WE ARE A PRODUCT of five hundred years of struggle: first, led by insurgents against slavery during the War of Independence with Spain; then to avoid being absorbed by North American imperialism; then to proclaim our constitution and expel the French empire from our soil; later when the people rebelled against Porfirio Diaz’s dictatorship, which denied us the just application of the reform laws, and leaders like Villa and Zapata emerged, poor men just like us who have been denied the most elemental preparation so they can use us as cannon fodder and pillage the wealth of our country. They don’t care that we have nothing, absolutely nothing, not even a roof over our heads, no land, no work, no health care, no food or education, not the right to freely and democratically elect our political representatives, nor independence from foreigners. There is no peace or justice for ourselves and our children. But today we say: ENOUGH IS ENOUGH! (First Declaration of the Lacandon Jungle, January 2, 1994)1
Als am 1. Januar 1994 das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA) in Kraft tritt, erklärt die Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung (Ejército Zapatista de Liberación Nacional, EZLN) der mexikanischen Regierung den Krieg. In ihrer Kriegserklärung nehmen die Zapatistas selbstreferentiell Bezug auf ein »Wir«, das historisch über die Lebensspanne der Gruppe von Personen hinausgeht, die die Erklärung konkret verfasst. Die Autor*innen der Erklärung beziehen sich bei der Verwendung des Wortes »Wir« nicht einfach auf die hier und jetzt existierende politische Gruppierung, die dazu aufruft, sich dem Kampf gegen den neoliberalen Kapitalismus anzuschließen, sondern sie bringen zum Ausdruck, dass sie Teil einer kontinuierlichen Fortsetzung der eigenen kollektiven Geschichte sind: Ein persistierendes »Wir«, das bereits den Unabhängigkeitskrieg mit Spanien hinter sich hat, dem nordamerikanischen und französischen Imperialismus mit Widerstand begegnete und gegen den diktatorischen General Díaz rebellierte, tritt nun abermals auf die politische Bühne und nimmt den Standpunkt ein, dass »genug genug ist«.
Wie ist es aber zu verstehen, dass eine Gruppe von Menschen sich als kollektiver politischer Akteur formiert? Wer oder was sind wir, wenn wir uns zu einem einheitlichen »Wir« zusammenschließen und als ein solches handeln und denken?
Soziale Gruppen sind fester Bestandteil unserer Alltagswelt. Auch wer selbst kein Mitglied einer indigenen Befreiungsbewegung ist, hat ständig mit unterschiedlichen Kollektiven zu tun. Wir sprechen über sie und mit ihnen, gehören ihnen an, oder interagieren mit ihnen, indem wir etwa ihre Forderungen zurückweisen oder selbst Forderungen gegen sie erheben. Wenn die Hausverwaltung die Kaution für die frühere Wohnung nicht zurückzahlt, der Telefonanbieter den Anschluss nicht zum Laufen bringt oder der internationale Großkonzern nicht zum Jobinterview einlädt, haben wir es zwar oft mit der konkreten Frau Müller oder dem Herrn Mayer zu tun, aber wir machen in der Regel weder Frau Müller noch Herrn Mayer direkt dafür verantwortlich, den Telefonanschluss nicht zum Laufen zu bringen oder die Kaution nicht zurückzahlen zu wollen. Vielmehr repräsentieren sie als Mitglieder ihre Organisationen, und so ist es im Alltag vollkommen unproblematisch zu sagen, dass die Telekom den Anschluss nicht zum Laufen bringt, IBM mich nicht für einen geeigneten Bewerber hält und die Deutsche Wohnen meine Kaution nicht zurückzahlen will. In solchen Situationen verstehen wir das konkrete Handeln von Individuen als Ausdruck des Handelns jener Organisationen, denen sie angehören, und können dies auch durch die Angabe kollektiver Überzeugungen und Wünsche rationalisieren: IBM glaubt, dass ich unqualifiziert bin und schickt mir deshalb keine Einladung; die Hausverwaltung will mir die Kaution nicht zurückzahlen; die Telekom versteht einfach nicht, wie man den Anschluss zum Laufen bringt und so weiter.
Dass Kollektive in unserer Alltagswelt und Alltagssprache als Subjekte eigener Art, die Handlungen tätigen, Überzeugungen und Wünsche haben, kurz: als intentionale Akteure, auftreten, ist auch in der philosophischen Debatte eine verbreitete Auffassung. So beginnen etwa Christian List und Philip Pettit ihre Untersuchung über kollektive Akteurschaft mit den Worten:
Common sense and the social sciences represent many collections of human beings as if they were unitary agents, capable of preforming like individuals. We speak in ordinary life of what Greenpeace or Amnesty International intends, what the Catholic Church holds sacred, what the medical profession wants, what generation X values, und what the financial markets expect. Similarly, social scientists speak of the utility functions commercial corporations maximize, the national interests states pursue, and the agenda a political elite seeks to further. (List und Pettit 2011, 1)
Zu Recht weisen die Autoren darauf hin, dass wir nicht nur in unserer Alltagsprache, sondern durchaus auch in den Wissenschaften von Kollektiven als einheitlichen Akteuren sprechen, die Handlungen tätigen und intentionale Einstellungen besitzen. Die katholische Kirche, Greenpeace oder Amnesty International – so erläutern List und Pettit – tauchen in unserer Rede ganz selbstverständlich als Subjekte mit Absichten und als Träger von Überzeugungen oder Wertvorstellungen auf.
Selbst Kritiker*innen der Auffassung, dass es genuine kollektive Akteurschaft am Ende wirklich gibt, geben gerne zu, dass wir im alltäglichen Sprechen einen ganz unproblematischen Umgang mit Kollektiven als intentionalen Akteuren ausdrücken:
The 22nd Infantry Regiment, as a unit of the United States Army, has existed – intermittently – for over 200 years. It fought in eight wars, through many campaigns. It survived periods of deactivation. None of the original recruits from Pennsylvania in 1812 were members of the Regiment when it fought against the Sioux at Spring Creek in October 1876 along the Yellowstone River. None of the members of the Regiment in 1876 were members of it when it landed on Utah Beach on June 6, 1944. What is the relation of the Regiment to its members? What do we mean when we say that the Regiment fought a battle against the Sioux at Spring Creek in 1876 and landed on Utah Beach on June 6, 1944? Is the Regiment an agent in its own right supervening on the activities of its members at various times, but distinct from all of them? (Ludwig 2017a, 1)
Das 22. Infanterieregiment, so berichtet Ludwig, existiert über die Lebensspannen einzelner Personen hinaus und »überlebte« so mehrmals den vollständigen Austausch seiner Mitglieder.
