Âventiure

Auf dem Weg zur Literatur

In: Abenteuer
Author:
Mireille Schnyder
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Dass der Ritter im arthurischen Roman „ûf âventiure wân“1 (in der Hoffnung auf, in der Illusion von âventiure) auszieht, um irgendwo im dichten Wald, hinter den sieben Bergen, âventiure zu suchen, ist bekannt. Sein Weg ist dabei bestückt mit Gefahren, Prüfungen, Herausforderungen, bei deren Bewältigung er nicht nur seine Kampfkraft unter Beweis stellen kann, sondern auch seine ritterlichen Tugenden bestätigt. Indem von all diesen Taten dann jeweils am Artushof von einem Augenzeugen Bericht erstattet wird, kristallisiert sich am Hof über die kursierenden Geschichten die Figur des abwesenden Ritters heraus: Der Artusritter besteht aus den ihm zugeschriebenen Geschichten.2

Die vom Artusritter in der Fremde zu bestehenden Gefahren sind in eine kontingente Serialität gereiht und je einzeln berichtenswert. So strukturieren sie den Weg des âventiure-suchenden Ritters in der Fremde und konturieren, wie gesagt, sein Profil in der Artusgesellschaft. Aber sie sind nicht das, was der Ritter sucht: âventiure. Zumindest in den ersten Artusromanen im deutschsprachigen Raum sind diese zufälligen Herausforderungen auf dem Weg des Ritters nicht als âventiure gekennzeichnet.3 Darin zeigt sich eine Differenz zu den französischen Romanen von Chrétien de Troyes, in denen berichtenswerte aventures als Einzelereignisse in der sinnstiftenden Zusammenstellung, der conjointure, gefasst werden. In der Rezeption durch Hartmann von Aue ist diese übergreifende Sinnstruktur in den Begriff der âventiure mit eingeschlossen. Âventiure wird so zu dem Ereignis, von dem her alles Geschehen erzählbar und sinnvoll wird.4 Der in der Forschung kursierende Begriff der âventiure-Reihe ist daher irreführend; denn der Begriff ist der letzten Herausforderung vorbehalten, die ihrerseits aus der kontingenten Gefahr herausfällt, indem sie an eine sælde-Semantik (Heils-Semantik) gebunden und providentiell dem suchenden Ritter zugeordnet ist. Doch auch diese letzte Herausforderung des Protagonisten, die âventiure, muss am Artushof erzählt werden; denn nur so schließen sich die Geschichten von ihm zu seiner Geschichte zusammen. Entsprechend geht das Erzählen dieser letzten Bewährungsprobe in der Regel mit der Rückkehr des Protagonisten an den Artushof einher. Da verbinden sich dann die am Hof kursierenden Erzählungen zu einer Geschichte, in der sich das Geschehene sinnvoll ordnet.5 Und so ist die âventiure-Erzählung der Moment, in dem das Geschehen in Geschichte umschlägt, die Perspektive sich umkehrt und die irrende Suche zum zielführenden Weg wird. Ein Weg, der nur vom Ende her erzählt werden und nur auf einen Protagonisten bezogen sein kann.

Mit der âventiure des Ritters, wie sie als Erzählung mit diesem zusammen am Artushof Einzug hält, wird aber auch die ganze außerhöfische Welt, die ungeordnet, unbeherrscht, unbekannt und verkehrt ein Raum des Irrens, des Zweifelns und der Gefährdung ist, sozusagen urbar gemacht: Ihre Wege und Gefahren werden in Sinnstrukturen eingefügt und auf den Artushof hin perspektiviert. Gleichzeitig aber wird über eben dieses Erzählen, über eben diese An-Ordnung, der Rahmen des Hofes auf Vorstellungsräume hin geöffnet, wird höfische zuht mit der Möglichkeit der Zuchtlosigkeit durchsetzt, wird höfisches Ethos mit mythischer Macht konfrontiert und der in der höfischen Kommunikation geschlossene Sprachraum in mögliche Räume des Unverständnisses, der Kommunikationslosigkeit und des Schweigens aufgebrochen. Die sich in der Handlung reihenden und an die Figur des Ritters anschließenden Ereignisse werden in der sinnstiftenden Erzählung zur âventiure. Über diese erschließen sich dem Artushof alternative Welten, die als Möglichkeitsräume den Hof herausfordern. Das Erzählen wird so zu einem Geschehen, in dem sich die in die Handlung eingelassene Figur des Ritters erschafft, in dem aber auch fremde Welten und alternative Handlungsmuster vorgestellt werden.

Der grundlegende Topos des arthurischen Romans, dass der Artushof keine Speise zu sich nimmt, bevor nicht eine âventiure an den Hof gekommen ist, da er auf diese als Mittel der Alimentation seiner Gesellschaft und Aufrechterhaltung seiner Ordnung, ja, als Grundlage seines Fortbestehens angewiesen ist, wird so doppelt lesbar.6 Einerseits setzt sich der Hof aus den sich in diesen Geschichten konstituierenden Rittern zusammen – ihr Ruhm ist der Ruhm des Hofes und ihre Geschichten lassen ihn im kollektiven Gedächtnis nicht untergehen.7 Anderseits ist es aber auch das sich über diese Geschichten als Möglichkeit eröffnende Andere (das außerhöfisch Wilde an der Grenze zum Animalischen sowie mythische Anders-Welten mit Feen und Zwergen, aber auch fremde Kulturen „ultra mare“), in dem sich nicht nur kollektive Imaginationen konkretisieren, sondern das der Gesellschaft auch erlaubt, sich in Gegenüberstellung dazu immer neu ihrer selbst zu vergewissern.

Im Folgenden soll nun – eng an den Begriff der âventiure und des abenthewrs angeschlossen – eine Geschichte der Suche nach Literatur als eben dieser Kunst eines in die Gesellschaft hineinwirkenden Erzählens skizziert werden.8 Ein Erzählen auch, über das sich ein Möglichkeitsdenken installiert; in dem sich Reflexions- und Handlungsräume schaffen, deren versprachlichte Gegenwärtigkeit auch immer den distanzierten Blick auf die darin erschlossenen anderen Welten und die sich darüber erschließende eigene Welt provoziert. Literatur ist so zu verstehen als ein sich vom indizierenden Bericht lösendes Erzählen, das, im Zusammenspiel von Rezipienten und Erzähler, mögliche Handlungen und Geschehnisse evoziert und vor-stellt. Dies geschieht in einem Raum kollektiver Imaginationen, der durch tradierte Erzählmuster und Handlungslogiken, aber auch Spielregeln der sprachlichen Affizierung und Assoziierung verschiedener Ordnungssysteme geprägt ist. Dabei stellt sich dieses Erzählen bewusst in eine Lust des reflektierenden Spiels; in eine intellektuelle und affektive Aufmerksamkeit, durch die der Bezug von Subjekt und Gesellschaft immer wieder neu auf dem Spiel steht und ausgedacht wird. In dieser systematischen Form gesellschaftlicher Reflexion ist das Erzählen eng an Schriftlichkeit gebunden, worüber sich die Erzählgemeinschaft von Ort und Zeit lösen und in einem Textkosmos verorten kann.9

Kurz: ‚Auf dem Weg zur Literatur‘ heißt, auf dem Weg zu einer in der Schriftkultur sich herausbildenden Erzähltradition der reflektierten Potentialitäten, über die ein Spiel mit dem Fremden, Anderen, Fernen als Inszenierung des Eigenen möglich wird.

