Im ersten Kapitel wurde der Grenzfallstatus von Max Frischs Montauk und Lukas Bärfuss’ Koala herausgearbeitet. In diesen Annäherungen war ein auf dem üblichen Sprachgebrauch beruhendes intuitives Verständnis von Fiktionalität ausreichend, um die Unklarheiten und deren Ursachen zu beschreiben. Gemessen an der im Groben etablierten Unterscheidungspraxis zwischen fiktionalen und nichtfiktionalen literarischen Werken weisen die textuellen und kontextuellen Merkmale von Montauk und Koala in verschiedene Richtungen. Damit stellt sich spätestens jetzt die Frage nach der Unterscheidung zwischen signalisierenden und konstituierenden Merkmalen von Fiktionalität.
Was ist Fiktionalität? In diesem Kapitel werden sechs Antworten rekonstruiert. Dabei handelt es sich um pragmatische Fiktionstheorien, die der Vorstellungskraft eine entscheidende Rolle bei der Begriffsbestimmung zuweisen. Es wird damit an dieser Stelle eine Auswahl getroffen, für die in anderen Arbeiten hinreichend umfassend und überzeugend argumentiert worden ist, um auf dieser Grundlage aufzubauen.1
Ein erster Ausgangspunkt der Auswahl ist die weit verbreitete Überzeugung, dass Fiktionalität primär ein pragmatisches Phänomen sei – und höchstens sekundär ein referenzialistisches, narratologisches oder syntaktisch-stilistisches.2 Pragmatische Theorien verstehen Fiktionalität in zentraler oder entscheidender Weise als Ergebnis eines bestimmten Sprachhandelns von Autorinnen und Autoren und/oder eines bestimmten Rezeptionshandelns von Leserinnen und Lesern.3 Wie dieses Handeln im Detail aussieht und wessen Handeln ausschlaggebend ist, wird kontrovers diskutiert.
Ein zweiter Ausgangspunkt der Auswahl ist die Überzeugung, dass ein definitorischer Zusammenhang zwischen Fiktionalität und der Vorstellungskraft besteht.4 In diesem Sinne formuliert Kendall Walton (wie schon in der Einlei-tung zitiert): „That make-believe (or imagination, or pretense) of some sort is central, somehow, to ‚works of fiction‘ is surely beyond question.“5 Was Walton 1990 noch mehr oder weniger axiomatisch festsetzt, lässt sich heute besser begründen, da sich die Grundidee als leistungsfähig erwiesen hat. Dass Fiktionalität irgendwie über die Beziehung zur Vorstellungskraft zu bestimmen sei, kann mittlerweile als eine Standardposition in der philosophisch-fiktionstheoretischen Debatte gelten.6 Wie dieser Zusammenhang im Detail aussieht, ist jedoch weiterhin umstritten.
Kendall Walton (1990), Gregory Currie (1990), Peter Lamarque und Stein Haugom Olsen (1994), David Davies (2007), Eva-Maria Konrad (2014) sowie Kathleen Stock (2017) arbeiten diese Grundideen in Monografien mit einem fiktionstheoretischen Schwerpunkt unterschiedlich aus. Dabei können die Theorien von Walton (2.1), Currie (2.2) und Lamarque/Olsen (2.3) nach wie vor als zentraler Ausgangspunkt der aktuellen Debatte gelten. Mit weiteren Vorschlägen schließen Davies (2.4), Konrad (2.5) und Stock (2.6) an die drei einflussreichen Fiktionstheorien an und nehmen kleine, aber substanzielle Änderungen vor.7 Nach den Rekonstruktionen werden die Unterschiede der Theorien zuletzt in einem Überblick hervorgehoben (2.7).
Was ist Fiktionalität? Nach dieser Eingrenzung lässt sich die Frage präziser stellen: In welchem definitorischen Zusammenhang stehen Fiktionalität, die Vorstellungskraft sowie das Handeln von Autoren und Lesern?
2.1 Kendall Walton
Kendall Walton entwickelt in Mimesis as Make-Believe. On the Foundations of the Representational Arts (1990) eine Theorie der darstellenden Kunst. Sein Anspruch geht weit über die Beantwortung der Frage hinaus, wann literarische Werke fiktional sind und was damit über die Werke ausgesagt wird. Gleichwohl ist die Bestimmung des Fiktionalitätsbegriffs ein zentraler Baustein seiner Kunsttheorie.
Waltons Fiktionstheorie ist entscheidend durch seine Überzeugung beeinflusst, dass eine adäquate Bestimmung nicht allein für fiktionale Literatur Gültigkeit haben muss. Sie muss für alle fiktionalen Kunstwerke gelten können. Ansonsten werde nicht erfasst, was Fiktionalität im Allgemeinen sei.8
Unter anderem aus dieser Prämisse folgt Waltons Fokus auf die Funktion von Kunstwerken. Nach seiner Theorie sind literarische und andere Kunstwerke fiktional, wenn sie die Funktion erfüllen, als Hilfsmittel in einem Vorstellungsspiel zu dienen: „Works of fiction are […] works whose function it is to serve as props in games of make-believe.“9
Walton definiert den Begriff des Vorstellens (make-believe) nicht explizit. Er diskutiert verschiedene, den Begriff potenziell eingrenzende Möglichkeiten zur Bestimmung. Letztlich lässt er aber offen, was es im Detail heißt, sich im Sinne seiner Fiktionstheorie etwas vorzustellen.10 Statt sich auf eine Bestimmung festzulegen, erhellt er die Idee anhand von Beispielen.
Dabei baut Walton seine Fiktionstheorie auf einem einfachen Grundgedanken auf. Rezipienten fiktionaler Kunstwerke und Leser fiktionaler literarischer Texte spielen, so die Analogie, Vorstellungsspiele, wie dies zum Beispiel auch Kinder beim Spielen tun. Ähnlich wie ein Kind etwa mit einer Puppe spielt und sich vorstellt, dass es sich um ein Baby handelt, nutzt ein Leser ein fiktionales literarisches Werk und stellt sich das im Text Beschriebene vor.11 Das Kind und der Leser werden zu Teilnehmern in mehr oder weniger komplexen Vorstellungsspielen. In diesem Sinne sind die Gegenstände (Puppen genauso wie Texte) Hilfsmittel bzw. Requisiten (props).12
Fiktional sind literarische Werke, wenn ihnen die Funktion zukommt, auf diese Weise genutzt zu werden. Walton verwendet dabei den Begriff der Funktion wie jenen des Vorstellens in einem weiten, nicht fest umrissenen Sinne. Grob umschrieben ist die Funktion eines Gegenstandes das, wozu er da ist. Wie Fahrräder zum Fahren oder Stühle zum Sitzen da sind, so seine Beispiele, sind fiktionale Werke dazu da, ein Vorstellungsspiel anzuleiten.13
Walton legt insofern nicht explizit und abschließend fest, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit gesagt werden kann, ein Werk besitze die für Fiktionalität ausschlaggebende Funktion. Entscheidend sei nicht, dass man sich hier entscheide. Vielmehr komme es darauf an, im Einzelfall benennen zu können, inwiefern es die Funktion eines Werks ist oder nicht ist, ein Hilfsmittel in einem Vorstellungsspiel zu sein:
What is it for a work to have as one of its functions the job of serving as a prop in games of make-believe? What counts as fiction will depend on whether we understand a work’s function to depend on how its maker intended or expected it to be used; or on how, typically or traditionally, it actually is used; or on what uses people regard as proper or appropriate (whether or not they do so use it); or on how, according to accepted principles, it is in fact to be used (whether or not people realize this); or on one or another combination of these. There is no point in trying to be precise here. But we should be able to say in what sense or senses a particular work has the function of serving as a prop in games of make-believe and in what sense or senses it does not.14
Dabei besteht die Möglichkeit, dass ein Werk für eine soziale Gruppe die Funktion erfüllt, ein Vorstellungsspiel anzuleiten, während dasselbe Werk dies für eine andere soziale Gruppe nicht tut.15 In einem solchen Fall ist das Werk für die eine Gruppe fiktional, für die andere aber nicht. Ebenfalls möglich ist, dass ein Werk in derselben sozialen Gruppe zu einer bestimmten Zeit eine bestimmte Funktion erfüllt, zu einer anderen Zeit aber eine andere. In einem solchen Fall wandelt sich der Fiktionalitätsstatus des Werks entsprechend.16 Damit verknüpft ist Waltons Ansicht, dass Fiktionalität eine Frage des Grades ist. Für eine bestimme soziale Gruppe kann es mehr oder weniger die Funktion eines Werks sein, ein Vorstellungsspiel anzuleiten. Folglich kann ein Werk mehr oder weniger fiktional sein.17
Damit sind die grundlegenden Elemente von Waltons Theorie nicht präzise definiert, aber näher beschrieben. Ein literarisches Werk ist fiktional, wenn es dessen Funktion ist, ein Vorstellungsspiel anzuleiten. Dabei ist für den Fiktionalitätsstatus unerheblich, ob das Werk neben dieser Funktion auch weitere Funktionen erfüllt.
