Christentum und moderne Lebenswelten

Ein Spannungsverhältnis voller Ambivalenzen – eine Einführung

In: Christentum und moderne Lebenswelten
Authors:
Markus Vogt
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Maximilian Gigl
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1. Ambivalenzen der Moderne

Die Herausforderungen des christlichen Glaubens durch die Umbrüche und Transformationen der Lebenswelten in der späten Moderne stehen im Mittelpunkt des hier vorgelegten Bandes „Christentum und moderne Lebenswelt“. Ein leitender Gedanke besteht darin, dass der Zusammenhang des „Projekts der Moderne“ (Habermas 1980/1992) und des Christentums ein doppelter ist: Einerseits stellt die Moderne in wesentlichen Aspekten eine Entfaltung des christlichen Glaubens und der mit ihm verbundenen Vorstellungen von Zeit und Raum, Vernunft, gelingendem Menschsein und Gerechtigkeit dar (vgl. Maier 2014). Andererseits ist die Gegenwart von Erfahrungen der Gefährdung und Transformation der späten Moderne geprägt, durch die eben jene Vorstellungen und Werte radikal in Frage gestellt werden.

Diese Ambivalenzen der Moderne lassen sich nicht nur im Hinblick auf ihr Verhältnis zum Christentum, sondern ebenso auf ihre inhärent widersprüchlichen Dynamiken selbst beobachten. Eugen Biser charakterisierte die Moderne daher als „utopisch-rückschlägiges“ Zeitalter, in dem einerseits technischer Fortschritt und demokratische Rechtsstaatlichkeit ein noch nie dagewesenes Ausmaß an Wohlstand, Sicherheit und Freiheit ermöglichen, während sich die Menschheit andererseits durch exzessiven Güterkonsum, oberflächliche Medienkommunikation und selbstvernichtenden Terror selbst gefährdet (vgl. Biser 2004b). Ein Leitgedanke, der diesem Buch konzeptionell zugrunde liegt und eine verbindende Klammer aller Einzelbeiträge bildet, ist Bisers Gedanke einer „eklatante[n] Rückschlägigkeit“ (vgl. Biser 2003: 132) des Fortschritts. Diese Ambivalenz und humane Selbstgefährdung wird dann virulent, wenn die aus dem christlichen Glauben inspirierten Utopien der Moderne sich von ihrem Ursprung entkoppeln und angesicht der Erfolge das Bewusstsein für das Unverfügbare verlorgen geht. Mit anderen Worten: Wenn sich die Moderne ihrer christlichen Wurzeln, Werte und Transzendenzbezüge, die sich stets in wesentlichen Aspekten der Operationalisierbarkeit entziehen, nicht bewusst ist, droht sie in das Gegenteil ihrer Versprechen umzukippen. Ebenso verliert der christliche Glaube seine Vitalität und seinen gesellschaftlichen Ort, wenn er sich nicht in konstruktiver Weise zum Projekt der Moderne ins Verhältnis setzt.

Die Themenstellung zielt auf die Frage, ob das Christentum noch eine Relevanz besitzt, um diese Dynamiken zu verstehen sowie zu gestalten, und wie diese Potentiale gegebenenfalls in der Gesellschaft als eine orientierende und befreiende Kraft wirksam werden können. Implizit wird dabei eine westlich-europäische Perspektive eingenommen, wenngleich die angesprochenen Prozesse sich keinesfalls darauf beschränken und es gerade darum geht, diese Perspektive in ihrer Ambivalenz gegen Absolutsetzungen abzugrenzen. In der Fragestellung nach der bleibenden oder neuen Relevanz des Christlichen ist stets auch die geschichtliche Genese der Phänomene mitzudenken, wobei es darauf ankommt, eine apologetische christliche Inanspruchnahme ebenso zu vermeiden wie eine rückwärtsgewandte Romantisierung des Früheren, die dazu führt, dass die Gegenwart einseitig negativ bewertet wird. Eine solche Balance entspricht dem Geist Eugen Bisers, der trotz der Feststellung von existenziellen Gefährdungen die Moderne keineswegs als Verfallsgeschichte deutet. Mit ihm gilt es vielmehr, die Um- und Aufbrüche als Wegmarkierungen in die Zukunft wahrzunehmen. Viele Entwicklungen der Moderne sind gerade auch aus christlicher Perspektive als Gewinn an Freiheit und Humanität zu würdigen und zu fördern. Zugleich gilt es, aus dem „Bewusstsein von dem, was fehlt“ (Reder/Schmidt 2008) die uneingelösten Versprechen im Blick zu behalten. Es kommt darauf an, Leitbegriffe wie Menschenwürde, Individualität, Vernunft, Gerechtigkeit, Wohlstand, Frieden, Gesundheit oder Heimat offen für das zu halten, was nicht machbar, nicht durch noch so gute sozioökonomische oder politische Managementprogramme herstellbar und nicht messbar ist.

Christlicher Glaube lädt dazu ein, sich einer Begegnung zu überlassen, die von sich selbst her alles noch einmal in einem ganz anderen Licht erscheinen lässt. In einem Licht, das die wunderbaren Kräfte der Natur und des Menschen sogar in ihren Grenzen noch einmal zu sich selbst bringen möchte, gerade indem es diese überschreitet, und das deshalb auch deren Unsicherheit und Verzweiflung zu umfassen versucht. (Römelt 2021: 17)

Die Balance zwischen Kritik und positiver Würdigung der Gegenwartsutopien mit ihrem starken Drang, eine „Erfüllung im Diesseits“ (Römelt 2021) zu suchen, ist von entscheidender Bedeutung. Das Bodenständige, Lebenszugewandte und Nüchterne der gegenwärtigen transzendenzlosen Bewältigungsstrategien in den Suchbewegungen der Gegenwart ist auch von Seiten einer christlichen Theologie des 21. Jahrhunderts zu achten. Denn diesen eignet eine große naturwissenschaftlich-technische sowie human- und sozialwissenschaftliche Erschließungskraft für eine größere Fülle des Daseins, das auch für die christliche Heilsverkündigung von maßgeblicher Relevanz ist und helfen kann, Hoffnung zu konkretisieren und zu unterstützen.