Skizzenhaft soll hier gezeigt werden, wie die âventiure-Suche des höfischen Artus-Romans, über die sich dieser ganz eigentlich konstituiert, in der Frühen Neuzeit – als abenthür – nicht mehr als Suche stattfinden muss, sondern als eine Art Gattungssignal auf Fiktionales verweist; das Mögliche, aber eben nicht Wirkliche anzeigt und damit zum Indiz eines spezifischen Erzählens wird, das sich in der Regel auf überlieferte „wunderliche“ Geschichten bezieht – mit dem Gegenbegriff der hystori.10 Dabei zeigt sich deutlich, dass âventiure den Raum der Schrift braucht – denn über die Schrifttradition erschließen sich beglaubigte Welten des Möglichen, in denen sich, als in einem Raum potentieller Wahrheit, Fiktion und Imagination zusammenschließen. Das Abenteuer braucht die Autorität der Schrift und die Wahrheit ihrer Tradition.

1 „sælic spil“ oder „âventiure vinden“

In den Artusromanen von Hartmann von Aue ist es das „sælic spil“ (Heils- Spiel), das vom Protagonisten zum Schluss erkannt wird und in dem sich die âventiure als providentielle Fügung der Geschichte zeigt.11 Die sich im seriellen und kontingenten Handeln des Ritters entwickelnde Erzählung wird damit in einen Sinnhorizont gestellt und in einen kollektiven Verstehensraum als Weltwirklichkeit eingeschlossen. Der Artushof als Ort, an dem âventiuren Einzug halten und von wo aus sie gesucht werden, wird zum Mittelpunkt einer sich im Spiegel des Möglichen reflektierenden und über das Erzählen konstituierenden Welt. Die Kontingenz des Geschehens findet hier in die Kohärenz einer Fiktion, die sich in den Geschichten der einzelnen Ritter an eine Providenz anschließt. Im Gralsroman, in Wolframs Parzival, wo âventiure – auch personifiziert als Frau Aventiure – auf allen Ebenen des Erzählens ihre Hände im Spiel hat, bringt schließlich der von der âventiure angeleitete Erzähler den Protagonisten dahin, „wohin“ ihn sælde (providentielles Glück) „gedacht“ hatte:

sîniu kint, sîn hôch geslehte
hân ich iu benennet rehte,
Parzivâls, den ich hân brâht
dar sîn doch sælde het erdâht.

Seine Kinder, seine hohe Herkunft, habe ich Euch richtig vorgestellt, des Parzival, den ich dahin brachte, wohin ihn das Heil gedacht hatte.12

Es ist aber nicht nur das im Ende sich fügende Geschick, in dem der Ritter in seine Geschichte kommt, sondern es sind, wie gesagt, auch die am Hof kursierenden Erzählungen, aus denen sich die Figur des Ritters erschafft. So kann dann Gottfried von Straßburg seinen Protagonisten Tristan von Anfang an gezielt in die Erzählung(en) seiner selbst und damit in die öffentliche Wahrnehmung von ihm eingreifen lassen: Tristan erfindet sich immer wieder neu, je nach Umständen und Erfordernissen.13 Der Tristan Gottfrieds von Straßburg ist so ein Roman der Erzählungen und der sich im Erzählen ermöglichenden Vervielfältigung von Perspektiven auf die Wirklichkeit und Wahrheit.14

Sehr schön zeigt sich das ganz am Anfang, als der kleine Tristan, von seinen Entführern am Ufer Englands ausgesetzt, in der Wildnis herumirrt und schließlich auf Pilger stößt. Als diese von dem Knaben wissen wollen, wer er ist, woher er kommt und wohin er will, heißt es:

si hæten gerne vernomen
sîn dinc und sîn ahte.
diz nam in sîne trahte
der sinnesame Tristan.
vil sinneclîche er aber began
sîn âventiure vinden.
sîn rede diu’n was kinden
niht gelîch noch sus noch sô.15

Sie hätten gern etwas erfahren über die Umstände und seine Herkunft. Tristan in seiner Klugheit durchschaute das sehr wohl und begann, klug berechnend nochmals eine Geschichte (âventiure) zu erfinden. Was er sagte, hatte nichts von kindlicher Unreife, in keinerlei Hinsicht.

Tristan erzählt hier nicht etwa seine Lebensgeschichte, sondern erfindet sich aus dem Stegreif eine neue Geschichte (âventiure), wie er das im Laufe des Romans dann noch öfter macht. Âventiure ist hier zwar klar als Erzählung des Lebens zu verstehen, jedoch kommt, mit der offensichtlichen Differenz zu dem schon erzählten Geschehen, die Erfindung im Sinne der dichterischen inventio ins Spiel, das „sinneclîche vinden“16, und damit die Öffnung auf einen Möglichkeitsraum hin. Denn alles, was hier erzählt wird, ist durchaus plausibel für die zuhörenden Pilger. Doch ist es alles nicht die Geschichte Tristans, sondern eine mögliche âventiure. Man kann so von einem emanzipatorischen Spiel Gottfrieds sprechen, der seinen Protagonisten aus dem „sælic spil“ (Heils-Spiel) des Hartmannschen Artusromans löst und selber zum Spielmeister macht. Damit verunklärt sich aber die vergewissernde Horizontlinie einer providentiellen Ordnung, und eine grundlegende Verunsicherung bezüglich der Wahrheit und der Wirklichkeit irritiert die Leser des Romans bis heute.

2 „ûf âventiure wân“ und „ûf getihtes wân“

Mit der Poetik des Wiedererzählens schließt sich spätestens da, wo ein Erzähler ein mære niuwen, eine bekannte Geschichte neu erzählen will, die Suche nach âventiure des Protagonisten mit der Suche nach âventiure des Erzählers zusammen.17 Die Hoffnung des Protagonisten auf âventiure wird zur Hoffnung des Autor-Erzählers auf ein Dichtwerk.18 So liegt im Wilhelm von Österreich von Johann von Würzburg (Anfang 14. Jahrhundert) das Herz des Erzählers „in der Hoffnung auf Dichtung“ („uf getihtes wan“) auf der Lauer. Sein Ziel ist nicht âventiure, sondern Dichtung. Entsprechend jagt es Minne und âventiure, um davon dann „tugentlich“ erzählen zu können.19 Denn er, der Autor-Erzähler, muss „aus Geschichten eine âventiure dichten“ („von geschihten / ein aventuͤr getihten“).20