Entsprechend geht Walton mit Grenzfällen um:
Borderline cases come in several varieties. We have seen that service as a prop in games of make-believe can coexist happily with service in other capacities: props may also be vehicles of assertion, or vehicles of attemps to convey knowledge or induce understanding or cultivate wisdom or spur action. A single work may have the function of performing all or any several of these roles. No doubt such combinations have encouraged hesitations about where to draw the line between fiction and nonfiction, especially since a work’s make-believe role may be a distinctly minor one. Our notion of fiction suffers no indefiniteness on this account. A work (or a passage of a work) with the job of prescribing imaginings is definitely fiction in our sense, no matter what other purposes it may have and no matter how insignificant this one may be.18
Möglich sind nach Walton jedoch auch Mischfälle.19 Ein insgesamt als fiktional geltendes literarisches Werk kann nichtfiktionale Werkteile enthalten. Umgekehrt kann ein insgesamt als nichtfiktional geltendes literarisches Werk fiktionale Werkteile enthalten.
Aus dieser funktionalistischen Fiktionstheorie folgt die Kompatibilität von Fiktionalität und Wahrheit.20 Ob Sätze wahr sind, hat nach Waltons Theorie keinen entscheidenden Einfluss auf deren Fiktionalitätsstatus: „Fact can be fiction and fiction fact.“21 Entscheidend ist allein das Vorhandensein der Make-believe-Funktion, wobei nach Waltons Auffassung auch wahre Sätze ein Vorstellungsspiel anleiten können. In diesem Sinne sind Fiktionalität und Wahrheit logisch unabhängig voneinander. Ein literarisches Werk kann zum Beispiel die Funktion erfüllen, Wissen über die Welt zu vermitteln, indem der Autor wahrheitsgemäß über bestimmte Sachverhalte berichtet. Zugleich kann dasselbe Werk die Funktion erfüllen (wohlgemerkt nach Waltons nicht eingegrenzter Verwendung des Vorstellungsbegriffs22 ), ein game of make-believe anzuleiten.
Eine zentrale Konsequenz aus Waltons Funktionalismus ist die Entscheidungshoheit des Publikums. Die Leserschaft entscheidet letztlich auf der Basis verschiedener Kriterien über den Fiktionalitätsstatus eines literarischen Werks oder Werkteils, indem sie dem Werk eine Make-believe-Funktion zuordnet oder nicht zuordnet. Die Intention des Autors und die Beschaffenheit eines Textes bleiben jedoch insofern relevant, als dadurch die Funktionszuordnung durch das Publikum maßgeblich gesteuert wird.
∵
Waltons Theorie kann somit als pragmatisch-rezeptionsorientiert verstanden werden: Der Fiktionalitätsstatus hängt letztlich entscheidend vom Handeln der Leserschaft ab.23 Zudem ist die Theorie graduell und kompositionalistisch:24 Ein literarisches Werk kann mehr oder weniger fiktional sowie eine Mischung aus fiktionalen und nichtfiktionalen Werkteilen sein.
Die ‚Fiktionstheorie Walton‘ kann in folgende Definition gefasst werden:
(FW) | Ein Erzählwerk W (oder ein Werkteil WT) ist fiktional genau dann, wenn es die Funktion von W (oder WT) ist, als Hilfsmittel in einem Vorstellungsspiel zu dienen.25 |
2.2 Gregory Currie
Auch Gregory Currie entwickelt eine medienübergreifende Fiktionstheorie. Anders als Walton vertritt er in The Nature of Fiction (1990) die Position, dass die Fiktionalität eines Kunstwerks allein vom Handeln des Künstlers abhänge. Ein literarisches Kunstwerk wird folglich durch einen bestimmten Sprachgebrauch im Rahmen der zwischenmenschlichen Kommunikation als fiktional konstituiert. Um Fiktionalität zu definieren, beschreibt Currie dieses Sprachhandeln.
Im Zentrum der Theorie steht die Idee eines genuin fiktionalen Sprechakts, den Currie fiction-making nennt.26 Bestimmt ist dieses kommunikative Handeln durch die an einen Hörer gerichtete Aufforderung eines Sprechers, sich vorzustellen, dass etwas der Fall sei. Im Detail benennt Currie zwei notwendige und zusammen hinreichende Bedingungen für fiction-making: eine Intentionsbedingung (1) und eine Gehaltsbedingung (2).
(1) Die erste notwendige Bedingung besteht in der Absicht des Sprechers, dass der Hörer gegenüber dem Gehalt seiner Äußerung die Make-believe-Haltung einnimmt. Übertragen auf die schriftsprachliche literarische Kommunikation zwischen Autoren und Lesern: Der ersten Bedingung zufolge muss der Autor eines Satzes (verstanden als eine satzförmig realisierte Äußerung27 ) intendieren, dass der Leser sich vorstellt, die durch den Satz ausgedrückte Proposition sei wahr.28
Anders als Walton definiert Currie den zugrunde gelegten Vorstellungsbegriff explizit. ‚Make-believe‘ bezeichnet eine Haltung gegenüber Propositionen. Wie man etwa glauben kann, dass p, oder sich wünschen kann, dass p, kann man sich vorstellen, dass p. Die Rezeption eines fiktionalen und eines nichtfiktionalen Satzes unterscheidet sich nach Currie nicht etwa dadurch, dass nur im Falle eines fiktionalen Satzes sinnliche Vorstellungen generiert werden. Sowohl fiktionale als auch nichtfiktionale Sätze können Vorstellungen von sinnlicher Qualität generieren. Der Leser stellt sich dann vor, etwas zu sehen, hören, spüren, riechen oder schmecken. Der Unterschied besteht allein in der vom Autor geforderten epistemischen Haltung gegenüber dem geäußerten propositionalen Gehalt. Der Leser eines fiktionalen Satzes „p“ wird vom Autor aufgefordert, sich vorzustellen (to make-believe), dass p. Der Leser eines nichtfiktionalen Satzes „p“ wird aufgefordert, zu glauben (to believe), dass p. Die für die Bestimmung von Fiktionalität relevanten Vorstellungen sind nach Currie somit allein propositionale Vorstellungen im Sinne simulierter Überzeugungen (make-beliefs):
So I do not think of make-believe as a ‚qualitative‘ or ‚phenomenological‘ state, introspectible in the way pains and bodily sensations are – although, like belief and desire, it is a kind of state that can be accompanied by or give rise to introspectible feelings and images. […] When we read and become absorbed by a work of fiction we may find compelling images before our minds, but a work of history or a newspaper article can stimulate the imagination in the same way. What distinguishes the reading of fiction from the reading of nonfiction is not the activity of the imagination but the attitude we adopt toward the content of what we read: make-belief in the one case, belief in the other.29
Der Grund für das Einnehmen dieser Haltung durch den Leser soll dabei das Erkennen der Absicht des Autors sein.30 Currie schließt hier an Herbert Paul Grice an.31 Der Leser soll sich als kooperierender Kommunikationsteilnehmer vorstellen, dass p, weil er erkennt, dass der Autor dies intendiert. Dabei verhält es sich nach Currie (weiterhin mit Grice gesprochen) um das Standardverhalten von kompetenten Kommunikationsteilnehmern. Wer einen Sprecher verstehen will, berücksichtigt nicht nur, was die geäußerten Worte konventionell bedeuten, sondern auch, was der Sprecher durch die Äußerung zu verstehen geben will bzw. bezweckt.32 Der kooperierende Leser nimmt also die Make-believe-Haltung ein, weil er neben der konventionellen Bedeutung der im Äußerungsakt gebrauchten Worte auch den vom Autor im fiktionalen Sprechakt ausgeführten Illokutionsakt erfasst: die Aufforderung, sich etwas propositional vorzustellen.33
Der Autor eines fiktionalen Satzes „p“ intendiert somit dreierlei: (i) dass der Leser sich vorstellt, dass p; (ii) dass der Leser die in (i) genannte Intention erkennt und (iii) dass das Erkennen der in (i) genannten Intention der entscheidende Grund für den Leser sein soll, sich vorzustellen, dass p. Diese im Grice’schen Sinne reflexive Intention34 ist nach Currie notwendig, aber noch nicht hinreichend für Fiktionalität.
(2) Die zweite Bedingung besagt, dass der Gehalt der Äußerung höchstens zufällig wahr sein darf (at most accidentally true).35 Äußert bzw. schreibt ein Autor einen absichtlich wahren Satz „p“, kann dieser Satz Currie zufolge nicht fiktional sein. Dies auch dann nicht, wenn der Autor intendiert, dass der Leser sich nur vorstellt und nicht glaubt, dass p.36 Ist neben der Intentionsbedingung auch diese Gehaltsbedingung erfüllt, führt der Autor hingegen fiktionale Äußerungen aus und produziert so fiktionale Sätze.37
Im Anschluss an diese Bestimmung stellt sich die Frage, wann ein Werk als fiktional gilt. Wie viele fiktionale Äußerungen muss ein Autor tätigen, um ein fiktionales literarisches Werk zu produzieren? Anders gefragt: Wie viele fiktionale Sätze muss ein Text enthalten, damit das Werk als fiktional gilt? Auch wenn nach Currie klar ist, dass die Fiktionalität eines Werks letztlich vom Fiktionalitätsstatus der im Text enthaltenen Sätze abhängt, lehnt er eine klare Grenzziehung ab:
Clearly, there will be statements in a fictional work that are nonaccidentally true. […] A work of fiction is a patchwork of truth and falsity, reliability and unreliability, fiction-making and assertion. We can say that a work as a whole is fiction if it contains statements that satisfy the conditions of fictionality I have presented […]. Is a work fictional if even one of its statements is fictional in this sense? Must the greater proportion of the whole be fiction? These are bad questions. One might as well ask how many grains of sand make a heap. If we wanted to, we could define a numerical degree of fictionality, but it would be artificial and unilluminating. What is illuminating is a precise account of the fictionality of statements. For in some perhaps irremediably vague way, the fictionality of works is going to depend upon the fictionality of the statements they contain.38
Eine Konsequenz von Curries Theorie, die Fiktionalität auf der Mikroebene von Äußerungen und den daraus resultierenden Sätzen definiert, ist die Möglichkeit von Mischungen. Fiktionale Werke können nichtfiktionale Werkteile enthalten – und umgekehrt. Auch wenn Autoren die Absicht haben, ein fiktionales Werk zu produzieren, führen sie in aller Regel nicht ausschließlich fiktionale Sprechakte aus.