2. Wohin ist Gott?

Die Dynamik der Neuzeit speist sich wesentlich aus dem Hoffnungspotenzial der christlichen Eschatologie und gerät aus dem Gleichgewicht, wenn diese einseitig mit einer auf Fortschritt ausgerichteten Utopie identifiziert wird. Christliche Hoffnung ist immer zugleich auf Entwicklung und auf Transzendenz ausgerichtet (vgl. Benedikt XVI., Spe Salvi: 2007). Sie gründet in Erfahrungen der Gegenwart des Zukünftigen, der offenen, unverfügbar von Gott her auf den Menschen zukommenden Möglichkeiten, die der Mensch handelnd im Streben nach Gerechtigkeit ergreift, an deren Anspruch er aber immer wieder absehbar scheitert. Bezogen auf die Moderne geht es um die Frage, ob deren Fortschrittsorientierung die Hoffnung möglicherweise zu eindimensional als Programm stetiger Verbesserung operationalisiert und verfügbar zu machen sucht (vgl. Vogt/Ostheimer 2005). Vor dem Hintergrund einer anti-utopischen, immer wieder auch biblisch veranschaulichten Anthropologie entwirft beispielsweise Hans Jonas sein „Prinzip Verantwortung“ wesentlich als Gegenentwurf zum „Prinzip Hoffnung“ von Ernst Bloch. Die Hoffnung auf stete Verbesserung ist in der späten Moderne einer Ernüchterung gewichen und wird insbesondere in ökologisch-wachstumskritischer Perspektive als zutiefst ambivalentes Konzept kritisiert.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass die vielschichtigen Um- und Aufbrüche der gegenwärtigen gesellschaftlichen Transformation erst die vorsichtigen Anfänge tiefer sozialer, kultureller, ökonomischer und ökologischer Disruptionen darstellen, die die globale Entwicklung in den bevorstehenden Jahrzehnten prägen werden (vgl. Bardi 2017; Schneidewind 2018; Vogt 2018). Diese Transformationen bilden auch existenzielle Grenzerfahrungen für den Einzelnen und für die Gesellschaft(en), die nur auf der Basis einer grundlegenden Auseinandersetzung mit den Leitwerten und Gesellschaftsformen der expansiven Moderne, die an ihrem eigenen Erfolg zu scheitern droht, zu bewältigen sind.1 Papst Franziskus fordert vor diesem Hintergrund in der Apostolischen Konstitution Veritatis Gaudium zur Neuordnung des Theologiestudiums eine kulturelle Revolution:

Es geht schließlich darum, ‚das Modell globaler Entwicklung in eine [andere] Richtung [zu] lenken‘ und den ‚Fortschritt neu zu definieren‘: ‚Das Problem ist, dass wir noch nicht über die Kultur verfügen, die es braucht, um dieser Krise entgegenzutreten. Es ist notwendig, leaderships zu bilden, die Wege aufzeigen‘. Diese beachtliche und unaufschiebbare Aufgabe verlangt auf der kulturellen Ebene akademischer Bildung und wissenschaftlicher Forschung die großherzige und gemeinsame Anstrengung hinsichtlich eines radikalen Paradigmenwechsels, ja mehr noch – ich erlaube mir zu sagen – hinsichtlich einer ‚mutigen kulturellen Revolution‘. (Franziskus 2018: Nr.3)

Man kann die Überlegungen des vorliegenden Bandes „Christentum und moderne Lebenswelt“ als Beitrag zur Konkretisierung dieses Aufrufs verstehen.

Für eine solche kulturelle Revolution hinsichtlich des Verständnisses globaler Entwicklung ist davon auszugehen, dass Theologie und Kirche zugleich Teil des Problems und Teil der Lösung sind: Sie müssen sich – mit Eugen Biser gesprochen – auf ihre eigene „Mitte konzentrieren“ (Biser 2017: 229). Dabei ist aber das Christentum weder ein System noch ein Begriff, „der argumentativ umschrieben und definiert werden kann, sondern eine Wirklichkeit, von der man sich (nach Lk 17,2) ergreifen lassen muss“ (Biser 2004a: 57). Erst in der Konzentration auf diese Mitte fließen dem Christentum Inspiration, Energie und Überzeugungskraft zu, um zukunftsfähige Denkmodelle und Praxisformen zu entwickeln und beispielsweise Formen der Naturvergessenheit, des Eurozentrismus und Kolonialismus oder der systematischen Benachteiligung von Frauen zu überwinden. Erst auf der Basis einer solchen Neubesinnung und Umkehr, für die der Dialog mit den Wertedebatten der späten Moderne unverzichtbar ist, kann das Potenzial des christlichen Glaubens als „Resilienz-Ressource“ der Krisenbewältigung im gegenwärtigen Transformationsprozess globaler Entwicklung fruchtbar ins Spiel gebracht werden (vgl. Vogt/Schneider [Hg.] 2016). Dabei ist ein wechselseitiger Lernprozess von naturwissenschaftlich-technischen, humanwissenschaftlichen und theologischen Perspektiven im Sinne einer „Theologie im Diesseits“, die echte Säkularität ermöglicht, angezeigt (Römelt 2021: 226-234).