Obwohl wir derartige Sätze ganz unproblematisch verwenden können, evozieren sie auf den zweiten Blick eine Reihe von Fragen, die unsere sichere Verwendungsweise ins Wanken bringen können. Wie Ludwig ausführt, stellt sich etwa die Frage, ob wir bei der Verwendung derartiger Sätze wirklich meinen, dass bestimmte Kollektive eigenständige Akteure sind, die – wie er hinzufügt – von ihren Mitgliedern verschieden sind. Wie sieht das Verhältnis des 22. Infanterieregiments zu seinen Mitgliedern aus, wenn es als eigenständiger Akteur betrachtet wird? Können Gruppen tatsächlich etwas glauben, wollen oder beabsichtigen? Was genau ist damit gemeint, Kollektive als Akteure sui generis zu behandeln? Können all diese Beschreibungen mehr als eine metaphorische Beschreibung des gemeinsamen Handelns Einzelner meinen? Drücken wir nicht genau genommen nur aus, dass die Mitglieder als Ansammlung von einzelnen Individuen etwas übereinstimmend glauben, wünschen, beabsichtigen? Und ist das Handeln eines Kollektivs nicht einfach als gemeinsames Handeln Einzelner aufzufassen?2 Schließlich – so die Überlegung – existieren doch nur Individuen »wirklich«, daher sind auch nur individuelle Akteure in der Lage, aufgrund ihrer Überzeugungen, Wünsche, Absichten oder Hoffnungen zu handeln.
Die Beschreibung der Hausverwaltung, die die Kaution nicht zurückzahlen will, die Rede von den Absichten von Greenpeace, aber auch die Selbstbeschreibung der Zapatistas widersprechen der Grundintuition, dass bloß Individuen als Handelnde und Denkende auftreten können. Trotzdem scheint es richtig zu sein, dass die Zapatistas als gemeinsames »Wir« den Krieg erklärt haben und nicht etwa nur eine Ansammlung einzelner Aktivist*innen, die je individuell für sich gehandelt haben. Aber es scheint andererseits auch richtig zu sein, dass dieses gemeinsame Tun der Zapatistas nur durch das konkrete Handeln von partikularen Individuen und nicht etwa von den Zapatistas als kollektive Entität an sich vollzogen werden kann. Wie würde es »aussehen«, wenn nicht Frau Müller im Namen der Telekom den Anschluss installiert, sondern die Telekom als solche zuhause erscheinen würde?
Dieses Buch handelt von der Frage, wie in Beziehung stehende Individuen durch ihr gemeinsames Tun kollektive Akteurschaft konstituieren, die zwar nicht als unabhängig von ihren Konstituenten, aber doch als etwas Eigenständiges aufzufassen ist. Oder, anders ausgedrückt: Wie lässt sich das Verhältnis von Kollektiven als handelnde und denkende Subjekte und den das Kollektiv konstituierenden Mitgliedern explizieren? Es geht also um eine Analyse kollektiver Akteurschaft. Eine derartige Analyse steht nicht nur aufgrund verbreiteter individualistischer Grundintuitionen vor großen Herausforderungen.
Die philosophische Debatte
Auch aus Perspektive der philosophischen Theoriebildung steht eine Thematisierung kollektiver Akteurschaft vor besonderen Herausforderungen. Dies liegt einerseits daran, dass die zur Rekonstruktion von kollektiver Akteurschaft notwendigen Begriffe wie »Überzeugung«, »Wunsch«, »Akteur« oder »Intentionalität« lange Zeit in Konflikt mit den von der Philosophie für diese Begriffe bereitgestellten Theoriekonzeptionen standen. Derartige Begriffe waren und sind zum Teil auch heute noch in den gängigen Theoriekonzeptionen einer Bezugnahme auf Individuen vorbehalten und ihre kollektive Verwendungsweise wird daher nicht selten als »bloß« metaphorisch abgetan (Quinton 1975, 17, vgl. zur Diskussion auch: List und Pettit 2001, 3–7; Ludwig 2017a, 336–38; 2017b).
Komplementär dazu herrschte (und herrscht) andererseits in der Sozialtheorie und in der analytischen Sozialphilosophie lange Zeit das Dogma des (oftmals) als Eliminativismus verstandenen methodologischen Individualismus vor, der selbst wiederum durch implizit ontologisch-individualistische Hintergrundannahmen gestützt wurde.3 Unter der Annahme, dass es völlig klar sei, dass es nur Individuen wirklich gibt, werden dabei jegliche soziale Phänomene auf das Handeln und Denken von Individuen reduziert. Oder aber umgekehrt: Weil sich bestimmte soziale Phänomene erst rekonstruktiv als Zusammenhang des gemeinsamen Handelns und Denkens von Individuen begreifen lassen, gibt es diese Phänomene »nicht wirklich«. Dieses Zusammenspiel von explanatorischer Reduktion und ontologischer Elimination betrifft dann freilich nicht nur die Frage nach kollektiver Akteurschaft, sondern bereits die Konzeption von Gesellschaft und gesellschaftlichen Verhältnissen überhaupt.
Wenn aber eine Untersuchung sozialer Phänomene sich bereits auf die Vorausbestimmung eingelassen hat, dass nur Individuen handeln können und daher jedes soziale Phänomen auf interagierende Individuen und ihre individuellen mentalen Zustände zu reduzieren sei, dann scheint damit auch eine tiefgehende Auseinandersetzung mit der Frage nach kollektiver Akteurschaft entweder von vorneherein fehlgeleitet oder aber nur als eliminativistisches Reduktionsprogramm denkbar zu sein. Bezüglich der oben angeführten Beschreibungen über Greenpeace, aber auch mit Blick auf die Selbstbeschreibung der Zapatistas müssten wir dann festhalten, dass diese Redeweisen streng genommen falsch sind und eigentlich in Sätze über das Denken und Handeln von Individuen zu überführen wären.
Diese Präsuppositionssituation in der Debatte verändert sich jedoch zunehmend. Vor allem auch in der analytischen Sozialphilosophie ist seit einigen Jahren eine Wandlung zu beobachten. So ist nicht nur gemeinsames Handeln ein prominentes Forschungsthema geworden, zu dem einige Autor*innen durchaus anti-reduktionistische Theorien vertreten (Gilbert 1989; Schmid 2005; Schweikard 2011), sondern es finden sich auch zunehmend Theorievorschläge, die einzelne Kollektive unter bestimmten Bedingungen selbst als eigenständige Akteure begreifen (French 1979; List und Pettit 2011; Schweikard 2011; Gilbert 2013; Tollefsen 2015). Auch wenn viele Theorien des gemeinsamen Handelns und der kollektiven Akteurschaft (immer noch) von einem methodologisch individualistischen Grundverständnis ausgehen und etwa Annette Baier daher von einer die Debatte prägenden »cartesianischen Gehirnwäsche« spricht (Baier 1997), verliert die viel beschworene und oft betonte individualistische Grundauffassung zunehmend ihren reduktionistisch-eliminativistischen Biss: denn obwohl weiterhin betont wird, dass es keine mysteriösen Gruppengeister gibt, die Individuen hinter deren Rücken steuern, entpuppt sich so manche »individualistische« Theorie bei genauerem Hinsehen vielmehr als Relationalismus, der soziale Beziehungen als zentrale Konstituenten ansieht.4
Und auch wenn die Autor*innen, die für kollektive Akteurschaft argumentieren, weiterhin betonen, dass diese immer nur auf individueller Akteurschaft superveniere, beziehungsweise durch diese konstituiert sei, werden die kollektiven intentionalen Zustände sowie die kollektiven Akteure selbst zunehmend als irreduzibles und reales Phänomen anerkannt (vgl. für eine ebensolche Position: List und Pettit 2011).