Currie äußert sich nicht explizit zum Umgang mit Grenzfällen. Gleichwohl wird aus der zitierten Passage deutlich, dass nach seiner Theorie der Grenzfallstatus von einzelnen Werken vom Verhältnis der getätigten fiktionalen und nichtfiktionalen Äußerungen – bzw. vom Verhältnis der im Text enthaltenen fiktionalen und nichtfiktionalen Sätze – abhängt. Auch wenn es prinzipiell möglich wäre, an dieser Stelle eine Graduierung des Fiktionalitätsbegriffs einzuführen, hält Currie dies nicht für sinnvoll.
∵
Curries Fiktionstheorie ist somit pragmatisch-produktionsorientiert: Der Fiktionalitätsstatus hängt vom Handeln des Autors ab. Sie enthält zudem ein quasireferenzialistisches39 Kriterium: Eine fiktionale Äußerung darf höchstens zufällig wahr sein. Weiterhin ist die Theorie kompositionalistisch: Die Texte literarischer Werke können Mischungen aus fiktionalen und nichtfiktionalen Sätzen sein.
Die ‚Fiktionstheorie Currie‘ kann in folgende Definition gefasst werden:
(FC) | Eine Äußerung U ist fiktional genau dann, wenn (i) der Autor reflexiv intendiert, dass sich der Leser vorstellt, die durch U ausgedrück- te Proposition p sei wahr, und (ii) p höchstens zufällig wahr ist.40 |
2.3 Peter Lamarque/Stein Haugom Olsen
Wie gesehen, hängt der Fiktionalitätsstatus von literarischen Werken bei Walton entscheidend vom Handeln des Publikums und bei Currie vom Handeln des Autors ab. Peter Lamarque und Stein Haugom Olsen versuchen die Positionen zu vereinen. Nach ihrer Auffassung muss eine adäquate Fiktionstheorie das Handeln von Autoren und Lesern berücksichtigen. Sie verstehen Fiktionalität als Institution: als regelgeleitete, soziale Praxis, an der Autoren und Leser kooperativ teilnehmen.
Fiktional sind demnach die innerhalb der Fiktionalitätsinstitution produzierten und rezipierten literarischen Werke. In Truth, Fiction, and Literature (1994) wollen Lamarque und Olsen die Regeln dieser sozialen Praxis benennen, um Fiktionalität zu bestimmen. Herrscht über die Regeln der Institution Klarheit, so die Idee, wird daraus ersichtlich, wann literarische Werke als fiktional gelten und was damit über diese Werke ausgesagt wird.41
Als die konstitutiven Bestandteile der Fiktionalitätsinstitution verstehen Lamarque und Olsen ein bestimmtes Sprachhandeln des Autors und eine bestimmte Rezeptionshaltung des Lesers: Der Autor macht fiktionale Äußerungen (1) von fiktivem Gehalt (2), woraufhin der Leser die fiktionsadäquate Rezeptionshaltung (3) einnimmt.42
(1) Fiktionale Äußerungen sind auch nach Lamarque und Olsen durch eine (wie von Currie in die Debatte eingeführt) reflexive Intention im Grice’schen Sinne bestimmt. Der Autor muss beabsichtigen, dass der Leser die fiktionsadäquate Rezeptionshaltung einnimmt und dass das Erkennen dieser Absicht der primäre Grund für den Leser ist, sich so zu verhalten.
(2) Hinzu kommt wiederum eine Gehaltsbedingung. Damit sich der Autor den Regeln der Institution entsprechend verhält, muss der Gehalt der geäußerten Sätze fiktiv sein. Der Gehalt von Sätzen ist nach Lamarque und Olsen fiktiv, wenn das, was die Sätze aussagen, von den fiktionalen Äußerungen abhängt – und nicht etwa davon, was in der Welt bzw. der Wirklichkeit der Fall ist. In diesem Sinne bestehe eine ‚ontologische Abhängigkeit‘ zwischen fiktionalen Äußerungen und dem fiktiven Gehalt von Sätzen:
What is needed to determine that a work (or a story) is fictional is that its content be fictional as well as its mode of presentation. […] While propositional content in general consists of the characterization of objects, events, places, people, and so on, content is fictional just in case what is true of those objects, events, etc. is dependent on the fictive descriptions which characterize them in the first place. […] Fictional content is such that how things are (in the fiction) is determined by how they are described to be in a fictive utterance. This points up the contrast with truth because how things are (in the world) is not determined by any kind of utterance. The ontological dependence of the fictional on modes of presentation is crucial to the distinction between fiction and non-fiction.43
(3) Die fiktionsadäquate Rezeptionshaltung (fictive stance) besteht darin, dass sich der Leser vorstellt, es handle sich bei den Sätzen im Text eines literarischen Werks um das Ergebnis regulärer Sprechakte. Er stellt sich dies nur vor (und glaubt es nicht), weil er weiß, dass es sich in Wahrheit nicht um Ergebnisse regulärer Sprechakte handelt und die mit regulären Sprechakten verbundenen Verpflichtungen innerhalb der Fiktionalitätsinstitution nicht gelten. Steht im Text eines fiktionalen literarischen Werks ein Aussagesatz, stellt sich der Leser vor, dass ein Sprecher (der Autor, ein Erzähler oder eine Figur) eine Behauptung ausführt und den jeweiligen Hörer von der Wahrheit der Aussage überzeugen möchte. Steht im Text ein Fragesatz, stellt sich der Leser vor, dass ein Sprecher eine Frage stellt und eine Antwort erhalten möchte (usw.).
‚Vorstellen‘ bezeichnet somit (wie bei Currie) auch bei Lamarque und Olsen eine bestimmte Haltung gegenüber propositionalem Gehalt. Anders als bei Currie richtet sich das Vorstellen jedoch nicht direkt auf die Proposition, sondern auf ihre Mitteilung durch einen Sprecher. Wenn ein Leser sich vorstellt, dass der Autor, ein Erzähler oder eine Figur behauptet, dass p, erfasst er den Gehalt von p, fragt aber nicht nach dem Wahrheitswert von p. Lamarque und Olsen schlie-ßen hier an Gottlob Frege an: Der Leser konzentriert sich unabhängig von der ‚Bedeutung‘ (dem Wahrheitswert) auf den ‚Sinn‘ (den Gehalt) der Sätze.44
Diese epistemische Haltung kann der Leser nach Lamarque und Olsen (ähnlich wie bei Walton) sowohl gegenüber wahren als auch gegenüber unwahren Sätzen einnehmen:
Imagining on the conception in question is a propositional attitude which involves suspending the connection with truth and assertion. It involves entertaining or holding in mind the proposition without the disposition towards assertion. Imagining is an attitude that can be adopted at will, while belief is not. Also, it is neutral between truth and falsity, in the sense that it is possible to imagine both what is true and what is not true. It is imagining as an attitude that is involved in the fictive stance. When a reader imagines that a story-teller is performing speech acts this is an attitude adopted by convention and is a way of holding in mind the propositional content of the story.45
Weil sich der Leser vorstellt (und nicht glaubt), dass es sich um reguläre Sprechakte handelt, schließt er in der fiktionsadäquaten Rezeptionshaltung aufgrund der Sätze im Text des literarischen Werks nicht direkt auf die Überzeugungen des Sprechers (vor allem des Autors). Der Leser befolgt in diesem Sinne ein Inferenzverbot. Aus dem, was in einer fiktiven Welt der Fall ist, schließt er nicht unmittelbar auf das, was in der Welt der Fall ist.46
Eine zentrale Konsequenz dieser institutionellen Theorie der Fiktionalität ist die nicht abschließend gezogene Grenze zwischen fiktionalen und nichtfiktionalen Werken.47 Der Fiktionalitätsstatus eines bestimmten Werks hängt von den zu einer bestimmten Zeit geltenden Regeln in der Fiktionalitätsinstitution ab. Weil sich die Regeln verändern können, kann sich der Fiktionalitätsstatus eines Werks wandeln. Auch möglich ist, dass ein Werk, das zu einer bestimmten Zeit publiziert wurde, einen anderen Fiktionalitätsstatus gehabt hätte, wenn es zu einer anderen Zeit publiziert worden wäre.
Weil Lamarque und Olsen Fiktionalität sowohl auf der Mikroebene als auch auf der Makroebene bestimmen, stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis fiktionale Äußerungen und fiktionale literarische Werke zueinander stehen. Wie viele Sätze in einem Text müssen das Ergebnis von fiktionalen Äußerungen mit fiktivem Gehalt sein, damit das Werk als fiktional gilt?
Ihre Bestimmung auf der Mikroebene scheint die kompositionalistische Position nahezulegen. Sie würde davon ausgehen, dass literarische Werke Mischungen aus fiktionalen und nichtfiktionalen Werkteilen sein können. Die Bestimmung auf der Makroebene scheint jedoch die autonomistische Position nahezulegen. Sie würde davon ausgehen, dass literarische Werke als Ganzes entweder fiktional oder nichtfiktional sind, weil sie entweder in der Fiktionsinstitution hergestellt und rezipiert werden oder nicht.