Die vielschichtigen Aporien und Ambivalenzerfahrungen des Projekts der Moderne sind ein „Zeichen der Zeit“, das es in seiner Tiefenstruktur zu entziffern gilt als Herausforderung, die Fragen nach dem, was auch in Krisensituationen trägt, was Zukunft erschließt und Sinn vermittelt, neu zu stellen. Die bange Frage „Wohin ist Gott?“ (Söder/Schönemann [Hg.] 2015) angesichts der säkularen, scheinbar ohne Religion möglichen Entfaltungen der Moderne als „Erfüllung im Diesseits“ (Römelt 2021) sowie angesichts ihrer Selbstgefährdung ist zugleich der Ausgangspunkt, in neuer Weise nach der Gegenwart Gottes in der späten Moderne zu suchen. Das Theologoumenon „Zeichen der Zeit“ setzt implizit voraus, dass es Gott selbst ist, der in den Umbrüchen und Aufbrüchen der Gegenwart zum Menschen spricht und ihn zu seinen je eigenen Antworten herausfordert (vgl. Ruggieri 2006). Das ist ein Kerngedanke, der den gesamten Ansatz der Theologie Eugen Bisers zutiefst prägt und den er mit der programmatischen Formulierung „Geistesgegenwart“ (Biser 2019) zum Ausdruck bringt. In dieser Gegenwart des Geistes Gottes, der den Glaubenden gerade in Erfahrungen radikaler Infragestellung an „Andersorten“ (Sander 2013) entgegenkommt, liegt auch für Eugen Biser die Notwendigkeit und Ermöglichung dafür, dass jede Epoche neu nach den ihren Erfahrungen angemessenen Sprachformen und Glaubenspraxen suchen muss. Durch die Aufgabe, die Zeichen der Zeit zu entziffern, ist Theologie auf die lebensweltlichen Realitäten verwiesen. Bisweilen scheint jedoch gerade christliche Ethik mehr von der Beschwörung abstrakter Prinzipien und Wunschwelten als durch eine nüchterne Wahrnehmung der Lebenswirklichkeiten geprägt.2

Wenn Theologie und Kirche in den radikalen Transformationsprozessen der späten Moderne Orientierung stiften wollen, dürfen sie sich nicht auf vertraute Denk-, Sprach- und Kommunikationsformen aus früheren Epochen zurückziehen. Denn diese verblassen zu verbrauchten Formeln, wenn sie nicht je neu mit den Erfahrungen der jeweiligen Zeit ins Gespräch gebracht werden. Ein solches Aggiornamento hat Eugen Biser in seiner radikalen theologischen Sprachkritik immer wieder vehement eingefordert (siehe Biser 1980). Es gilt von daher die gegenwärtigen Erfahrungen des Umbruchs und des radikalen Wandels im Sinne eines wechselseitigen Korrelationsverhältnisses von Christentum und später Moderne zu entziffern: Diese späte Moderne „entgleist“ (Habermas/Ratzinger 2005), wenn sie sich ihrer Ambivalenzen und Transzendenzhorizonte nicht mehr bewusst ist. Auf der anderen Seite erstarrt das Christentum, wenn es sich nicht herausfordern lässt, diese Erfahrungen auf ihren Bedeutungsgehalt für christliche Existenz heute zu erfragen und zu entziffern. Christliche Theologie braucht das Gegenüber säkularer Vernunft und einer Anerkennung der relativen Autonomie der Sachbereiche (vgl. Gaudium et spes: Nr. 36.41.55f.79; sowie Schuster [Hg.] 2010). Ebenso bedürfen die säkulare Vernunft und der säkulare Humanismus das Bewusstsein eines über sie selbst hinausweisenden Sinnhorizontes, da sie sich nicht aus sich selbst heraus begründen und vollenden können. Die aktuellen Debatten um Trans- und Posthumanismus zeigen exemplarisch, wie brüchig dieser ist, wenn solche Horizonte verloren gehen.3 Die Idee der unbedingten Würde des Menschen verweist auf einen Transzendenzhorizont. „Das Diesseits und das Jenseits interpretieren sich wechselseitig.“ (Römelt 2021: 227)

3. Ambiguitätstoleranz als Kompetenz des Religiösen

Christliche Ethik gewinnt das ihr eigene Profil als theologische Ethik, wenn sie den Horizont des Unverfügbaren offen hält. Sie ist zum Widerspruch aufgefordert, wo die Versprechen von Fortschritt, Wohlstand, Glück und Gesundheit, von Freiheit, Autonomie, Rationalität und Kontrolle absolut gesetzt oder als machbar verstanden werden. All dies sind aus christlicher Sicht wichtige Leitwerte, die jedoch immer nur partiell erreichbar und politisch, technisch oder ökonomisch garantierbar sind. Humanität braucht auch Demut in der Anerkennung von Grenzen und Ambivalenzen. Man kann dies als Kontingenzbewusstsein umschreiben. Niklas Luhmann sieht darin die entscheidende Aufgabe und Kompetenz der Religion in moderner Gesellschaft (vgl. Luhmann 2000). Ein solcher Zugang impliziert die These, dass es aus diesen Ambivalenzen und Spannungsverhältnissen keinen leichten Ausweg gibt. Gefragt ist „Ambiguitätstoleranz“: das Aushalten von Mehrdeutigkeiten (vgl. Bauman 1992). Darin liegt heute vielleicht der wichtigste Beitrag der Religionen zum Gelingen des Projekts der Moderne und zur Abwehr alter und neuer Ideologien.

Kontingenzbewältigung durch Ambiguitätstoleranz setzt eine Theologie voraus, die konstruktiv mit Paradoxien, Mehrdeutigkeiten und Zweifeln umzugehen weiß (vgl. aus moraltheoretischer Sicht: Schüssler 2006). Theologie wird zur Ideologie, wenn sie beansprucht, alles erklären zu können. Die wissenschaftstheoretische Besonderheit der Theologie, die sie gerade im Kontext moderner Wissenschaft gesprächsfähig machen kann, ist „docta ignorantia“ (Cusanus), ein Bewusstsein von dem, was sie nicht weiß und nicht wissen kann. Gott ist nicht eine Erklärung für alles, sondern das „Geheimnis der Welt“ (Jüngel 2001). Christliche Sozialethik ist demensprechend kein geschlossenes Moralsystem, aus dem man ein Urteil über alles ableiten könnte, sondern „ein Gefüge offener Sätze“ (Nell-Breuning). Ein solches offenes, unabschließbar auf Lernprozesse verwiesenes Verständnis von theologischer Ethik ist eine Voraussetzung für Kontingenzbewältigung in der komplexen Welt der Moderne.

