Im Zentrum von Alexandra Gelis’ Ausstellung Doing & Undoing. Poems from Within / Hacer y deshacer. Poemas desde adentro1 steht ein hölzernes Nähkästchen der Marke Priscilla: verheißungsvoll geöffnet, mit je neun Fadenspulen auf einer Seite, verworrenen Fäden am Boden, mittig eingelassen ein kleiner Bildschirm. Das Kästchen steht verloren im Raum, doch vermag es die Ausstellungsbesucher*innen geradezu magisch in seinen Bann zu ziehen. Denn die Fadenspulen sind mit elektronischen Komponenten versehen, die, in Bewegung versetzt, je eine von achtzehn Videosequenzen in Gang setzen: achronologisch und fragmentiert, stockend Bild für Bild und bei langem Ziehen zwar im freien Fluss, aber doch instabil. Die eigentümliche Arbeit wird von zwei großskalierten Filmprojektionen flankiert, die nicht minder zu erstaunen und verwundern wissen, von Exits and Entries / Salidas y Entradas,2 einem 16-mm-Film, bei dem das Gezeigte durch die haptische Qualität der Filmaufnahmen mehr ertastet als gesehen wird, und Radiotherapy / Radioterapia,3 einem Film auf Super 8, der durch seine Skalierung und Positionierung im Raum einem Spiegel gleich die eigene Körperlichkeit in ein Verhältnis zum Gezeigten setzt.
So faszinierend die Handhabung und Erfahrung dieser Arbeiten ist, so schwer ist das darin Verhandelte, denn die drei Arbeiten verstehen sich als Auseinandersetzung mit der Brustkrebserkrankung von Cristina Lombana, der Mutter der Künstlerin. In Radiotherapy sieht man ihren entblößten, von Radiotherapien gezeichneten Körper im menschlichen Maßstab, in Exits and Entries einen Krankheits- und gleichzeitig Heilungsverlauf, der sich über den Tastsinn ausdrückt, und im Nähkästchen achtzehn achronologische, instabile, sich ständig neu zueinander verhaltende visuelle Gedankenfragmente. Damit entwerfen die Arbeiten drei unterschiedliche Zugänge zum Thema der Krebserkrankung, die sich aber gerade darin wieder treffen, dass es bei ihnen allen um das Aushandeln von Verhältnissen geht: zwischen Gesellschaft und krankem Körper, visueller Wahrnehmung und körperlichem Fühlen oder Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, Trauma und Hoffnung.
(Mit freundlicher Genehmigung von Alexandra Gelis)
Diese Verhältnisse sind im Filmbild selbst, vor allem aber im jeweiligen Ausstellungsformat angelegt und entfalten sich von da aus in den realen Raum und wieder zurück. Methodologisch wird mit dieser Auffassung eine Perspektive eingenommen, wie sie David Summers in Real Spaces. World Art History and the Rise of Western Modernism fruchtbar macht, wenn er Kunstwerke und Objekte nicht nur über ihren Inhalt, sondern vor allem über ihr Verhältnis zum realen Raum begreift und sie damit als indexikalische Verweise auf kulturspezifische Verhaltensmuster, Wissensordnungen, Bedingungen – Verhältnisse – liest.4 In Doing & Undoing. Poems from Within liegt dabei nicht nur eine Bezeugung von ebendiesen Verhältnissen vor, sondern auch der Versuch einer Rekonfiguration in der Sphäre der Kunst. Dafür wirksam zeigen sich die je spezifische Ausstellungsart der Arbeiten und die Art, wie sie mittels skalierten Bildgrößen, haptischen Bildeindrücken und temporalen Rupturen irritieren und dadurch ästhetische Emotionen wie Bewundern, Wundern und Staunen provozieren, wodurch die Aufmerksamkeit der betrachtenden Person derart gelenkt wird, dass bestehende Verhältnisse neu erfahren und gedacht werden können. Im Folgenden soll diese Wirkweise für jede der drei Arbeiten herausgestellt und nachgezeichnet werden. Dadurch zeigt sich im Einzelnen, aber auch in der Summe, wie sich aus Alexandra Gelis’ persönlicher Arbeit über ihre krebskranke Mutter ein kollektives Nachdenken über gesellschaftliche Verhältnisse einstellt, das die je betrachtende Person umfassend miteinschließt.