Lamarque und Olsen scheinen die autonomistische Sichtweise zu befürworten, die aus der Bestimmung auf der Makroebene folgt.48 Möglich ist nach Lamarque und Olsen trotzdem, dass der Text eines fiktionalen Werks Sätze enthält, die im fiktionalen Modus geäußert werden, aber nicht von fiktivem Gehalt sind. Streng genommen bricht der Autor in solchen Fällen eine Regel der Fiktionalitätsinstitution. Obwohl der Gehalt von solchen Sätzen nicht fiktiv ist, soll der Leser nach Lamarque und Olsen auch ihnen gegenüber die fiktionsadäquate Rezeptionshaltung einnehmen. Der fictive stance wird nicht gegenüber einzelnen Sätzen eingenommen, sondern gegenüber ganzen Texten von literarischen Werken.49
Grenzfälle sind nach diesen Überlegungen literarische Werke, bei denen aus irgendwelchen Gründen nicht klar ist, ob sie Teil der Fiktionalitätsinstitution sind und nach den in der Institution geltenden Regeln rezipiert werden sollen. Dies etwa weil der Gehalt vieler Sätze davon abhängt, was in der Wirklichkeit der Fall ist. Bei nur einigen Sätzen von nichtfiktivem Gehalt im fiktionalen Modus wird der Leser kaum daran zweifeln, dass der Autor beabsichtigt hat, ein fiktionales Werk zu produzieren, das gemäß den Regeln der Institution rezipiert werden soll. Ab einem gewissen Grad an Abweichung von der sozialen Praxis wird der Leser sich jedoch fragen, ob er sich wirklich nur vorstellen soll, dass es sich bei den Sätzen im Text um das Ergebnis regulärer Sprechakte handelt. Auch paratextuelle Angaben können diese Unklarheit verursa-chen.
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Die Fiktionstheorie von Lamarque und Olsen ist somit pragmatisch-institutionell(-produktionsorientiert): Der Fiktionalitätsstatus hängt vom kooperativen Handeln von Autoren und Lesern ab, wobei innerhalb der Institution die Entscheidungshoheit beim Autor liegt. Die Theorie enthält zudem ein quasireferenzialistisches Kriterium: Der Gehalt der Sätze muss (zumindest überwiegend) von den fiktionalen Äußerungen abhängen (und nicht davon, was in der Welt der Fall ist). Zudem ist die Theorie autonomistisch:50 Fiktionale Werke sind gänzlich fiktional.
Die ‚Fiktionstheorie Lamarque/Olsen‘ kann zusammengefasst werden:
(FLO) | Ein Erzählwerk W ist fiktional genau dann, wenn es in der Fiktionalitätsinstitution produziert wird, das heißt wenn (i) der Autor in fiktionalen Äußerungen reflexiv intendiert, dass sich der Leser vorstellt, es handle sich bei den im Text von W enthaltenen Sätzen um das Ergebnis regulärer Sprechakte, und (ii) der Gehalt dieser Sätze (überwiegend) von den fiktionalen Äußerungen abhängt.51 |
2.4 David Davies
David Davies schließt in Aesthetics and Literature (2007) an die Fiktionstheorie von Currie an. Dabei übernimmt er Curries Intentionsbedingung unverändert. Jedoch wandelt er die Gehaltsbedingung ab, um die Theorie auf die Ebenen der Erzählung und des Werks zu übertragen.52
Zur Rekapitulation: Nach Currie ist eine Äußerung fiktional, wenn (i) der Autor reflexiv intendiert, dass der Leser gegenüber dem propositionalen Gehalt die Make-believe-Haltung einnimmt und (ii) die Äußerung höchstens zufällig wahr ist. Dieser Bestimmung zufolge sind Fiktionalität und Wahrheit auf der Satzebene fast gänzlich inkompatibel. Demnach sind die Texte literarischer Werke in aller Regel patchworks aus fiktionalen und nichtfiktionalen Sätzen.
Nach Davies kann ein Satz hingegen fiktional und zugleich absichtlich wahr sein, falls der wahre Satz nicht Teil einer Erzählung ist, weil er wahr ist. Wenn ein Satz wahr ist, darf die Wahrheit des Satzes nicht der primäre Grund sein, weshalb der Satz Teil der Erzählung ist. Eine fiktionale Erzählung kann insofern beliebig viele wahre Sätze enthalten, wenn sie – so Davies’ Ausdruck – nicht einem fidelity constraint53 unterliegt.
If what primarily matters for fiction is the intention that the audience make-believe, rather than believe, the narrated events, then what is also crucial is that, whether or not the narrated events are true or known to be true, their having occurred is not relevant to what the author is trying to achieve in writing the narrative. In other words, what U wishes to achieve in having readers make-believe that p does not depend on p’s being true. That proposition’s being true is not the reason for its inclusion in the narrative.54
Damit eine Erzählung fiktional ist, muss also erstens der Autor reflexiv intendieren, dass der Leser gegenüber dem Gehalt seiner Äußerungen die Make-believe-Haltung einnimmt. Zweitens darf Faktentreue beim Verfassen der Erzählung nicht das zentrale Ziel des Autors gewesen sein.
Bis hierhin handelt es sich um eine autonomistische Fiktionstheorie. Fiktionale Erzählungen sind nach Davies keine patchworks aus fiktionalen und nichtfiktionalen Sätzen, sondern bestehen nur aus fiktionalen Sätzen. Folglich soll der Leser gegenüber allen Sätzen, unabhängig von ihrem Wahrheitswert, die Make-believe-Haltung einnehmen. Auf der Makroebene besteht jedoch auch nach Davies die Möglichkeit, dass literarische Werke Mischungen aus fiktionalen und nichtfiktionalen Erzählungen sind. Auf dieser Ebene handelt es sich somit um eine kompositionalistische Theorie.
Man kann sich erneut die Frage stellen, wann ein literarisches Werk fiktional oder nichtfiktional ist. Davies legt sich nicht abschließend fest. Eine Möglichkeit für eine Bestimmung des Fiktionalitätsstatus sieht er aber (in einer späteren Publikation55 ) in der Berücksichtigung der strukturellen Organisation des Werks – der Beziehung, in der die Erzählungen zueinander stehen.
Die Frage, ob ein Werk fiktional ist, würde demnach davon abhängen, welche Funktionen die fiktionalen und nichtfiktionalen Erzählungen in Bezug aufeinander erfüllen. Wenn eine nichtfiktionale Erzählung eine heuristische Funktion in Bezug auf eine fiktionale Erzählung erfüllt, könnte das Werk als fiktional betrachtet werden. Im umgekehrten Fall könnte das Werk als nichtfiktional betrachtet werden. Gleichwohl sei es, so Davies, womöglich ein unrealistisches Ziel, den Fiktionalitätsstatus von Werken präzise bestimmen zu wollen. Insofern bleibt seine Bestimmung von Fiktionalität auf der Ebene der Erzählung die zentrale.
Nach diesen Überlegungen kann es verschiedene Grenzfälle geben. Erstens kann der Fiktionalitätsstatus eines Werks nicht eindeutig sein, wenn es fiktionale und nichtfiktionale Erzählungen enthält und nicht klar ist, welche Erzählung jeweils welche Funktion in Bezug auf die andere erfüllt. Zweitens kann der Fiktionalitätsstatus von Erzählungen uneindeutig sein, wenn die Erzählung viele wahre Sätze enthält und nicht klar ist, ob Faktentreue bei der Äußerung dieser Sätze das zentrale Ziel des Autors war.
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Davies’ Theorie ist somit pragmatisch-produktionsorientiert: Der Fiktionalitätsstatus hängt vom Handeln des Autors ab. Sie enthält zudem eine quasireferenzialistische Gehaltsbedingung: Faktentreue darf nicht das zentrale Ziel des Autors sein. Auf der Ebene der Erzählung ist die Theorie autonomistisch: Fiktionale Erzählungen bestehen nur aus fiktionalen Sätzen. Auf der Ebene des Werks ist sie kompositionalistisch: Werke können Mischungen aus fiktionalen und nichtfiktionalen Erzählungen sein.
Die ‚Fiktionstheorie Davies‘ kann in folgende Definitionen gefasst werden:
(FDE) | Eine Erzählung E ist fiktional genau dann, wenn (i) der Autor reflexiv intendiert, dass sich der Leser vorstellt, die durch die Äußerungen U1–Un ausgedrückten Propositionen seien wahr, und (ii) der Autor beim Verfassen von E nicht primär nach Faktentreue strebt. |
(FDW) | Ein Erzählwerk W ist fiktional genau dann, wenn (a) es nur aus einer fiktionalen Erzählung oder mehreren fiktionalen Erzählungen besteht oder (b) die enthaltenen nichtfiktionalen Erzählungen eine heuristische Funktion in Bezug auf die enthaltenen fiktionalen Erzählungen erfüllen. |
2.5 Eva-Maria Konrad
Eva-Maria Konrad nimmt in Dimensionen der Fiktionalität (2014) eine umfassende Analyse des Fiktionalitätsbegriffs vor. Mit ihrem eigenen Vorschlag vereint sie dann verschiedene Aspekte der Theorien von Walton, Currie und Lamarque/Olsen.