Auch in den Kirchen und Religionen selbst breitet sich gegenwärtig jedoch ein Rückzug in fundamentalistisch geschlossene Denkmodelle aus. Diese sind Ausgangspunkt von Anfeindungen und Spaltungen. Statt zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beizutragen, werden die Religionen dann zum Eskalationsfaktor von Intoleranz und Gewalt. Nach Eugen Biser steckt dahinter letztlich ‚Angst‘, die den einzelnen Menschen nicht nur blockiert und ihn von seinen Möglichkeiten abhält, sondern auch aggressionsverschärfend wirkt. Als Gegenteil von Angst bestimmt Biser den Glauben. Die Überwindung der Angst aus der Mitte des christlichen Glaubens müsse neu als die alles entscheidende Aufgabe von Theologie und Kirche entdeckt werden. Der Glaube – so schärft Biser in Anschluss an Romano Guardini und Martin Buber ein – besteht im Kern nicht aus einem Fürwahrhalten von Sätzen, sondern aus einem Akt des Vertrauens auf eine Person (vgl. Biser 1986: 171–199; siehe auch Hieke 2009). Nur von dort her kann er zu Ambiguitätstoleranz sowie zu Dialog und Frieden aus christlichem Ursprung befähigen. Die therapeutische Kraft des christlichen Glaubens (Biser 1985) läge dann vornehmlich darin, die Kontingenzen, Mehrdeutigkeiten, Spannungen und Widersprüche der modernen Welt auszuhalten, ohne in Scheinlösungen zu flüchten. Thomas Halík umschreibt diese mit dem Topos „Geduld mit Gott“ (Halík 2016).

Angesichts der gegenwärtigen Sehnsucht nach „Vereindeutigung der Welt“ (Bauer 2018) ist dies auch politisch höchst aktuell. Man kann den Populismus der Neuen Rechten, der sich gegenwärtig weltweit in der Form von autoritärem Neonationalismus ausbreitet, als Versuch deuten, die unbequeme Vieldeutigkeit der pluralen, offenen Gesellschaft der Moderne loszuwerden. In der „Gesellschaft der Angst“ (Bude 2014) bzw. im „Königreich der Angst“ (Nussbaum 2018; siehe dazu Gigl 2020) eskalieren menschenfeindliche politische Emotionen, wodurch gegenwärtig die Grundlagen der Demokratie und des eng mit ihr verbundenen ethischen Universalismus, Humanismus und Multilateralismus ins Wanken geraten (vgl. Vogt 2017). Angesichts dieser Lage bedarf es interdisziplinärer Studien, um zu prüfen, wie Theologie und Kirche zu Toleranz beitragen können. Diese ist als „Tugend der Demokratie“ ein Leitwert der Moderne (siehe hierzu Forst 2003). In Teilen der Orthodoxie sowie des Katholizismus gibt es erhebliche Vorbehalte gegenüber dem modernen Toleranzkonzept, das eine Kapitulation vor dem Wahrheitsanspruch darstelle. Eugen Biser kritisiert in diesem Zusammenhang die Ringparabel von Lessing, da sie auf einen epistemischen Agnostizismus hinauslaufe (vgl. Biser 2003: 167). Die christliche Grundlage von Toleranz sei kein erkenntnistheoretischer Skeptizismus, sondern der Vorrang der personalen Begegnung vor dem Wahrheitsanspruch abstrakter Lehrgebäude. Daher rief Biser immer wieder in Erinnerung, dass es keine Wahrheit des Christentums gebe, sondern vielmehr die Wahrheit der lebendigen Person Jesu Christi (vgl. Biser 2017: 275). Dialog und Toleranz aus christlichem Ursprung sind ein Gegengift sowohl gegen standpunktlosen Relativismus als auch gegen religiösen und politischen Fundamentalismus. Letzterer untergräbt die Bereitschaft zu Toleranz und macht blind für den Reichtum kultureller und religiöser Vielfalt. Da die Moderne wesentlich durch Pluralismus gekennzeichnet ist und dieser mit der Migration eine neue Stufe lebensweltlicher Verdichtung erfahren hat, geht es hier um die Fundamente des Verhältnisses zwischen Christentum und moderner Lebenswelt. Über die traditionellen Konzepte der passiv-duldenden und der aktiv-formalen Toleranz hinaus bedarf es einer proaktiven Toleranz, die Differenz als Lernchance und als produktives Merkmal der späten Moderne versteht (vgl. Vogt/Husmann 2019: 5–7).

Angesichts der komplexen Herausforderungen für ein friedliches Zusammenleben in der spätmodernen Migrationsgesellschaft steht christliche Theologie in neuer Weise auf dem Prüfstand, ob bzw. wie sie zu deren Bewältigung beitragen kann. Die christliche Hoffnung auf Gerechtigkeit und gelingendes Menschsein erscheint leer angesichts der tiefen sozioökonomischen, technischen und kulturellen Umbrüche, wenn die Kraft des Glaubens zur Mitgestaltung dieser Transformationsprozesse nicht kritisch geprüft und aktiviert wird (Römelt 2021: 193–225). Da es sich dabei nicht bloß um Einzelphänomene handelt, sondern vielmehr vieles auf einen tiefen Epochenwandel hinweist, bedarf es einer Revision der gesellschaftlichen Leitwerte, die in ihrer Tiefenstruktur eng mit theologischen Prämissen oder auch mit der Loslösung von diesen verknüpft sind. Eugen Biser war diesen Zusammenhängen in seiner Theologie wie wenige auf der Spur. Diese Impulse verantworteter Zeitgenossenschaft müssen heute jedoch kritisch weitergedacht werden.