Skalierte Körper. Anziehung und Abgrenzung
Doing & Undoing. Poems from Within betitelt sowohl das Priscilla-Nähkästchen selbst als auch die Ausstellungen, in denen es jeweils gezeigt wird. In Alexandra Gelis’ Œuvre findet sich eine Vielzahl sich ständig transformierender Arbeiten zur Krebserkrankung ihrer Mutter, die denselben Titel tragen. Doing & Undoing scheint als eine Art Mantra und konzeptionelles Schaffensprinzip diese Arbeiten Gelis’ geradezu zu durchdringen – es wird im Filmbild selbst rezitiert und schreibt sich in die Filmbilder ein, gleichzeitig bestimmt es auch die kategorische Unabgeschlossenheit und Wandlungsfähigkeit dieser Arbeiten, die Gelis je nach Kontext in anderen Konstellationen, Dimensionen und Schnittversionen zeigt. Die hier folgenden Ausführungen beziehen sich auf die bis dato umfangreichste Werkschau dieser Serie, die vom 1. Februar bis 7. März 2020 in der Galerie Oboro in Montréal anlässlich der Gruppenausstellung The Recipe. Making Latin-American Art in Canada zu sehen war.5 Ausgestellt wurden das interaktive Nähkästchen, zwei Wandinstallationen – ein Diagramm aus Fadenspulen sowie ein unfertiger Kreis aus gesponnenem menschlichem Haar – und zwei Filmprojektionen: Exits and Entries6 auf 16 mm und Radiotherapy auf Super 8, beide in Schwarz-Weiß und digital transferiert.
Am Anfang der Ausstellung sieht man sich einer von Krebs gezeichneten, entblößten Frau gegenübergestellt, im menschlichen Maßstab, frontal, von Angesicht zu Angesicht. Dieser Einbezug des betrachtenden Körpers ist kein Zufall; diese frontale Gegenüberstellung wird geradezu provoziert, befindet sich doch ein markanter Punkt am Boden, der der betrachtenden Person die angemessene und sogleich auch gebotene Distanz zum Filmbild signalisiert. Doch am Punkt angekommen, entpuppt sich der Punkt nicht nur als Positionsmarker im Raum, sondern vielmehr als Fortsatz des im Filmbild verhandelten Körpers:
In my body I have four dots tattooed that will be with me forever like a cross. Each one hurt like a stabbing, indelible marks of the exact locations to position the radiotherapy machine to avoid damaging good tissue.7
Senkt man seinen Blick auf den Marker unter den Füßen, so lässt sich im Punkt eine digitale Vergrößerung des von Cristina Lombana beschriebenen tätowierten Radiotherapiemarkers ausmachen, Marker, die sie – so sagt sie selbst – für immer zeichnen werden. In der Filmprojektion sieht man wiederum, wie sie wiederholt ihre Finger auf die vier Tätowierungen legt: oberhalb der Brust, unterhalb der Brust, links und rechts von der Brust – ähnlich dem Kreuzzeichen christlicher Konfessionen. Die Vibrationen von Cristina Lombanas Stimme spürt man dabei auf den eigenen Schultern – blickt man nach oben, sieht man auch, weshalb: Ein an der Decke montierter Lautsprecher lässt ihre Stimme direktional in Richtung Marker erschallen. Mit diesem unweigerlichen Blick von unten nach oben ergibt sich eine Überlappung liturgischer Gesten, gleichzeitig spürt man am eigenen Körper Cristinas Stimme und wird sich im Anblick ihres Körpers seiner eigenen Körperlichkeit bewusst. Dieser Eindruck ist schwer zu ertragen, er oszilliert zwischen Bewunderung und Widerwillen, Anziehung und Irritation: Bewunderung für die technische Finesse der konzeptionell durchdachten Installation, die es schlagartig vermag, den eigenen Körper anzuziehen – Widerwille gegenüber der Schwere der Thematik, die einem unweigerlich zu nahe tritt, Irritation gegenüber dem entblößten, operierten und von Radiotherapien geschwollenen Körper, der eine Krankheit sichtbar macht, die man nicht sehen möchte.
(Mit freundlicher Genehmigung von Alexandra Gelis)
(Mit freundlicher Genehmigung von Alexandra Gelis)
Dieser oszillierende Eindruck ist eng mit der Skalierung und Positionierung innerhalb des Filmbildes, vor allem aber des Filmbildes im Ausstellungsraum selbst verbunden, der konkreten materiellen Umgebung der betrachtenden Person, die Mary Ann Doane als „the ,real‘ space of the cinema“8 bezeichnet. Denn betrachtet man das Filmbild von der Markierung aus, so überragt einen die Größe des Filmbildes selbst; der Blick trifft sich mit dem von Cristina Lombana, das untere Ende des Filmbildes berührt den Boden des Ausstellungsraumes. Die beiden Räume scheinen für einen Moment zu verschmelzen, der Raum des Filmbildes wird zu einer Extension des eigenen Raumes und vice versa. Diese scheinbare Nähe löst sich in der Differenz aber auch wieder auf, zu unterschiedlich erscheinen die beiden Erfahrungsräume, dort das von der Geschichte geprägte, verlassene und heruntergekommene Casco Antiguo in Panama City, hier ein beinahe steriler Ausstellungsraum in Montréal, Kanada. Gerade dadurch scheint sich aber über die zwei Räume zwischen Ausstellungsbesucher*in und Filmbild ein spezifisches Verhältnis zu formulieren, das sich dezidiert gegen gewohnte Rezeptionsarten des Mediums Film stellt. Das Verhältnis ist ein intimes auf Augenhöhe, eine direkte Adressierung, wobei Cristina Lombanas Blick in die Kamera weit weniger dazu beiträgt als die vermeintliche Spiegelung des eigenen Körpers im Filmbild, die am eigenen Körper gefühlte Stimme und das Nachahmen liturgischer Gesten, das die Hoffnung auf Heilung und den Glauben an ein Wunder9 mitdenkt.