Konrads Fiktionstheorie steht wie bei Lamarque und Olsen zunächst in einem institutionellen Rahmen.56 In ihrer Variante einer institutionellen Theorie ist ein literarisches Werk fiktional, wenn sich der Autor an die Konventionen einer von Autoren und Lesern anerkannten sozialen Praxis hält. Folglich müssen die in der Fiktionalitätsinstitution geltenden Konventionen benannt werden, um Fiktionalität zu bestimmen. Konrad macht zunächst auf der Mikroebene der Äußerung und der daraus resultierenden Sätze zwei notwendige und zusammen hinreichende Bedingungen für Fiktionalität aus. Die erste betrifft die Intentionen des Autors (1), die zweite die Kenntlichmachung dieser Intentionen (2).57
(1) Die erste Bedingung für die Fiktionalität eines Satzes besteht darin, dass der Autor reflexiv intendieren muss, dass der Leser den geäußerten Satz gemäß den Konventionen der Fiktionalitätsinstitution rezipiert. Diese Rezeptionshaltung besteht nach Konrad darin, dass der Leser (i) sich vorstellt, es handle sich bei dem Satz um das Ergebnis eines regulären Sprechakts und (ii) auf der Basis des propositionalen Gehalts des Satzes weitere (auch sinnliche) Vorstellungen ausbildet.
(2) Die zweite Bedingung besagt: Der Autor muss dafür sorgen, dass der Leser die in (1) benannte Intention erkennt. Der Autor ist demnach verpflichtet, den Satz hinreichend deutlich mit Signalen auszustatten, die auf die Intention, mit der er den Satz äußert, hinweisen.
Dabei enthält Konrads Bestimmung keine Gehaltsbedingung. Fiktionalität und Wahrheit sind demnach gänzlich kompatibel. Wenn beide Bedingungen erfüllt sind, ist ein Satz unabhängig von seinem Wahrheitswert fiktional. Konrad schließt damit an den weiten Begriff des Vorstellens von Walton an.58 Dieser geht über das rein propositionale Vorstellen (im Sinne Curries) hinaus und schließt sinnliche Vorstellungen (Sehen, Hören etc.) mit ein.
Der Fiktionalitätsstatus hängt auf der Makroebene grundsätzlich von den gleichen Bedingungen ab wie auf der Mikroebene. Ein literarisches Werk ist fiktional, wenn der Autor hinreichend deutlich kennzeichnet, dass die Sätze im Text des Werks gemäß den Konventionen der Fiktionalitätsinstitution rezipiert werden sollen. Jedoch sind die Texte fiktionaler literarischer Werke auch nach Konrad (wie bei Walton und Currie) nicht zwingend einheitliche Gebilde, die ausschließlich fiktionale Sätze enthalten.
Neben fiktionalen Sätzen können die Texte auch nichtfiktionale Sätze enthalten.59 Sie sind das Ergebnis von Äußerungen, in denen der Autor den Leser nicht zur Vorstellungsbildung auffordert, sondern etwas behauptet. Der Autor kann, auch wenn er beabsichtigt, ein fiktionales Werk zu produzieren, neben fiktionalen Sprechakten auch assertive Sprechakte ausführen.
Neben fiktionalen und nichtfiktionalen Sätzen können die Texte nach Konrad weiterhin Sätze enthalten, die fiktional und nichtfiktional sind.60 Sie sind das Ergebnis von Äußerungen, in denen der Autor zwei Sprechakte zugleich ausführt. Erstens fordert er den Leser in einem fiktionalen Sprechakt zur Vorstellungsbildung auf. Zweitens fordert er den Leser in einem assertiven Sprechakt zur Überzeugungsbildung auf.
Nach diesen Überlegungen sind die Texte fiktionaler literarischer Werke potenzielle Mischungen aus (i) fiktionalen Sätzen, (ii) nichtfiktionalen Sätzen und (iii) sowohl fiktionalen als auch nichtfiktionalen Sätzen. Diese Satztypen kann der Autor nach Konrad mehr oder weniger präzise mit verschiedenen Signalen kennzeichnen.61
Theoretisch ließe sich auf dieser Basis eine Grenze zwischen fiktionalen Werken mit nichtfiktionalen Werkteilen und nichtfiktionalen Werken mit fiktionalen Werkteilen bestimmen. Wo diese praktisch zu ziehen wäre, lässt Konrad offen.62 Trotz der Möglichkeit von Mischungen lehnt sie auch eine Graduierung des Fiktionalitätsbegriffs ab. Gleichwohl versteht sie den Fiktionalitätsbegriff nicht als streng klassifikatorischen Begriff, der die Menge aller literarischen Werke restlos in fiktionale und nichtfiktionale aufteilt, sondern als „eingeschränkt klassifikatorisch“, da er eine gewisse Unschärfe in Bezug auf Grenzfälle zulässt.63
Grenzfälle sind nach Konrads Theorie Werke, bei denen nicht klar ist, ob sie Teil der Kommunikation innerhalb der Fiktionalitätsinstitution sind. Ein Grund dafür kann ein hoher Anteil an nichtfiktionalen Sätzen im Text sein. Ein weiterer Grund kann eine uneindeutige Signalisierung der Autorintention sein. Möglich oder sogar geboten kann es nach Konrad in solchen Fällen sein, sich bewusst eines Urteils über den Fiktionalitätsstatus eines Werks zu enthalten.64
∵
Konrads Theorie ist somit pragmatischinstitutionell(-produktionsorientiert): Der Fiktionalitätsstatus hängt vom kooperativen Handeln von Autoren und Lesern ab, wobei innerhalb der Institution die Entscheidungshoheit beim Autor liegt. Die Theorie ist zudem kompositionalistisch: Der Text eines literarischen Werks kann eine Mischung sein aus fiktionalen Sätzen, nichtfiktionalen Sätzen und Sätzen, die sowohl fiktional als auch nichtfiktional sind.
Die ‚Fiktionstheorie Konrad‘ kann in folgende Definition gefasst werden:
(FK) | Ein Erzählwerk W (oder ein Werkteil WT) ist fiktional genau dann, wenn es (er) in der Fiktionalitätsinstitution produziert wird, das heißt wenn (i) der Autor in fiktionalen Äußerungen reflexiv intendiert, dass sich der Leser vorstellt, es handle sich bei den Sätzen im Text von W (oder WT) um das Ergebnis regulärer Sprechakte, und (ii) der Autor W (oder WT) hinreichend deutlich mit Signalen auszeichnet, die auf diese Intention hinweisen.65 |
2.6 Kathleen Stock
Kathleen Stock entwickelt in Only Imagine. Fiction, Interpretation, and Imagination (2017) im Anschluss an Currie und Davies eine intentionalistische Fiktionstheorie. Sie entfernt aber die bisher vorgeschlagenen Gehaltsbedingungen aus der Definition. Ihr zufolge ist eine Gehaltsbedingung überflü-ssig, wenn die Begriffe der Intention und des Vorstellens adäquat bestimmt werden.
Auch nach Stock ist Fiktionalität das Ergebnis von fiktionalen Sprechakten im Sinne von Curries fiction-making. Auf der Ebene der Äußerung benennt sie eine notwendige und zugleich hinreichende Bedingung für Fiktionalität: Entscheidend ist die reflexive Intention des Autors, beim Leser einen bestimmten Typ von Vorstellung hervorzurufen.66
Die Vorstellung, zu der ein Autor eines fiktionalen Satzes den Leser auffordert, ist nach Stock durch drei Merkmale bestimmt. Die Vorstellung ist (i) propositional, (ii) quasifaktual und (iii) potenziell konjunktiv. Propositional ist die Vorstellung insofern, als ihr Gehalt die durch den Satz direkt oder indirekt ausgedrückte Proposition ist. Quasifaktual ist sie insofern, als sich der Leser vorstellt, dass die vom Satz ausgedrückte Proposition wahr ist. Potenziell konjunktiv ist sie insofern, als der Leser diese Vorstellung, falls weitere hinzukommen, mit diesen verknüpft. Dieses fiktionsspezifische Vorstellen fasst Stock unter dem Terminus F-imagining zusammen.
In diesem Sinne kann sich nach Stock ein Leser erstens eine unwahre Proposition vorstellen. Wenn er p für unwahr hält und nicht glaubt, kann er sich vorstellen, dass p. Auf diese Weise vorstellen kann er sich zweitens eine wahre Proposition – falls diese verknüpft wird mit einer unwahren Proposition. Wenn er p für wahr hält und glaubt, kann er sich zusätzlich vorstellen, dass p – falls er p mit q verknüpft und dabei q für unwahr hält und nicht glaubt. Glauben und Vorstellen sind insofern nach Stock (wie bei Konrad) keine sich gegenseitig ausschließenden epistemischen Haltungen gegenüber Propositionen.
Die für Fiktionalität ausschlaggebende Intention des Autors ist nach Stock wiederum reflexiv im Grice’schen Sinne.67 Der Autor eines fiktionalen Satzes intendiert demnach, (i) dass der Leser die beschriebene Vorstellungshaltung einnimmt, (ii) dass der Leser diese Intention erkennt und (iii) dass der Leser sich so verhält, weil er diese Intention erkennt.
Die Struktur dieser Intention begrenzt nach Stock, was ein Autor rationalerweise intendieren kann. Erstens kann ein Autor nicht x intendieren und zugleich davon überzeugt sein, dass x unmöglich ist. Zweitens kann ein Autor nicht x intendieren und zugleich in seinem Handeln keinen Hinweis darauf geben, dass er x intendiert. In beiden Fällen liegt nach Stocks Auffassung die Intention x erst gar nicht vor. Ein Autor intendiert zum Beispiel nicht, dass ein Leser sich p vorstellt, wenn er zugleich davon überzeugt ist, dass es unmöglich ist, sich p vorzustellen. Ein Autor intendiert auch nicht, dass ein Leser sich p vorstellt, wenn der Leser die Intention nicht erkennen kann.