Auf intrikate Art verbinden sich in diesem Text der Autor-Erzähler und sein Protagonist: Der Protagonist trifft mitten im Wald auf eine seltsame Gestalt, die auch an das poetologische Monstrum am Anfang der horazischen Poetik erinnert, sich dann aber als Hauptmann Aventuͤr zu erkennen gibt, der seinerseits genau ihn, den Protagonisten, sucht. Dieser nämlich sei „die Frucht der aventuͤre“ („der aventuͤre fruht“) und „zur aventuͤre geboren“ („zu aventuͤr geborn“).21 Es wird so ein Spiegelverhältnis zwischen dem vom Protagonisten „lieber Gott“ („zarter got“)22 genannten Aventuͤr und dem von diesem als sein Herr bezeichneten Protagonisten hergestellt, bis dahin, dass der Aventuͤr seine hybride Erscheinung als Abbild der Qualitäten des Protagonisten ausdeutet.23 Und schließlich schenkt der Aventuͤr dem Protagonisten einen Hund, der seinerseits nichts anderes macht, als aventuͤre zu jagen. Der Nacken dieses Hundes hat nun aber die Qualität eines Spiegels, in dem sich alle möglichen aventuͤren zeigen. Damit evoziert dieser spiegelnde Hundehals das mit einer âventiure beschriebene Hundehalsband aus einem anderen Text, dem Titurel von Wolfram von Eschenbach.24 Dort entzog sich das kostbare Band am Hals des wegrennenden Hundes den Händen und damit den lesenden Augen der Protagonistin Sigune und wurde so zum Objekt eines schließlich tödlichen Lese-Begehrens. Denn Sigune, begierig, die âventiure zu Ende zu lesen, schickte ihren Geliebten Schionatulander auf die Suche nach dem verlorenen Halsband, was diesem den Tod brachte.25

Im Wilhelm von Österreich ist es aber nicht nur der Protagonist, der mit dem spiegelnackigen Hund aventuͤre jagt, sondern auch der Erzähler ist zu diesem Zweck mit Hunden ausgestattet:

Nu hoͤrt aber niwe sage!
sit ich aventuͤr jage,
so laz ich an die hunde,
(ich main von dem munde
diu wort diu ich da tihte,
uf daz jagen rihte,)
daz diu iht abe keren
und guͦte sage uneren
von aventuͤr kuͤnne.26

Nun hört aber eine Neuigkeit! Da ich âventiure jage, lasse ich die Hunde los – ich meine die Worte aus dem Mund, die ich da dichte, auf das Jagen (ab)richte – damit sie nicht ablassen und [dadurch] gute Reden aus dem Geschlecht der âventiuren schlecht machen.

Der intradiegetisch jagende aventuͤre-Hund (als Führer des Protagonisten) verbindet sich so mit der Meute der Worthunde des Erzählers. Das Mittel, aventuͤren zu erschließen, aber auch die aventuͤre selbst, finden sich so im Mund des Erzählers: „innerhalp des mundes tuͤr“ liegt „aventuͤr beslozzen“.27 Daraus soll sie kontrolliert, nicht zu früh, auch nicht zu schnell hervorbrechen. Auch damit wird das Vorbild Wolframs aufgenommen, der in seinem Mund das Schloss der âventiure trägt und dieses auch erst im richtigen Moment – verzögert – öffnet:

Vil liute des hât verdrozzen,
den diz mære was vor beslozzen:
genuoge kundenz nie ervarn.
nu wil ich daz niht langer sparn,
ich tuonz iu kunt mit rehter sage,
wande ich in dem munde trage
daz slôz dirre âventiure,
wie der süeze unt der gehiure
Anfortas wart wol gesunt.

Viele Leute sind verstimmt, weil sie nicht wussten, wie es ausgeht, viele kamen nicht dahinter. Nun schieb ich das nicht länger auf, ich erzähl es euch korrekt, denn ich trag in meinem Munde Schluss und Schloss dieser âventiure: Wie der liebenswerte, schöne Anfortas seine Heilung fand.28

3 „wunder nemen“ und „wunder sagen“

Als Mittel einer Erzählkunst, die sich einerseits als Spiel mit Möglichkeiten inszeniert und anderseits im Wiedererzählen von Gewusstem immer auch Neues sucht, wird âventiure auch zum Signalwort einer ins Überraschende und Wunderbare zielenden Geschichte. Es ist der vunt (Fund/Erfindung, inventio), oder dann auch der wilde vunt,29 über den sich die âventiure neu lesen lässt, mit dem sich aber auch die Möglichkeit des Unerwarteten realisiert.

Im Parzival ist die Welt des Zauberers Clinschor „gar âventiure“30 (durch und durch âventiure), besteht nur aus wunderbarer Ungewissheit und Möglichkeiten, die sich in Erzählungen ausformen können und damit zur Herausforderung und Gefährdung von Protagonist und Leser, vor allem aber auch des Erzählers werden. Da es die Welt des Zauberers ist, die ganz aus âventiure besteht, rückt die âventiure und mit ihr diese spezifische Art der erzählerischen Konstituierung möglicher Welten in die Nähe der Magie. So erstaunt es auch nicht weiter, dass sich âventiure gern und häufig mit dem Wunderbaren verknüpft, ja, das Wortfeld des wunders und wunderns zum Biotop des âventiure-Begriffs wird.31 Frau Aventiure, die bei Wolfram von Eschenbach im Parzival ans Herz des Erzählers poltert, um Einlass zu erhalten, legitimiert ihr Drängen damit, dass sie ihm „von wunder sagn“ möchte. Und genau daran erkennt sie der Erzähler auch sofort:

„Tuot ûf!“ wem? wer sît ir?
„ich wil insz herze hîn zuo dir.“
sô gert ir zengem rûme.
„waz denne, belîbe ich kûme?
mîn dringen soltu selten klagn:
ich wil dir nu von wunder sagn.“
jâ sît irz, frou Aventiure?
wie vert der gehiure?
ich meine den werden Parzivâl.

„Macht auf!“ Wem? Wer seid Ihr denn? „Ich will zu dir ins Herz hinein.“ Dort wird es viel zu eng für Euch … „Na und? Schaff ich es nur mit Mühe – du musst nicht klagen, weil ich drängle – ich erzähl dir Wundersames!“ Ja seid Ihr es denn, Frau Aventiure? Wie geht es denn dem Lieben, ich meine dem edlen Parzival?32

Das Wunderbare, von dem Frau Aventiure berichten will, betrifft den für eine längere Zeit aus der Erzählung verschwundenen Protagonisten Parzival, denn für seine Geschichte ist sie zuständig. Und so drängt sie sich nach dem langen Exkurs zu den Geschehnissen um den Ritter Gawein wieder in den Vordergrund und verspricht Staunenswertes. Doch kann sich die Geschichte Parzivals nur realisieren, wenn der Erzähler mitspielt: Es braucht den Raum seines Herzens, als das Zentrum einer affektiven Aufmerksamkeit, und es braucht seine Frage: „wie vert der gehiure?“ (Wie geht es dem Lieben?). Âventiure wird so erkennbar als Verbindungsfigur zwischen überraschenden, erstaunlichen, unerhörten Begebenheiten und dem Begehren nach Wissen und Wundern auf Seiten des Erzählers sowie des zuhörenden Publikums. Dabei sind es Momente des Erstaunens und der Verwunderung, des neugierigen Fragens und der affektiven Aufmerksamkeit, in denen sich die âventiure in ein Erzählen hinein konkretisiert, so dass die Geschichte zu einer unerhörten Erzählung wird. Das aber ist ein Akt von Kunst und Intellekt. So ruft Johann von Würzburg am Anfang seines Wilhelm von Österreich, nachdem er die Absicht geäußert hat, dass seine Zunge unermüdlich „wilde sage“ (fremdes und ungeordnetes Erzählen) lenken soll:

Ahy! kunst und witze,
nu grifet zuͦ! ich sitze
in getihtes sinne.33
Hey! Kunst und Verstand, nun greift zu!
Ich bin in der Stimmung zu dichten.