4. Themen und Leitbegriffe

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit werden folgende Begriffe, Themenfelder und Entwicklungen als prägende Ambivalenzphänomene der späten Moderne herausgegriffen, um an ihnen das Verhältnis von Moderne und Christentum zu beleuchten. Dies geschieht nicht nur abstrakt, sondern mit dem Anspruch, dabei auch lebensweltlich prägende Spannungsfelder zu analysieren. Methodisch prägend ist dabei der Ausgangspunkt von Fragen, auf die es keine schnellen Antworten gibt:

  • (1) Christentum und moderne Lebenswelt: Das Verhältnis zwischen christlichem Glauben und den dynamischen Entwicklungen der Moderne, die sich durch Desakralisierung, Individualisierung, Technisierung, Ökonomisierung und Beschleunigung kennzeichnen lassen, bilden ein vielschichtiges Spannungsfeld. Auch wenn der Einfluss der Kirchen zurückgedrängt wird, sind diese Entwicklungen zugleich ein Feld voller Möglichkeiten, die aus der Sicht christlicher Sozialethik in vieler Hinsicht als Freiheitsgewinn einzustufen sind. Dennoch zeigen sich gerade in der späten Moderne zunehmend Ambivalenzen der beschleunigten Fortschrittsprozesse, die zu ‚entgleisen‘ drohen. Das Offenhalten auf das Unverfügbare, das sich einer funktionalen Steuerung entzieht, könnte ein entscheidender Beitrag der Theologie sein, genauso wie das Bewusstsein der Ambivalenz von Fortschritten und neuen Risiken bei Modernisierungsprozessen von der Theologie kritisch-konstruktiv begleitet werden kann. Eine solche Auseinandersetzung mit dem unvollendeten Projekt der Moderne und seinen nicht selten disruptiven Umbruchprozessen wird programmatisch als Aufgabe der christlichen Sozialethik in den Blick genommen.

  • (2) Desakralisierung: In der gegenwärtigen Gesellschaft lässt sich ein komplexes Nebeneinander von fortschreitender Desakralisierung, Säkularisierung und „Entzauberung der Welt“ einerseits und einer „Wiederverzauberung der Welt“ (Lauster 2014: 13–17) beobachten. Lebensweltlich ist dies beispielsweise in der Mode, in der Werbung, bei Ritualisierungen rund um Fußball oder in Architekturzitaten großer Bankgebäude, die sich an Tempelarchitektur anlehnen, sichtbar (vgl. Baer/Sellmann [Hg.] 2007; Sellmann 2002; Sellmann/Isenberg [Hg.] 2000). Die komplexen, teilweise widersprüchlichen und ambivalenten Prozesse der De- und Re-Sakralisierung in der gleichermaßen säkularen und postsäkularen Gesellschaft bedürfen einer eingehenden Analyse, um den Transformationen religiöser Präsenz in der späten Moderne auf die Spur zu kommen. Pastoraltheologisch beunruhigt hier die Diagnose, dass der Prozess einer „Verdunstung“ des theologischen Wissens und einer Marginalisierung der Kirchen auch in postsäkularen Gesellschaften unaufhaltsam fortzuschreiten scheint. Ethisch-politisch ist die Re-Sakralisierung von Argumentationsmustern teilweise eher Gefahr als Hilfe.

  • (3) Individualisierung: Die Entdeckung des Individuums hat wesentliche Wurzeln im christlichen Glauben und prägt die europäische Geistesgeschichte. Sie findet ihren politischen Ausdruck in den Menschenrechten. Zugleich haben sich die Kirchen jahrhundertelang gegen diese gesperrt (Hans Maier spricht von einer „Leidensgeschichte“ zwischen Kirche und Menschenrechten). Teilweise ist das Verhältnis zwischen Kirche und den Entfaltungen der Menschenrechte, z.B. in Bezug auf die Gleichberechtigung der Frauen, nach wie vor höchst spannungsgeladen. Im UN-Menschenrechtsrat koalieren orthodoxe Christen mit Vertretern des Islams und mit China, um mit dem Argument eines „kulturellen Vorbehaltes“ gegenüber den Menschenrechten deren politische Wirksamkeit auszuhebeln (vgl. Themenheft „Religion und Menschenrechte“ 2013). Kritisiert wird, dass diese einseitig mit Individualisierung verbunden seien, so dass die Dimension der Gemeinschaft zu sehr in den Hintergrund trete. Nicht selten werden „Moderne“ und „Westen“ in außereuropäischen Kulturen und Religion als Gesellschaft von Egoisten wahrgenommen. Der methodische Individualismus scheint jedoch für eine politische Ethik nach Kant unaufgebbar. Wie ist der Zusammenhang zu christlichen Prämissen näher zu bestimmen? Sind die „Sakralisierung der Person“ (Hans Joas) als das zentrale ‚sacrosanctum‘ der modernen Verfassungen und der mit ihm verbundene Individualismus konsequente Entfaltung biblischer Prämissen oder Ausdruck einer von biblischen Prämissen entkoppelten säkularen Religion?