Wir befinden uns – so scheint es – an einem Punkt in der Debatte, an dem die Angst vor dem Schreckgespenst des Kollektivismus nicht mehr zu individualistischen Überreaktionen führt und gleichzeitig ein erneutes Kippen in kollektivistische Konzeptionen, bei denen das Individuum voll und ganz im Kollektiv verschwindet, vermieden wird.5 Ziel einer angemessen Analyse des Sozialen könnte sein, dass weder die untersuchten sozialen Phänomene in Konkurrenz mit individueller Handlungsfähigkeit gedacht noch Individuen als vereinzelte Einzelne, die nur kontingent in soziale Strukturen eingebettet sind, verstanden werden. Stattdessen müssen Individuum und Kollektiv in ein angemessenes Verhältnis zueinander gesetzt werden, ohne dass die prägende Kraft gesellschaftlicher Verhältnisse, wie sie sich etwa in sozialen Strukturen, Rollenmustern und sozialen Praktiken zeigen, noch individuelle Handlungsfähigkeit vernachlässigt wird.
In der neuen Debatte um den Status kollektiver Akteurschaft lassen sich bezüglich dieser Problematik des Verhältnisses von Individuum und Kollektiv schematisch drei Theorieansätze differenzieren: 1) Reduktionistisch-eliminativistische Ansätze; 2) interpretationalistische Ansätze; 3) konstitutionalistische Ansätze.
1) Reduktionistisch-eliminativistische Ansätze folgen weiterhin einer Kombination aus methodologischem und ontologischem Individualismus und argumentieren, dass das vermeintliche Handeln von Kollektiven letztlich als strukturiertes, gemeinsames Handeln von Individuen aufgefasst werden muss. Sie verfolgen hierbei aber nicht nur ein exploratorisches Programm, sondern sprechen in einem zweiten Schritt Kollektiven eine eigenständige Form von Akteurschaft ab (die elaborierteste Ausführung eines solchen Programms vertritt meines Erachtens Kirk Ludwig: Ludwig 2017b; 2017a).
2) Sogenannte interpretationalistische Ansätze argumentieren hingegen im Ausgang von Daniel Dennetts Theorie intentionaler Systeme (Dennett 1987) dafür, dass bestimmte Kollektive als Akteure zu verstehen sind, sofern sie mittels intentionaler Zuschreibungen pro- und retrospektiv erklärbar sind. Eine solche Theorieposition betrachtet Akteurschaft vor allem als eine aus drittpersonaler Perspektive zuschreibbare Eigenschaft und lässt Fragen der internen Konstitution zunächst außer Acht (prominent wird diese Position von Deborah Tollefsen vertreten: Tollefsen 2015). Kollektive werden als intentional Handelnde verstanden, sofern ihr Gesamtverhalten epistemisch gewinnbringend als rational zielverfolgend verstanden werden kann.
3) Schließlich gibt es eine ganze Reihe von Ansätzen, die ähnlich wie der reduktionistisch-eliminativistische Ansatz die unterschiedlichen internen Konstituenten von kollektiver Akteurschaft explizieren und daher unter dem Label »konstitutionalistische Ansätze« gefasst werden können. Es handelt sich bei den konstituierenden Elementen etwa um gemeinsame Festlegungen (Gilbert 2013), aggregierte Urteile (List und Pettit 2011) oder etwa individuelle »Wir-Modus-Zustände« von Individuen (Tuomela 2013) als Konstituenten von kollektiver Akteurschaft. Aber ganz anders als bei den unter (1) genannten eliminativistisch-reduktionistischen Ansätzen wird diese Explikation interner Konstitutionsmomente nicht als Grund für eine eliminativistische Konklusion angesehen. Stattdessen wird vielmehr dafür argumentiert, dass kollektive Akteurschaft zwar auf derartigen (individuellen) Grundkonstituenten aufbaut oder auf ihnen superveniert, dass aber gerade jene, durch diese Elemente konstituierten, Akteure eine irreduzible Eigenständigkeit besitzen.
Die vorliegende Arbeit verteidigt die Idee kollektiver Akteurschaft und hat das Ziel, einen Beitrag zu ihrer genauen begrifflichen Bestimmung zu liefern. Es wird sich hierbei zeigen, dass eine Bestimmung kollektiver Akteurschaft verschiedene Formen differenzieren muss.
Die drei hier genannten Ansätze – Reduktionismus, Interpretationalismus und Konstitutionalismus – leisten für eine Rekonstruktion kollektiver Akteurschaft je für sich wichtige Erkenntnisse, weisen aber jeweils gewisse Mängel auf, die es systematisch aufzuarbeiten gilt. Aus der Vogelperspektive lässt sich die vorliegende Arbeit nicht primär als Versuch verstehen, neue Konstituenten oder Mechanismen kollektiver Akteurschaft zu entwickeln. Mein Projekt besteht demgegenüber vielmehr darin, die einzelnen, bereits vorhandenen Puzzleteile der verschiedenen Ansätze so zu einem kohärenten Ganzen zusammenzufügen, dass ein klares Gesamtkonzept kollektiver Akteurschaft und ihrer unterschiedlichen Formen sichtbar wird. Gerafft ausgedrückt, besteht ein folgenreiches Problem der Debatte gerade darin, dass die unterschiedlichen Theoriestränge – so wird sich zeigen – komplementär an verschiedenen Aspekten eines und desselben Gegenstands arbeiten. Sie als konkurrierende Ansätze zu begreifen, statt sie in einer integrativen Theorie aufeinander zu beziehen, führt wiederum zu einem Wettbewerb um den besten globalen Ansatz, obwohl jeder partikulare Ansatz für sich genommen komplementäre Puzzleteile zu einem stimmigen Gesamtbild beisteuern könnte.
Der Streit der unterschiedlichen Ansätze um theoretische Hegemonie lässt aus dem Blick geraten, dass sie sich aus einer umfassenden Perspektive jeweils als Teilaspekte eines Gesamtkonzepts kollektiver Akteurschaft erweisen.6
Dies zeigt sich symptomatisch auch daran, dass es erstaunlich wenige Bestimmungsversuche von Typen oder Formen kollektiver Akteurschaft gibt, sondern die unterschiedlichen Theorien jeweils für sich beanspruchen, kollektive Akteurschaft oder kollektive Intentionalität ganz allgemein und »an sich« begriffen zu haben. Statt zu überprüfen, ob man nicht ganz unterschiedliche Ausprägungen oder Formen des Phänomens im Blick hat, streitet man um die theoretische Vormachtstellung und vereinseitigt das Gesamtphänomen zugunsten desjenigen Aspekts, der für die eigene Theorie zentral ist.
Eine These, die ich in dieser Arbeit entwickeln und verteidigen werde, lautet, dass kollektive Akteurschaft unterschiedliche Ausprägungsformen hat, die nur unzureichend mit einer der skizzierten Theorien eingefangen werden können. So gibt es nicht einfach nur kollektive Akteure »an sich«, sondern, je nach Konstituenten und strukturellen Beziehungen dieser Konstituenten zueinander, ganz unterschiedliche Formen oder Typen von Akteurschaft, die sich dann jeweils wiederum durch unterschiedliche kollektive Kompetenzen und Fähigkeiten ausdrücken. So wie wir im individuellen Fall relativ leicht und eher implizit zwischen der Akteurschaft eines simplen Roboters und jener einer vollumfänglichen Person unterscheiden, so können ähnliche Unterscheidungen auch im Fall kollektiven Akteurschaft von Bedeutung sein.