4 „Affentôren“

Dieser Akt des konfigurierenden Erzählens im Zwischen – zwischen Erwartung und Überraschung, Eigenem und Fremdem, Ordnung und Unordnung – hat aber auch das Potential, alternative Welten und Möglichkeitsräumen zu erschließen, deren fremde Strukturen, Zeit- und Ortlosigkeit als Herausforderung bestehender Ordnungen gesehen werden können. In einer Spruchstrophe von Reinmar von Zweter (um 1240) findet sich die Problematik einer Sinnentleerung in nur noch wunderbaren âventiuren ins Phantastische gesteigert:

Ich quam geriten in ein lant
ûf einer gense, dâ ich affentôren vant:
ein crâ mit einem habche, di vingen vil der swîne in einr bach.
ein hâse zwêne winde zôch,
ein ber jagte einen valken, den vinc er in den lüften hôch,
schâchzabel spilten muggen, zwô meisen ich einen turn mûren sach.
dâ saz ein hirz unt span vil cleine sîden
dâ huote ein wolf der lember in den wîden,
ein crebze vlouc mit einr tûben
zu wette, ein pfunt er ir angewan.
drîe grôze risen erbeiz ein han:
ist daz wâr, sô nêt ein esel hûben!

Ich kam in ein Land geritten auf einer Gans – dort fand ich affentôren [âventiure/äffische Narren]: Eine Krähe und ein Habicht fingen viele Schweine in einem Bach, ein Hase zog zwei Windhunde auf, ein Bär jagte einen Falken, den fing er hoch droben in den Lüften, Schach spielten zwei Mücken, zwei Meisen sah ich einen Turm mauern. Da saß ein Hirsch, der spann sehr feine Seide, da hütete ein Wolf die Lämmer in den Weidenbäumen, ein Krebs flog mit einer Taube um die Wette, er gewann ihr ein Pfund ab. Drei große Riesen biss ein Hahn zu Tode: Wenn das wahr ist, dann näht ein Esel Hauben!34

Das Ich, das sich hier als Gänseritter inszeniert, der in ein Land kommt, in dem er âventiuren findet, die aber genauso närrische Affen sind, wird zur Parodie des âventiure-Ritters. Denn dieser stößt jenseits der Grenzen des arthurischen Hofes in wundersame Erzähl-Welten vor, in denen er sich nicht nur bewähren muss, sondern über die er auch in seine am Artushof erzählte Ritter-Figur findet. Der Gänseritter dagegen findet eine Welt der verkehrten Ordnungen, der Wunderlichkeiten und Absurditäten, die auch eine Welt der Sprachspielereien ist; und es ist eine Welt, die nur unter den ihr eigenen Bedingungen wahr ist. Oder anders: deren Wahrheit ihre eigene Ordnung bestätigt. Die Figur des Gänseritters kann dann zum Inbegriff des sich in fremde Welten imaginierenden Phantasten werden. So reitet „Der Finkenritter“ auf dem Titelblatt der gleichnamigen Erzählung (um 1560) auf einer Gans in eine absurde Welt angelesener Vorstellungen.35

5 „werltlîche âventiure“

Wenn Gottfried von Straßburg im Tristan-Roman seinem Protagonisten die Kunst âventiure zu (er)finden zuschreibt, ihn so zum Autor seiner eigenen Erzählung macht, entzieht er der âventiure ihre letzte Gewissheit und transzendente Steuerung (die sie bei Hartmann und Wolfram hat). So findet sich bei ihm dann auch der Begriff der weltlichen âventiure („werltlîche âventiure“)36 als Begriff für das Minne-Erlebnis in der Minnegrotte.

Diese Zuspitzung der âventiure auf das Liebesgeschehen entzieht ihr (potenziell) die transzendente Absicherung und schließt sie in einen engeren, jedoch tabuisierten Rahmen des Erlebens ein. In der Märendichtung, der Kurzerzählung des Mittelalters (v. a. 14. u. 15. Jahrhundert), mit ihrer zuspitzenden, auf Ironie, Paradoxie, auch Perversion zielenden Erzählkunst, wird dann genau dies aufgenommen und die âventiure des höfischen Romans zur Geschichte des sexuellen Erlebnisses.37 Wobei die âventiure auch hier noch ständisch gebunden bleibt: Es ist in der Regel die Figur des Ritters, der diese Art der âventiure-Fahrt vorbehalten ist. Doch geht es nicht darum, Drachen zu besiegen oder magisch gebannte Burgen zu erlösen, sondern der Protagonist gerät in seinem sexuellen Begehren in eine missliche Lage, aus der er mit viel Gelächter von Seiten des Publikums gerettet werden muss. Entsprechend werden âventiuren auch nicht mehr bestanden, sondern sie geschehen dem Ritter. So heißt es im Ritter unter dem Zuber :

Hiebi nemet einer mære war,
wie ein aventiur beschach
einem ritter den ich sach,
der mirz mit sînem munde
seite zuo einer stunde.

Nun hört eine Geschichte, wie eine âventiure einem Ritter geschah, den ich traf und der es mir selbst berichtete.38

Âventiure ist hier auch nicht mehr die das Erzählen bestimmende und legitimierende Geschichte, sondern ein Ereignis, das so unwahrscheinlich ist, dass es durch präzise Beglaubigungen authentisiert werden muss. Es ist die Schwankdichtung des 16. Jahrhunderts, die diese Form der Abenteuererzählung, als sexuelles oder zumindest sexualisiertes Abenteuer, aufnimmt. So berichtet Valentin Schumann in dem 1559 erschienenen Nachtbüchlein, dessen Titel „schimpfliche Possen“ Unterhaltung ankündigt, von einem „seltzamen abentheürer“, einem Bauernsohn, der die Tochter eines Adligen heiraten will, was ihm dann auch mit Hilfe einer zum Geschlechtsakt führenden List gelingt.39 Oder er erzählt von einem „guͦt abenthewrer“, der einer edlen Frau samt Magd die „fulva rucket“.40 Trotz allem ist das Abenteuer in diesen Texten aber letztlich die Instrumentalisierung der Sprache, der Wortwitz, mit dem Tatsachen verdreht, Täuschungen vorgenommen und falsche Welten erschaffen werden. Damit ist zu beobachten, dass sich der Begriff der âventiure aus der größeren Form des höfischen Artusromans löst und zur kleineren, lügenhaften, mit Fiktionalität spielenden Episode wird, deren eigentlicher Akteur die Sprache ist.