Damit sind fiktionale Äußerungen bestimmt. Eine Äußerung ist fiktional, wenn der Autor reflexiv intendiert, dass der Leser sich vorstellt, die durch die Äußerung ausgedrückte Proposition sei wahr. Als Ergebnis einer fiktionalen Äußerung ist ein Satz „p“ fiktional, wenn der Autor reflexiv intendiert, dass der Leser sich vorstellt, dass p.
Jedoch wird aus den vorangehenden Überlegungen deutlich, dass Stocks Theorie erstens implizit eine quasireferenzialistische Gehaltsbedingung enthält. Weil der Autor nicht intendieren kann, dass der Leser sich p vorstellt, wenn p wahr ist, muss der Autor p entweder für unwahr halten – oder p muss verknüpft werden mit q, wobei er q für unwahr hält. Zweitens enthält die Bestimmung eine implizite Kennzeichnungsbedingung. Der Autor muss durch sein Handeln seine Absicht derart signalisieren, dass er davon überzeugt ist, dass der Leser diese Absicht erkennen kann.
Diese Bestimmung überträgt Stock auf die von ihr eingeführte Ebene der Fiktion. Eine Fiktion (a fiction) ist eine Menge an vorzustellenden Propositionen – wobei der Autor intendiert, dass der Leser seine auf der Basis der geäußerten fiktionalen Sätze ausgebildeten Vorstellungen im Sinne einer logischen Konjunktion verknüpft. Wenn der Leser die Sätze „p“, „q“, „r“ liest, soll er sich vorstellen, dass p und q und r. Eine bestimmte Fiktion ist somit eine bestimmte Menge an zu verknüpfenden Propositionen: „[A] fiction is, necessarily and sufficiently, a collection of propositions reflexively intended by their author to be conjoined in imagination.“68
Die genannten impliziten Bedingungen gelten auch auf dieser Ebene. Erstens enthält die Bestimmung eine implizite Gehaltsbedingung. Weil der Autor nicht rationalerweise intendieren kann, dass der Leser eine Menge an ausschließlich wahren Propositionen in der Vorstellung verknüpft, muss eine Fiktion mindestens eine Proposition enthalten, die der Autor für unwahr hält. Zweitens muss der Autor davon überzeugt sein, dass der Leser seine Intention erkennen kann.
Fiktionalität und Wahrheit sind insofern eingeschränkt kompatibel. Eine Fiktion kann beabsichtigt zu großen Teilen wahr sein, aber nicht vollständig. Eine Fiktion muss mindestens einen Satz enthalten, den der Autor für unwahr hält. Ist diese Bedingung erfüllt, kann eine Fiktion auch wahre Sätze enthalten, in denen der Autor den Leser nicht nur dazu auffordert, sich etwas vorzustellen, sondern ihn zugleich auffordert, etwas zu glauben.
Auf der Ebene der Fiktion handelt es sich somit um eine autonomistische Theorie. Eine Fiktion besteht ausschließlich aus fiktionalen Sätzen. Jedoch gibt es, wie die Ausführungen zeigen, nach Stock zwei Typen von fiktionalen Sätzen. Erstens unwahre fiktionale Sätze, die allein das Ergebnis eines fiktionalen Sprechakts sind. Zweitens wahre fiktionale Sätze, die das Ergebnis eines fiktionalen Sprechakts und eines assertiven Sprechakts sind. Fiktionale und assertive Sprechakte schließen sich somit nach Stock (wie auch nach Konrad) nicht aus.
Es stellt sich wiederum die Frage, in welchem Verhältnis Fiktionen und fiktionale Werke stehen. Stock legt sich hier nicht abschließend fest. Klar ist ihr zufolge jedoch, dass die Einheiten nicht identisch sind, weil ein Werk mehrere Fiktionen enthalten kann.69 Stock nennt ein solches Werk eine multiple fiction.70 Eine multiple Fiktion ist ein Werk, in dem nicht alle durch die Sätze des Textes ausgedrückten Propositionen verknüpft werden sollen. Wenn ein Werk eine Fiktion A enthält, in der p und q der Fall ist, und dasselbe Werk eine Fiktion B enthält, in der r und s der Fall ist – dann sollen nur p und q sowie r und s miteinander verknüpft werden, nicht aber p und q und r und s.
Aus dieser Sicht folgt, dass die Theorie auf der Werkebene weiterhin kompositionalistisch ist. Literarische Werke können Mischungen aus Fiktionen und Nichtfiktionen sein. Ein Werk kann zum Beispiel eine Fiktion A enthalten, in der p und q der Fall ist, wobei der Autor intendiert, dass der Leser sich p und q vorstellt. Dasselbe Werk kann zudem eine Nichtfiktion B enthalten, in der r und s der Fall ist, wobei der Autor intendiert, dass der Leser r und s nur glauben und sich nicht vorstellen soll. Fiktion A wäre das Ergebnis von fiktionalen (und potenziell auch assertiven) Sprechakten, Nichtfiktion B hingegen das Ergebnis von allein assertiven Sprechakten.
Als potenzielle Grenzfälle auf der Ebene des Werks kommen nach Stocks Theorie Mischfälle aus Fiktionen und Nichtfiktionen in Frage. In solchen Fällen kann unklar sein, ob das Werk insgesamt als fiktional oder nichtfiktional zu gelten hat. Auf der Ebene der Fiktion können Grenzfälle solche Werke oder Werkteile sein, bei denen über die Intentionen des Autors Unklarheit herrscht.
∵
Stocks Theorie ist somit pragmatischproduktionsorientiert: Der Fiktionalitätsstatus hängt vom Handeln des Autors ab. Implizit enthält die Theorie zudem ein quasireferenzialistisches Kriterium: Ein Autor darf eine Fiktion nicht für vollständig wahr halten, weil ansonsten die Intentionsbedingung nicht erfüllt sein kann. Auf der Ebene der Fiktion ist die Theorie autonomistisch: Fiktionen bestehen nur aus fiktionalen Sätzen. Auf der Ebene des Werks ist die Theorie kompositionalistisch: Werke können Mischungen aus Fiktionen und Nichtfiktionen sein.
Die ‚Fiktionstheorie Stock‘ kann in folgende Definition gefasst werden:
(FS) | Ein Erzählwerk W (oder ein Werkteil WT) ist fiktional genau dann, wenn der Autor reflexiv intendiert, dass sich der Leser vorstellt, die in der Vorstellung zu verknüpfende Menge der durch die Äußerungen U1–Un ausgedrückten Propositionen {p, q, r, …} sei wahr. |
2.7 Zwischenfazit: Fiktionalität und Imagination
Die rekonstruierten Theorien haben, den ausgeführten Auswahlkriterien entsprechend, zwei zentrale Gemeinsamkeiten. Alle gehen von einem definitorischen Zusammenhang zwischen Fiktionalität und der Vorstellungskraft aus. Zudem sind sie insofern pragmatisch, als sie das entscheidende Kriterium für Fiktionalität im Sprachhandeln von Autoren und/oder im Rezeptionsverhalten von Lesern ausmachen.
Innerhalb dieses Rahmens unterscheiden sich die Bestimmungen in ihren Details jedoch signifikant. Dies betrifft insbesondere den zugrunde gelegten Begriff der Vorstellung (a) sowie die Fragen nach der Definitionsmenge (b), der Reichweite (c), der Entscheidungshoheit (d) und einer Gehaltsbedingung (e).
(a) Vorstellungsbegriff
Currie, Lamarque/Olsen, Davies und Stock legen ihren Bestimmungen von Fiktionalität einen engen Begriff der Vorstellung zugrunde. Ihnen zufolge besteht nur zwischen propositionalen Vorstellungen und Fiktionalität ein definitorischer Zusammenhang. ‚Vorstellen‘ bezeichnet hier eine bestimmte epistemische Haltung gegenüber propositionalem Gehalt. – Walton und Konrad verwenden einen weiten Begriff. Ihnen zufolge besteht über propositionale Vorstellungen hinaus auch zwischen sinnlichen Vorstellungen und Fiktionalität ein definitorischer Zusammenhang. ‚Vorstellen‘ bezeichnet hier ein breites Spektrum mentaler Aktivitäten im Sinne des alltagssprachlichen Verständnisses des Ausdrucks.
(b) Definitionsmenge
Currie definiert Fiktionalität auf der Mikroebene einzelner Äußerungen und lässt die Frage nach dem Fiktionalitätsstatus auf der Makroebene von Werken letztlich (mehr oder weniger) offen. – Stock und Davies gehen von Curries Definition auf der Mikroebene aus und übertragen sie auf die Ebene von Äußerungsmengen. (Davies macht darüber hinaus einen defensiven Vorschlag für die Werkebene.) – Lamarque/Olsen gehen zunächst von der Mikroebene aus, jedoch ist ihre Bestimmung auf der Makroebene des Werks die zentrale. – Walton und Konrads Bestimmungen erheben für alle Ebenen gleichermaßen Anspruch auf Gültigkeit.
