen Bereitschaft der Mittel, oder vielmehr in der Gewißheit, daß die Bereitschaft der Mittel einer Bereitschaft des Bewußtseins entspricht und daß der geschichtliche Stand der Werke selber in weitem Umfang deren mechanische Darstellung notwendig macht.109

Sehr deutlich nimmt Adorno die technischen Reproduktionsmöglichkeiten seiner Gegenwart wahr und koppelt ihre Notwendigkeit an den ‚geschichtlichen Stand‘ des kompositorischen Materials. Technik und Gehalt durchdringen sich gegenseitig und sind dialektisch aufeinander bezogen; sie sind „identisch und nicht-identisch“110, wie es Adorno 1958 in seinem Beitrag „Zum Verhältnis von Musik und Technik heute“ in Hermann Scherchens Gravesaner Blättern inmitten nachrichtentechnisch und (psycho-)akustisch ausgerichteter Beiträge formulierte, und pointierend hinzusetzt: „Alle Rede von bloßer Technik ist kunstfremd.“111 Für Adorno bleibt also jegliche technologische und technische Entwicklung rückgebunden an eine künstlerische Praxis, die sich diese produktiv zu eigen macht. Die elektroakustischen und elektronischen Experimente seiner Zeit kommentiert Adorno in seinen Schriften durchaus kritisch,112 in den Aufzeichnungen zum Reproduktionsbuch kommen sie jedoch so gut wie nicht vor. Dass sich hieraus aufschlussreiche Ansätze zum Verhältnis von Musik und Schrift hätten ergeben können, deuten Adornos Reflexionen zur Form der Schallplatte an:

Keinem Zweifel unterliegt: indem Musik durch die Schallplatte der lebendigen Produktion und dem Erfordernis der Kunstübung entzogen wird und erstarrt, nimmt sie, erstarrend, dies Leben in sich auf, das anders enteilt. Die tote rettet die ‚flüchtige‘ und vergehende Kunst als allein lebendige. Darin mag ihr tiefstes Recht gelegen sein, das von keinem ästhetischen Einspruch wider Verdinglichung zu beugen ist. Denn dies Recht stellt, gerade durch Verdinglichung, ein uraltes, entsunkenes doch verbürgtes Verhältnis wieder her: das von Musik und Schrift.113

Durch die Objektivierung, Verdinglichung des musikalischen Klangs in der Rille der Schallplatte wird dieser selbst inskribiert, zur Schrift. Dabei eliminiert und konserviert sie zugleich das ephemer lebendige Moment der Musik. Die technologischen Mittel führen zu einer Verschriftung (‚Verdinglichung‘), die Verschriftung führt wiederum zu Erstarrung, Konservierung und gleichzeitiger ‚Lebendig-Haltung‘ des ästhetischen Objekts. In dieser Überlagerung von tödlichen und belebenden Elementen der Schrift liegt die eigentliche Dialektik der mit und in ihr ermöglichten technischen Reproduzierbarkeit, die zugleich neue Möglichkeiten der Handhabbarkeit und des Zugangs generiert.114 Die Möglichkeit zur Verschriftung, zur Schrift-Werdung, oder einfach zur transduktiven Überführung in Schrift, weist Adorno in seiner Ästhetischen Theorie schließlich sämtlichen ästhetischen Objekte zu, und setzt diese Übertragungsfunktion bezeichnenderweise in einen Zusammenhang mit dem Code-Begriff:

[A]lle Kunstwerke sind Schriften, nicht erst die, die als solche auftreten, und zwar hieroglyphenhafte, zu denen der Code verloren ward und zu deren Gehalt nicht zuletzt beiträgt, daß er fehlt.115

Als eine der zwei Stellen im Gesamtwerk Adornos, in denen er das Wort ‚Code‘ tatsächlich im Sinne einer Chiffre gebraucht, lässt Adorno hier den Code selbst zur Leerstelle werden und betont gerade die Unmöglichkeit der Decodierung („der Code“, eigentlich: die Entschlüsselungsmethode, „ward verloren“) als entscheidendes Moment in Bezug auf den „Gehalt“ des ästhetischen Objekts (der „Kunstwerke“). Nimmt man diesen Gedanken ernst, steckt darin aber zugleich auch (andersherum gewendet), dass Schrift, und mit ihr musikalische Schrift, tatsächlich etwas codieren (hier: verschlüsseln) kann, das letzten Endes zu einem ästhetischen musikalischen Gehalt beizutragen imstande ist.

Fazit

Warum sollte sich heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, eine (digitale) Musikwissenschaft116 noch mit Adorno befassen? Meiner Meinung nach gäbe es vielfältige Anknüpfungspunkte, von denen einige im vorliegenden Beitrag diskutiert wurden: die Differenz von zeichenhafter Nah- und bildhafter Fernperspektive, der Begriff der „Röntgenphotographie“ oder auch die Problematik der ‚Leerstellen‘ bzw. Übertragungsverluste. Ebenso ließe sich die Frage nach der ‚wahren Codierung‘ (analog der ‚wahren Interpretation‘ bei Adorno) stellen: Welche Bedingungen hätte eine ‚ideale‘ Codierung musikalischer Schrift(en) zu erfüllen? Muss eine solche verlustfrei sein, oder reicht es, dass sie sich der Unmöglichkeit einer Verlustfreiheit bewusst ist? Möglicherweise ließe sich sogar im Anschluss an Adorno eine Kritik der digitalen Musikcodierung formulieren?

