Missbrauch

Die Geschichte eines internationalen Skandals

In: Katholische Dunkelräume
Author:
Wilhelm Damberg
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I. Eine persönliche Vorbemerkung

Als im Jahre 2018 der Öffentlichkeit die Ergebnisse der so genannten MHG-Studie vorgestellt wurden, war das Entsetzen groß. Bischöfe und Medien thematisierten den Umstand, dass man mit Schrecken wahrgenommen habe, in welchem Umfang sexueller Missbrauch von Minderjährigen in der katholischen Kirche in den letzten Jahrzehnten vorgekommen sei – nicht zuletzt auch deshalb, weil die Autoren ausdrücklich hervorhoben, dass mit den identifizierten Fällen vermutlich nur ein Teil erfasst worden sei. Für mich war die größte Überraschung zu diesem Zeitpunkt allerdings die Überraschung selbst, mit der die Ergebnisse der Studie landauf, landab aufgenommen wurden. Nur der Trierer Bischof Stefan Ackermann, der seit 2010 als „Missbrauchsbeauftragter“ der Bischofskonferenz mit der Bearbeitung des traurigen Themas beauftragt war, machte in seiner Presseerklärung kein Hehl daraus, dieses Ergebnis leider erwartet zu haben.1 Immerhin erschüttert das Thema des sexuellen Missbrauchs die katholische Kirche mit wechselnden nationalen Schwerpunkten seit nunmehr 20 Jahren immer wieder aufs Neue – und es wäre äußerst erstaunlich gewesen, wenn die Situation in der Bundesrepublik Deutschland so grundlegend anders ausgefallen wäre als in all den Ländern, in denen man die Thematik schon diversen, wenngleich unterschiedlich angelegten Recherchen unterworfen hatte.

Es ist mir allerdings ein besonderes Anliegen, den kurzen Aufriss der Genese des internationalen Skandals mit einer persönlichen Erinnerung zu beginnen, um dem Eindruck zu begegnen, es immer schon besser gewusst zu haben – was ja bei Historikern und Historikerinnen öfters vorkommt. Mit Blick auf dieses Thema habe ich vielmehr seit etwa zwanzig Jahren eine Lerngeschichte hinter mir, deren Beginn sich bei mir mit einer speziellen Erinnerung an die USA verbindet. Um 2005 wurde ich im Rahmen eines Projektes namens „CrossingOver“, das sich dem Dialog zwischen dem deutschen und dem US-amerikanischen Katholizismus verschrieben hatte, bei einer Konferenz in Chicago von Gesprächsteilnehmern gefragt, ob wir denn in Deutschland gar kein Problem mit dem Missbrauch Minderjähriger durch Priester hätten, wie in den USA? Ich antwortete – immer meiner Erinnerung nach –, dass die Thematik in der deutschen Kirche tatsächlich keine Rolle spiele, was ja auch zu diesem Zeitpunkt in der öffentlichen und meiner persönlichen Wahrnehmung (noch) richtig war. Warum das so sei, wollten meine Gesprächspartner wissen. Möglicherweise – so meine Stegreif-Vermutungen – habe die Vorerfahrung der NS-Zeit etwas damit zu tun, als solche Fälle von den Nationalsozialisten benutzt worden seien, um den gesamten Klerus in Misskredit zu bringen. Vielleicht intervenierten die Bischöfe deshalb in Deutschland eher?

Dass es grade umgekehrt sein könne, kam mir damals nicht in den Sinn. Auch vermutete ich, es könne sein, dass der enorme Respekt, der US-amerikanischen Klerikern und besonders denen irischer Prägung in ihren Gemeinden entgegengebracht würde, die Täter stärker schütze als in Deutschland. Oder sollte es etwas mit dem ausgeprägten Puritanismus im Umgang mit Sexualität zu tun zu haben? Wie auch immer: Offenbar ging ich zu dieser Zeit davon aus, das Ganze sei irgendwie ein amerikanisches Problem – eine Einschätzung, die damals auch von anderen geteilt wurde. Was für eine Fehleinschätzung!

Schon wenig später wurde mir allerdings die internationale Dimension der Problematik bewusst, als wir an der Ruhr-Universität Bochum gemeinsam mit Kollegen der Evangelischen Fakultät begannen, die Geschichte der Heimerziehung in konfessioneller Trägerschaft in der frühen Bundesrepublik Deutschland aufzuarbeiten. Dabei wurde immer deutlicher, dass sexueller Missbrauch auch in Deutschland ein immer wieder auftretendes Problem war.2 Und es wurde für mich erkennbar, dass nicht nur weite Teile der Öffentlichkeit, sondern auch die Katholiken selbst das Phänomen mittlerweile ganz anders wahrnahmen als in früheren Zeiten, denn der Skandal des sexuellen Missbrauchs unter Christen dürfte so alt wie die Christenheit selbst sein, wenn man etwa den ersten Korintherbrief des Apostels Paulus und seine Verurteilung der „Knabenschänder“ (1 Kor. 6,9) zum Ausgangspunkt nimmt.

Unzweifelhaft hat das Christentum in der theologischen Tradition des Judentums seit der Antike und ebenso im Mittelalter den Schutz von Kindern in besonderer und nachhaltiger Weise eingefordert, was auch das Verbot von sexuellen Übergriffen auf Kinder beinhaltete, schon deshalb, weil sexuelle Handlungen allein der Ehe vorbehalten waren. Ebenso ist jedoch offenkundig, dass es Christen und unter ihnen auch Kleriker mit diesen Normen, die ihnen als verbindlich verkündet wurden, nicht immer so genau nahmen oder nehmen konnten.3 Neu ist für unsere Zeit der Umstand, dass sexueller Missbrauch ein internationaler Skandal geworden ist, der die Kirche weit über den individuellen und lokalen Einzelfall des Verstoßes gegen die Gebote Gottes hinaus umtreibt und zum Ausdruck einer schweren Vertrauenskrise besonders gegenüber den Amtsträgern der Kirche insgesamt geworden ist.

Die internationalen Verzweigungen dieser Krise sind mittlerweile, wenn wir nur den Wikipedia-Eintrag mit seinen (Stand 29. Dezember 2020) 1281 Anmerkungen zum Thema befragen, fast unüberschaubar geworden.4 Im Folgenden möchte ich die Dynamik und die Interdependenzen des Beginns dieser Krise analysieren, mit einem chronologischen Schwerpunkt von den 1990er Jahren bis zum Jahr 2012. Ich gehe dabei in drei Schritten vor: Der erste Schritt gilt den Anfängen der Internationalisierung in Irland und den USA, der zweite Deutschland, Belgien und den Niederlanden, die synchron in den Strudel des Skandals gerieten, der dritte Schritt setzt dies stichwortartig in Bezug zu den Reaktionen in Rom. Der vierte Schritt versucht eine systematisierende Analyse von historischen Befunden der Genese des Skandals und leitet daraus weitere Fragen ab.5

II. Irland und die USA

Unstrittig ist meines Erachtens, dass die Anfänge der Internationalisierung dieses Skandals auf die Kirche in Irland – man ist geneigt zu sagen: ausgerechnet Irland – und in den Vereinigten Staaten von Amerika zurückgehen. Der „point of no return“, der Wendepunkt der Entwicklung, von dem an es kein Zurück mehr zu den alten Verhältnissen gab, war Anfang 2002 die mittlerweile legendäre Enthüllung eines Systems von Vertuschung und Versetzung von Tätern im Erzbistum Boston durch ein Journalistenteam des Boston Globe. Diese Recherche fand 2015 in dem Spielfilm „Spotlight“ eine beeindruckend nah an den tatsächlichen Verläufen orientierte und mit zwei Oscars prämierte Darstellung. Durchaus selbstkritisch wird dabei in dem Film mehrfach und auch abschließend vermerkt, dass die Zeitung in den Jahrzehnten zuvor wiederholt Hinweise auf übergriffige Priester erhalten hatte, diesen Berichten aber nicht weiter nachgegangen war. Dieser ebenso in anderen nationalen Kontexten – auch in Deutschland6 – zu beobachtende Umstand wird uns noch beschäftigen, denn tatsächlich lässt sich bereits seit 1985 eine intensivere Befassung mit der Thematik durch unterschiedliche Akteure nachweisen: In diesem Jahr hatte der sogenannte „Doyle Report“, benannt nach dem Dominikaner und Kanonisten Thomas Doyle, unter Mitwirkung eines Juristen und eines Psychologen versucht, eine Auseinandersetzung mit dem Problem in Gang zu setzen7 – eine Initiative unter der Supervision von vier Bischöfen der US-Bischofskonferenz, die jedoch von den Bischöfen und Ordensoberen völlig ignoriert wurde.