Mit dieser These im Hinterkopf schließt die vorliegende Arbeit an die von Catrin Misselhorn (Misselhorn 2015) vollzogene Analyse kollektiver Akteurschaft an, die einen der seltenen Versuche darstellt, unterschiedliche Typen kollektiver Akteurschaft aufgrund unterschiedlicher Kompetenzen der individuellen Konstituenten zu differenzieren. Misselhorn fasst ihren Ansatz folgendermaßen zusammen:
To begin with, one has to carefully distinguish different types of agents and their capacities. […] As I will argue, different kinds of collective agency involve agents with different kinds of capacities. This is particularly important for research in MAS [Multi-Agent Systems (Anmerkung: T.S.)]. Therefore, I am proposing a frame-work of different kinds of collective agency and cooperation in MAS depending on which types of agents are involved. (Misselhorn 2015, 3f.).
Misselhorn differenziert verschiedene Typen kollektiver Akteurschaft in Abhängigkeit von den verschiedenen Kompetenzen der an ihr beteiligten individuellen Akteure. Dies ist eine wichtige Unterscheidung für die Debatte um kollektive Akteurschaft, da auf diese Weise nicht mehr um kollektive Akteurschaft »an sich« gestritten und so etwa simples Schwarmverhalten mit dem über gemeinsame Absichten koordinierten gemeinsamen Handeln zweier Personen gleichgesetzt wird, sondern zwischen unterschiedlichen Typen kollektiver Akteurschaft differenziert werden kann.
Diesen Grundgedanken aufnehmend, verfolgt diese Arbeit das Ziel, die Perspektive einer Differenzierung verschiedener Typen kollektiver Akteurschaft nicht nur auf die unterschiedlichen Kompetenzen der beteiligten Akteure zu richten, sondern auch um den Aspekt ihrer organisationalen Strukturierung zu ergänzen. Unterschiedliche Fähigkeiten von Kollektivakteuren sind – so die These – nicht nur Ausdruck der individuellen Konstituenten des Kollektivs, sondern sie sind auch wesentlich dadurch bestimmt, welche soziotechnischen Praktiken und Metapraktiken im Kollektiv realisiert werden.
Formen kollektiver Akteurschaft als Formen von Metakognition in verteilten Systemen
Die vorliegende Arbeit wird also eine Theorie verschiedener Formen kollektiver Akteurschaft entwickeln. Zur Differenzierung schlage ich ein allgemeines Konzept verschiedener Typen von Akteurschaft vor, die mit Blick auf ihre kognitiven und metakognitiven Fähigkeiten differenziert werden: Einige Akteure »haben« lediglich intentionale Zustände, während andere dazu in der Lage sind, sie zu erkennen und zu kontrollieren. Dazwischen und darüber hinaus gibt es noch eine ganze Reihe unterschiedlichster metakognitiver Fähigkeiten, die die Form der jeweiligen Akteurschaft bestimmen.
Das grundlegende Vorgehen besteht dementsprechend darin, dass, bevor die Frage kollektiver Akteurschaft direkt angegangen wird, zunächst eine allgemeine Konzeption verschiedener Formen von Akteurschaft anhand unterschiedlicher metakognitiver Kompetenzen entworfen wird. Erst daraufhin wird sichtbar, inwiefern die vorgestellten Theorien in der Debatte um kollektive Akteurschaft unterschiedliche Aspekte unterschiedlicher Formen von Akteurschaft betonen und sich so zu einem Gesamtkonzept zusammenfassen lassen, das kollektive Akteurschaft anhand der unterschiedlichen metakognitiven Kompetenzen in verteilten Systemen begreift.
Ich werde dieses Argument in drei Teilen vortragen. Der erste Teil der Arbeit entwickelt ein Konzept von unterschiedlichen Formen von Akteurschaft anhand einer Konzeption von unterschiedlichen Formen von Metakognition. Der zweite Teil setzt sich mit bisherigen Theorien auseinander, zeigt deren Defizite und bestimmt die basale Form kollektiver Akteurschaft neu. Im dritten Teil werden die Neubestimmung sowie die Erkenntnisse aus den anderen Theorien dazu genutzt, um eine umfangreiche Theorie verschiedener Formen kollektiver Akteurschaft zu entwickeln. Im Folgenden werde ich die einzelnen Argumentationsschritte kurz vorstellen.
Teil I: Formen von Metakognition und Akteurschaft
Zur Analyse kollektiver Akteurschaft wird eine Konzeption von Akteurschaft im Allgemeinen benötigt. Die Entwicklung eines Modells von Akteurschaft, das zwischen unterschiedlichen Formen differenziert, zwingt zu einer Auseinandersetzung mit diversen kognitiven und metakognitiven Fähigkeiten von Akteuren, die als zentrales Unterscheidungskriterium herangezogen werden. Die verschiedenen (kognitiven und) metakognitiven Fähigkeiten von unterschiedlichen Akteuren bestimmen die spezifische Form der jeweiligen Akteurschaft, da sie dafür ausschlaggebend sind, bis zu welchem Grad und auf welche Weise Akteure dazu in der Lage sind, das Interagieren mit der Welt, die eigenen kognitiven Zustände und sich selbst zu erkennen, zu bewerten und zu kontrollieren. Das Erkennen, Bewerten und Kontrollieren des eigenen Verhaltens und der eigenen Zustände sind metakognitive Kompetenzen, die Akteuren komplexere und intelligentere Interaktionsformen mit der Umwelt erlauben. Die verschiedenen Formen und Möglichkeiten des Erkennens, Bewertens und Kontrollierens ermöglichen so eine Differenzierung von verschiedenen Formen der Akteurschaft. Es geht im ersten Teil dieser Arbeit also darum, eine Theorie verschiedener Formen von Metakognition zu entwickeln, die dann dazu genutzt werden kann, verschiedene Formen von Akteurschaft zu differenzieren.
Im ersten Kapitel beginne ich mit einer schematischen Darstellung der aktuellen Debattenlage zu Metakognition, indem ich skizzenhaft philosophisch inspirierte Theorientypen des Selbstwissens stärker psychologisch orientierten Theorietypen der Metakognition gegenüberstelle. Viele Autor*innen identifizieren Metakognition mit Metarepräsentation mentaler Zustände oder einfach mit Selbstwissen und argumentieren, dass Metakognition notwendigerweise erfordere, dass sich Akteure selbstreferentiell propositionale Einstellungen zuschreiben, um diese dann anschließend bewerten und kontrollieren zu können.7 Theorien, die stärker philosophisch geprägt sind, argumentieren für einen direkten und transparenten Zugang zu unseren propositionalen Einstellungen, während eher psychologisch argumentierende Ansätze experimentell nachzuweisen versuchen, dass wir nur einen vermittelten, oftmals fehlerhaften und keinesfalls autoritären Zugang zu unseren propositionalen Einstellungen besitzen. Diese scheinbare Pattsituation bei der Rekonstruktion metakognitiver Fähigkeiten lässt sich jedoch durch eine Untersuchung der hinter den jeweiligen Theorien liegenden Prämissen dazu, wie propositionale Einstellungen zu verstehen sind, aufheben.