In diesem Sinne bleibt noch viel Raum zu weiterem ‚Gedanken-Machen‘ im gemeinschaftlichen Diskurs, der nicht mit oder gegen Adorno, sondern gerade durch Adorno auch noch lange nach Adorno weiterhin fruchtbar geführt werden kann. Es bleibt zu hoffen, dass dies bei aller notwendigen Fragmenthaftigkeit der vorliegenden Ausführungen durch eben jene hindurchscheinen konnte.

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Abbildungsverzeichnis

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Abb. 19.2: Differenzrelationen in digitalen Codierungs- und Decodierungsprozessen. © Eigene erweiterte Grafik, 2019, nach: Rudolph, Günther: „Digital Representation of Music“, in: Claus Weihs (Hg.), Music Data Analysis. Foundations and Applications, Boca Raton 2017, S. 177–196, hier S. 178.

Abb. 19.3: Röntgenphotographische Betrachtung des Auftakts aus Johann Sebastian Bach: „Wie wunderbarlich ist doch diese Strafe!“, Matthäus-Passion, BWV 244 (1727), Nr. 55 (46), Auftakt. © Eigene Grafik, 2019.

  • 1) l.o., Rendering von [2]: Verovio MEI Viewer (https://www.verovio.org/mei-viewer.xhtml);

  • 2) r.o., Perry Roland, Transcodierung einer originalen MusicXML1.0-Codierung von Johann Sebastian Bach, „Herzliebster Jesu, was hast Du verbrochen“ (sic), Public Domain, https://github.com/music-encoding/sample-encodings/blob/master/MEI_4.0/Music/Complete_examples/Bach_Herzliebster_Jesu.mei, line 257–279;

  • 3) l.u., Dezimale Codepoints der MEI-Transcodierung aus [2] (Konversion: https://cryptii.com/pipes/text-decimal);

  • 4) r.u., Anfang der binären Darstellung der Codepoints der MEI-Transcodierung aus [3] (Konversion: https://www.gillmeister-software.de/online-tools/konvertierer/text-zu-binaer.aspx).

Abb. 19.4: Nahperspektive auf musikschriftliche Codierung im MEI-Format. Transcodierung eines vierstimmigen C-Dur-Akkords in enger Oktavlage. © MEI v4.0.1, Guidelines, Section 4.2.1: The Role of the Measure Element. https://music-encoding.org/guidelines/v4/content/cmn.html#cmnMeasures Educational Community License 2.0.

Abb. 19.5: Fernperspektive auf verschiedene Codierungsformate. L.o.: MusicXML 3.0; r.o.: MEI 4.0.0; l.u.: **kern; r.u.: GNU Lilypond 2.16.0. Transcodierungen der Zwölftonreihe aus Alban Bergs Violinkonzert (1935). © Eigene Grafik, 2019.

1

Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 11. Mein Dank gilt Thomas Ahrend (Basel) und Sebastian Wedler (Oxford) für ihre erhellenden Einsichten zu Adornos oft schwer zugänglichen Denkkonstellationen. Alles übriggebliebene Unverständnis ist selbstverständlich mein eigenes.

2

Dieser Zusammenhang wurde erstmals von Nikolaus Urbanek expliziert, vgl. Urbanek, „‚Bilder von Gesten‘“, insb. S. 166–172.

3

Adorno, „Fragment über Musik und Sprache“ [1956], GS XVI/ 251–256. Vgl. hierzu Czernin, „Zu Adornos Fragment über Musik und Sprache“.

4

In seiner Ästhetischen Theorie wird Adorno das Fragmentarische zum Inbegriff allerhöchster Kunstform erheben: „Kunst obersten Anspruchs drängt […] ins Fragmentarische.“ (Adorno, Ästhetische Theorie, GS VII/ 221.) Grundsätzlich zum Status des Fragmentarischen im ästhetischen Denken der frühen Neuzeit vgl. Fetscher, Art. „Fragment“.

5

Auf Adornos eigene „Haut“-Metapher, bei der „durch die ‚Haut‘ […] das Subkutane durchscheint“ (Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 143), wurde schon verschiedentlich hingewiesen, vgl. u.a. Danuser, „‚Zur Haut ‚zurückkehren‘‘“, insb. S. 21.

6

Zum Begriff der Konstellation vgl. u.a. Adorno, Negative Dialektik, GS VI/ 164–168. Hier und an anderen Stellen kommen Adornos Ausführungen einem Code-Begriff erstaunlich nah: „Erkenntnis des Gegenstands in seiner Konstellation ist die des Prozesses, den er in sich aufspeichert. Als Konstellation umkreist der theoretische Gedanke den Begriff, den er öffnen möchte, hoffend, daß er aufspringe etwa wie die Schlösser wohlverwahrter Kassenschränke: nicht nur durch einen Einzelschlüssel oder eine Einzelnummer sondern eine Nummernkombination.“ (Ebd., S. 165f.)

7

Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 11.

8

Berücksichtigt man die für Adorno hier nicht erwähnenswerte, aber offensichtlich eingedachte Beziehung ‚Sprache vs. Schrift‘ mit, so ist die Differenz sogar eine dreifache.

9

Zu Strategien der Komplexitätsreduktion in Musik und Sprache vgl. Wildgen, Musiksemiotik, S. 68–70.

10

Vgl. hierzu den Abschnitt „Terminologie II“.