1989 kam es sodann von der Seite der Betroffenen mit der Gründung des Survivors Network of Those Abused by Priests (SNAP) zu einem sehr wichtigen, neuen Schritt heraus aus der Tabu-Zone.8 1992 publizierte sodann der Journalist Jason Berry eine bald preisgekrönte Buch-Dokumentation „Lead us Not into Temptation“. Sie entfaltete das Problem und praktisch alle Techniken des Vertuschens (cover up), die uns bis heute beschäftigen.9 Es ist im Nachhinein erstaunlich, wie wenige Reaktionen darauf erfolgten, auch wenn der ebenso hoch angesehene wie irisch-streitbare Priester und Soziologe Andrew Greeley 1993 schätzte, dass in der letzten Generation vermutlich ca. 100 000 Kinder von etwa 2 500 Priestern, also sechs Prozent der Gesamtzahl (Eine rückblickend bei dem damaligen Forschungsstand bemerkenswert gute Einordnung!) missbraucht worden seien10; im Vorwort der Paperback-Ausgabe von „Lead us Not into Temptation“ bezeichnete Greeley den Skandal im Jahr 2000 als „perhaps the most serious crisis Catholicism has faced since Reformation“11. Immerhin formulierte die US-amerikanische Bischofskonferenz 1992 „Five Principles“ für den Umgang mit Opfern des Missbrauchs.12 Aber es sollte noch zehn Jahre dauern, bevor dann der Boston Globe mit seiner Artikelserie wirklich grundstürzende Kirchengeschichte schrieb.

Zwischenzeitlich hatte sich viel getan, wenn auch auf der anderen Seite des Atlantiks. In den 1990er Jahren war in Irland das Interesse an der Thematik stark gestiegen, hatten doch Filmproduzenten in Zusammenarbeit mit SNAP eine cross-mediale Aufmerksamkeit für diesen Aspekt der irischen Geschichte erzeugt. Im Hintergrund stand eine rasante Modernisierung der irischen Gesellschaft, die auch eine kritische Auseinandersetzung mit der bis dahin fraglosen, im Kampf gegen die englische Okkupation gewachsenen Identität von Staat, Kirche und Gesellschaft auslöste. Eine Fernseh-Dokumentation über den Vielfach-Täter Brendan Smyth unter dem Titel „Suffer the little Children“ von 1994 spielte in diesem Zusammenhang eine Schlüsselrolle.

Wenig später wandte sich das Interesse dem physischen und psychischen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen zu, die durch den Staat in kirchlich geführten Einrichtungen untergebracht worden waren. Was es bedeuten konnte, in einem solchen Heim aufzuwachsen, beschrieb das von Louis Lentin produzierte Doku-Drama „Dear Daughter“ von 1996. 1999 thematisierte eine von Mary Raftery produzierte dreiteilige Dokumentation unter dem Titel „States of Fear“ sexuellen Missbrauch in Jugendheimen in Ordensträgerschaft13, 2002 gefolgt von Peter Mullans „The Magdalen Sisters“, einem Film über in Wäschereien beschäftigte Mädchen. Dieser gewann beim Filmfestival von Venedig den „Goldenen Löwen“ und erregte später auch in Deutschland in synchronisierter Fassung unter dem Titel „Die unbarmherzigen Schwestern“ größeres Aufsehen.

In transnational vergleichender Perspektive ist über diese medial-kulturelle Dynamik hinaus wichtig, dass der seit 1997 amtierende Taoiseach (Ministerpräsident) der Republik Irland, Patrick „Berti“ Ahern, am 11. Mai 1999 öffentlich die politische Verantwortung für die angeprangerten Missstände übernahm. Tatsächlich hatte die Republik Irland diese Bereiche der öffentlichen Wohlfahrt bisher praktisch komplett der katholischen Kirche überlassen. Gleichzeitig gab Ahern eine Untersuchung in Auftrag, die zunächst die Geschichte individueller Betroffener in den Mittelpunkt rücken sollte, dann jedoch stärker die kirchlichen Institutionen zu analysieren begann, denen der Staat die Fürsorge übergeben hatte, vor allem die Ordens- und Brüdergemeinschaften.14 2009 wurde diese Untersuchung, der so genannte „Ryan Report“, fertiggestellt.15 Er enthielt neben den historischen Analysen zugleich Handlungsempfehlungen für die beteiligten staatlichen und kirchlichen Institutionen und implementierte einen mehrjährigen Monitoring-Prozess.16 Die Regierung übernahm die Organisation von Entschädigungs-Leistungen in Höhe von 128 Millionen Euro, die von 18 verschiedenen religiösen Einrichtungen bereitgestellt wurden. Zugleich stellte sich die Frage nach dem Verhalten von Bischöfen und Diözesen, weshalb das Justizministerium auch Studien zu einzelnen Diözesen in Auftrag gab, u.a. zum Erzbistum Dublin („Murphy Report“, 2009).17

Offenkundig wurden die endemische Dimension des Missbrauchs im Erziehungswesen, die sich bei einzelnen Gemeinschaften konzentrierte, und die systematische Obstruktion aller Aufklärungsbemühungen bei Beschwerden, von der Regierung auch auf das Verhalten des Vatikans zurückgeführt. Die Untersuchungskommission stufte das erklärte Unwissen von Verantwortlichen der Kirche rundweg als unglaubwürdig ein. Nicht weniger als vier irische Bischöfe aus der Erzdiözese Dublin sowie den Diözesen Limerick und Kildare-Leighlin boten Papst Benedikt XVI. im Dezember 2009 aufgrund der gegen sie erhobenen Vorwürfe den Rücktritt an und traten von ihrem Amt zurück.

Dass die Vorgänge in Irland das Interesse des Boston Globe an der Ostküste der USA befeuerten, dürfte außer Frage stehen, da Kirche und Katholizismus dort seit jeher auf das engste mit Irland in Verbindung standen und stehen. Jedenfalls publizierte der Boston Globe seit 2002 Hunderte von Artikeln, die erkennen ließen, wie Erzbischof Bernard Law mit dem Problem pädophiler Priester umging: Vertuschung, Besänftigung von Opfern und vor allem ein nicht enden wollender Reigen von Versetzungen auffällig gewordener Kleriker. Law trat zurück und wurde – in der Öffentlichkeit heftig kritisiert – von Papst Johannes Paul II. in eine repräsentative Stellung nach Rom berufen. Die US-Bischofskonferenz reagierte noch im selben Jahr mit der so genannten „Dallas Charter“, einer Reihe von Maßnahmen, die von einer Null-Toleranz-Linie einerseits bis zu Richtlinien reichten, die ein sicheres Umfeld für die Kinder und jungen Menschen in der Kirche sicherstellen sollten.18 Letzteres war eine Reaktion auf das enorme Entsetzen, das sich unter den amerikanischen Katholiken breitgemacht hatte, insbesondere unter den Eltern, die ihre Kinder bis dahin der Kirche als einer besonders sicheren und vertrauenswürdigen Organisation anvertraut hatten.