Zu diesem Zweck geht Kapitel 2 einen Schritt zurück und untersucht das in diesen Theorietypen vorherrschende Grundverständnis von Sätzen der Form »Ich glaube, dass p«. Im Rückgriff auf Überlegungen von Tim Henning (Henning 2018) wird expliziert, inwiefern wir zwischen intentionalen Zuständen als Dispositionen und intentionalen Zuständen als Urteilen unterscheiden müssen. »Ich glaube, dass p« kann entweder dazu genutzt werden, einen Standpunkt bezüglich eines zur Debatte stehenden Gehalts auszudrücken, oder aber, um über mentale Zustände zu berichten. Im ersten Fall spreche ich objektstufig über die Welt, im zweiten berichte ich metarepräsentational über mich selbst. Auf die Welt gerichtete Urteile sind mit thematischen Festlegungen verbunden und drücken einen Standpunkt aus, für den der Akteur gegebenenfalls in der Praxis des Gebens und Nehmen von Gründen Rechtfertigungspflichten übernimmt. Der metarepräsentationale Bericht über eine propositionale Einstellung lässt sich hingegen in eine Rede über Dispositionen überführen, die das Verhalten eines Akteurs aus einer psychologischen oder rein kausalen Perspektive beschreibt, wobei hier die Zuschreibungen nicht implizieren, dass sich der Akteur auch auf den Gehalt der zugeschriebenen Disposition festlegt.
Es führt zu großen Missverständnissen in der Debatte um Metakognition, dass diese beiden Lesarten oftmals nicht genügend auseinandergehalten werden und Sätze der Form »Ich glaube, dass p« immer einfach als Selbstzuschreibung eines Überzeugungszustands verstanden werden beziehungsweise wenn umgekehrt die objektstufige Lesart – der Ausdruck eines Standpunktes – für die Problematik der Metakognition einfach ignoriert wird. Diese Unterscheidung ist aber der Schlüssel zur Auflösung des Streits der gegenübergestellten Theorietypen und auch zur Formulierung einer umfassenden Theorie verschiedener Formen von Metakognition.
Im dritten Kapitel folgt schließlich die Explikation der Theorie verschiedener Formen von Metakognition sowie die daran gekoppelte Unterscheidung verschiedener Formen von Akteurschaft. Hierfür werden zunächst intentionale Einstellungen als Dispositionen einerseits und intentionale Einstellungen als Urteile andererseits genauer charakterisiert. Intentionale Einstellungen als Dispositionen sind jene Zustände, die wir aus drittpersonaler Perspektive zuschreiben, um das Verhalten eines Akteurs mittels Rationalitätsunterstellung pro- und retrospektiv zu erklären. Intentionale Zustände als Urteile referieren hingegen auf die Meinung oder den Standpunkt, den ein Akteur bezüglich einer zur Debatte stehenden Proposition einnimmt und gegebenenfalls argumentativ auch rechtfertigt. Dass Urteile und Dispositionen nicht immer identisch sind, lässt sich durch Fälle von epistemischer und praktischer Willensschwäche aufzeigen (vgl. Henning 2018, 199; sowie Kapitel 2 dieser Arbeit).
Ich werde weiter dafür argumentieren, dass sich die verschiedenen Formen von Metakognition weitgehend (prozedurale Metakognition stellt eine interessante Ausnahme dar) als unterschiedliche Verhältnisse dieser beiden Arten von intentionalen Einstellungen, also von »Urteilen« und »Dispositionen«, ausbuchstabieren lassen. Es kommt darauf an, ob ein Akteur nur Dispositionen hat, oder ob er sein Handeln mittels des Fällens von Urteilen regulierend ausrichten und schließlich, ob er seine eigenen Dispositionen mittels Selbstzuschreibung erkennen und über das Fällen von Urteilen bewerten und kontrollieren kann. Die daraus resultierenden Formen von Metakognition lassen sich dann wie im Folgenden explizieren.
Gehaltsbasierte Metakognition
Der zentrale Gedanke zum Verständnis gehaltsbasierter Metakognition besteht darin, zwischen der prozeduralen Metakognition, die vor allem von Joëlle Proust thematisiert worden ist (Proust 2007; 2012; 2013) und der vollumfänglichen Metakognition als metarepräsentationaler Selbstzuschreibung mentaler Zustände – eine Position, die paradigmatisch mit der Theorie von Peter Carruthers verknüpft werden kann – (Carruthers 2009; 2011) eine Form der impliziten Evaluation und Kontrolle zu identifizieren. Sofern Akteure dazu in der Lage sind, Urteile über die Welt zu fällen – und dies beinhaltet, dass sie sich thematisch mit einem propositional vorliegenden Gehalt auseinandersetzen und hierzu Stellung beziehen können – sind sie dazu fähig, ihre »rein dispositionale« Interaktion mit der Umwelt zu transformieren, indem sie ihr Handeln an ihren eigenen Urteilen ausrichten. Der entscheidende Aspekt ist, dass diese gehaltsbasierte Metakognition keine Selbstzuschreibung propositionaler Einstellungen benötigt, aber dennoch als metakognitive Kompetenz zu begreifen ist, weil derartige Akteure über ein simples, lediglich durch Dispositionen gesteuertes Verhalten hinausgehen und implizit ihre eigenen Dispositionen kontrollieren. Evaluation und Kontrolle finden nicht in Bezug auf sich selbst, sondern mit Fokus auf einen zur Debatte stehenden Gehalt statt, wobei das gefällte Urteil bei erfolgreicher Umsetzung das weitere Denken und Handeln bestimmt.
Ich beziehe mich bei der Explikation von gehaltsbasierter Metakognition auf Überlegungen von Victoria McGeer (McGeer 1996; 2007), Pamela Hieronymi (Hieronymi 2009) und Tillmann Vierkant (Vierkant 2012; Vierkant und Paraskevaides 2012) und arbeite diese in eine systematische Theorie verschiedener Formen von Metakognition ein. Die noch nicht metarepräsentationale, aber schon über die rein prozedurale Metakognition hinausgehende gehaltsbasierte Form von Metakognition ermöglicht eine Unterscheidung zwischen Akteuren, die Urteile fällen und sich so vermittelt über propositionale Gehalte auf die Welt beziehen sowie selbstregulativ nach ihren Urteilen handeln können, und Akteuren, die ihrer rein dispositionalen Verfasstheit ausgeliefert sind.
Metarepräsentationale Metakognition
Die über den reinen Fokus auf den propositionalen Gehalt hinausgehende metarepräsentationale Selbstzuschreibung und dann auch Evaluation intentionaler Zustände als psychologischer beziehungsweise dispositionaler Zustände ist als eine weitere, »höherstufige« Form von Metakognition zu begreifen. Diese Fähigkeit erlaubt es Akteuren, ihre eigene dispositionale Verfasstheit zum Gegenstand von Evaluation und Kontrolle zu machen. Dies ist klassischerweise dann gegeben, wenn Akteure ihre eigenen intentionalen Zustände als intentionale Zustände erkennen, bewerten und kontrollieren. Sich selbst einen intentionalen Zustand zuzuschreiben, bedeutet aber eben noch nicht, dass der propositionale Gehalt des zugeschriebenen Zustands auch geurteilt wird. So ist es möglich, dass Akteure »an sich selbst für sich selbst« problematische Zustände erkennen, die sie dann in einem zweiten Schritt selbstregulativ kontrollieren können. Sich selbst interpretierend können Akteure zur Erkenntnis kommen, dass sie beispielsweise aufgrund rassistischer oder homophober Überzeugungen denken und handeln, die sie aber nicht als Meinungen und Standpunkte vertreten. In solchen Fällen kann die eigene (implizite) Dispositionierung aufgrund der kritischen Evaluation neu ausgerichtet werden.