6 „Ein abenteürlich buͦch“

Was die größeren Texte betrifft, sind darin seit dem 16. Jahrhundert weniger Abenteuer zu finden, als dass sie selbst abenteuerlich sind: „ein abenteürlich buͦch“ wird der Melusine-Roman von Thüring von Ringoltingen genannt.41 Damit wird nicht nur der wunderbare Aspekt dieser Geschichte betont, sondern auch auf die darin eingelassenen kleineren Wunder-Geschichten hingewiesen. Gleichzeitig setzt sich dieses Epitheton aber auch in Differenz zu der „hÿstorÿ“ (als einem beglaubigten Tatsachenbericht) und ist deutlich an den Kunstcharakter des Erzählens gebunden. Während sich „an diser fremden figur vnd hÿstorien“ der Melusine „beweÿset“, dass „Got ist wunderlich in seinen wercken“42, zielt das Epitheton „abentheürlich“ für das Buch auf die Spezifik dieser schriftlichen Erzählkunst. Es ist die „expergentz“ (augenscheinliche Erfahrung) dieser sich in der Nachkommenschaft der Melusine bis in die Gegenwart bewahrheitenden „materÿ“, die die „hÿstorÿ“ als beglaubigte ausweist.43 Es ist aber die unterhaltsam zu lesende Erzählung dieser „fremd hÿstorÿ“, in der sie zu „kunst vnd abenteẅr“ wird:

Wann auch solich schoͤn und fremd hÿstorÿ vast lieplich vnd lustlich zuͦ lesen vnd zuͦ hoͤren seind vnd den leütten zuͦ sagen zuͦ preÿsen seind / wann als die ros vnder allen bluͦmen gepreýset würt / also ist auch kunst vnd abenteẅr über alle andere zeÿtliche ding lieb zuͦ haben.44

Denn so schöne und fremde Historien sind sehr angenehm und vergnüglich zu lesen und zu hören, den Leuten zu erzählen und zu loben. Denn so wie die Rose unter den Blumen gepriesen wird, so soll man auch Kunst und abentewr allen anderen zeitlichen Dingen vorziehen.

Auffallend ist dabei, dass die in den Text eingeschlossenen, als Abenteuer („abenteẅr“) bezeichneten Erzählungen oft mit einer schriftlichen Erzähltradition zusammengebracht und so als ‚Buchwissen‘ ausgestellt werden.45

Gemäß Titelblatt des Faust-Buchs sind es „seltzame Abenthewer“, die D. Faustus während seines Teufelspaktes erlebt. Seine Lebensgeschichte dagegen ist die Historia von D. Johann Fausten.46 Die Gegenüberstellung von „Historia“ und „Abenthewer“ hier verdeutlicht augenfällig, wie sich der Begriff des Abenteuers auf die Geschichten im Bereich des Zweifelhaften, des Imaginativen verlagert, während der Lebensbericht als „Historia“ bezeichnet und damit in den Bereich einer gesicherten Geschichtlichkeit gestellt wird. So sind die Erlebnisse im Raum des theologischen und geografischen Wissens, die Weltreise sowie die Himmels- und Höllenfahrt von Faust „Historia und Geschicht“, verbrieft und nachprüfbar in der Wissensliteratur.47 „Abenthewr“ aber, wie sie Faust das erste Mal dem Türkischen Kaiser während eines Abendessen „macht“, sind Zauberei. Dabei zielt dieses „Affenspiel vnd Abenthewr“, wie es heißt, auf Täuschen, Betrügen, Bloßstellen im zwischenmenschlichen Bereich – und dient dem physischen Genuss von Faust sowie der Kurzweil der Leser.48 Der dritte und letzte Teil des Buches handelt von nichts anderem als von diesen „Abenthewer / was er mit seiner Nigromantia an Potentaten Hoͤfen gethan und gewircket“, bevor es dann zu dem „jaͤmmerlichen erschrecklichen End“ kommt.49 Die von Faust als „gewirckte“ Abenthewer erzählten Geschichten sind aber allesamt auch in anderen Büchern zu lesen, in beliebten Schwank- und Exempelsammlungen, aber auch in Luthers Tischreden.50 Die Zauberei-Abenthewer Fausts speisen sich so aus den Lug- und Trug- sowie Verblendungsgeschichten, wie sie, zwischen Unterhaltung und Belehrung, in verschiedenen Sammlungen tradiert sind. Das Faustische Abenteuer verschwistert sich so nicht nur mit Magie, sondern auch mit dem kurzen, auf Unterhaltung zielenden, in der Regel exemplarisch lesbaren und schriftlich tradierten Geschichtchen. Dies erklärt dann auch die Verwendung des Begriffs in der Reisebeschreibung von Bernhard von Breydenbach (1486), wo es von Mohammed heißt, dass er viel Zauberei und Abenteuer beherrscht hätte: „machomet der gar kün vn̄ kluͦg was · auch vil abenthuer vn̄ zaubery kūnen vnd wissen“.51 Abenteuer ist da die Kunst des Verfälschens und Täuschens. Entsprechend wird da, wo es darum geht, eine historische Wahrheit zu festigen oder eine Wahrhaftigkeit des Erzählens auszustellen, der Begriff des Abenteuers nicht gebraucht.52 So auch im Fortunatus, diesem im Kontext der Abenteuererzählungen immer wieder genannten frühneuzeitlichen Roman.53 Explizit wird da sogar der Aspekt des Abenteuerlichen übergangen. Als Fortunatus nach Indien kommt „vnd vil fremder land durchwandert“, heißt es:

Was wunder / abenteür vnd sitten in den landen ist / waͤr ain sonder vnd groß buͦch von zuschreiben. wellicher aber das geren wissen welle / der leß das buͦch Johannem de monteuilla.54

Was für Wunder, Abenteuer und Sitten sich in den Ländern fanden, darüber müsste man ein eigenes großes Buch schreiben. Wer das aber gern wissen möchte, der lese doch das Buch von Jean de Mandeville.

Damit verschränkt sich nicht nur Abenteuer mit fremdem Verhalten, unbekannten Sitten und Gewohnheiten, sondern wird auch zu in entsprechenden Büchern geordnetem Wissen, wobei diesem Wissen der Ruch des Ungesicherten und Fabulösen anhaftet. Es ist auffallend, dass Mandeville selbst, der seinen Berichten den Anschein des Authentischen und Wahrhaften geben will, nicht vom Abenteuer spricht.55

Abenteuer ist nicht Sache des Fortunatus-Romans. Fortunatus stößt im Wald nicht auf einen Hauptmann Aventuͤr, sondern auf Fortuna, „die iunckfraw des glücks“56, die ihm keinen âventiure-Spürhund schenkt, sondern ein Glücks-„seckel“.57 Es ist nicht mehr die âventiure als sich in Providenz fügende Zufälligkeit, die die Welt ordnet und dem Protagonisten den Weg weist, sondern Fortunaglück und Geld. Und trotzdem wird auch Fortunatus ein paar Mal als Abenteurer („abenteürer“) bezeichnet. Damit wird aber nicht der âventiure-suchende Ritter aufgerufen, sondern der Handels-Diskurs des 15. Jahrhunderts, wo Abenteurer den Kaufmann bezeichnet, vor allem im Bereich des See- und Fernhandels.58

Erhält sich der Begriff der âventiure im Kontext der Hoffnung auf Gewinn und dem damit einhergehenden Risiko, wird er da, wo es um die reale Ausfahrt geht, den physischen Weg in die Fremde, im 16. Jahrhundert durch den Begriff der „Erfahrung“ abgelöst.59 Es ist ein Begriff, in dem sich Erkenntnis und Wissenserwerb eng an subjektive sinnliche Wahrnehmung anschliessen. Das Weltwissen individualisiert sich so im Begriff der Erfahrung, der durch Subjektivität und Perspektivität gezeichnet ist. Anders als die arthurische âventiure, die vom einzelnen Ritter als die ihm providentiell zukommende und ihn gesellschaftlich profilierende Aufgabe gesucht wird, wird Erfahrung gemacht. Und während âventiure als Geschehen in der Erzählung den sinnstiftenden Rahmen findet, bindet sich die berichtete Erfahrung an die Kontingenz subjektiver Welterschliessung. Damit fällt sie aus dem providentiellen Narrativ heraus, das der Begriff der âventiure mittransportiert.