Vor allem den Bischöfen wurde deshalb die Vernachlässigung ihrer Aufsichtspflicht zum schwersten Vorwurf gemacht. Von daher kam Präventionsmaßnahmen zur schnellen Schadensbegrenzung eine hohe Bedeutung zu. Außerdem rollte eine Fülle von Schadensersatzklagen auf die betroffenen Diözesen zu. Das Kirche-Staat-System in den USA ist bekanntlich durch eine strikte Trennung von Kirche und Staat geprägt, und so unternahmen staatliche Stellen anders als in Irland keine Initiativen mit Blick auf Entschädigungsleistungen. In den USA übernahmen die Gerichte diese Funktion, mit dem Ergebnis, dass bald viele Prozesse anhängig waren, die zum Bankrott einer ganzen Reihe von Diözesen führten. Vermutlich zahlten die US-amerikanischen Diözesen mehr als zwei Milliarden Dollar an Entschädigungen. Dass einige Bistumsleitungen in ihrer Not deshalb dazu übergingen, zur Einsparung von Kosten Pfarreien oder Schulen zu schließen, sorgte bald für zusätzliches böses Blut – es handelt sich dabei um denselben Streitpunkt, der kürzlich in Deutschland aufbrach, als über die Verwendung von Kirchensteuern zur Finanzierung von Entschädigungszahlungen an Missbrauchsopfer diskutiert wurde.

Die Bischöfe beauftragten zugleich das renommierte John Jay Institute for Criminal Justice (New York) mit einem weitreichenden Forschungsprojekt über die Natur und den Umfang von Kindesmissbrauch durch katholische Priester in den USA zwischen 1950 und 2002. Ein erster Bericht wurde bereits 2004 publiziert. Das Forschungsteam analysierte den Umfang und die Art der Vorwürfe, das Profil der Täter und der Opfer, den Zeitraum, in dem sie erhoben worden waren, und suchte die Frage zu beantworten, in welcher Weise man sich mit den Anschuldigungen auseinandergesetzt hatte. 2011 folgte ein zweiter, umfassender Bericht mit einer eingehenderen Analyse der Ursachen und der Hintergründe.19

Insgesamt ist die US-amerikanische Kirche seither nicht mehr zur Ruhe gekommen. Noch 2018 wurde vom Attorney General (Generalstaatsanwalt) des Bundesstaates Pennsylvania ein Untersuchungs-Bericht vorgelegt, der Hunderttausende von Dokumenten aus den zurückliegenden siebzig Jahren ausgewertet hat, die die sechs Diözesen des Bundesstaates auf staatlichen Druck hatten herausgeben müssen. Neu war, dass hier das Justizministerium aktiv wurde, wobei es ausdrücklich Ziel der Staatsanwaltschaft war, die Frage der Verantwortung auf der Leitungsebene aufzudecken. Weit mehr als 1 000 teils schon bekannte Fälle wurden analysiert, frühere Bischöfe hinsichtlich ihrer Aufsichtspflicht schwer belastet. Auf Anweisung des Obersten Gerichtshofes wurde der Bericht online gestellt, einschließlich der offenen Nennung von über 300 Klerikern. Zu Prozessen kam es jedoch wegen der Verjährungsfristen nur noch in Einzelfällen.20

Die Frage der Aufsicht der oder über die Bischöfe spielte gleichzeitig in den Skandal des früheren Washingtoner Erzbischofs McCarrick hinein. Papst Franziskus erteilte 2018 den Auftrag, zu klären, wie es sein konnte, dass der Priester trotz mancher Warnungen Karriere bis hin zur Aufnahme in das Kardinalskollegium machen konnte. Der Bericht wurde am 20. November 2020 vorgelegt.21

III. Deutschland, Belgien, Niederlande

Hinsichtlich der Chronologie der Internationalisierung des Skandals markiert das Jahr 2010 nach dem take-off der Jahre 1999–2002 den zweiten wichtigen Einschnitt. In diesem Jahr überschlugen sich die Ereignisse fast synchron in Deutschland, Belgien und den Niederlanden.

Einige Stichworte zu den Abläufen in Deutschland können hier genügen, denn Norbert Lüdecke hat die Vorgänge des „Skandaljahres 2010“ kompakt zusammengefasst.22 Dass das Land im Windschatten der auf den irisch-angelsächsischen Raum konzentrierten Ereignisse bleiben werde, war offenbar eine gängige Wahrnehmung bis in die Spitze der deutschen Bischofskonferenz.23 Diese hatte zwar 2002 unter dem Druck neuer römischer Instruktionen mehr oder weniger unverbindliche „Leitlinien“ zum Vorgehen in Missbrauchsfällen erlassen, aber Schlagzeilen machte das nicht – das mediale bzw. investigative Interesse blieb verhalten. Erst am 20. Januar 2010 – also etwa vier Wochen nach dem erwähnten Rücktritt der irischen Bischöfe – brachte der geradezu legendär gewordene Offene Brief von Pater Klaus Mertes, dem Rektor des Canisiuskollegs der Jesuiten in Berlin, den Stein ins Rollen.24 Zu diesem Zeitpunkt war die Öffentlichkeit aber schon stärker sensibilisiert als noch 2002, denn seit einigen Jahren hatten die Missstände nicht nur, aber besonders in der Heimerziehung in konfessioneller Trägerschaft – wie in Irland – beträchtliche Aufmerksamkeit generiert. Schrittmacher in Deutschland war der Spiegel-Journalist Peter Wensierski, der mit seiner Publikation „Schläge im Namen des Herrn. Die verdrängte Geschichte der Heimkinder in der Bundesrepublik“ (2006) eine enorme mediale Wirkung erzielte.25 Die Kombination journalistischer Recherche mit der Vernetzung und Aktivität der früheren Betroffenen der Heimerziehung mündete 2009 aufgrund eines Votums des Petitionsausschusses des Bundestages in die Einrichtung eines „Runden Tisches Heimerziehung“, an dem auch die Kirchen beteiligt waren. Parallel kamen Forschungsprojekte wie an der Ruhr-Universität Bochum in Gang.26 2011 empfahl dieser „Runde Tisch“ ein geregeltes Verfahren zur Auszahlung von Entschädigungszahlungen.27 Die Untersuchungen förderten, wie eingangs erwähnt, unter anderem auch sexuellen Missbrauch zu Tage, obwohl dies nicht im Fokus der Untersuchungen stand. Es ist aber rückblickend offenkundig, dass das wie in Irland auch in Deutschland auf Kooperation ausgerichtete Verhältnis von Staat und Kirche im Bereich der Wohlfahrtspflege zu einer Kooperations-Lösung für die historische Aufarbeitung und Wiedergutmachung führte.

Der „Schweigebruch“28 des Pater Mertes, der ja auch eine konfessionelle „Heimeinrichtung“ führte, wenngleich deutlich anderer Art, platzte mitten in diese Arbeit des „Runden Tisches Heimerziehung“ hinein. Nach einem kurzen, aber für deutsche Verhältnisse heftigen Disput zwischen Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch (Freiburg), über eine Verpflichtung der staatlichen Strafverfolgungsbehörden, verdächtigen Fällen in der Kirche nachzugehen, bezog Bundeskanzlerin Angela Merkel am 17. März 2010 persönlich Stellung und kündigte nach dem Muster des „Runden Tisches Heimerziehung“ ebenfalls einen „Runden Tisch Sexueller Kindesmissbrauch“ an, da es sich um ein gesamtgesellschaftliches Problem handele. Durch diese Intervention von höchster Stelle wurde eine Eskalation der sich anbahnenden Konfrontation auf der Staat-Kirche-Ebene verhindert. Ministerien, Kirchen und weitere Organisationen, besonders auch der Betroffenen, wurden zur Teilnahme eingeladen. Dieser „Runde Tisch Sexueller Kindesmissbrauch“ publizierte am 30. November 2011 seinen Abschlussbericht mit Empfehlungen hinsichtlich der Prävention, der Therapien und der Entschädigungen.29 Allerdings kam es in der Folge zu Konflikten bzw. Verzögerungen nicht etwa zwischen der Bundesregierung und der Kirche, sondern zwischen der Bundesregierung und den Ländern hinsichtlich der Finanzierung der Entschädigungen, worauf die Katholische Kirche am 6. Dezember 2013 einen gesonderten Vertrag mit der Bundesregierung in Berlin schloss, in dem sie sich zu einer zusätzlichen Unterstützung für die Opfer verpflichtete („Vereinbarung zur Umsetzung der Empfehlungen des Runden Tisches Sexueller Kindesmissbrauch zum ergänzenden Hilfssystem“).30 Eine historisch-kriminologische Untersuchung, wie es sie in Irland oder den USA gegeben hatte, kam freilich nicht zustande, denn eine von der Bischofskonferenz gesuchte Zusammenarbeit mit dem Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen unter Leitung von Prof. Christian Pfeiffer scheiterte an Unstimmigkeiten über Datenschutz und Publikationsfreiheit. Am 24. März 2014 wurde nach einer Ausschreibung ein interdisziplinäres Forschungsverbundprojekt „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“ in Auftrag gegeben, das der Öffentlichkeit im Jahre 2018 vorgestellt wurde und (nach den Orten der beteiligten Institute in Mannheim, Heidelberg und Gießen) unter dem Namen „MHG-Studie“ bekannt geworden ist.31