Metarepräsentationale Metakognition kann zwei Bezugsobjekte haben. Neben der im letzten Absatz angesprochenen Evaluation und Kontrolle der intentionalen Zustände als Dispositionen, die das Verhalten bestimmen, ist es bestimmten Akteuren auch möglich, sich reflexiv auf die eigene Dispositionierung des Urteilens und Schließens zu beziehen. In Anlehnung an die durch Daniel Kahneman (Kahneman 2011) prominent gemachte Unterscheidung von System 1- vs. System 2 Denken lässt sich zwischen einer Bezugnahme auf automatische und heuristische kognitive Prozesse einerseits und einer kritischen Reflektion der jeweils vorausgesetzten Grundprämissen und Regeln des Urteilens und Schließens andererseits unterscheiden.
Das dritte Kapitel schließt mit einer kurzen Vorstellung der aus dieser Differenzierung von Metakognition resultierenden Konzeption verschiedener Formen von Akteurschaft, die dann auch gegenüber anderen Konzeptionen von Akteurschaft abgegrenzt werden. Typologisch können die Formen von Akteurschaft grundsätzlich nach den mit ihnen verbundenen kognitiven und metakognitiven Fähigkeiten unterteilt werden. Rein dispositionale Akteurschaft ist dadurch bestimmt, dass ein System mittels der Zuschreibung intentionaler Zustände pro- und retrospektiv erklärbar ist (Dennett 1987). Derartige Akteure verhalten sich zwar auf eine Art und Weise gegenüber ihrer Umwelt, die eine Zuschreibung mentaler Zustände rechtfertigt – sie verfolgen Ziele, reagieren auf Veränderungen in der Umwelt und passen ihr Verhalten auf intelligente und rationale Weise an –, aber sie haben keine Möglichkeit, ihr Verhalten aktiv auf irgendeine Weise erkennen, bewerten oder kontrollieren zu können. Vielmehr sind sie ihrem »subpersonalen Design« ausgeliefert und haben keine selbstregulierenden Fähigkeiten.8
Selbstregulierende Akteurschaft ist durch die Fähigkeit gekennzeichnet, Urteile fällen und selbstregulativ nach diesen handeln zu können. Selbstinterpretierende Akteurschaft erhöht die Komplexität des Umgangs mit der Welt durch die Möglichkeit, die eigene Dispositionierung im Handeln und Denken kritisch evaluieren und kontrollieren zu können.
Teil II: Kollektive Akteurschaft
Nachdem im ersten Teil also unterschiedliche Formen von Akteurschaft entwickelt wurden, kehrt Teil II zur Ausgangsfrage zurück und widmet sich der Thematik der kollektiven Akteurschaft. In Auseinandersetzung mit der bestehenden Literatur werden deren Grundstrukturen aufgezeigt.
Im einleitenden Kapitel 4 schlage ich vor, Kollektive allgemein als sozial und sozio-technisch verteilte Systeme zu begreifen, die unter bestimmten Bedingungen Akteurschaft realisieren. Während einige sozio-technische Systeme einfach nur Interaktionszusammenhänge abbilden und keine intentionale Akteurschaft realisieren – man denke an einen Stau auf der Autobahn – gibt es andere Systeme, bei denen die Interaktionspatterns auf eine Art und Weise strukturiert sind, dass das System als Ganzes eine robuste und rationale Zielverfolgung realisiert. Ich schließe mich in Kapitel 5 zur grundlegenden Bestimmung kollektiver Akteurschaft – in ihrer elementaren Form – zunächst interpretationalistischen Überlegungen an und konzipiere reduktionistische und konstitutionalistische Theorien als Kritiken oder Ergänzungen des Interpretationalismus. Nach einer Verteidigung des Interpretationalismus gegen eliminativistische Reduktionismen werde ich darlegen, inwiefern sowohl konstitutionalistische als auch konstruktiv verstandene reduktionistische Theorien als Fundierung intentionaler Zuschreibungen begriffen werden können. Anschließend werde ich auf die exploratorische Grenze des Interpretationalismus eingehen. Ein Problem des kollektiven Interpretationalismus liegt darin, dass er intentionale Zustände lediglich als Dispositionen versteht und daher den Aspekt kollektiver Urteile nicht fassen kann. Damit wird kollektive Akteurschaft nur in ihrer rein dispositionalen Form begriffen und es stehen keine begrifflichen Mittel zur Verfügung, um metakognitive und selbstregulative kollektive Akteurschaft angemessen zu thematisieren. Mit Blick auf die Kriegserklärung der Zapatistas weiter oben lässt sich jedoch festhalten, dass es kollektive Akteure gibt, die nicht nur mittels intentionaler Zuschreibungen beschrieben werden können, sondern die selbst Standpunkte einnehmen, diese normativ vertreten und aufgrund dieser ihr gemeinsames Handeln ausrichten.
In Kapitel 6 wende ich mich dann einer Reihe von Theorien zu, die den Fokus auf ebensolche kollektive Urteile richten und diskutiere deren Probleme in Kapitel 7 vor allem exemplarisch anhand von Lists und Pettits Gruppenakteurstheorie. Meine Hauptkritik besteht darin, dass derartige Theorien kollektive Urteile nicht als einen essentiellen wichtigen Aspekt von selbstregulativer Akteurschaft neben den vom Interpretationalismus zugeschriebenen systemischen Dispositionen verstehen, sondern als Supervenienzbasis von kollektiven intentionalen Zuständen als Dispositionen. Ich werde begründen, warum sich die Gruppenakteurstheorie durch ihren theoretischen Anfangspunkt beim Interpretationalismus tatsächlich auf eine solche These festlegen muss, nach der aggregierte Urteile die Supervenienzbasis für kollektive Dispositionen sind, und welche theoretischen Probleme hieraus folgen.
Mein Gegenvorschlag für eine plausible Supervenienzbasis systemischer Dispositionen, den ich in Kapitel 8 expliziere, besteht darin, dass die vom Interpretationalismus zugeschriebenen intentionalen Zustände als Dispositionen auf einem System ineinandergreifender sozialer und soziotechnischer Praktiken supervenieren. Aggregierte Urteile – so werde ich argumentieren – sind nicht die grundlegenden Konstituenten kollektiver Akteurschaft, sondern gehören vielmehr zu den Elementen von Metakognition in verteilten Systemen, also zu einer Form von Akteurschaft, die über rein dispositionale Akteurschaft hinausgeht. Diese Form der Akteurschaft wird im dritten Teil der Arbeit diskutiert. Wie im ersten Teil der Arbeit deutlich gemacht wird, basieren unterschiedliche Formen metakognitiver Akteurschaft auf unterschiedlichen Verhältnissen von Urteilen und Dispositionen. Statt wie andere Theorien kollektive Dispositionen in aggregierten Urteilen fundiert zu sehen, geht es mir darum, sowohl kollektive Dispositionen als auch kollektive Urteile als zwei Elemente höherstufiger Akteurschaft verteilter Systeme theoretisch zu rekonstruieren. Diesbezüglich begründet Kapitel 8 also, warum kollektive Disposition in sozialen und soziotechnischen Praktiken fundiert sind. Die grundlegende Idee ist hierbei, dass die eingeübten und routinierten sowie normativ geforderten Arten und Weisen des Tuns innerhalb eines verteilten Systems zu einer Dispositionierung des Gesamtsystems führen, auf die sich das intentionale Vokabular des Interpretationalismus dann bezieht.