11

Die folgenden Ausführungen sind in weiten Teilen stark inspiriert vom Austausch und der Auseinandersetzung mit dem internationalen DACH-Projekt Writing Music. Iconic, performative, operative, and material aspects in musical notation(s) (https://www.writingmusic.net), dessen Mitgliedern ich für ihre freundliche Offenheit sowie sehr produktive Gespräche herzlichst danken möchte. Gleichwohl sei darauf hingewiesen, dass die hier entwickelte Terminologie eine Arbeitsdefinition darstellt, die nicht zwangsläufig den terminologischen Bestimmungen des Projekts entsprechen muss bzw. durch zukünftige Entwicklungen und Ergebnisse des Projekts überschrieben werden kann.

12

Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 293.

13

Ebd., S. 294.

14

Solange sich – etwa im Bereich der Paläographie oder von Stich- und Satzverfahren – nur im Medium der Schrift bewegt wurde, waren derartige theoretische Bestimmungen und Abgrenzungen offensichtlich nicht notwendig. Roy Harris hat Anfang der 1990er Jahre darauf aufmerksam gemacht, dass – in umgekehrter Richtung, aber mit dem gleichen Effekt – die Linguistik und Sprachwissenschaft des 20. Jahrhunderts zu einer ‚Marginalisierung der Schrift‘ beitrugen, indem sie diese spätestens seit Saussure ausschließlich in nachrangiger Abhängigkeit zur Sprache, eben als ‚Phonographie‘ (aufgezeichneten Lautklang), betrachteten. Vgl. die Überblicksdarstellung in Harris, „Schrift und linguistische Theorie“, sowie Krämer, „Sprache und Schrift oder: Ist Schrift verschriftete Sprache?“. Für eine grundsätzliche Unterscheidung sowie Gleichwertigkeit von ‚Phoné‘ und ‚Graphé‘ plädiert Koch, „Graphé“.

15

Möller, Art. „Notation. I. Einleitung“. Zugutehalten muss man Möller, dass er im Folgenden eine durchaus differenzierte Betrachtung der Funktionen musikalischer Schrift einschließlich ihrer medialen Erscheinungsformen und Zeichenaspekte unternimmt, und dies zu einem Zeitpunkt, an dem die intensive Schrifttheorie- und Schriftbildlichkeits-Debatte der späten 1990er/frühen 2000er Jahre gerade erst angestoßen wurde. Dennoch bleibt auch Möller nichts anderes übrig, als letztendlich das bereits 1979 „von Wulf Arlt skizzierte ‚Fernziel‘ der ‚Möglichkeit einer Fundierung der musikalischen Schriftkunde aus einer allgemeinen Theorie der musikalischen Schrift, die ihrerseits für die historische Untersuchung fruchtbar zu machen wäre‘“, als „jenseits des Erreichbaren“ zu konstatieren (ebd.; vgl. Arlt, „Aspekte der musikalischen Paläographie“, S. 16).

16

Gleichwohl bleibt unbenommen, dass der Textbegriff in bestimmten Bereichen, z.B. der Musikphilologie als einer Praktik des philologischen Umgangs mit musikschriftlich inskribierten Flächen, immer noch eine konstitutive Funktion einnehmen kann. Schließlich wurde der historisch von Carl Dahlhaus einer Musik-Sprach-Analogie vehement entgegengesetzte enge Textbegriff in der fachwissenschaftlichen Debatte bereits in den 1990er Jahren wiederum sehr weit geöffnet, vgl. Danuser/Plebuch (Hg.), Musik als Text, sowie Klein, Art. „Musik als Text“.

17

Vgl. Grube/Kogge, „Zur Einleitung. Was ist Schrift?“, S. 12–16. In Krämers früherer Terminologie findet sich noch die Trias Referenz, Struktur, Performativität; vgl. Krämer, „Writing, Notational Iconicity, Calculus“.

18

Grube/Kogge, „Zur Einleitung: Was ist Schrift?“, S. 13.

19

„Die Möglichkeit der Nachbearbeitung und die Möglichkeit der Eigenbewegung im Zeichenarrangement unterscheidet den Umgang mit Schriften kategorial vom Umgang mit transitorischen Zeichen wie gesprochene Sprache, Klang, Gestik und Körperbewegung“ (ebd., S. 14).

20

Ebd., S. 15.

21

Ebd., S. 15f.

22

Ebd., S. 16.

23

Zur „Frage nach Angemessenheit und Unangemessenheit des Schreibens“ im Phaidros vgl. Platon, Phaidros, S. 60–65.

24

Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 228.

25

Vgl. Urbanek, „‚Bilder von Gesten‘“, S. 167f.: „Musik wird in ihrer Aufzeichnung, in ihrer Verschriftlichung überhaupt erst traktierbar, manipulierbar, analysierbar.“

26

Auffälligerweise spiegeln sich kulturelle Präferenzen der textuellen Schreib- und Leserichtung häufig auch in den entsprechenden musikalischen Aufzeichnungen, vgl. Gottschewski, „Musikalische Schriftsysteme und die Bedeutung ihrer ‚Perspektive‘ für die Musikkultur“. In den Neurowissenschaften scheinen sich hierbei Zusammenhänge mit der Dominanz bestimmter Gehirnareale anzudeuten, vgl. Hufschmidt, „Zeichnungsrichtung, Schreibrichtung und Blickfelddominanz“, sowie Cappelletti et al., „A Selective Loss of the Ability to Read and to Write Music“.

27

Vgl. Appel, „Über die allmähliche Verfertigung musikalischer Gedanken beim Schreiben“, S. 349.

28

„Musik lesen heißt sie nachmachen, ihr Bild wahrnehmen heißt sie verstehen. Mit anderen Worten, das Schriftbild ist die graphische Spur der Konstruktion, als des dialektischen Widerparts zum Ausdruck.“ (Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 245.) Vgl. zu diesen ikonischen Aspekten u.a. Nanni, „Musikalische Schaubilder des Mittelalters“, sowie ders.: „Das Bildliche der Musik“.