Dieselbe Abfolge wie in Deutschland (von sich verdichtender Aufmerksamkeit zur öffentlichen Skandalisierung und politischen Intervention) lief in Belgien ab, aber mit stärkeren dramatischen Akzenten.32 Hier brach 1992 ein Buch des Priesters Rik Devillé mit dem Titel „De laatste dictatuur. Pleidooi voor een parochie zonder paus“ (Die letzte Diktatur. Plädoyer für eine Pfarrei ohne Papst)33 mit dem Tabu des sexuellen Missbrauchs – dasselbe Jahr, in dem in den USA der Journalist Jason Berry „Lead us Not in temptation“ veröffentlichte. Devillé forderte allerdings in seiner Publikation vor allem eine Demokratisierung der Kirche – und erst im Zusammenhang mit seiner Kritik am Machtmissbrauch von Klerikern erfolgte auch eine Kritik des sexuellen Machtmissbrauchs. 1993 wurden erstmals Berichte von Opfern solcher Praktiken in der weit verbreiteten, flämischsprachigen satirischen Fernsehzeitschrift HUMO publiziert, wobei allerdings zu diesem Zeitpunkt die Berichte von Frauen mehr Aufmerksamkeit erhielten als Berichte von (früheren) Kindern.

Bereits 1992 war auch in den französischsprachigen Medien Kritik an der Strafverfolgung aufgekommen, als ein Wiederholungstäter, ein Priester des Erzbistums Lüttich, zu einer 5-jährigen Haftstrafe verurteilt wurde, die er in einem Kloster „absitzen“ durfte. Aber auch das führte in Belgien noch nicht zu einer grundsätzlichen Debatte des Problems, wenngleich das Thema Missbrauch 1995 zum ersten Mal auf der Tagesordnung der Bischofskonferenz auftauchte und auf eine kompetente psychologische und psychiatrische Begleitung abgehoben wurde. Dabei ging es vor allem um die Bewahrung der Keuschheit des Priesters und die Reputation der Kirche, die Betroffenen kamen nicht in den Blick.

1996 löste sodann die spektakuläre Verhaftung, Flucht und neuerliche Verhaftung des Serienmörders Marc Dutroux, der mehrere Kinder gekidnappt, missbraucht und getötet hatte, in Belgien Schockwellen des Entsetzens aus und verstärkte die öffentliche Aufmerksamkeit für Kindesmissbrauch. Eine staatliche Hotline förderte aber auch Fälle im kirchlichen Kontext zu Tage, worauf der Primas der belgischen Kirche, Erzbischof Godfried Danneels von Mechelen, in einer TV-Livesendung mit solchen Fällen konfrontiert wurde. Der Erzbischof bat um Vergebung und forderte die Bestrafung der Täter. Als weitere Fälle bekannt wurden, kam es zu polizeilichen Durchsuchungen in Generalvikariaten, durch die geklärt werden sollte, ob die Kirchenleitung von den Fällen gewusst hatte. Es folgten gerichtliche Auseinandersetzungen über die Haftung von Bischöfen für das Verhalten ihrer Priester, einschließlich einer gerichtlichen Befragung des Primas – der erste Fall dieser Art in der Geschichte Belgiens. 1998 kam die Justiz in einer Berufungsinstanz zu dem Ergebnis, dass er nicht haftbar zu machen sei. Die Zahl der bei den 1997 neu eingerichteten kirchlichen Hotlines gemeldeten Anrufe blieb bei alledem gering (130 in den ersten drei Jahren). Zugleich waren die Bischöfe Belgiens in der Frage nach dem Umgang mit dem Problem uneins und die Zusammenarbeit mit einer einberufenen Kommission gestaltete sich ebenso schwierig. Auffallend bleibt der Befund, dass es im folgenden Jahrzehnt trotz der Berichterstattung über die Vorgänge im Ausland und der regelmäßigen Aufforderung kirchlicher Medien, solche Vorgänge im eigenen Umfeld zu melden, nur zu wenigen Meldungen kam.

Der eigentliche Skandal brach dann los am 23. April 2010, also etwa vier Monate nach dem Rücktritt der irischen Bischöfe und drei Monate nach der Erklärung von Pater Klaus Mertes. An diesem Tag trat Roger Vangheluwe, Bischof von Brügge, wegen des Missbrauchs eines minderjährigen Neffen über einen Zeitraum von ca. 15 Jahren (beginnend mit dem Alter von 5 Jahren) von seinem Amt zurück. Das Entsetzen verstärkte sich noch, als der Bischof am 14. April 2011 zur besten Sendezeit in einem Fernseh-Interview keinerlei Einsicht zeigte und obendrein der Missbrauch eines zweiten Neffen bekannt wurde. Das abwartende Verhalten des Vatikans löste völliges Unverständnis aus.34 Erst jetzt setzte ein Strom von neuen Berichten über Missbrauch ein, von denen allerdings 95 % aus dem niederländisch sprechenden Flandern stammten, kaum aus der frankophonen Wallonie. Das lässt die beachtliche Bedeutung kultureller Dispositionen im Umgang mit Missbrauch auch zu diesem Zeitpunkt und in demselben staatlichen Kontext exemplarisch hervortreten.

Die mittlerweile von dem Löwener Professor für Kinderpsychiatrie Peter Adriaenssen geleitete bischöfliche Kommission versuchte nach dem Rücktritt des Brügger Bischofs für die Kirche zu retten, was zu retten schien. Sie orientierte ihre Arbeit an den „Wahrheitskommissionen“, die nach dem Ende der Apartheid in Südafrika eingerichtet worden waren. Aber schon am 24. Juni 2010 folgte der nächste Eklat, als die Staatsanwaltschaft während einer Versammlung der Bischofskonferenz Belgiens die Kathedrale in Mechelen, das dortige Generalvikariat sowie private Wohnräume des Erzbischofs und die Büros der Adriaenssen-Kommission durchsuchte. Daran schloss sich eine neuerliche juristische Auseinandersetzung an: Abschließend wurden die Durchsuchungen gerichtlich als nicht rechtmäßig eingestuft. Gleichwohl hatte Adriaenssen mittlerweile das Handtuch geworfen und präsentierte lediglich noch einen Ad-hoc-Bericht.