(c) Reichweite
Walton, Currie und Konrad vertreten kompositionalistische Theorien: Der Text eines Werks kann ihnen zufolge eine Mischung aus fiktionalen und nichtfiktionalen Sätzen sein. – Lamarques und Olsens Theorie ist (gemäßigt71 ) autonomistisch: Ihnen zufolge sind fiktionale Werke als Ganzheiten fiktional. – Davies und Stock vertreten gemischte Positionen. Auf der Werkebene sind die Theorien kompositionalistisch: Werke können Mischungen aus fiktionalen und nichtfiktionalen Erzählungen (Davies) bzw. Fiktionen und Nichtfiktionen (Stock) sein. Auf der Ebene der Erzählung bzw. der Fiktion sind sie autonomistisch: Sie bestehen aus allein fiktionalen Sätzen.
(d) Entscheidungshoheit
Currie, Davies und Stock ordnen in produktionsorientierten Theorien die Entscheidungshoheit über den Fiktionalitätsstatus eines Werks und seiner Teile allein dem Autor zu. Entscheidend sind seine Absichten, die sich in seinem Sprachhandeln ausdrücken. – Auch Lamarque und Olsen sowie Konrad verstehen den Autor als entscheidende Instanz, betten ihre Theorien jedoch in einen institutionellen Rahmen ein. Entscheidend ist die regelkonforme Teilnahme von Autoren an einer von Autoren und Lesern gleichermaßen anerkannten sozialen Praxis. Die Theorien sind somit produktionsorientiertinstitutionell. – Nach Walton liegt die Entscheidungshoheit beim Publikum. Seiner rezeptionsorientierten Theorie zufolge ist der Fiktionalitätsstatus letztlich von der Funktionszuordnung durch die Leserschaft abhängig.
(e) Gehaltsbedingung
Currie, Lamarque/Olsen, Davies und Stock integrieren in ihre Bestimmungen (explizit oder implizit) eine Form von Gehaltsbedingung. Ihre Definitionen enthalten neben dem zentralen pragmatischen auch ein quasireferenzialistisches Kriterium.72 – Waltons und Konrads Bestimmungen sind allein pragmatisch und machen keinerlei inhaltliche Beschränkungen. Ihnen zufolge besteht zwischen dem Gehalt von Äußerungen und deren Fiktionalitätsstatus kein definito-rischer Zusammenhang.
∵
Bei unumstritten als fiktional geltenden literarischen Werken werden diese Theorien in aller Regel zu demselben Ergebnis kommen. Auf den ersten Blick scheinen die Theorien insofern als adäquate Bestimmungen des Fiktionalitätsbegriffs in Frage zu kommen. Zumindest kann kein Vorschlag a priori als inadäquat ausgeschlossen werden. So würden etwa Frischs Stiller oder Bärfuss’ Die toten Männer auf der Werkebene auf der Basis von allen sechs Theorien als fiktional klassifiziert. Unterscheiden würde sich zwar die Begründung der Klassifikation, nicht aber die Klassifikation selbst.
Aus der Gegenüberstellung der Theorien sollte jedoch unmittelbar ersichtlich werden, dass dies bei Montauk und Koala nicht der Fall sein wird. Hier wird es nicht nur zu unterschiedlichen Begründungen kommen, sondern auch zu unterschiedlichen Klassifikationen. Dadurch wird sich die Möglichkeit eröffnen, die Leistungsfähigkeit der Theorien genauer zu prüfen. Nachdem im ersten Kapitel zunächst die Gründe für den Grenzfallstatus der Werke herausgearbeitet wurden, steht nun die theoretische Basis, um im nächsten Kapitel erste provisorische Klassifikationshypothesen zu formulieren.
Für systematische Übersichten, die Bewertung verschiedener Theorietypen und die Favorisierung des pragmatischen Ansatzes vgl. insbesondere die Arbeiten von Konrad 2014; Gertken/Köppe 2009; Zipfel 2001, an die hier angeschlossen wird. Für konzise Übersichten zur Fiktionstheorie vgl. weiterhin etwa Kroon/Voltolini 2019; Zetterberg 2016.
Angeschlossen wird damit an die Systematisierung und Terminologie von Eva-Maria Konrad (vgl. Konrad 2014, 37–38). Sie unterscheidet zwischen pragmatischen (1), referenzialistischen (2), narratologischen (3) und syntaktischstilistischen (4) Fiktionstheorien. (1) Nach pragmatischen Theorien ist der Sprachgebrauch des Autors und/oder Textgebrauch des Lesers das zentrale Kriterium für Fiktionalität. (Dazu in diesem Kapitel ausführlich.) (2) Nach referenzialistischen Theorien ist die Beziehung zwischen Äußerungen und deren Bezugsobjekten zentral. (Unterschiedlich ausformulierte referenzialistische Positionen finden sich etwa bei Goodman 1984; Blume 2004; Achermann 2013. Diesem Theorietyp können weiterhin die Possible-worlds-Ansätze von Lewis 1978; Eco 1979; Pavel 1986; Ryan 1991; Doležel 1998 zugerechnet werden; für Überblicke vgl. Ryan/Bell 2019; Ryan 2012/2013; für eine kritische Diskussion vgl. Klauk 2014.) (3)/(4) Nach narratologischen bzw. syntaktisch-stilistischen Theorien ist die jeweilige Erzähl- bzw. Darstellungsweise zentral. (Dieser Position können etwa Hamburger 1977; Banfield 1982; Cohn 1999; Schmid 2014 zugerechnet werden; für eine kritische Diskussion vgl. Gertken/Köppe 2009, 238–241.) – Diese Systematisierung und die Zuordnung von Vertretern beruht darauf, welches Kriterium als das entscheidende oder zentrale für Fiktionalität verstanden wird, und dient folglich als vereinfachte Übersicht und Orientierungshilfe. Die Grenzen zwischen den Positionen sind fließend und die Kriterien prinzipiell kombinierbar. Zudem behalten referenzialistische, narratologische und syntaktischstilistische Ansätze, auch wenn in diesem Kapitel nicht auf sie eingegangen wird, im Folgenden potenziell Relevanz, wenn sie signalisierende Merkmale von Fiktionalität benennen. (Darauf wird bei der Operationalisierung in Kapitel 5 Theorie II zurückzukommen sein.)
Ist in den folgenden theoretischen Erörterungen von ‚Autoren‘, ‚Lesern‘, ‚Sprechern‘, ‚Hörern‘, ‚Interpreten‘ etc. die Rede, sollen damit nicht Individuen bezeichnet werden, sondern verschiedene Rollen innerhalb der literarischen Kommunikation, die Personen jeden Geschlechts einnehmen können.
Die Ausdrücke ‚Vorstellungskraft‘ und ‚Imagination‘ werden hier synonym verwendet. Präzisierungen zum Begriff der Vorstellung bzw. des Vorstellens erfolgen im Laufe der Rekonstruktionen und der weiteren Untersuchung.
Walton 1990, 4–5.
Prominente Ausnahmen innerhalb der aktuellen Debatte bilden insbesondere die Ansätze von Stacie Friend und Derek Matravers. Friend argumentiert dagegen, dass ein definitorischer Zusammenhang zwischen Fiktionalität und der Vorstellungskraft bestehe. Die Unterscheidung zwischen Fiktionalität und Nichtfiktionalität beruhe vielmehr auf der Zugehörigkeit zu einem Genre, wobei fiction und nonfiction als übergeordnete super-genres zu verstehen seien (vgl. Friend 2012, 181; für eine erste Skizze des Ansatzes vgl. Friend 2011, 175–178). Matravers vertritt die Position, dass die Unterscheidung zwischen Fiktionalität und Nichtfiktionalität zugunsten einer Unterscheidung zwischen Konfrontationen (confrontations) und Repräsentationen (representations) aufzugeben sei (vgl. Matravers 2014, 50). Für eine Kritik dieser Positionen vgl. insbesondere Stock 2017, 163–169.
In ihrer Summe sollten mit diesen Vorschlägen die wesentlichen Positionen zur Ausgestaltung des favorisierten Theorietyps angemessen repräsentiert sein. Selbstredend bleibt dabei die Auswahl an Vertretern unvollständig. Auf Vorläufer und weitere Vertreter ähnlicher Positionen wird im Laufe der einzelnen Rekonstruktionen verwiesen.
Vgl. Walton 1990, 75.
Walton 1990, 72.
Vgl. Walton 1990, 13–21.
Vgl. Walton 1990, 51.
Für die Übersetzung von ‚prop‘ mit ‚Hilfsmittel‘ vgl. Gertken/Köppe 2009, 246, für die Übersetzung mit ‚Requisite‘ vgl. Bareis 2008; 2014.
Vgl. Walton 1990, 51.
Walton 1990, 91.
Vgl. Walton 1990, 53.
Vgl. Walton 1990, 91.
Vgl. Walton 1990, 92.
Walton 1990, 92–93.
Vgl. Walton 1990, 90.
Vgl. Walton 1990, 42.
Walton 1990, 74.
Vgl. dazu auch Walton 2015, 34.
Walton spricht an einer Stelle auch von einer „institution of fiction“ (Walton 1990, 88). Insofern, als die Intentionen des Autors nicht entscheidend sind, aber die Funktionszuordnung durch die Leserschaft steuern können, könnte Waltons Theorie auch als pragmatischinstitutionell(‑rezeptionsorientiert) eingeordnet werden.
Zum hier übernommenen Begriff des Kompositionalismus vgl. Konrad 2014, 265–266.
Für umfassendere Rekonstruktionen von Waltons Theorie vgl. insbesondere Bareis 2008; 2014.
Vgl. Currie 1990, 11.