  • (4) Beschleunigung als Chance von Wandel und Effizienz versus neue Sehnsucht nach Verlangsamung, Muße und „Resonanzerfahrungen“ (Rosa 2016). Die zunehmende Verdichtung von Lebensprozessen und das ständige Getrieben-Sein erscheint vielen als zentrale Ursache von Burnout in der „erschöpften Gesellschaft“; für viele ist dies eine tägliche Erfahrung im Berufsalltag. Zugleich ist die Beschleunigung ein Strukturmerkmal der Moderne, das ihre Dynamik prägt und mit den Grundkonzepten von Zeit und Raum, von Effizienz, Mobilität und Entgrenzung zu tun hat. Können christliche Menschenbilder, Weltvorstellungen, Werte und Lebensformen wie z. B. „ora et labora“ zu Entschleunigung und einer veränderten Zeitpolitik beitragen? Ist die christliche Hoffnung ein Korrektiv gegen die Auffassung des Lebens als „letzte Gelegenheit“ (Gronemeyer 2014), die Menschen in das Hamsterrad der ständigen Angst, etwas zu verpassen, treibt? Kann der Horizont der Ewigkeit das Lebensgefühl des gehetzten Menschen entlasten und die Zustimmung zu einem Leben im Fragment fördern (Dienberg/Eggensperger/Engel 2018)?

  • (5) Digitalisierung hat eine Dynamik der Rationalisierung zahlloser Arbeits- und Kommunikationsprozesse in Gang gesetzt, die gegenwärtig nahezu alle Lebenswelten rund um den Globus radikal verändert. Dieser Transformationsprozess wird als Epochenumbruch beschrieben, der nicht nur für jeden im Alltag erlebbar ist, sondern auch das Selbstverständnis des Menschen betrifft: Wir begreifen uns als informationsverarbeitende Maschinen und lernen zunehmend, auch Emotionen und komplexe Interaktionen dementsprechend zu dechiffrieren. Wird durch diesen Prozess erst sichtbar, was das spezifisch Menschliche sein könnte (in Abgrenzung gegen das, was auch Computer können) oder schafft der Mensch sich selbst ab, weil sein eigenes Produkt ihm kognitiv überlegen ist? Unter dem Einfluss der digitalen Medien wird der Mensch zum homo digitalis und träumt von technisch ‚verbesserten‘ Übermenschen (Harari 2017), was nur für Eliten erreichbar ist und damit eine neue soziale Frage nur schwer abzusehenden Ausmaßes aufwirft (Harari 2018). In der Bildung wird über „digitale Demenz“ als neue Form der Selbstentmündigung des Menschen geklagt. Gleichzeitig läuft die digitale Aufrüstung als vermeintlich dringendstes Erfordernis zukunftsfähiger Bildung auf Hochtouren. Die Digitalisierung führt zu einer Transformation des Kapitalismus: Zehn der zwanzig weltweit teuersten Unternehmen machen ihr Geschäft mit Datenverarbeitung. In der „Plattformökonomie“ werden jedoch auch Dezentralisierungseffekte sichtbar. Die Formen der politischen Kommunikation werden radikal verändert: Im Arabischen Frühling wurde die Chance für eine Zivilgesellschaft wahrgenommen. Inzwischen ist vor allem von Datenschutz die Rede. Transparenz hinsichtlich der Machtakkumulation durch Datenbanken ist jedoch schwer zu erlangen. In der technischen Datenauswertung mittels mathematischer Algorithmen kommt der Mensch nur noch als statistische Zahl vor. Wie sind diese Ambivalenzphänomene aus christlicher Sicht zu bewerten?

  • (6) Ökonomisierung prägt die Entwicklung der Weltgesellschaft in den vergangenen Jahrzehnten. Sie hat ungeahnte Wohlstandschancen ermöglicht, scheint jedoch zugleich unaufhaltsam zu einem Ausverkauf der natürlichen Ressourcen sowie zu einer Marginalisierung von allem, was sich nicht auf Märkten verkaufen lässt, zu führen. Mündet die Ökonomisierung in eine „Kolonialisierung der Lebenswelten“ und eine Reduktion der Werte auf Tauschwerte? Sind Geld und das mit ihm verbundene Nutzenprinzip eine Art Ersatzreligion der Moderne, die als sinnstiftende Leitmaxime die globalen Interaktionsprozesse organisiert? (zum Geld aus theologischer Perspektive: Ruster 2004; Halbmayr 2009). Vor diesem Hintergrund gibt es in den Kirchen eine Rückkehr radikaler Kapitalismuskritik, die in der katholischen Kirche nicht zuletzt durch den provokanten Satz „Diese Wirtschaft tötet“ (Franziskus 2013: Nr. 53) befeuert wurde (vgl. Wirz 2018). Zugleich ist Armutsbekämpfung nicht ohne ökonomische Rationalität und Effizienz denkbar. Denn Arme brauchen vorrangig nicht Almosen, sondern einen fairen Marktzugang (Yunus 2009).

  • (7) Re-Nationalisierung und eine neue Sehnsucht nach Heimat, Zugehörigkeit und Kontextualisierung scheinen gegenwärtig eine mächtige Gegenbewegung gegen das lange dominante Muster zunehmender Globalisierung und Entgrenzung zu sein. Haben der ethische Universalismus und Kosmopolitismus sowie der darauf beruhende politische Multilateralismus ausgedient? Schlägt mit der Migration als neuer Stufe der Globalisierung die Stimmung um zugunsten von Grenzkontrollen und nationaler Souveränität? Welchen Stellenwert hat der Universalismus für christliche Ethik? Hat die Wiederentdeckung der Bedeutung von regionalen und kulturellen Kontexten („living in place“) eine grundlegende Bedeutung für Politik, Theologie und Ethik? Kann das Subsidiaritätsprinzip hier Orientierung bieten, um Kontexten stärker Rechnung zu tragen? Ethisch ist es offensichtlich, dass der nationale Provinzialismus angesichts der globalen Problemkonstellationen zu kurz greift und eine erhebliche Gefährdung des Friedens darstellt. Zugleich haben Ethnoreligiosität (siehe Themenheft „Tribalismus und Ethnoreligiosität“ 2017; Nussbaum 2014) und autoritäre Regime erheblichen Rückhalt in den christlichen Kirchen. Sie werden von alten, oft religiös begründeten Ressentiments gegen die offene Gesellschaft der Moderne gespeist.