29

Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 85.

30

Ebd., S. 91.

31

De Assis, „Gilbert Simondons ‚Transduktion‘ als radikale Immanenz der Performanz“, S. 447. De Assis hat die von Simondon in Du mode d’existence des objets techniques (Paris 1958) dargelegten Konzepte auf Fragen der Musikperfomance übertragen (vgl. auch De Assis, Logic of Experimentation, insb. Kapitel 5, S. 137–158, zur Tansduktion). Bei Yuk Hui finden sich entsprechende Überlegungen in Bezug auf eine digitale Medienästhetik, vgl. Hui, „Deduktion, Induktion und Transduktion“, sowie zuletzt ders., On the Existence of Digital Objects.

32

Vgl. z.B. die Extremposition bei Jacques Stein: „For many centuries and in different cultures music compositions have been recored in some or other system of writing. These systems are visual displays of soundwaves, which are audio events. […] Note that recording symbols is not about the symbols, but about capturing music sound.“ (Stein, „The Information Architecture of Music“, S. 14.)

33

Vgl. grundlegend hierzu Nanni (Hg.), Die Schrift des Ephemeren. Zu einer Kritik des ‚phonetischen Dogmas‘ vgl. Harris, „Schrift und linguistische Theorie“.

34

Ott, „Notation von Musik – als Medium betrachtet“, S. 32.

35

David Magnus hat hierfür sehr eindrücklich die Begriffe der ‚auralen Evidenz‘ (in z.B. neuzeitlicher [Takt- und Linien-]Notation) und der ‚auralen Latenz‘ (in z.B. primär graphischen oder bildlichen Notationen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts) geprägt. Vgl. Magnus „Aurale Latenzen“, sowie ausführlich ders., Aurale Latenz.

36

Vgl. hierzu die Trennung von Daten („Sachverhaltsbeschreibungen“), Informationen („interpretierte, zweckbezogene Daten“) und Wissen („begründete, miteinander in Beziehung gesetzte Informationen“) in dem organisationstheoretischen Pyramidenmodell bei Fuchs-Kittowski, „Wissens-Ko-Produktion“, S. 81. Wissen ist dabei stets ein nicht abzuschließender, vorläufiger Zustand und zugleich auf sich selbst bezogener Prozess. Es verändert sich mit jeder neu in das Netzwerk eintretenden Information. Vgl. auch die Auffassung von Musiknotation als musikbezogener Wissensspeicher und -organisator im Sinne eines ‚Formulars‘ bei Fabian/Ismaiel-Wendt (Hg.), Musikformulare und Presets. Chris Nash hat 16 kognitive Dimensionen in Bezug auf musikalische Notation beschrieben, vgl. Nash, „The Cognitive Dimensions of Music Notations“.

37

Vgl. Fischer, Der Computer. Konstruktion von Realität durch Schrift?. Fischer bezieht sich auf Goodman, Languages of Art, in der Terminologie der deutschen Übersetzung von Jürgen Schlaeger (1973). Die 1995 erfolgte Neuübersetzung von Bernd Philippi wird nicht berücksichtigt.

38

Fischer, Der Computer, S. i.

39

Ungeheuer, „Schriftbildlichkeit als operatives Potential in Musik“, S. 168.

40

Fischer, „Schrift als Notation“, S. 94.

41

Im Ansatz liegt dies schon im verkürzten Titel Fischers begründet und findet seine Fortsetzung in der Zusammenfassung: „Die Charakterisierung von Schriften als Notationen, d.h. als disjunktive und endlich differenzierte Symbolschemata, erfüllt dabei zumindest elementare Anforderungen an einen Schriftbegriff“ (Fischer, „Schrift als Notation“, S. 98).

42

Kritischer Widerspruch findet sich schon früh bei Boretz, „Nelson Goodman’s Languages of Art from a Musical Point of View“, oder Gligo, „Schrift ist Musik?“.

43

So z.B. bei Mahrenholz, Musik und Erkenntnis, oder jüngst Magnus, Aurale Latenz. Auch Hartmut Möller sieht die „syntaktischen und semantischen Anforderungen an ein [Goodman’sches] Notationssystem“ in „‚moderner‘ musikalischer ‚Standardnotation‘“ erfüllt (Möller, Art. „Notation, I. Einleitung. 3. Notation lesen“). Ein großes Verdienst dieser Ansätze besteht jedoch nicht zuletzt darin, dass sie überhaupt eine theoretische Durchdringung der musikschriftlichen Begrifflichkeiten angeregt und vorangetrieben haben.

44

Vgl. Goodman, Languages of Art, insb. S. 130–157.

45

Das bekannte Beispiel Goodmans hierzu ist die schrittweise Transformation durch Eine-Note-Fehler von Beethovens V. Symphonie zum Kinderlied „Three Blind Mice“ (vgl. Goodman, Languages of Art, S. 187). Vgl. dazu Pogatschnigg, „Musik und Übersetzung“, S. 197f.

46

So beim Lucerne Festival 2015 als „Soundzz.z.zzz … z“-Preisträger-Projekt des Basler Künstlers Johannes Willi. Vgl. Gautschi, Das Beethoven-Experiment.