Kardinal Godfried Daneels, dessen reguläres Rücktrittsgesuch aus Altergründen bereits am 10. Januar 2010 von Papst Benedikt XVI. angenommen worden war, stand insofern in einem schlechten Licht da, als er schon länger von den Vorwürfen gegen den Bischof von Brügge gewusst haben soll. Der Neffe des Bischofs von Brügge publizierte schließlich 2017 auch noch selbst ein Buch „Brief aan de paus“ (Brief an den Papst) über die Vorgänge.35 Später gab die Belgische Bischofskonferenz einen zusammenfassenden Bericht über ihre Bemühungen zur Auseinandersetzung mit dem Missbrauch in kirchlichen Zusammenhängen von 1995 bis 2017 in Auftrag, der am 12. Februar 2019 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.36

2010 war auch das Wendejahr für die Entwicklung in den Niederlanden.37 Wie in den USA, Irland und Belgien gab es auch in den Niederlanden im Jahre 1992 ein erstes Wetterleuchten, als das kirchliche Fernseh-Magazin „Kruispunt“ sexuelle Gewalt in pastoralen Beziehungen thematisierte. Auch die Bischöfe wurden damit befasst, woraufhin es 1995 zur Einrichtung von „Hulp en Recht“ kam, also „Hilfe und Recht“, einer kirchlichen Einrichtung in Stiftungsform zur Untersuchung von Vorfällen und Hilfeleistung für Betroffene solcher Übergriffe. Im internationalen Vergleich handelte es sich zu diesem Zeitpunkt mit dieser Rechtsform zweifellos um ein Unikum. Die Zahl der Beschwerden blieb jedoch mit 10 bis 15 pro Jahr – wie in Belgien – gering, und selbst als Joep Dohmen, Redakteur der angesehenen Tageszeitung NRC Handelsblad, im Jahr 2002 unmittelbar unter dem Einfluss der Enthüllungen des Boston Globe eine Reihe von Artikeln über Missbrauch durch katholische Priester in den Niederlanden publizierte, fanden diese praktisch keine Aufmerksamkeit.

Das mag damit zusammengehangen haben, dass die Niederlande nach der Ermordung des Politikers Pim Fortuijn am 6. Mai 2002 und des Regisseurs Theo van Gogh am 2. November 2004 durch eine sehr turbulente Phase der Innenpolitik gingen. 2010 jedoch, unter dem Eindruck der Vorgänge in Deutschland und Belgien, war Dohmen in der Lage, durch seine Berichte über vergleichbare Vorgänge in den Niederlanden dauerhafte Aufmerksamkeit zu erzielen. Die zahlreichen Enthüllungen fasste er 2010 in dem Buch „Vrome Zondaars“ (Fromme Sünder)38 zusammen, worauf er 2011 zum Journalisten des Jahres gewählt wurde. Die Bischöfe und Ordensoberen reagierten unter diesem Druck und wohl auch mit Blick auf die Erfahrungen der Nachbarländer im Vergleich erstaunlich schnell und richteten bereits im Mai 2010 eine Untersuchungskommission ein, die unter der Leitung des hoch angesehenen früheren Bildungs- und Forschungsministers Wim Deetmann (CDA) arbeitete. Sie erhielt vollen Zugang zu allen Archiven und legte bereits 2011 eine dickleibige zweibändige Dokumentation vor, die, ähnlich wie der „John Jay Report“, den Zeitraum von 1945 bis 2010 umfasste und auch Handlungsempfehlungen für Bischöfe und Obere formulierte.39

Deetman legte von Anfang an bei der Konzeption der Recherche Wert darauf, die Perspektive der Betroffenen einzubringen, weshalb der Bericht wohl auch insgesamt in Kirche und Öffentlichkeit gut aufgenommen wurde. Außerdem wurde die Thematik in den gesamtgesellschaftlichen Kontext integriert. Beachtung muss ebenso finden, dass von vornherein ein regulärer Monitoring-Prozess implementiert wurde, der fünf Jahre lang zu analysieren hatte, ob und wie die Bischöfe die Empfehlungen des Reports umsetzten.Der abschließende Monitoring-Bericht wurde am 28. Juni 2016 publiziert. Er dokumentierte die eingeleiteten Schritte, benannte weiter zu bearbeitende Themen (wie z.B. den Umgang mit Personendaten), aber erkannte insgesamt den eingetretenen Paradigmenwechsel im Umgang mit dem sexuellen Missbrauch im kirchlichen Kontext an.40

IV. Der Blick nach Rom

Im Folgenden sollen die skizzierten Wellen der Ausbreitung des internationalen Skandals wenigstens in Stichworten in Bezug zu den Reaktionen in Rom gesetzt werden, die ja wiederum Rückwirkungen auf die jeweiligen Krisenherde und darüber hinaus hatten. Historiographisch kann dies eigentlich kaum mehr als eine Problemanzeige sein, denn hinsichtlich der Frage, wie die Vorgänge vom Vatikan aus wahrgenommen und interpretiert wurden, welche Folgerungen und Handlungsoptionen vom Papst und von einflussreichen Akteuren in der Schaltzentrale der Weltkirche wie beeinflusst wurden, bleiben wir vermutlich für lange Zeit aufgrund des begrenzten Quellenzugangs weithin auf Vermutungen und in den Medien thematisierte Deutungen angewiesen. Zuverlässig greifbar sind uns die öffentlichen Erklärungen und kirchenrechtlichen Verfahrensänderungen der beschriebenen Jahrzehnte, die in dieser Publikation an anderer Stelle zur Sprache gebracht werden. Dass die Ereignisse auch in einem engen Zusammenhang mit dem vorzeitigen Amtsverzicht von Papst Benedikt XVI. im Jahre 2013 standen, dürfte sehr wahrscheinlich sein, reicht aber über die hier verfolgte Fragestellung hinaus.

Offenkundig bestand während des Pontifikates von Papst Johannes Paul II. (1978–2005) in Rom wenig bis keine Neigung, sexuellen Missbrauch durch Priester und Ordensleute aktiv zu bekämpfen. 1988 war festgelegt worden, dass delicta graviores (schwere Vergehen) in die Kompetenz der von Kardinal Joseph Ratzinger geleiteten Glaubenskongregation fallen sollten, wobei aber die Frage offenblieb, in welchem Umfang dies sexuellen Missbrauch betraf. Auch die Rolle der Bischöfe bei solchen Verfahren blieb undeutlich. Ein Wetterleuchten der kommenden Probleme waren 1995 schwere Vorwürfe gegen den Erzbischof von Wien, Hans Hermann Kardinal Groer, die zu seinem Rücktritt führten. Der Skandal blieb aber kein isoliertes Ereignis, sondern befeuerte zugleich eine ungeahnte innerkirchliche Protestwelle, das so genannte „Kirchenvolksbegehren“. Ratzinger wollte offenbar eine Untersuchungskommission einrichten, stieß aber auf Widerstand des Präfekten der Bischofskongregation Giovanni Battista Re und des Präfekten der Kleruskongregation Darío Castrillón Hoyos. Schließlich blockierte Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano das komplette Projekt.41 Der Unwille der römischen Kurie, mit Blick auf Missbrauchs-Vorwürfe tätig zu werden, wurde 1998 erneut sehr deutlich, als (wiederum nach ersten Presseveröffentlichungen in den USA) ehemalige Ordensmitglieder der Gemeinschaft der Legionäre Christi in Rom Klage gegen den Gründer der Gemeinschaft, Marcial Maciel Degollado, erhoben.42 Obwohl solche Vorwürfe schon Jahrzehnte bekannt waren, blieb eine von dem offenbar isoliert agierenden Joseph Ratzinger in Gang gesetzte Untersuchung aus bisher unbekannten Gründen ergebnislos.