  • (8) Befriedung: Eine Befriedung im Sinne einer Sicherung des Friedens scheint heute zunehmend von einer ständigen Ausweitung militärischer Macht und staatlicher Kontrolle durch moderne Waffensysteme abhängig. Zugleich entsteht dadurch ein Wettlauf, in dem alle zu verlieren drohen, sei es im Bereich der neuen atomaren Aufrüstung oder der Entgrenzung des Krieges durch den Einsatz autonomer Waffensysteme. Sind wir bereits im „dritten Weltkrieg auf Raten“ (Franziskus 2020)? Neue Formen von Kriegen (z.B. Cyberwar) sind nicht mit den bisherigen Strategien des Militärs zu bewältigen. Der Antagonismus von Sicherheit und Frieden setzt der staatlichen Terrorismusbekämpfung Grenzen. Sind die pazifistischen Ideale des Gewaltverzichtes und die christliche Vision einer Überwindung der Institution des Krieges in den Enzykliken Pacem in terris (1963) sowie Fratelli tutti (2020) eine naive Utopie oder eine angemessene Antwort auf die Evolution der Gewalt im 20. und 21. Jahrhundert? Wo liegen ethische Grenzen der „präventiven Verteidigung“ und der „Responsibility to Protect“? Insbesondere seit dem 11. September 2001 wird die Frage virulent, in welchem Umfang Religion gewalttätige Tendenzen aufweist. Obgleich sich die Diskussion speziell auf islamistisch motivierten Terror fokussiert, lassen sich fundamentalistische und gewaltaffine Tendenzen in allen Religionen bzw. bei Anhängern aller Religionen nachweisen (Palaver 2020). Im diametralen Gegensatz dazu finden sich jedoch zugleich friedensstiftende Elemente in den heiligen Schriften aller Weltreligionen. Sind Religionen per se gewaltaffin und kriegstreibend – oder sind sie Friedensstifter? Geht von ihnen aufgrund ihrer inhärenten Absolutheitsansprüche eine Neigung zu Intoleranz aus? Welche Rolle nimmt dabei das Christentum ein?

  • (9) Entwicklung: Entwicklung gehört zu den Grundideen des christlichen Glaubens. „Entwicklung ist der neue Name für Friede“ formuliert Johannes XXIII. programmatisch in der Enzyklika Pacem in terris. Zugleich stößt globale Entwicklung mit ihrer Verbindung von Bevölkerungswachstum, steigendem Anspruchsniveau und extrem ungleicher Verteilung heute an unerbittliche ökologische Grenzen. Die moderne Zivilisation ist dabei, ihre eigenen Lebensgrundlagen zu zerstören. Sind die Ideale der Entwicklung im Anspruch von Humanität und Wohlstand für alle mit den planetaren Grenzen vereinbar? Wo sind die zentralen Herausforderungen gegenwärtiger Entwicklungszusammenarbeit aus der Sicht christlicher Ethik? Haben sich die Kirchen vom Erbe des Kolonialismus gelöst? Warum gibt es bisher keine fundierte lehramtliche Äußerung zur Frage der globalen Bevölkerungsentwicklung? Welche Rolle spielt der Faktor Religion für die Entwicklungspolitik? Wie ist die Rolle der Frauen in der kirchlichen Entwicklungsarbeit? Sind die integralistischen Postulate für einen „ganzheitlichen Fortschritt“, wie sie der Vatikan vertritt, ernst zu nehmende Beträge für die Umsetzung des Konzepts globaler Entwicklung, das die Vereinten Nationen 2015 mit den „Sustainable Development Goals“ (SDGs, auch Agenda 2030) beschlossen haben?

  • (10) Medikalisierung sowie eine zunehmend teure und invasive Medizin sind Ausdruck der offensiven Ausweitung der Gesundheitsfürsorge. Mit Neuro-Enhacement sind die Grenzen zwischen einer Verbesserung von Fähigkeiten des Menschen und der Heilung von Krankheiten fließend geworden. Dies gilt auch für Anti-Aging sowie körperliche Optimierung durch Schönheitschirurgie. Dem stehen Vorstellungen von „Natürlichkeit“ sowie Sorgen um eine Kostenbegrenzung entgegen. Moderne Medizin unterliegt dem „Fortschrittsparadox“ (Otfried Höffe): Durch zunehmendes Können wird nicht nur der Bedarf befriedigt, sondern zugleich neuer geschaffen. Das Versprechen, allen alle Möglichkeiten per Rezept bezahlen zu können, erweist sich zunehmend als Illusion. Ist die „Zweiklassenmedizin“ (Lauterbach) unvermeidlich? Maßnahmen der Lebensverlängerung angesichts des nahenden Todes erweisen sich jedoch auch häufig für die Patient*innen selbst als ambivalent. Wie sind Grenzen der Gesundheitsfürsorge gerechtigkeitstheoretisch im Horizont einer christlichen Ethik zu begründen? Hilft es weiter, wenn man Gesundheit als konditionalen Wert charakterisiert? Demnach ist sie zwar existenziell bedeutsam, insofern ohne sie die meisten anderen Lebensziele nicht erreichbar sind, sollte aber nicht als höchster Wert und sinnstiftender Lebenszweck verstanden werden. Können theologische und anthropologische Überlegungen hier helfen, um für die moderne Medizin das rechte Maß und Orientierungen in vielen Dilemmasituationen, die durch eine expansive Ausweitung der technischen Möglichkeiten entstehen, zu geben?