47

Harris, „Writing and Notation“, S. 1561. In der Musikwissenschaft scheint Harris’ schrifttheoretischer Ansatz bislang fast gar nicht zur Kenntnis genommen worden zu sein, in anderen Disziplinen vereinzelt. So hat Ulrike Ramming in ihrer philosophischen Reflexion des Medienbegriffs Harris’ Modell diskutiert, vgl. Ramming, Mit den Worten rechnen, insb. S. 41–45 und 51f.

48

Vgl. Harris, Rethinking Writing, Kapitel „Notes on Notation“, S. 91–120. Der Begriff des handlungsbezogenen ‚scripts‘ ist 1977 durch Roger C. Schank und Robert P. Abelson im Rahmen ihrer Arbeiten zu einer Theorie von Wissenssystemen in die Sprach- und Kognitionswissenschaften eingeführt und dort dem objektbezogenen ‚frame‘ gegenübergestellt worden (vgl. Schank/Abelson, Scripts, Plans, Goals and Understanding). Die etwas holprige Transliteration ‚Skript‘ sei hier der wortwörtlichen Übersetzung als ‚Schrift‘ aus gegebenem Anlass vorgezogen. Dies hat zugleich den Vorteil, dass zum einen der prozessuale Charakter akzentuiert wird, zum anderen Anschlussfähigkeit an andere script-Konzepte, wie sie sich z.B. in der Informatik oder auch der Perfomance-Theorie eines Nicholas Cook finden, hergestellt werden kann.

49

Harris selbst führte hierzu den Begriff des „emblematic frame“ (cadran emblématique) ein (vgl. Harris, „Writing and Notation“, S. 1565). Grundlegend zum diskursanalytischen Potenzial des Frame-Begriffs vgl. Ziem, Frames und sprachliches Wissen, sowie die Überblicksdarstellung bei Busse, Frame-Semantik.

50

„A notation, in short, is […] nothing other than an emblematic frame of which the symbols are used as the units in a system of writing; or more generally as the units in a system of visual signalling of any kind“ (Harris, „Writing and Notation“, S. 1566). „Whereas what is characteristic of a notation is that its units are structurally independent of the expressions system“ (ebd., S. 1564).

51

Vgl. Harris, Rethinking Writing, S. 91.

52

Ramming, Mit den Worten rechnen, S. 44.

53

Es ließe sich vermutlich argumentieren, dass Harris’ Notationsbegriff zudem weder Operativität noch aisthetische Präsenz voraussetzt, ganz im Sinne einer Deleuze’schen Virtualität, während ‚Skripte‘ mögliche Aktualisierungen darstellen. Vgl. zu Virtualität und Aktualisierung Deleuze, Differenz und Wiederholung, S. 264–279.

54

Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 88.

55

Ebd.

56

Ebd.

57

„Aufgabe der musikalischen Interpretation ist es, das idiomatische Element durchs Mittel des mensuralen ins neumische umzusetzen.“ (Ebd.)

58

In einer weiteren Öffnung ließen sich diese ‚Skripte‘ als ‚skriptuelle Instanzen von Aufschreibesystemen‘ (nach Friedrich Kittler) verstehen, wodurch das „Netzwerk von Techniken und Institutionen […], die einer gegebenen Kultur die Adressierung, Speicherung und Verarbeitung relevanter Daten erlauben“ und mithin als „Möglichkeitsbedingung“ von Schrift angesehen werden können, zugleich mit in den Blick genommen wäre (Kittler, Aufschreibesysteme 1800/1900, S. 519).

59

Zu überprüfen bliebe, inwieweit hier die Begriffe der Remediation/Remediatisierung nach Jay D. Bolter und David Gruisin als „Aufnahme, Übersetzung, Integration, Implementierung eines Mediums in ein anderes“ (vgl. Zanetti, „(Digitalisiertes) Schreiben“, S. 14f., hier 15), der Transmediation/Transmediatisierung als „die Transponierung eines bereits bewusstseinsextern manifest Gewordenen in einen anderen Ausdrucksbereich (Medienwechsel)“ (Füger, „Wo beginnt Intermedialität?“, S. 42), der Transmedialisierung als „unabhängige Verarbeitungslogiken […], die in der Lage sind, die unterschiedlichsten Inhalte in verschiedenen Medien algorithmisch zu erzeugen und zu präsentieren“ (Sahle, „Zwischen Mediengebundenheit und Transmedialisierung“, S. 31), oder auch Adornos Reproduktionsbegriff aufgehen oder abzugrenzen wären.

60

Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 207.

61

Ebd., S. 85.

62

Darunter sind Dateiformate gefasst, die ihre Inhalte primär als Folge von Bitmustern und Bytefolgen ablegen. Sie sind somit sehr direkt maschinenverarbeitbar.

63

Vgl. die grundlegende Übersicht und vergleichende Diskussion in Kepper, Musikedition im Zeichen neuer Medien, insb. S. 353–377.

64

Vgl. eine jüngere Diskussion auf Wikimedia Commons, welche musikschriftlichen Codierungsformate zukünftig in die diversen Wiki-Projekte (wie Wikipedia, WikiSource, etc.) technisch eingebunden werden können sollten (User:Jc86035, „RfC: Musical notation files“, sowie ders., „Allow Music Scores to be Uploaded to Wikimedia Commons“). Eine Übersicht diverser historischer musikschriftlicher Codierungsformate findet sich bei Selfridge-Field (Hg.), Beyond MIDI.

65

Vgl. u.a. H. Roggenkemper/R. Roggenkemper, „How Can Machine Learning Make Optical Music Recognition More Relevant for Practicing Musicians?“, sowie Vigliensoni/Daigle et al., „Overcoming the Challenges of Optical Music Recognition of Early Music with Machine Learning“. Ein historischer Überblick findet sich bei Rebelo/Fujinaga et al., „Optical Music Recognition“.