Immerhin gelang es ihm im Jahre 2001 (also kurz nachdem sich der Ministerpräsident in Irland des Problems angenommen hatte und kurz vor den Enthüllungen des Boston Globe), ein päpstliches Motu proprio „Sacramentorum Sanctitatis Tutela“ vom 30. April 2001 und ein erläuterndes Rundschreiben vom 18. Mai 2001 zu erwirken,43 welches bei sexuellem Missbrauch als schwerem Vergehen immer eine Berichtspflicht an die Glaubenskongregation vorsah. Diese Instruktion brachte eine grundlegende Verfahrensänderung mit sich, insofern die Evaluation des Sachverhalts bei Missbrauchsvorwürfen nun nicht mehr Sache des individuellen Bischofs war, sondern Rom zu entscheiden hatte, ob das Verfahren in der Diözese stattfinden könne. Die Zentralisierung des Verfahrens bei der Bekämpfung des Missbrauchs hatte aber zunächst vor allem die Folge, dass die römische Behörde plötzlich mit Tausenden von Fällen geflutet wurde, deren Bearbeitung sich angesichts der geringen Zahl von Personen, die sich damit zu befassen hatten, endlos hinzog, was für alle Beteiligten von Nachteil war. Immerhin wurde 2005, als Papst Johannes Paul II. im Sterben lag, das Verfahren gegen Maciel wieder aufgenommen, der wenig später aus seinem Amt entfernt und zu einem „Leben in Zurückgezogenheit“ verurteilt wurde – nachdem die abenteuerlichen Dimensionen seines kriminellen Lebenswandels unübersehbar geworden waren.

Gleichwohl: Erst nach den Enthüllungen in Irland und der deutsch-belgisch-niederländischen Skandalwelle des Jahres 2010 erhöhte Rom die Schlagzahl der Reaktionen im Vergleich zu den vorangegangenen Zeiten massiv: Joseph Ratzinger, nun Papst Benedikt XVI. (2005–2013), bezog am 19. März 2010 in einem Hirtenbrief an die Katholiken Irlands erstmals öffentlich Stellung zu dem Skandal, zu dem er sein Entsetzen und sein Mitgefühl mit den Opfern artikulierte; auch einige Bischöfe hätten „furchtbar versagt“.44 Am 21. Mai 2010 wurden die kirchenrechtlichen Normen von 2001 über die schwerwiegenden Delikte verschärft,45 am 3./16. Mai 2011 forderte die Kongregation für die Glaubenslehre die Bischofskonferenzen auf, neue Leitlinien zum Missbrauch zu entwickeln, vom 6. bis 9. Februar 2012 veranstaltete die Päpstliche Universität Gregoriana ein erstes Internationales Kolloquium der Bischofskonferenzen und Ordensoberen zum Thema Missbrauch. 2013/14 richtete sodann sein Nachfolger Papst Franziskus eine Päpstliche Kommission zum Schutz Minderjähriger ein, die Einrichtung eines besonderen Gerichtshofes folgte 2015. Das Thema war in Rom angekommen.

V. Zusammenfassung

Abschließend sollen einige erste Befunde aus dieser exemplarischen, bei weitem nicht erschöpfenden tour d’horizon zusammengefasst werden:

Erstens: Die Internationalisierung des Missbrauchsskandals erfolgte in drei Phasen. Von ca. 1985 bis 2000 ist eine erste Phase verstärkter, gleichwohl vereinzelt gebliebener Aufmerksamkeit für das Thema zu beobachten. Einige Journalisten und/oder betroffene Aktivisten nahmen sich seiner an, es wurden mehr Beschwerden registriert, es tauchte auf kirchlichen Agenden auf, es geriet in den Sog innerkirchlicher Kritik. Was hier Auslöser und Folge war, sei dahingestellt, aber eine vielschichtige gesellschaftliche Umkodierung des Phänomens kam in Gang. In Irland entstand erstmals eine mediale Aufmerksamkeitskonjunktur durch das Zusammenwirken von Film- und Buchautoren sowie Betroffenen.

Von ca. 2000 bis 2010 ist eine zweite Phase zu datieren, die mit der politischen Initiative des irischen Ministerpräsidenten Ahern (1999) und dem publizistischen Druck der Veröffentlichungen des Boston Globe (2002) samt den juristischen bzw. finanziellen Folgen einsetzte. Die sich anschließenden, von staatlichen oder kirchlichen Instanzen in Auftrag gegebenen Forschungsprojekte oder weiterhin vor allem von Journalisten betriebenen Recherchen investigativer Art hielten die Thematik in der Aufmerksamkeit öffentlich präsent und trugen zur Vernetzung der Betroffenen untereinander und mit den Rechercheuren bei. Ohne Zweifel trug auch der Durchbruch des Internets als Massenkommunikationsmittel gerade in diesem Jahrzehnt (weltweit um das ca. dreifache) zu dieser Vernetzung erheblich bei.

Das Jahr 2010 mit den synchronen Skandalen in Deutschland, Belgien und den Niederlanden markiert den Beginn einer dritten Phase der Internationalisierung. Seither ist die Debatte in der ganzen Weltkirche angekommen – auch wenn in etlichen Regionen die Schweigekultur weiter dominiert (Italien). Kennzeichnend ist, dass nach 2010 und der schrittweisen Anerkenntnis des Problems durch die beiden letzten Päpste die Implementierung von Kommissionen, Leitlinien und Aufarbeitungsprojekten verbreitete Praxis geworden ist. In Europa ist teils eine enge Verquickung der Aktivitäten mit der Forderung nach Kirchenreformen zu beobachten.

Zweitens: Das Verhältnis von Kirche und Staat steuert die Pfade der Skandalisierung und Reaktionen darauf in starkem Umfang. Besondere Aufmerksamkeit wurde nicht nur in Europa zunächst den geschlossenen pädagogischen Räumen zuteil, wie in Irland. Weil der Staat der Kirche öffentliche Wohlfahrts- und Erziehungsfunktionen übertragen hatte, ergriffen die Regierungen und Parlamente auf verschiedene Weise bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals die Initiative und übten (überwiegend durch christliche Politiker!) mehr oder weniger diskreten Druck auf die Kirche aus, sich dieser Aufgabe zu stellen – wobei man sich durchaus die Frage stellen kann, ob dabei nicht die Aufmerksamkeit für das Versagen der Aufsichtsfunktion der staatlichen Behörden etwas ins Hintertreffen geriet. In den USA übernahmen die Gerichte bzw. die Anwälte der Betroffenen die Rolle von Regierungen und Parlamenten, wobei dort staatliche Einrichtungen bei Missbrauchsvorwürfen kaum in den Blick kommen, weil der Staat in den USA in diesen Einrichtungen nicht für seine Angestellten haftet. Hingegen können gegen die Diözesen als Träger ihrer Einrichtungen private Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden.

Drittens: Die mediale Aufmerksamkeit und der staatliche Druck fielen mit einer sich aufstauenden internen Kritik vieler Katholiken am Verhalten ihrer Kirchenleitungen zusammen, der ein ganzes Bündel theologischer und struktureller Ursachen zu Grunde lag. Aber eines macht kirchengeschichtlich den großen Unterschied zur Rezeption früherer Skandale aus: Ob 1870 beim so genannten Moabiter Klostersturm46 und im Kulturkampf oder 1936/37 im Kontext der sogenannten Sittlichkeitsprozesse47, stets rückte das Kirchenvolk in Deutschland eher enger an seine Hirten heran, weil man die Vorwürfe, wahr oder unwahr, als Propaganda weltanschaulicher Gegner sah. Die sukzessiven Offenbarungen nach 2000 jedoch wurden weithin als persönliches Versagen der Kirchenleitung sowie der Leitungsformen an sich interpretiert. Selbst in Irland oder Flandern, wo die historische Identität so stark vom Katholizismus bestimmt war, verhielt es sich nicht anders. Die dreifache Kombination des Drucks jedoch, von innen, von Medien und staatlichen Interventionen, führte schließlich von Papst und Kurie bis zu den Diözesen peu à peu zu einem Einlenken kirchlicher Leitungsgremien, zur Veränderung der administrativen und kirchenrechtlichen Behandlung von Missbrauchsfällen, zur Einberufung spezieller Kommissionen, die sich mit der Bewältigung der Krise zu befassen hatten, einschließlich der Finanzierung von Forschungsprojekten. Das Tempo und die Konzepte der Bearbeitung der Krise unterschieden und unterscheiden sich allerdings erheblich. Es wäre sicher wichtig, diese Unterschiede eingehender zu untersuchen. Mit Blick auf Deutschland fällt auf, dass die historische Aufarbeitung vergleichsweise spät einsetzt.