Als gemachte schließt sich Erfahrung aber eng an die gemachten Abenthewer des Faust an, diese im Labor der Exemplarizität magisch erschaffenen und beliebig vervielfältigbaren Situationen der Täuschung, Blendung, Verführung menschlicher Wahrnehmung und damit Erkenntnis. Die abenteuerliche Zauberei, eine Manipulation der sinnlichen Wahrnehmung, ist es, was im Text den Erfahrungsraum auf den Möglichkeitsraum hin öffnet, den Lebensraum auf den Raum der Schwanktexte und das Erfahrene aufs Imaginäre.

Damit geht einerseits die der âventiure eigene Verknüpfung von Erzählen und Geschehen, von wort und werk, aber auch von sinnstiftender Perspektivierung von hinten her und kontingenter Zuversicht im Verlauf der Handlung verloren. Oder anders: Die narrative Ordnungsinstanz der âventiure wird durch den Begriff der Erfahrung verwischt. Anderseits wird die manipulativ-täuschende Zurichtung der Welt, wie sie sich im Abenthewr episodenhaft in eine wahrhaftige Geschichte (Historia) einfügt, zum Mittel der Inszenierung für ein die Welt erfahrendes Subjekt.

Âventiure, als Signalwort für eine erzählerisch raffinierte und reflektierte Einordnung wunderbaren Geschehens in eine soziale und kulturelle Ordnung, die sich über diese imaginierten Möglichkeiten eines Anderen gerade festigt, wird zusehends suspekt. Und mit einem ausdifferenzierten und dann auch allmählich institutionalisierten Literaturdiskurs wird âventiure, als Etikett für ein Erzählen, über das sich ein Netz versprachlichter kollektiver Imaginationen bildet und tradiert, obsolet. Abenthewer aber, als exemplarisch-unterhaltsame Episode und nicht selten ins Groteske verzerrender Spiegel perspektivierter Wahrnehmung, fügt sich in den Kontext subjektiver Welterfahrung ein.

1

Die Formulierung findet sich, neben „âventiure suochen“, „nâch âventiure rîten“ häufig. Z. B. Hartmann von Aue, Erec, hg. v. Manfred Günter Scholz, übers. v. Susanne Held, Frankfurt/Main: Deutscher Klassiker Verlag 2007, V. 492, V. 3111. Vgl. auch Stefan Bauer, „Nâch âventiure wâne. Zur Integration von Minne- und Ritterwân in Hartmanns Erec“, in: Poetica 29 (1997), S. 75–93.

2

In diesem Zusammenhang ist auffällig, dass die Artusritter in der Regel nicht in genealogische Geschichten eingebunden sind.

3

Vgl. Hartmann von Aue, Erec. Vgl. auch Hartmann von Aue, Iwein, übers. u. hg. v. Rüdiger Krohn, kommentiert v. Mireille Schnyder, Stuttgart: Reclam 2011.

4

Vgl. dazu u. a. die Beobachtungen bei Christine Stridde, „Das Spiel um die âventiure. Ein Versuch zu Pennincs und Pieter Vostaerts Roman van Walewein“, in: Höfische Textualität. Festschrift für Peter Strohschneider, hg. v. Beate Kellner, Ludger Lieb u. Stephan Müller, Heidelberg: Winter 2015, S. 65–93, hier S. 66–68.

5

Zu der grundlegenden Bedeutung des ordnenden, verknüpfenden, verbindenden Erzählens für den Artusroman vgl. die programmatische und vielbesprochene Stelle bei Chrétien de Troyes, in der er die „mout bele conjointure“ (sehr schöne Verbindung) seines Erzählens hervorhebt: Chrétien de Troyes, Erec und Enide, übers. u. eingel. v. Ingrid Kasten, München: Wilhelm Fink 1979, V. 14. Dazu u. a. Thorsten Greiner, „Das Erzählen, das Abenteuer und ihre ‚sehr schöne Verbindung‘. Zur Begründung fiktionalen Schreibens in Chrétiens de Troyes Erec-Prolog“, in: Poetica 24 (1992), S. 300–316.

6

Zur Verbindung von Essen und Erzählen, âventiure und Fortbestand des Hofes vgl. Peter Strohschneider, „âventiure-Erzählen und âventiure-Handeln. Eine Modellskizze“, in: Im Wortfeld des Textes. Worthistorische Beiträge zu den Bezeichnungen von Rede und Schrift im Mittelalter, hg. v. Gerd Dicke, Manfred Eikelmann u. Burkhard Hasebrink, Berlin u. New York: de Gruyter 2006, S. 377–383. Vgl. auch Stridde, „Das Spiel um die âventiure“, hier S. 68–69 u. 71–72.

7

Am Anfang des Iwein von Hartmann von Aue wird nicht nur der Mythos vom nicht gestorbenen, sondern nur entrückten Artus zitiert, um dies mit dem Hinweis auf die immer noch kursierenden Geschichten von ihm zu bestätigen (V. 12–17), sondern auch die topische „laudatio temporis acti“ wird korrigiert mit dem Hinweis auf die Erzählungen jener vergangenen Zeiten, mit denen es uns doch eigentlich noch besser geht als denen, die damals dabei waren (V. 48–58).

8

Der Begriff der âventiure, wie er im Titel gesetzt ist, begegnet in den hier betrachteten Texten in vielfältiger Schreibweise, die oft historisch bedingt ist, zum Teil aber auch auf editorische Entscheidungen zurückgeht. Ich verwende bei direkten Verweisen die jeweilige Schreibweise der herangezogenen Textausgaben.

9

Zu dieser engen Anbindung der âventiure an die Schrift schon bei Chrétien de Troyes vgl. u. a. Greiner, „Das Erzählen“ u. Stridde, „Das Spiel um die âventiure“, S. 67.

10

Zum Begriff der „historia“ in der Frühen Neuzeit vgl. Joachim Knape, ‚Historiein Mittelalter und früher Neuzeit. Begriffs- und gattungsgeschichtliche Untersuchungen im interdisziplinären Kontext, Baden-Baden: Koerner 1984. Dass diese Ausdifferenzierung von fiktionalem und faktischem Erzählen gerade in der Artusliteratur zu beobachten ist, zeigt Brigitte Burrichter, „Fiktionalität in französischen Artustexten“, in: Historische Narratologie – mediävistische Perspektiven, hg. v. Harald Haferland u. Matthias Meyer, Berlin u. New York: de Gruyter 2010, S. 263–279.

11

Hartmann von Aue, Erec, V. 8538. Vgl. dazu auch Mireille Schnyder, „Âventiure? waz ist daz? Zum Begriff des Abenteuers in der deutschen Literatur des Mittelalters“, in: Euphorion 96 (2002), S. 257–272, hier S. 262.

12

Wolfram von Eschenbach, Parzival, übers. v. Dieter Kühn, rev. u. komm. v. Eberhard Nellmann, Frankfurt/Main: Deutscher Klassiker Verlag 1994, Abschn. 827, V. 15–18. Die hier bewusst eng am mittelhochdeutschen Wortlaut bleibende Übersetzung verantworte ich.