66

Vgl. Rudolph, „Digital Representation of Music“, S. 178. Bei Rudolph findet sich auch eine ausführlichere Darstellung der verschiedenen Transformationsebenen mit Beispielabbildungen der dazugehörigen Datei-Formate.

67

Vgl. u.a. Haugeland, „Analog und Analog“, insb. S. 34.

68

Vgl. Hutson, „Has Artifical Intelligence Become Alchemy?“.

69

Vgl. Voosen, „The AI Detectives“.

70

Ein breitenwirksames Beispiel für selbstlernende Algorithmen stellte 2019 das allererste KI-unterstützte „Google Doodle“ (themenspezifische Anpassung des Firmenlogos des US-Unternehmens Google LLC) aus Anlass von Johann Sebastian Bachs 334. Geburtstag dar. Dabei wurde zu einer vom Nutzer frei einzugebenden, höchstens zweitaktigen Melodielinie durch das System eine vierstimmige Harmonisierung im ‚Bach-Stil‘ ausgesetzt, die auf der maschinellen Auswertung und Analyse von 306 Choral-Harmonisierungen beruhte (vgl. Google LLC, „Celebrating Johann Sebastian Bach“). Die verwendeten ‚Trainingsdaten‘, nur schwer aufzufinden, führen über verschiedene Derivate (Kopien von Kopien etc.) zurück zur Masterarbeit des Informatikers Moray Allen (Allan, Harmonising Chorales in the Style of Johann Sebastian Bach), der darin nicht näher spezifizierte „Chorale harmonisations, in a computer-readable edition“ von 1998 nutzte, die als MIDI-Files und Textrepräsentation auf einem (heute nicht mehr erreichbaren) Server des heutigen Karlsruher Institut für Technologie (KIT) abgelegt waren. Der musik- und codephilologische Status der Daten, mit denen Googles KI trainiert wird, erweist sich somit als höchst problematisch. Erste generelle Ansätze zu einer Code-Kritik finden sich in den Literatur- und Kommunikationswissenschaften, vgl. Zundert, „Author, Editor, Engineer“, oder Brock, Rhetorical Code Studies.

71

Möller, Art. „Notation, I. Einleitung. 3. Notation lesen“.

72

Vgl. Bohn, The Music of American Composer Lejaren Hiller and an Examination of His Early Works Involving Technology, sowie Funk, „A Musical Suite Composed by an Electronic Brain“.

73

Erschienen 1971 (vgl. Smith, Six Bagatelles for Piano, sowie die Rezension in Swift, „[Rez.] Leland Smith: Bagatelles, for Piano […]“). Grundsätzlich zu dem von Smith entwickelten Satzprogramm SCORE vgl. Smith, „SCORE – A Musician’s Approach to Computer Music“, sowie im historischen Zusammenhang mit dem Stanford Center for Computer Research in Music and Acoustics (CCRMA) bei Nelson, The Sound of Innovation, insb. S. 19–46. Zum Einsatz von SCORE bei György Ligeti vgl. auch den Beitrag von Tobias Bleek im vorliegenden Band.

74

Vgl. Boulez, „Zeit, Notation und Kode“.

75

Vgl. den Abschnitt „Adornos Dialektik der technischen Reproduzierbarkeit und der Verlust des Codes“.

76

Kay, Das Buch des Lebens, S. 133. Vgl. auch Türcke, Vom Kainszeichen zum genetischen Code, insb. S. 204.

77

Vgl. in Adornos Aufzeichnungen: „Die wahre Reproduktion ist die Röntgenphotographie des Werkes. Ihre Aufgabe ist es, alle Relationen, Momente des Zusammenhanges, Kontrasts, der Konstruktion, die unter der Oberfläche des sinnlichen Klanges verborgen liegen, sichtbar zu machen – und zwar vermöge der Artikulation eben der sinnlichen Erscheinung.“ (Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 9.) „‚Röntgenaufnahme‘. Es kann im Sinn der Sache liegen, das Skelett zu verbergen. Aber das setzt dann selbst wieder die Röntgenphotographie voraus.“ (Ebd., S. 207.) „Meine These, die Aufführung sei die Röntgenphotographie des Werkes, bedarf insofern der Korrektur, als sie nicht das Skelett sondern die ganze Fülle des Subkutanen gibt.“ (Ebd., S. 208.) Vgl. in diesem Zusammenhang Klein, „Adorno als negativer Hermeneutiker“, insb. S. 33f.

78

Zedler, Stichwort „Codex, code“, Sp. 560.

79

Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache, Art. „Code“.

80

Leibniz-Zentrum für Literatur und Kulturforschung, Art. „Code“. Vgl. u.a. bei Michel Foucault: „Die fundamentalen Codes einer Kultur, die ihre Sprache, ihre Wahrnehmungsschemata, ihren Austausch, ihre Techniken, ihre Werte, die Hierarchie ihrer Praktiken beherrschen, fixieren gleich zu Anfang für jeden Menschen die empirischen Ordnungen, mit denen er zu tun haben und in denen er sich wiederfinden wird.“ (Foucault, Die Ordnung der Dinge, S. 22).

81

Vgl. die Betrachtung von (genetischen) Codes unter diesen vier Bickwinkeln bei Kogge, Experimentelle Begriffsforschung, insb. S. 177–201.