Diese zehn Themenfelder haben exemplarischen Charakter für die vielschichtige Verhältnisbestimmung zwischen christlicher Tradition und spätmoderner Gesellschaft. Während der „Ausnahmesituation“ der Corona-Pandemie traten und treten die thematisierten Phänomene teilweise mit neuer Dynamik hervor. Insbesondere die Frage, welcher Stellenwert der Gesundheit zukommen soll, wird täglich neu auf den Prüfstand gestellt. Manchen sprechen von einer Sakralisierung der Virologen: „Ihre Fakten und Zahlen machen sie zu Hiobsbotschaftern und zu Hoffnungsträgern – je nach Datenkurve“ (Öhler 2020). Aufgrund des angeordneten Lockdowns steigerte sich die ohnehin schon zu konstatierende Individualisierung hin zu einer Singularisierung und völligen Privatisierung des Einzelnen bzw. der einzelnen Familien in den eigenen vier Wänden. Statt von einer zunehmenden Beschleunigung des Alltags war und ist für viele eine Entschleunigung angeordnet. Dagegen beschleunigen sich andere Bereiche wie insbesondere die Digitalisierung – die bis zu neuen gottesdienstlichen Angeboten reicht. Während weite wirtschaftliche Bereiche zum Stillstand kommen, lässt sich eine Ökonomisierung bei bestimmten Artikeln des täglichen Bedarfs beobachten, nicht zuletzt bei der Impfstoffverteilung. Obgleich es sich um eine alle Erdteile betreffende globale Krise handelt, brachte die Pandemie eine neue Re-Nationalisierung mit sich.

Die Entfaltung all dieser Themenfelder versteht sich in der Tradition der Pastoralkonstitution Gaudium et spes als Versuch, die Zeichen der Zeit zu lesen. Damit wird der methodische Ansatz dieser für das Verhältnis zwischen dem christlichen Glauben und der modernen Welt wegweisesenden Konstitution in Bezug auf heutige Umbrüche fortgeschrieben. Der Zusammenhang der zehn Themenfelder wird durch ein wiedererkennbares Muster im Problemzugriff gewährleistet:

  • Sie fokussieren Phänomene im Spannungsverhältnis von Individuum und Gesellschaft sowie der damit verbundenen unterschiedlichen Bewertungen, die zu grundlegenden Fragen der Ethik, des menschlichen Selbstverständnisses und der gesellschaftlichen Zukunft führen.

  • Ausgewählt werden Entwicklungen und Umbrüche, von denen die Menschen in ihrer Existenz betroffen sind, die als Leiden und Ungerechtigkeit oder auch als Glück und Chance erlebt werden und deren Gestaltung allen Menschen unabhängig von der Religion in der Suche nach gelingendem Leben aufgegeben ist (vgl. Gaudium et spes 1).

  • Die Phänomene werden über die individuell-tugendethische Ebene hinaus zugleich auf struktureller Ebene als sozialethische Herausforderung für die Gestaltung gesellschaftlicher Ordnungen und des sozialen Zusammenhaltes beschrieben und analysiert.

  • Wo sinnvoll, wird an die Zeitdiagnose und Theologie Eugen Bisers angeknüpft, um diese in Bezug auf aktuelle Herausforderungen fortzuschreiben.

5. Dank

Der vorliegende Band beruht auf den Eugen Biser Lectures, die im Wintersemester 2019/20 in Kooperation der Eugen-Biser-Stiftung, des Seniorenstudiums und des Lehrstuhls für Christliche Sozialethik an der LMU durchgeführt wurden.4 Die positiven Rückmeldungen hierzu haben uns ermutigt, die vielseitigen Diskussionen im Rahmen eines solchen Publikationsbandes festzuhalten, zu ergänzen, zu vertiefen und noch einmal als Gesamtkonzept miteinander ins Gespräch zu bringen. An erster Stelle möchten wir deshalb den Autorinnen und Autoren des Bandes für das große Engagement danken, mit dem sie sich auf die spezifische Fragestellung des Spannungsfeldes zwischen Christentum und Moderne eingelassen haben.

Ein besonderer Dank gilt auch der Herausgeberin der Reihe „Gesellschaft – Ethik – Religion“, Frau Prof. Dr. Marianne Heimbach-Steins, die den Band in ihre Reihe aufgenommen hat und wertvolle Hinweise gab. Frau Dr. Martina Kayser war Ansprechpartnerin von Seiten des Verlags und hat die Drucklegung umsichtig betreut. Gedankt sei auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Lehrstuhl für Christliche Sozialethik, die mit großer Sorgfalt das Korrekturlesen übernommen sowie die Register erstellt haben. Für die Gewährung großzügiger Druckkostenzuschüsse gilt unser Dank dem Zentrum Seniorenstudium LMU, namentlich Frau Prof. Dr. Elisabeth Weiß, München, sowie der Eugen-Biser-Stiftung, für die stellvertretend die Vorsitzende Frau Marianne Köster genannt sei. Der Band ist dem Versuch gewidmet, den theologischen Ansatz von Eugen Biser für die aktuellen Brennpunkte gesellschaftlicher Entwicklung weiterzudenken.

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1

Der WBGU spricht von der Notwendigkeit eines „Neuen Gesellschaftsvertrages“: Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen 2011.

2

Auch philosophisch ist ein „unaufgeregter Realismus“, der sich den lebensweltlichen Erfahrungen stellt und diese konsequent als Erkenntnisquelle ernst nimmt, in Zeiten des epistemischen Konstruktivismus und der „alternativen Fakten“ keineswegs selbstverständlich; vgl. Nida-Rümelin 2018.

3

Zu den vielschichtigen philosophischen, technischen und gesellschaftlichen Herausforderungen des Trans- und Posthumanismus vgl. Vogt/Weber 2020. Mit seinen Schriften zur „Gotteskindschaft“ (Biser 2006) und dem damit verbundenen Verständnis des Menschen im Horizont Gottes bietet Eugen Biser wegweisende Antworten auf die Verkürzungen eines rein säkularen Humanismus, die sich produktiv für die gegenwärtige Post- und Transhumanismusdebatten weiterdenken lassen.

4

Die Vorlesungen sind auch online im Rahmen der LMU-Lehrvideos abrufbar: https://videoonline.edu.lmu.de/de/wintersemester-2019-2020/11201.

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