Viertens: Mit diesen Beobachtungen, so dramatisch sie sein mögen, kratzen wir jedoch insofern noch an der Oberfläche, als wir ja durch die Skandalforschung belehrt worden sind, dass die Schlagzeilen auf einer tieferen Ebene auf Konflikte in der Wahrnehmung und Aushandlung von Normen mit sozialer Relevanz verweisen.48 Um ein Bild aus der Geologie zu nehmen: Die Publikationen des Boston Globe waren ein Tsunami in der atlantischen Welt, der auf tief gelagerte, langfristig arbeitende tektonische Verschiebungen zurückging. Was das genau für Veränderungen waren, ist viel schwieriger auszumachen. Aber die Forschung wird sich z.B. fragen müssen: Welche Rolle spielen in diesem Zusammenhang veränderte Diskurse über die Autonomie bzw. Schutzbedürftigkeit des Körpers, sichtbar an den gesetzlichen Regelungen zur Einschränkung von Körperstrafen in der Erziehung, Gewalt in der Ehe, überhaupt sexueller Übergriffigkeit? Welche Rolle spielt das semantische Verschwinden theologischer Vorstellungswelten bezüglich des Körpers, der Sexualität, von Sünde und Seelenheil, die in der Gegenwart schier unübersetzbar werden? Was ist von der Kritik zu halten, dass der Skandal erst losbrach, als deutlich wurde, wie viele Jungen von Missbrauch betroffen worden waren? Wie hängen Autorität und institutionelle Machtausübung mit normativen Geltungsansprüchen über Sexualität zusammen, eine Frage, die ja beileibe nicht nur Katholiken betrifft. Welche Rolle spielt die emotionale oder rituelle Dimension der Reaktionen auf die Skandale? Alle diese Prozesse waren und sind dadurch charakterisiert, dass gesellschaftliche und kirchliche Diskurs-Verschiebungen ineinandergreifen – und das bringt es mit sich, dass die Sondierung der im religiösen und kirchlichen Raum zu beobachtenden Verschiebungen auch zur Analyse gesamtgesellschaftlicher Veränderungen beitragen kann.

Knapp 30 Jahre nachdem der Priester-Soziologe Andrew Greeley, wie erwähnt, wohl als erster den historisch einschneidenden Charakter des Skandals erkannt hatte, scheint die Lernkurve innerhalb der Kirche allerdings immer noch alles andere als abgeschlossen zu sein. Dem Verfasser dieser Zeilen hat sich in dieser Hinsicht vor allem eine Prophezeiung seiner früheren Gastgeber in den USA an alle diejenigen eingeprägt, die das Problem aussitzen wollen: „It will not go away“.

1

Statement von Bischof Dr. Stephan Ackermann (Trier) im Pressegespräch zur Vorstellung der Studie „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“ (MHG-Studie) am 25. September 2018 in Fulda zur Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz, einzusehen unter https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2018/2018-150b-Herbst-VV-Pressegespraech-Statement-Bi.-Ackermann.pdf, zuletzt aufgerufen am 29.12.2020.

2

Vgl. zu diesem Forschungsprojekt Wilhelm Damberg u.a. (Hrsg.), Mutter Kirche – Vater Staat? Geschichte, Praxis und Debatten der konfessionellen Heimerziehung seit 1945. Münster 2010. Zur Verbreitung sexueller Gewalt: Bernhard Frings/Uwe Kaminsky, Gehorsam – Ordnung – Religion. Konfessionelle Heimerziehung 1945–1975. Münster 2012, hier besonders 502–506.

3

Vgl. u.a. Hubertus Lutterbach, Kinder und Christentum. Kulturgeschichtliche Perspektiven auf Schutz, Bildung und Partizipation von Kindern zwischen Antike und Gegenwart. Stuttgart 2010, hier besonders 38–61; ders., Sexualität im Mittelalter. Eine Kulturstudie anhand von Bußbüchern des 6. bis 12. Jahrhunderts. Köln u.a. 1999, hier besonders 149f. und 159f.

4

Einzusehen unter https://de.wikipedia.org/wiki/Sexueller_Missbrauch_in_der_römisch-katholischen_Kirche, zuletzt aufgerufen am 29.12.2020.

5

Der folgende Beitrag verdankt sich nicht zuletzt den Einsichten, die ich mit meiner Kollegin Marit Monteiro (Nijmegen, Niederlande) und meinem Kollegen Jan de Maeyer (Leuven, Belgien) bei der Erstellung einer Aufsatzsammlung gewinnen konnte, die 2016 historische Zugänge zum Thema Missbrauch in internationaler Perspektive thematisiert hat: Marit Monteiro/Wilhelm Damberg/Jan De Maeyer (Hrsg.), Child Sexual Abuse in the Churches. Historical Approaches in Belgium, Germany and the Netherlands. Leuven 2016, hier besonders 3–22 (Introduction). Ihnen sei für die kreative und instruktive Zusammenarbeit nochmals herzlich gedankt. Auf die Aufsatzsammlung sei auch hinsichtlich weitergehender Literatur und Quellen verwiesen.

6

Besonders sei hier auf die jüngst vorgelegten minutiösen Analysen von Norbert Lüdecke hingewiesen: Norbert Lüdecke, Warum erst 2010? Hinweise und Anfragen zur Vorgeschichte eines Skandaljahres der Kirche in Deutschland, in: Bernhard Annuth/Bernd Dennemarck/Stefan Ihli (Hrsg.), „Von Barmherzigkeit und Recht will ich singen“. Festschrift für Andreas Weiß. Regensburg 2020, 353–380.

7

Michael Peterson/Ray Mouton/Thomas P. Doyle, The Problem of Sexual Molestation by Roman Catholic Clergy. Meeting the Problem in a Comprehensive and Responsible Manner, 1985. Das Manuskript erschien nicht im Druck, ist aber online einzusehen unter www.documentcloud.org%2Fdocuments%2F1216510-doyle-mouton-peterson-report-1985.html&usg=AOvVaw2eGKW_LqQR3d5OSNlKqJaH, zuletzt aufgerufen am 6.1.2021.

8

Offizielle Homepage: http://www.snapnetwork.org/, zuletzt aufgerufen am 29.12.2020.

9

Jason Berry, Lead us Not into Temptation. Catholic Priests and the Sexual Abuse of Children. New York 1992.

10

Vgl. America. The Jesuit Magazine vom 20.3.1993.

11

Jason Berry, Lead us Not into Temptation, University of Illinois Paperback-Ausgabe. Champaign 2000, XX.

12

Zum Inhalt und Kontext der Entstehung der „Five Principles“: John Jay College Research Team, The Causes and Context of Sexual Abuse of Minors by Catholic Priests in the United States, 1950–2010. Washington 2011, 82, einzusehen unter https://www.usccb.org/sites/default/files/issues-and-action/child-and-youth-protection/upload/The-Causes-and-Context-of-Sexual-Abuse-of-Minors-by-Catholic-Priests-in-the-United-States-1950-2010.pdf, zuletzt aufgerufen am 6.1.2021.

13

In Buchform: Mary Raftery/Eoin O’Sullivan, Suffer the Little Children. The Inside Story of Irelands Industrial Schools. Dublin 1999.

14

Towards Redress and Recovery. Report to the Minister for Education and Science, Januar 2002, einzusehen unter https://www.rirb.ie/documents/cac_report2002.pdf, zuletzt aufgerufen am 6.1.2021.

15

Die umfangreichen Dokumente und weitere Updates sind zugänglich über die Website der Kommission: http://www.childabusecommission.ie, zuletzt aufgerufen am 29.12.2020.

16

The Report of the Commission to Inquire into Child Abuse (Ryan Report), zuletzt aktualisiert am 27.8.2019, einzusehen unter https://www.gov.ie/en/publication/3c76d0-the-report-of-the-commission-to-inquire-into-child-abuse-the-ryan-re/, zuletzt aufgerufen am 6.1.2021.