82

Roland Barthes (S/Z, 1970), Pierre Giraud (La sémiologie, 1971) oder auch Umberto Eco („Critique of the Image“, 1982) haben historisch wirksame Modelle entwickelt. In neuerer Zeit ist besonders die Unterscheidung von Keller und Lüdtke relevant geworden in natürliche Codes (z.B. Bienenflug), künstliche, vom Menschen geschaffene Codes (z.B. Programmcodes) sowie vom Menschen geschaffene, aber nicht intendierte, spontane Ordnungen in ‚Codes der dritten Art‘ (z.B. Kleiderordnungen oder Moral). Vgl. Keller/Lüdtke, „Kodewandel“.

83

„Any text uses not one code, but many. […] The same signifier may play its part in several different codes. The meaning of literary texts may thus be ‚overdetermined‘ by several codes. Just as signs need to be analysed in their relation to other signs, so codes need to be analysed in relation to other codes. Becoming aware of the interplay of such codes requires a potentially recursive process of re-reading.“ (Chandler, Semiotics for Beginners, 9. Codes.)

84

Ebd.

85

Zu Begriff und Diskussion „digitaler Objekte“ vgl. Hui, „What is a Digital Object?“.

86

Gramelsberger, „Im Zeichen der Wissenschaften“, S. 444f. Gramelsberger spricht hier von digitalen Zeichen. Es lässt sich argumentieren, dass Schrift, auch musikalische, seit ihren Anfängen durch digital aufzufassende Notationen bedingt war. Vgl. hierzu Haugeland, „Analog und Analog“. Im Zusammenhang dieses Beitrags sei unter ‚digital‘ mit Jay D. Bolter die grundlegende „Funktionsweise von (vermutlich allen) Computersystemen“ verstanden, vgl. Bolter, „Digitale Schrift“, S. 462.

87

Vgl. auch Krämer, „Writing, Notational Iconicity, Calculus“, S. 536.

88

Einem codierten Zeichensatz liegt ein notationaler Zeichensatz (Vorrat an abstrakten Zeichenelementen) zugrunde, der auf eine festgelegte, nummerierte Abfolge abgebildet wird. Die dabei einem Zeichenelement zugeordnete Nummer ist der Codepoint, oder auch Codeposition (z.B. wird dem abstrakten Element „Latin Capital Letter O with Diaeresis“ [= „Ö“] in Unicode der hexadezimale Codepoint U+00D6, bzw. dezimal: 214, zugeordnet). Ein Zeichenelement zusammen mit seinem Codepoint wird als codiertes Zeichen (‚encoded character‘) bezeichnet. Die im englischen Sprachgebrauch zumeist als ‚character set‘ bezeichneten ‚Zeichensätze‘ (Unicode, ASCII etc.) sind eigentlich bereits codierte Zeichensätze. Der Gesamtbereich, der von einem codierten Zeichensatz zur Verfügung gestellt wird, nennt sich Codemenge oder Coderaum (‚code space‘). Vgl. SELFHTML e.V., Art. „Zeichencodierung“.

89

„An abstract character has no concrete form and should not be confused with a glyph […] [or] a grapheme.“ (The Unicode Consortium [Hg.], The Unicode Standard, S. 90.)

90

Vgl. ebd., S. 33–42, sowie S. 120–133.

91

Gramelsberger, „Im Zeichen der Wissenschaften“, S. 444.

92

Koch, „Graphé“, S. 76.

93

Krämer, „Writing, Notational Iconicity, Calculus“, S. 535. Vgl. auch Grube, „Autooperative Schrift“, S. 97: „Die allgemeinste und folgenreichste Konsequenz autooperativer Schriften besteht darin, dass das Wirkungs- und Anwendungspotenzial einer autooperativen Schrift nicht mehr allein von den Menschen abhängt, die sie gebrauchen, sondern von den operativen Möglichkeiten, die eine Maschine bereitstellt“.

94

Gramelsberger, „Im Zeichen der Wissenschaften“, S. 444.

95

„Die Merkmale der digitalen Schrift leiten sich von der Fähigkeit des Computers ab, den Kode in einer Weise auszuführen, die dynamisch und unabhängig vom menschlichen Autor des Kodes ist. Der Computer kann sogar seinen eigenen Kode schreiben“, so Jay D. Bolter in seiner Kritik der als Kode-These adressierten „vorgebliche[n] Autonomie des Computerkodes“ (Bolter, „Digitale Schrift“, S. 462). Sein mahnendes Fazit: Die „sensorische Erfahrung des Nutzers“ (ebd., S. 463) sollte bei aller Code-Euphorie nicht vernachlässigt werden.

96

Boucquet, „Adorno liest Benjamin“, S. 71f.

97

Die Datei ist irrtümlich benannt nach der bekannten Gedichtvorlage „Herzliebster Jesu“ (1630) von Johann Heermann, die als 4. Strophe der Nr. 55 (46) der Matthäus-Passion verwendet wird. Als titelgebende 1. Strophe kommt das Gedicht nur in Nr. 3 „Herzliebster Jesu, was hast Du verbrochen“ vor, dort jedoch mit einem anderen Choralsatz.

98

Vgl. Adorno, Zu einer Theorie der musikalischen Reproduktion, NaS I.2/ 91.

99

Vgl. hierzu Urbanek, „‚Bilder von Gesten‘“, sowie die weitgefächerte Problematisierung in Eggers/Grüny (Hg.), Musik und Geste.

100

In Bezug auf die visuelle Logik mittelalterlicher und frühneuzeitlicher musikalischer Schrift vgl. zuletzt Nanni, „Musikalische Diagrammatik“, insb. S. 66f.