Teil III: Metakognition in verteilten Systemen und Formen kollektiver Akteurschaft
Teil III verhandelt nach dem Einleitungskapitel (Kapitel 9) in Kapitel 10 die Frage, welche Rolle kollektive Urteile nun genau spielen und wie sie zu konzeptualisieren sind. Ich bestimme kollektive Urteile dort funktional und beziehe mich dabei auf die weiter oben dargestellten konstitutionalistischen Theorien. Werden diese als Bestimmungsversuche von kollektiven intentionalen Zuständen als Urteile verstanden und eben nicht als Fundierung von systemischen Dispositionen, so lassen sie sich zusammen mit interpretationalistischen Überlegungen zu einer Theorie verschiedener Formen kollektiver Metakognition ausformulieren.
Diese Theorie verschiedener Formen von Metakognition in verteilten Systemen wird in Kapitel 11 expliziert. Es werden hier die Fähigkeiten der Selbstregulation anhand kollektiver Urteile sowie die unterschiedlichen Möglichkeiten der kritisch-reflektierenden Bezugnahme auf kollektive intentionale Zustände als Dispositionen dargestellt. Inwiefern können kollektive Akteure sich vermittelt über Urteile zu ihren Dispositionen verhalten? Es wird sich herausstellen, dass diese Kompetenzen wesentlich durch die Art und Weise, wie die Mitglieder eines Kollektivs strukturell miteinander in Beziehung gesetzt sind, bestimmt sind. Metakognition in verteilten Systemen, wie Kollektiven und Organisationen, ist daher zentral als organisationale Eigenschaft aufzufassen.
Die erste Stufe metakognitiver Kompetenzen ist zunächst die Fähigkeit, überhaupt kollektive Urteile fällen und nach ihnen handeln zu können. Ist das Verhalten eines verteilten Systems nämlich nicht nur Ausdruck der durch die sozialen und sozio-technischen Praktiken hervorgebrachten systemischen Dispositionen, sondern gleichsam das Resultat eines kollektiven Urteils, dann ist ein derartiges System nicht mehr passives Opfer seiner Dispositionierung, sondern dazu in der Lage, sein Handeln anhand dessen, was es über die Welt glaubt und was es sich selbst vornimmt, zu regulieren. Zur ersten Veranschaulichung dieser Unterscheidung lässt sich die Differenz zwischen der Art und Weise, wie ein Ameisenstaat sein Verhalten hervorbringt, und dem Handeln der Zapatistas, nachdem sie sich darauf festgelegt haben, dass »genug nun genug sei« anführen. Im Gegensatz zum Ameisenstaat agieren die Zapatistas nicht aufgrund vorgegebener Interaktionsmuster, sondern sie intervenieren in ihre kollektive Dispositionierung, indem sie ihr gemeinsames Handeln an einem kollektiven Urteil ausrichten. Die hierbei zu verteidigende These lautet also, dass sich auch im kollektiven Fall gehaltsbasierte Metakognition zunächst als Fähigkeit, Urteile hervorzubringen und nach ihnen handeln zu können, ausbuchstabieren lässt.
In Analogie zur Konzeption allgemeiner Akteurschaft lässt sich nun aber weiter fragen, wie metarepräsentationale Metakognition in verteilten Systemen zu begreifen ist. Die praxistheoretische Konzeption systemischer Dispositionen kann theoretisch erfassen, dass es für verteilte Systeme tatsächlich etwas zu erkennen gibt, was nicht bereits trivialerweise schon bekannt war. Andere Theorien kollektiver Akteurschaft können die Bezugsobjekte von metarepräsentationaler Metakognition nämlich eigentlich nur in aggregierten Urteilen (List und Pettit 2011), gemeinsamen Festlegungen (Gilbert 2013) oder Wir-Absichten (Tuomela 2013) sehen und laufen daher Gefahr, die Problematik zu trivialisieren: Es geht dann einfach darum, das gerade gefällte Urteil, die geformte Absicht oder die gemeinsame Festlegung zu kennen. Die praxistheoretische Rekonstruktion von systemischen Dispositionen liefert hingegen interessante Untersuchungsgegenstände für metarepräsentationales Erkennen, Bewerten und Kontrollieren. Stehen Erkenntnis, Evaluation und Kontrolle systemischer Dispositionen im Fokus einer Rekonstruktion metarepräsentationaler Metakognition in verteilten Systemen, dann geht es nicht einfach nur darum, dass die Individuen eines Kollektivs ihr Abstimmungsergebnis zur Kenntnis nehmen, sondern beispielsweise auch darum, welche systemischen Muster durch ihre alltägliche und routinierte Interaktion realisiert werden. Hierbei kann eine selbstinterpretatorische Untersuchung zum Beispiel zeigen, dass »wir« durch unser routiniertes, systemisch strukturiertes Handeln solche gesamtsystemischen Muster hervorbringen, die aus der intentionalen Erklärungsperspektive mit bestimmten Überzeugungen und Wünschen beschrieben werden können, zu deren Gehalt »wir« aber überhaupt kein positives Urteil fällen würden.
Wie durch das allgemeine Konzept verschiedener Formen von Akteurschaft vorgegeben, kann auch für den kollektiven Fall danach gefragt werden, ob und wie verteilte Systeme eine auf das Urteilen und Schließen selbst gerichtete metarepräsentationale Metakognition realisieren können. Ich unterscheide diesbezüglich zwischen einer formalen und einer inhaltlichen (beziehungsweise ideologischen) Dispositionierung der Generierung von kollektiven Urteilen. Die formale Dispositionierung bezeichnet die organisationale Struktur, also die Art und Weise, wie kollektive Urteile formal hervorgebracht werden (vgl. hierzu List und Pettit 2011, 59–81). Eine Analyse metakognitiver Bezugnahme bringt die Möglichkeiten des Erkennens, Bewertens und Kontrollierens der formalen Verfahren der Urteilsbildung hervor.
Die inhaltliche Dispositionierung der Generierung von Urteilen bezeichnet die im System geteilten und sich gegenseitig reproduzierenden Grundannahmen und Wertvorstellungen, die materialen Einfluss darauf haben, was innerhalb des Systems ohne Sanktionierung vorgebracht werden kann und was als zulässiges Argument beim Urteilen und Schließen anerkannt wird (die Explikation dieser Aspekte wird durch eine Auseinandersetzung mit Searles Begriff des »Hintergrunds« stattfinden, Searle 2011, 145–174). Metakognition bezieht sich dann auf die Möglichkeiten und Prozesse, in denen dieser Hintergrund Gegenstand von Reflektion und Kritik werden kann (was wiederum in Auseinandersetzung mit Überlegungen von Robin Celikates zur Rolle von sozialer Kritik erarbeitet wird, Celikates 2009).