13

Gottfried von Straßburg, Tristan und Isold, hg. v. Walter Haug u. Manfred Günter Scholz, mit dem Text des Thomas, übers., hg. u. komm. v. Walter Haug, Frankfurt/Main: Deutscher Klassiker Verlag 2011. Die Übersetzungen folgt dieser Ausgabe.

14

Vgl. u. a. Monika Schausten, „ich bin, alse ich hân vernomen, ze wunderlîchen mæren komen. Zur Funktion biographischer und autobiographischer Figurenrede für die narrative Konstitution von Identität in Gottfrieds von Straßburg ‚Tristan‘ “, in: PBB 123 (2001), S. 24–48. Vgl. auch Mark Chinca, „Mögliche Welten. Alternatives Erzählen und Fiktionalität im Tristanroman Gottfrieds von Straßburg“, in: Poetica 35 (2003), S. 307–333.

15

Gottfried von Straßburg, Tristan und Isold, V. 3088–3095.

16

Die Übersetzung von „sinneclîche“ ist herausfordernd. Es reicht von „verständig“, „bedacht“, bis „geistreich“ und „sinnvoll“.

17

Zur Poetik des Wiedererzählens vgl. Franz-Josef Worstbrock, „Wiedererzählen und Übersetzen“, in: Mittelalter und frühe Neuzeit. Übergänge, Umbrüche, Neuansätze, hg. v. Walter Haug, Tübingen: Niemeyer 1999, S. 128–142. Zur Übertragung des aventure-Begriffs auf den Erzähler im französischen Roman vgl. auch Greiner, „Das Erzählen“, S. 313.

18

Stridde zeigt auf, wie sich im Blick auf den Umgang des Artushofs mit der âventiure- Erwartung im nach-Hartmannschen Erzählen eine sich immer mehr festigende Nähe des âventiure-Begriffs zu einem institutionalisierten Erzählhandeln in einem Unterhaltungs- und Kunstrahmen am Artushof beschreiben lässt. Vgl. „Das Spiel um die âventiure“, S. 73–74.

19

Johann von Würzburg, Wilhelm von Österreich, aus der Gothaer Handschrift hg. v. Ernst Regel, Berlin 1906, V. 156–161. Zu diesem Suchen nach Erzählen vgl. auch den Anfang im Tristan Gottfrieds von Straßburg. Da inszeniert sich der Erzähler als einer, der die von Vorgängern gefundene und erzählte âventiure aufgreift; in seiner Lesart wird sie aber zu einem „senemære“, einer Liebesgeschichte. Gleichzeitig richtet sich sein Erzählen an einen exklusiven Kreis der „edelen herzen“, eine Rezipientengemeinschaft, die sich über die Erzählung definiert und diese ihrerseits konstituiert. Denn nur sie kann sie richtig verstehen. Damit wird auch hier – wie am Artushof und in der getauften Gralsgemeinschaft – ein Raum kollektiver Imagination und Selbstvergewisserung heraufbeschworen, der sich über die Literatur/Erzähl-Rezeption erschafft.

20

Johann von Würzburg, Wilhelm von Österreich, V. 171–172. Dabei transportiert der Ausdruck „von geschihten“ durchaus die Ambivalenz von Geschehen und Erzählen mit.

21

Johann von Würzburg, Wilhelm von Österreich, V. 3188–3189.

22

Johann von Würzburg, Wilhelm von Österreich, V. 3373.

23

Johann von Würzburg, Wilhelm von Österreich, V. 3185–3330.

24

Wolfram von Eschenbach, Titurel, übers. u. hg. v. Helmut Brackert u. Stephan Fuchs-Jolie, Berlin u. New York: de Gruyter 2002.

25

Wolfram von Eschenbach, Titurel, Str. 170.

26

Johann von Würzburg, Wilhelm von Österreich, V. 975–983.

27

Johann von Würzburg, Wilhelm von Österreich, V. 620–623: „hie bi lit noch beslozzen / innerhalp des mundes tuͤr / aventuͤr, die so her fuͤr / nemen ainen senften fluz.“

28

Wolfram von Eschenbach, Parzival, Abschn. 734, V. 1–9. Ich folge der Übersetzung von Kühn, lasse aber den Begriff der âventiure stehen.

29

Vieldiskutiert und prominent findet sich der Begriff bei Wolfram von Eschenbach, Parzival, Abschn. 4, V. 5.

30

„gar âventiure ist al diz lant: / sus wert es naht und ouch den tac“ (Dieses Land ist durch und durch âventiure: so geht es Tag und Nacht). Wolfram von Eschenbach, Parzival, Abschn. 548, V. 10–11.

31

Deutlich wird das z. B. im Tristan Gottfrieds von Straßburg, wo die Kundschafter, nachdem sie den siechen, musizierenden Tristan gefunden haben, der sich in Irland in einem Schifflein an Land hatte treiben lassen, über die Seltsamkeit dieser Begegnung reden: „Hie mite kêrten die boten hin / unde begunden under in / mit rede von sînen sachen / vil michel wunder machen. / si seiten wider ze mære, / daz in widervaren wære / âventiure an einem man, / dâ man sich es lützel an / und niemer solte versehen“ (V. 7631–7639).

32

Wolfram von Eschenbach, Parzival, Abschn. 433, V. 1–9. Die Übersetzung lehnt sich an Kühn an, ist aber nicht vollständig übernommen.

33

Johann von Würzburg, Wilhelm von Österreich, V. 128–130 u. V. 131–133. Zur Poetik des „wilden“ Erzählens bei Johann von Würzburg vgl. Sandra Linden, „wildiu rede und ethische Funktion. Zum Konzept der wildekeit im ‚Wilhelm von Österreich‘ Johanns von Würzburg“, in: wildekeit. Spielräume literarischer obscuritas im Mittelalter, hg. v. Susanne Köbele u. Julia Frick, Berlin: Erich Schmidt 2018, S. 135–156. Allgemeiner zum wilden Erzählen im Rahmen des âventiure-Erzählens vgl. Udo Friedrich, „Wilde Aventiure. Beobachtungen zur Organisation und Desorganisation des Erzählens in Konrads von Würzburg ‚Trojanerkrieg‘ “, in: Köbele u. Frick (Hgg.), wildekeit, S. 281–295.

34

Reinmar von Zweter, „Der Ritt auf der Gans“, in: Von achtzehn Wachteln und dem Finkenritter. Deutsche Unsinnsdichtung des Mittelalters, übers. u. hg. v. Horst Brunner, Stuttgart: Reclam 2014, S. 10 f. Ich denke, dass diese Strophe als Kritik des Didaktikers an den âventiure-Erzählungen zu lesen ist. Der Begriff „affentôren“ als Wortspiel mit âventiure ist hier zum ersten Mal belegt.

35

„Der Finkenritter“, in: Brunner (Hg.), Von achtzehn Wachteln, S. 96–126. Vgl. dazu Joachim Knape, „Der Finckenritter. Text und Untersuchung“, in: Philobiblon 35 (1991), S. 97–148. Er betont auch die Sprachgebundenheit dieser Welt: „Die groteske Welt, die im Finckenritter entworfen wird, existiert vordergründig nur in der Sprache“ (S. 106).