Ein Satz wird hier und im Folgenden als „selbständig äußerbare Einheit der Sprache“ und als „Hauptform sprachlicher Äußerungen“ (Motsch 2007, 362) verstanden. Nach dieser Auffassung ist zwar jeder Satz (als syntaktisch-semantische Einheit) das Resultat einer Äußerung (als pragmatische Einheit) – aber nicht aus jeder Äußerung resultiert ein Satz. Mit der Rede über Äußerungen bzw. über Sätze verschiebt sich somit der Fokus: Bei Äußerungen liegt er auf der Sprachhandlung, bei Sätzen auf den syntaktisch-semantischen Eigenschaften.
Vgl. Currie 1990, 18–21.
Currie 1990, 21. Zu Waltons und Curries unterschiedlichen Bestimmungen des Make-believe-Begriffs vgl. auch Bareis 2014, 52–54.
Vgl. Currie 1990, 24–30.
Vgl. Grice 1957; 1975.
Vgl. dazu auch Currie 1985, 386.
Zum Verhältnis von Äußerungs‑, Illokutions- und Perlokutionsakt im fiktionalen Sprechakt vgl. auch Konrad 2014, 347–350.
Vgl. Grice 1957, 383–384.
Vgl. Currie 1990, 45–47.
Vgl. Currie 1990, 50.
An diesem Punkt unterscheidet sich die vereinfachte Terminologie der Rekonstruktion von Curries eigener Terminologie: Eine fiktionale Äußerung (fictive utterance) ist ihm zufolge durch die ‚Fiktionsintention‘ (fictive intent) definiert. Sind beide Bedingungen erfüllt – handelt es sich also um eine höchstens zufällig wahre fiktionale Äußerung –, spricht er von einer fiktionalen Aussage (fictional statement).
Vgl. Currie 1990, 48–49.
Auch dieses Kriterium ist letztlich insofern pragmatisch, als es in erster Linie nicht darauf ankommt, ob ein Satz wahr ist, sondern darauf, warum er wahr ist, falls er wahr ist – also auf die Absicht des Autors, mit der er die Äußerung tätigt (dazu nochmals in Kapitel 2.7 Zwischenfazit).
Als einflussreiche Vorläufer von Curries Theorie können insbesondere die sprechakttheoretischen Ansätze von John Searle und Gottfried Gabriel gelten. Sie bestimmen Fiktionalität ebenfalls pragmatisch-produktionsorientiert über die Sprachverwendung des Autors. Dies jedoch über die Abweichung fiktionaler Rede von nichtfiktionaler Rede. Nach Searles The Logical Status of Fictional Discourse (1975) beruht fiktionale Rede im Kern auf dem Vorgeben der Ausführung eines Illokutionsaktes: „an author of fiction pretends to perform illocutionary acts which he is not in fact performing“ (Searle 1975, 325; für Curries Rekonstruktion und Kritik von Searles „pretense theory“ vgl. Currie 1990, 12–18, hier: 12). Gabriel bestimmt in Fiktion und Wahrheit (1975) fiktionale Rede als „diejenige nicht-behauptende Rede, die keinen Anspruch auf Referenzialisierbarkeit oder auf Erfülltheit erhebt“ (Gabriel 2019a, 33). An anderer Stelle fasst er den Ansatz, der sich ebenfalls als pretense theory verstehen lässt, zusammen: „Die Fiktionalität fiktionaler Literatur besteht in aller Kürze gesagt darin, dass (1) Eigennamen und Kennzeichnungen so verwendet werden, als ob sie referenzialisierbar seien […], dass (2) von Sachverhalten die Rede ist, als ob sie bestehen würden […], und dass (3) so getan wird, als ob bestimmte Sprechakte vollzogen würden, obwohl dieses gar nicht der Fall ist“ (Gabriel 2019b, 22–23). Eine näher an Curries Ansatz liegende Position vertritt zudem Gérard Genette in Fiction et diction (1991), indem er Fiktionalität als Ergebnis von ‚Fiktionsakten‘ (actes de fiction) des Autors bestimmt (vgl. Genette 1991, 41). Für umfassendere Rekonstruktionen und eine kritische Auseinandersetzung mit Searle, Gabriel und Genette vgl. Zipfel 2001, 183–213.
Vgl. Lamarque/Olsen 1994, 32–34, 256–257.
Vgl. Lamarque/Olsen 1994, 43–52.
Lamarque/Olsen 1994, 51. Für eine ähnliche Formulierung vgl. zudem Lamarque 2009, 185: „What is fictional is what is made up, which has to do with both origin and content. […] The principle is simple: how things are described in a fictive utterance determines how things are in the fictional world.“ Zur Rekonstruktion der Gehaltsbedingung in Lamarques und Olsens Theorie vgl. auch Konrad 2014, 53–54; Köppe 2014a, 39–40.
Vgl. Lamarque/Olsen 1994, 121–123; Frege 2008.
Lamarque/Olsen 1994, 244.
Lamarque und Olsen gehen jedoch nicht davon aus, dass alle Schlüsse verboten sind: „One consequence of adopting the fictive stance is that many (though probably not all) inferences are blocked from a fictive utterance back to the speaker or writer, notably inferences about the speaker’s or writer’s beliefs“ (Lamarque/Olsen 1994, 43–44). Verboten sind direkte, unbegründete und dadurch ungerechtfertigte Schlü-sse von fiktiven Welten auf Sachverhalte der (realen) Welt. Vgl. dazu auch Köppe 2014a, 47.
Vgl. Lamarque/Olsen 1994, 38.
Vgl. dazu auch Konrad 2014, 205–207; Köppe 2014a, 40. Für diese Auslegung spricht auch der von Lamarque und Olsen früh formulierte Anspruch, die Fiktionalität von Werken erklären zu wollen (Lamarque/Olsen 1994, 29): „[I]t is the fictionality of whole works […] that we are ultimately trying to explain.“
Vgl. Lamarque/Olsen 1994, 66–67. Vgl. dazu auch Lamarque 2014, 20.
Zum hier übernommenen Begriff des Autonomismus vgl. Konrad 2014, 163–164.
Für eine detailliertere Rekonstruktion von Lamarques und Olsens Theorie vgl. Köppe 2014a. Unterschiedlich ausformulierte pragmatisch-institutionelle Fiktionstheorien mit oder ohne Gehaltsbedingung vertreten etwa auch Eco 1994, 103; Zipfel 2001, 297; Köppe 2008, 35; Klausnitzer 2008, 222; Gertken/Köppe 2009, 252–253; Köppe/Kindt 2014, 73–80; Vendrell Ferran 2018, 45–48. Als einflussreicher Vorläufer von Lamarques und Olsens institutioneller Fiktionstheorie kann etwa Philippe Lejeunes in Le pacte autobiographique (1975) formulierte Idee eines ‚Romanpakts‘ (pacte romanesque) gelten, in dem der ‚Referenzpakt‘ (pacte référentiel) aufgehoben sei (vgl. Lejeune 1975, 27, 36). Auch Wolfgang Isers Rede von einem ‚Kontrakt‘ zwischen Autor und Leser, dem zufolge ein fiktionaler Text als ‚inszenierter Diskurs‘ zu rezipieren sei, lässt sich hier einordnen (vgl. Iser 1983, 135; unter Bezugnahme auf Warning 1983).
Davies definiert ‚Erzählung‘ (narrative) und ‚Werk‘ (work) nicht abschlie-ßend (vgl. Davies 2007, 17–31; 2015, 39). Jedoch ist seine Verwendung mit den in Kapitel 1 eingeführten Bestimmungen kompatibel: Eine Erzählung ist eine temporal geordnete und sinnhaft verknüpfte Menge von Ereignissen; ein literarisches Werk ist ein literarischer Text in seinen bedeutungsrelevanten Kontexten.
Vgl. Davies 2007, 46.
Davies 2007, 45–46.
Vgl. Davies 2015, 54.
Vgl. Konrad 2014, 304–307.
Vgl. Konrad 2014, 371.
Vgl. Konrad 2014, 365–369.
Vgl. Konrad 2014, 405.
Vgl. Konrad 2014, 442.
Vgl. Konrad 2014, 468–470.
Vgl. Konrad 2014, 426.
Vgl. Konrad 2014, 410–414, hier: 414.
Vgl. Konrad 2014, 322.
Konrads eigene Definition (vgl. Konrad 2014, 371) ist ausführlicher bzw. komplexer, sollte jedoch auch in der hier vorgenommenen Kondensierung adäquat wiedergegeben sein.
Vgl. Stock 2017, 145–148.
Vgl. Stock 2017, 16–19, 149.
Stock 2017, 158.
Vgl. Stock 2017, 150, 169–174.
Vgl. Stock 2017, 169.
Weil nach Lamarque und Olsen der Text eines fiktionalen literarischen Werks Sätze von nichtfiktivem Gehalt enthalten kann, der Leser aber die fiktionsadäquate Rezeptionshaltung gleichwohl gegenüber dem ganzen Text einnehmen soll, können sie auch als „gemäßigte Autonomisten“ gelten (vgl. Konrad 2014, 205–207, hier: 205).
Quasireferenzialistisch sind diese Bedingungen, weil sie nicht allein die Beziehung zwischen Äußerungen und deren Bezugsobjekten im Blick haben, sondern das Handeln des Autors. Insofern sind auch diese Bedingungen letztlich pragmatisch. Jedoch hebt die hier verwendete Bezeichnung ‚quasireferenzialistisch‘ den Unterschied zu Theorien ohne jegliche Form von Gehaltsbedingung hervor.