101

Neuere Kognitionsforschungen deuten darauf hin, dass beim visuellen Erfassen und Verstehen von Codes und Programmier-‚Sprachen‘ weniger sprachliche, als vielmehr formal-logische Verarbeitungsmechanismen greifen. Vgl. Ivanova/Srikant et al., „Comprehension of Computer Code Relies Primarily on Domain-General Executive Brain Regions“ sowie Liu/Kim et al., „Computer Code Comprehension Shares Neural Resources with Formal Logical Inference in the Fronto-Parietal Network“.

102

Strukturelle Eigenschaften sowohl der Schriftrolle als auch des Kodex gehen im ‚Lesen am Bildschirm‘ auf. Vgl. grundsätzlich hierzu Chartier/Cavallo, Die Welt des Lesens; Bolter, Writing Space; sowie Schulz, Poetiken des Blätterns.

103

Vgl. Münnich, „Ontologien in der Praxis“, insb. S. 331.

104

So liest die „music notation engraving library“ Verovio (www.verovio.org) z.B. Dateien in den Formaten MEI, MusicXML, Humdrum (**kern) oder Plaine & Easie (PAE) ein, und gibt diese als eine an der Struktur des MEI-Formats orientierte skalierbare Vektorgrafik (SVG) aus.

105

Ehlich, „Schriftentwicklung als gesellschaftliches Problemlösen“.

106

In Adornos soziologischen Schriften finden sich sowohl Hinweise auf Schlüsselverzeichnisse (scoring manuals; vgl. Adorno, „Empirische Sozialforschung“, GS IX/ 345) sowie einmal auch Code als Verb: „Die technische Durchführung der Umfrage, des Codens der Interviews und der Grundauszählung war dem Deutschen Institut für Volksumfragen in Frankfurt am Main (DIVO) übertragen.“ (Adorno, „Betriebsklima“, GS XX.2/ 643.)

107

Grundsätzlich zu Adornos Auseinandersetzung mit dem Kino vgl. u.a. Hansen, „Mass Culture as Hieroglyphe Writing“. Zur Phonographie vgl. Levin, „For the Record“. Zum Radio vgl. Babich, „Adorno’s Radio Phenomenology“. Vgl. auch die einschlägigen Betrachtungen in Klein/Kreuzer/Müller-Doohm (Hg.), Adorno-Handbuch, z.B. zu „Interpretation, Reproduktion“ (Kapp) oder zur „Radio Theory“ (Powell).

108

Adorno, „Zum ‚Anbruch‘“ [1928], GS XIX/ 601.

109

Adorno, „Zum Jahrgang 1929 des ‚Anbruch‘“, GS XIX/ 607, zuerst in: Anbruch 11/1 (1929), S. 1f.

110

Adorno, „Musik und Technik“ [1958], GS XVI/ 229.

111

Ebd.

112

„Heute nun ist die Diskrepanz zwischen dem subjektiven Stand des Komponierens und der durch Stichworte wie integrales Komponieren und Elektronik bezeichneten technischen Entwicklung maßlos angewachsen. Kompositorisches Subjekt und kompositorische Objektivität klaffen auseinander.“ (Adorno, „Schwierigkeiten. I. Beim Komponieren“ [1964], GS XVII/ 260.) Eine Aufarbeitung von Adornos Bezügen zu elektroakustischer und elektronischer Musik findet sich bei Carras, „Échantillons et code“.

113

Adorno, „Die Form der Schallplatte“ [1934], GS XIX/ 532.

114

Erstaunlich modern und aktuell gibt sich Adornos analytische Betrachtung der Schreibmaschine, liest man sie mit der Brille digitaler Schreibprozesse: „Der Prozeß des Schreibens ist auf der Maschine aus einem zweidimensionalen wieder dreidimensional geworden. Die Worte, so viele Jahrhunderte hindurch bloß gelesen, lassen sich wieder abtasten; so bekommen wir sie vielleicht endlich in die Gewalt, nachdem wir allzulange ihrer fremden Herrschaft ausgeliefert waren.“ (Adorno, „Worte ohne Lieder“ [1931], GS XX.2/ 543.)

115

Adorno, Ästhetische Theorie, GS VII/ 189. Der deutliche Bezug zu Walter Benjamins Schriftbegriff liegt nicht nur nah, sondern wird durch eine ganz ähnliche Formulierung in Adornos „Einleitung zu Benjamins ‚Schriften‘“ eklatant: „Die ganze Schöpfung wird ihm [Benjamin, Anm. S.M.] zur Schrift, die es zu dechiffrieren gilt, während der Code unbekannt ist.“ (Adorno, „Einleitung zu Benjamins ‚Schriften‘“, GS XI/ 573.)

116

Grundsätzlich zum Digitalitätsbegriff in den Geisteswissenschaften vgl. u.a. Koch (Hg.), Digitalisierung, sowie Klinke (Hg.), #DigiCampus, darin insb. das Vorwort von Harald Klinke („Die digitale Transformation in den Geisteswissenschaften“) und der Beitrag von Hubertus Kohle („Die Geisteswissenschaften und das Digitale“). Speziell in Bezug auf eine digitale Musikwissenschaft vgl. zuletzt die Themenhefte Münzmay/Acquavella-Rauch (Hg.), Digitalität in der Musikwissenschaft, Bonte/Wiermann (Hg.), Digitale Forschungsinfrastruktur für die Musikwissenschaft sowie Gesellschaft für Musikforschung (Hg.), Digitalität.

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Dialektik der Schrift

Zu Adornos Theorie der musikalischen Reproduktion

Series:  Theorie der musikalischen Schrift, Volume: 3