17

Commission of Investigation, Report into the Catholic Archdiocese of Dublin, Juli 2009, einzusehen unter http://www.justice.ie/en/JELR/Pages/PB09000504, zuletzt aufgerufen am 6.1.2021.

18

Die „Dallas Charter“ wurde seither mehrfach überarbeitet. Promise to Protect – Pledge to Heal: Charter for the Protection of Children and Young People, United States Conference of Catholic Bishops, einzusehen unter https://www.usccb.org/test/upload/Charter-for-the-Protection-of-Children-and-Young-People-2018-final(1).pdf, zuletzt aufgerufen am 6.1.2021.

19

John Jay College Research Team, The Causes and Context of Sexual Abuse of Minors by Catholic Priests in the United States, 1950–2010, 2011, einzusehen unter https://www.usccb.org/issues-and-action/child-and-youth-protection/upload/The-Nature-and-Scope-of-Sexual-Abuse-of-Minors-by-Catholic-Priests-and-Deacons-in-the-United-States-1950–2002.pdf, zuletzt aufgerufen am 6.1.2012.

20

Report I of the 40th Statewide Investigating Grand Jury. Redacted by Order of PA Supreme Court, 27.7.2018 einzusehen unter https://www.attorneygeneral.gov/report, zuletzt aufgerufen am 6.1.2021.

21

Report on the Holy See’s Institutional Knowledge and Decision-Making Related to Former Cardinal Theodore Edgar McCarrick (1930–2017), 10.11.2020, einzusehen unter https://www.vatican.va/resources/resources_rapporto-card-mccarrick_20201110_en.pdf, zuletzt aufgerufen am 6.1.2019.

22

Vgl. Lüdecke, Warum erst 2010, 355–357. Eine Chronologie besonders der Jahre von 2010 bis zum 27.7.2015 enthält Mary Hallay-Witte/Bettina Janssen (Hrsg.), Schweigebruch. Vom sexuellen Missbrauch zur institutionellen Prävention. Freiburg 2016, hier besonders 299–305.

23

Ebd., 372f. (mit Bezug auf Kardinal Lehmann).

24

Text des Offenen Briefes einzusehen unter https://www.welt.de/vermischtes/article6014879/So-entschuldigt-sich-der-Rektor-fuer-den-Missbrauch.html, zuletzt aufgerufen am 6.1.2021.

25

Peter Wensierski, Schläge im Namen des Herrn. Die verdrängte Geschichte der Heimkinder in der Bundesrepublik. München 2006.

26

Vgl. Damberg u.a. (Hrsg.), Mutter Kirche – Vater Staat?; Frings/Kaminsky, Gehorsam – Ordnung – Religion, hier besonders 502–506.

27

Runder Tisch Heimerziehung in den 50er und 60er Jahren. Abschlussbericht einzusehen unter https://www.fonds-heimerziehung.de/fileadmin/de.fonds-heimerziehung/content.de/dokumente/RTH_Abschlussbericht.pdf, zuletzt aufgerufen am 6.1.2021.

28

In Anlehnung an den Titel der Publikation von Hallay-Witte/Janssen (Hrsg.), hier besonders 54–62.

29

Abschlussbericht Runder Tisch Sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich, 2011/2012, einzusehen unter https://www.bmfsfj.de/blob/93204/2a2c26eb1dd477abc63a6025bb1b24b9/abschlussbericht-runder-tisch-sexueller-kindesmissbrauch-data.pdf, zuletzt aufgerufen am 6.1.2021.

30

Einzusehen unter https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2012/Vereinbarung-Runder-Tisch_Bund_DBK_2013.pdf; überarbeitete Fassung von 2015 einzusehen unter https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/dossiers_2015/2015-06-12_Ergaenzendes-Hilfesystem_EHS-Vereinbarung.pdf, zuletzt aufgerufen am 6.1.2021.

31

Einzusehen unter https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/dossiers_2018/MHG-Studie-gesamt.pdf, zuletzt aufgerufen am 29.12.2020.

32

Zu den im Folgenden skizzierten Vorgängen in Belgien siehe Toon Osaer, Hidden and Repressed. Sexual Abuse of Minors in pastoral Relationships in the Roman Catholic Church in Belgium. A Historical Review, in: Monteiro/Damberg/De Maeyer (Hrsg.), Child Sexual Abuse, 111–130.

33

Rik Devillé, De laatste dictatuur. Pleidooi voor een parochie zonder paus. Amsterdam 1992.

34

Vgl. die umfangreiche Berichterstattung in De Standaard, 16./17.4.2011.

35

Mark Vangheluwe, Brief aan de paus. Amsterdam 2017.

36

Seksuel misbruik van minderjarigen in een pastorale relatie in de katholike kerk in Belgie. Naar een coherent beleid 1995–2017. De bisschoppen en hogere oversten van Belgie, 12.2.2019, einzusehen unter https://www.kerknet.be/sites/default/files/19%2002%2012%20Rapport%20Seksueel%20Misbruik%201995%202017.pdf, zuletzt aufgerufen am 6.1.2021.

37

Zu den Vorgängen in den Niederlanden siehe Marit Monteiro, Caught up by the Past. Historical Research into Sexual Abuse of Minors in the Roman Catholic Church in the Netherlands, 1945–2010, in: Monteiro/Damberg/De Maeyer (Hrsg.), Child Sexual Abuse, 73–94.

38

Joep Dohmen, Vrome zondaars. Misbruik in de Rooms-Katholike Kerk. Amsterdam 2010.

39

Vgl. Wim Deetman u.a., Seksuel misbruik van minderjarigen in de rooms-katholike kerk. Uitgebreide versie deel 1: Het onderzoek, deel 2: Achtergrondstudies. Amsterdam 2011.

40

Einzusehen unter https://www.rkkerk.nl/wp-content/uploads/2016/08/slotmonitorfinaleversie.pdf, zuletzt aufgerufen am 29.12.2020.

41

Vgl. Monteiro/Damberg/De Maeyer (Hrsg.), Child Sexual Abuse, 12; Bernard Lecomte, Les derniers secrets du Vatican. Paris 2014, 316.

42

Vgl. zum Folgenden die kompakte Darstellung zu den Vorgängen um Maciel Degollado: Daniel Deckers, Der falsche Prophet, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 25.3.2012, 2f.

43

Vgl. Acta Apostolicae Sedis 93, 2001, 737–739 und 785–788, einzusehen unter http://www.vatican.va/archive/aas/index_ge.htm, zuletzt aufgerufen am 7.1.2021.

44

Hirtenbrief des Heiligen Vaters an die Katholiken in Irland vom 19.3.2010. Deutsche Übersetzung einzusehen unter http://www.vatican.va/content/benedict-xvi/de/letters/2010/documents/hf_ben-xvi_let_20100319_church-ireland.html, zuletzt aufgerufen am 29.12.2020.

45

Vgl. Substantive Norms, einzusehen unter http://vatican.va/resources/resources_norme_en.html, zuletzt aufgerufen am 29.12.2020.

46

Vgl. Manuel Borutta, Antikatholizismus. Deutschland und Italien im Zeitalter der europäischen Kulturkämpfe. Göttingen 2010, 239–257.

47

Vgl. Hans Günter Hockerts, Die Sittlichkeitsprozesse gegen katholische Ordensangehörige und Priester 1936/37. Eine Studie zur nationalsozialistischen Herrschaftstechnik und zum Kirchenkampf. Mainz 1971.

48

Vgl. Steffen Burkhardt, Skandal, medialisierter Skandal, Medienskandal. Eine Typologie öffentlicher Empörung, in: Kristin Bulkow/Christen Petersen (Hrsg.), Skandale. Strukturen und Typologien öffentlicher Aufmerksamkeitserzeugung. Wiesbaden 2011, 131–155. In historischer Perspektive exemplarisch: Frank Bösch, Öffentliche Geheimnisse. Skandale, Politik und Medien in Deutschland und Großbritannien 1880–1914. München 2009.

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