Auf Grundlage dieser Überlegungen wird in Kapitel 12 dann eine These bezüglich der Debatte zur normativen Verantwortungsfähigkeit von Kollektivakteuren vertreten. Ich gebe hier zu bedenken, dass kollektive Akteure zwar prinzipiell fähig sind, normative Urteile zu fällen sowie normative Gründe anzuerkennen und daher prinzipiell verantwortungsfähig sind, aber vor dem Hintergrund der Erkenntnisse zur Dispositionierung der Generierung von Urteilen auch anerkannt werden sollte, dass manche Systemumwelten zur Ausbildung und Förderung von Dispositionierungen führen, die das Anerkennen normativer Argumente systematisch unterminieren. Es liegt daher in unserer gesellschaftlichen und politischen Verantwortung, Systemumwelten so zu schaffen, dass auch Kollektivakteure zur tatsächlichen Anerkennung normativer Gründe kommen.
Das abschließende Kapitel 13 fasst die Ergebnisse einer Differenzierung unterschiedlicher Formen von Metakognition in verteilten Systemen zusammen und leitet darauf basierend unterschiedliche Formen kollektiver Akteurschaft verteilter Systeme ab.
Es ist zugegebenermaßen ein langer Weg hin zu einer Theorie verschiedener Formen kollektiver Akteurschaft. Statt wie die meisten anderen Theorien in diesem Feld direkt über kollektive Zustände und Handlungen zu sprechen, setzt sich der gesamte erste Teil der Arbeit mit einem grundlegenden Verständnis von intentionalen Zuständen, Metakognition und Formen von Akteurschaft überhaupt auseinander. Ich glaube aber, dass dieser Weg notwendig ist, um Fortschritte in der Debatte zu machen. Der Kern einiger Widersprüche und Probleme in der gegenwärtigen Debatte wird – so hoffe ich zeigen zu können – erst dann wirklich sichtbar, wenn wir viele Schritte zurückgehen und uns den unterschiedlichen Grundauffassungen der fundamentalsten Elemente der einzelnen Konzeptionen zuwenden. Meine Hoffnung lautet: Wenn wir genügend begriffliche Klärung bezüglich der Pluralität verschiedener Formen von Akteurschaft überhaupt gewonnen haben, können wir diese auch fruchtbar für eine Analyse der unterschiedlichen Formen kollektiver Akteurschaft einsetzen.
Zitiert aus: Marcos und Ponce de León (2002, 40–45).
Dies scheint das reduktionistische Projekt von Kirk Ludwig zu sein. Er fundiert dieses auf einer Analyse von Sätzen, in denen Kollektive als Subjekte von Handlungen vorkommen, und überführt diese in eine Lesart, in der mehrere Individuen als Ausführende einer Handlung verstanden werden. »Gruppenakteure« sollen daher als »Gruppe von Akteuren« verstanden werden (Ludwig 2017a).
Die Verwendungsweisen der Begriffe »methodologischer Individualismus«, »ontologischer Individualismus«, »Eliminativismus« und »Reduktionismus« sind in den sozialphilosophischen und sozialtheoretischen Debatten sehr unterschiedlich und teilweise verwirrend. Oftmals werden unter dem Titel »methodologischer Individualismus« methodische sowie ontologische Thesen miteinander vermischt (Hodgson 2007). Ich folge hier zunächst der von Brian Epstein vorgeschlagenen Unterscheidung zwischen einem methodologischen Individualismus als einer Menge von Thesen bezüglich der Erklärung sozialer Phänomene und einem ontologischen Individualismus als einer Menge von Thesen darüber, welche Tatsachen für soziale Phänomene grundlegend sind: »Explanatory individualism is a thesis about the methodology of the social sciences: it holds that explanations of social facts or phenomena should be individualistic. That is, they should be given in terms of individual people and certain relations between individuals. Ontological individualism, on the other hand, is a thesis about the nature or metaphysics of social facts or phenomena. It holds that social facts or phenomena are exhaustively built out of, or depend on, individualistic ones« (Epstein 2014, 17f.). Die Vermischung der beiden ist damit zu erklären, dass teilweise behauptet wird, dass man soziale Tatsachen individualistisch erklären solle, weil es im Gegensatz zu Institutionen, sozialen Strukturen oder Gruppenakteuren nur Individuen »wirklich« gibt (so etwa bei Watkins 1957). Zu unterschiedlichen Formen und Kombinationen des ontologischen und methodologischen Individualismus vgl. List und Spiekermann 2013, List und Pettit 2011, 1–16, Heath 2015, Udehn 2002, Hodgson 2007. Auf das Verhältnis von Reduktionismus und Eliminativismus gehe ich in Kapitel 3 und Kapitel 5 genauer ein. Hervorgehoben sei an dieser Stelle nur, dass es in der Debatte scheinbar auch hier eine problematische Vermischung von methodischen und ontologischen Thesen gibt: Weil wir eine bestimmte soziale Entität reduktiv erklären können, gibt es sie »nicht wirklich« oder nur »abgeleitet« (so in etwa: Ludwig 2017b; 2015).
Elisabeth Pacherie hat dies für die Position von Michael Bratman nachgewiesen: Pacherie 2007; Geoffrey Hodgson hat dies allgemein für viele vermeintlich individualistische Theorieprogramme aufgezeigt: Hodgson 2007.
Beispiele für solche »kollektivistischen« Positionen sind immer dann zu vermuten, wenn Individuen nur als Ausdruck eines größeren Ganzen, wie etwa »des Volks«, »der Partei« oder »der Klasse«, gedacht werden. Die eigenständige Akteurschaft individueller Personen fällt dann substantialistischen Identitätsbestimmungen von Kollektiven oder vermeintlichen »historischen Gesetzen« zum Opfer.
Das Zusammenfügen der streitenden Theorien ist zugegebenermaßen nur möglich, sofern einige ihrer zentralen Prämissen und Thesen fallen gelassen werden: Reduktionistische Theorien lassen sich als Theorien über den »internen Aufbau« kollektiver Akteurschaft verstehen, ohne dass man auch den reduktionistisch-eliminativistischen Schluss ziehen muss. Interpretationalistische Theorien behandeln nur die dispositionale Seite selbstregulativer Akteurschaft und sind daher nur ein Teil eines Gesamtkonzepts. Konstitutionalistische Theorien vergessen wiederum die dispositionale Seite und müssen deshalb in ihren globalen Anspruch eingeschränkt werden. Die beiden letztgenannten Theorien teilen eine realistische und irreduzible Auffassung von Kollektivakteuren und stimmen daher darin nicht mit reduktionistischen Theorien überein. Siehe Kapitel 3 und vor allem Kapitel 5 für die hier vorgeschlagene »Integration« der unterschiedlichen Theorien.
Eine Darstellung dieser »attributivistischen« Theorien sowie ihrer Thesen findet sich bei Joëlle Proust (Proust 2013) in Kapitel 3.
Ich beziehe mich hier auf eine Unterscheidung von Victoria McGeer und Philip Pettit (McGeer und Pettit 2002) und diskutiere diese ausführlicher in Kapitel 3.