36

Gottfried von Straßburg, Tristan und Isold, V. 17066–17070. Dort wird beschrieben, wie die Sonne (Ehre) „die Höhle weltlicher âventiure“ erleuchtete („die fossiure wertlîcher âventiure“).

37

Vgl. dazu auch Mireille Schnyder, „Die Entdeckung des Begehrens. Das Märe von der Halben Birne“, in: PBB 122 (2000), S. 263–278. In den spätmittelalterlichen Minnereden ist, mit einer manchmal etwas angestrengten Literarizität, die Minne auch „ein zertlich abentuͤre“, die Dichtung selber aber auch als „abenture der mynne“ bezeichnet, die für eine „frawe zart gehure“ geschrieben wurde. So wird auch hier das Ziel der âventiure, die Minne, zum Dichtwerk selber. Alle Zitate nach: Die Minneburg, hg. v. Hans Pyritz, Berlin: Weidmann 1950, V. 3208, V. 1513 u. V. 1512.

38

Jacob Appet, „Dis ist der Ritter underm Zuber“, in: Novellistik des Mittelalters. Märendichtung, übers., hg. u. komm. v. Klaus Grubmüller, Frankfurt/Main: Deutscher Klassiker Verlag 1996, S. 544–565, hier V. 8–12.

39

Valentin Schumann, „Ein fabel von einem edelmann, der seiner tochter wolt kein mann geben, er mähet dann weyter, weder sie kund bruntzen, auff einen tag“, in: ders., Nachtbüchlein (1559), hg. v. Johannes Bolte, Hildesheim u. New York: Georg Olms 1976, S. 28–31.

40

Schumann, „Von einem guͦten abenthewrer, wie er einer edlen frauwen, auch der magdt die fulva rucket“, in: ders., Nachtbüchlein, S. 285.

41

Thüring von Ringoltingen, „Melusine“, in: Romane des 15. und 16. Jahrhunderts, hg. v. Jan-Dirk Müller, Frankfurt/Main: Deutscher Klassiker Verlag 1990, S. 9–176, hier S. 11, Z. 1.

42

Thüring von Ringoltingen, „Melusine“, S. 12, Z. 17–19.

43

Thüring von Ringoltingen, „Melusine“, S. 11, Z. 10–12.

44

Thüring von Ringoltingen, „Melusine“, S. 12, Z. 23–27, hier Z. 26 f. (eigene Übersetzung).

45

Oft sind die abenteẅr in verschriftlichter Form im Text zu lesen. So z. B. in dem Kapitel „Wie ein Ritter aus Engellannd geboren sich diser abenteẅr vnderstuͦnd / und der mit dem beren und mit grossen würmen facht so ritterlichen das es ein wunder was / vnd erschluͦg ir auch gar vil ze tod“ (S. 168, Z. 12–13). Nachdem dieser Ritter im Abenteuer ganz wunderbar mit Bären und Drachen um Palantine, die Schwester von Melusine, gekämpft hat und zum Schluss gefressen wird, heißt es: „Diese red vnd mer erschullen in engellant von disem ritter vnd es wart dauon ein puͦch gemacht von dieser abenteẅr allein“ (S. 171, Z. 4–6).

46

„Historia von D. Johann Fausten“, in: Müller (Hg.), Romane des 15. und 16. Jahrhunderts, S. 829–986, hier S. 831.

47

„Historia von D. Johann Fausten“, S. 896, Z. 11. Nach dem Bericht über seine Himmelsfahrt verweist Faust selbst auf die Bücher, in denen die Wahrheit seines Berichts überprüft werden könne: „besehet also euwer Buͤchere / ob meinem Gesicht nach diesem nicht also seye.“ (S. 901, Z. 20–21).

48

„Historia von D. Johann Fausten“, S. 912, Z. 31 bis S. 913, Z. 26, hier insb. S. 912, Z. 33–34.

49

„Historia von D. Johann Fausten“, vgl. die Überschrift zum dritten Teil, S. 923, Z. 1–7.

50

Vgl. zu den jeweiligen Quellen und anderen Überlieferungsorten dieser Erzählungen den Kommentar der hier zitierten Ausgabe.

51

Bernhard von Breydenbach: Peregrinatio in terram sanctam. Eine Pilgerreise ins Heilige Land. Frühneuhochdeutscher Text und Übersetzung, hg. v. Isolde Mozer, Berlin u. New York: de Gruyter 2010, S. 338.

52

Dass der Begriff eng an Lüge, Betrug und Täuschung herangeführt wurde, zeigt sich deutlich darin, dass seit dem 15./16. Jahrhundert der Abenteurer mit dem „spilman“ gleichgesetzt ist. Vgl. dazu u. a. Werner Welzig, „Der Wandel des Abenteuertums“, in: Pikarische Welt. Schriften zum europäischen Schelmenroman, hg. v. Helmut Heidenreich, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1969, S. 438–454.

53

„Fortunatus“, in: Müller (Hg.), Romane des 15. und 16. Jahrhunderts, S. 383–588.

54

„Fortunatus“, S. 490 (eigene Übersetzung).

55

Vgl. Jean de Mandeville, Reisen, Reprint der Erstdrucke der deutschen Übersetzungen des Michel Velser (Augsburg, bei Anton Sorg, 1480) und des Otto von Diemeringen (Basel, bei Bernhard Richel, 1480/81), hg. u. eingel. v. Ernst Bremer u. Klaus Ridder, Hildesheim, Zürich u. New York: Olms 1991. Zu der schwierigen Textgeschichte auch der deutschen Übersetzungen vgl. Christina Henss, Fremde Räume, Religionen und Rituale in Mandevilles Reisen. Wahrnehmung und Darstellung religiöser und kultureller Alterität in den deutschsprachigen Übersetzungen, Berlin u. Boston: de Gruyter 2018, S. 8–70.

56

„Fortunatus“, S. 430, 8.

57

„Fortunatus“, S. 429, 10 – 434, 3.

58

Âventiure-Handel“ wurden die riskanten, auf Profit setzenden Geldgeschäfte (Wechsel, Darlehen) oder die Überschussproduktion in der Hoffnung auf sich steigernden Absatz genannt. Der Kaufmann wird mit seinem auf den ungewissen Ausgang setzenden Handeln seit dem 15. Jahrhundert zum Abenteurer. Grundlegend dazu: Michael Nerlich, Kritik der Abenteuer-Ideologie. Beitrag zur Erforschung der bürgerlichen Bewusstseinsbildung 1100–1750, Teil 1 u. 2, Berlin: Akademie-Verlag 1977. Vgl. auch, mit weiterer Literatur, Mireille Schnyder, „Aventiure“, in: Handbuch Literatur und Ökonomie, hg. v. Joseph Vogl u. Burkhardt Wolf, Berlin u. New York: de Gruyter 2019, S. 101–103.

59

Zum Begriff der Erfahrung vgl. Jan-Dirk Müller, „Erfarung zwischen Heilssorge, Selbsterkenntnis und Entdeckung des Kosmos“, in: Daphnis 15 (1986), S. 59–94 u. Jan-Dirk Müller, „Curiositas und erfarung der Welt im frühen deutschen Prosaroman“, in: Literatur und Laienbildung im Spätmittelalter und in der Reformationszeit, hg. v. Ludger Grenzmann u. Karl Stackmann, Stuttgart: Metzler 1984, S. 252–271.

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