Das Nachdenken über dieses Verhältnis lässt sich zurückbinden an das, was David Summers im bereits zitierten Buch als „explanatory power of the real spatial contextual alternative“10 bezeichnet, wenn er statt nach der Form innerhalb des Kunstwerkes nach dessen formaler Beziehung zum realen sozialen Raum fragt und im spezifischen Gemachtsein des Werkes Indizes für realweltliche Verhältnisse abliest. Dahingehend gefragt, lässt sich in der konkreten Ausstellungsweise dieser Arbeit eine Art Korrektiv ausmachen, ein Neudenken von Verhältnissen, die immer auch eng mit Fragen von Sichtbarkeit und Handlungsmacht verbunden sind; in diesem Falle eine Rekonfiguration des Verhältnisses zwischen krankem, altem Körper und der Wahrnehmung desselben. Tatsächlich scheint hier der von Krankheit gezeichnete Körper einer älteren Frau, der im Alltag kaum Beachtung, geschweige denn Bewunderung erfährt, vom Verborgenen ins Sichtbare gebracht, vom Rande der Wahrnehmung ins Zentrum.11 Entkleidet, wie er ist, entkleidet er die ihn sonst bestimmende gesellschaftliche Wahrnehmung, während die Ausstellungsweise der Arbeit einen Raum schafft, in dem diese Wahrnehmung neu konfiguriert werden kann. In diesem neuen Raum verschafft sich der Körper Gehör und Anerkennung – er wird mit der angemessenen Distanz, aber auch der gebotenen Nähe wahrgenommen.
Diese Bewegung in das Zentrum der Aufmerksamkeit setzt sich dabei fort, sie bestimmt den Aufnahmeort des Filmes und verhandelt die Arbeitsbedingungen der Künstlerin selbst. Gefilmt im Casa Barco in der Casco Antiguo in Panama City, zeigt sich der Handlungsort als ein gentrifiziertes Stadtviertel, als Ort der Verstoßung, insbesondere durch seine Geschichte als ausgebranntes und seitdem leerstehendes Altersheim.12 Durch die Rückkehr zu diesem Ort überlagert sich die Geschichte des Hauses und des Stadtviertels mit derjenigen des kranken, alten Körpers als einem von der Gesellschaft negierten, in dieser Ausstellung aber gezeigten. Auch webt sich darin die eigene Situation der Künstlerin mit ein, die sich zwar im Rahmen dieser Ausstellung einen Ausdrucksraum schafft, als kolumbianisch-venezolanische Filmemacherin in Kanada aber im eigentlichen Sinne ortlos ist. Das sind Verhältnisse, die sich in Doing & Undoing über das Filmbild artikulieren und in den realen sozialen Raum ragen, von diesem bedingt sind und ihn zugleich in der Sphäre der Kunst neu gestalten. Als solcher bleibt er aber ambig, geprägt von entgegengesetzten Wirkungen. Auch wenn Körper, Orte und Geschichten sichtbar werden, so werden sie dies nur auf der Grundlage ihrer alltäglichen Ausgrenzung und Unsichtbarkeit, so, wie durch die durchdachte Ausstellungsweise der Installation und der Schwere der Thematik Anziehung in Abgrenzung umschlägt, Abgrenzung in Anziehung.
Haptische Bilder. Das Fassbare im nicht Greifbaren
Das Prinzip oszillierender Dualitäten bestimmt auch den gegenüberliegenden 16‑mm-Film Exits and Entries, der den gemeinsamen Weg von Mutter und Tochter durch die Krebserkrankung festhält. In der Aneinanderreihung einzelner Momente gleicht der Film einem visuellen Tagebuch der Künstlerin, wobei der zeitliche Ablauf der Geschehnisse weniger linear als vielmehr zirkulär verläuft. In diesem Gestus lässt sich auch die erste Szene des Films verorten. Auf schwarzem Hintergrund erklingt Gelis’ Stimme: „A few seconds ago my mother was taken to have a biopsy.“13 In der nächsten Einstellung filmt sich die Künstlerin selbst, eine Nahaufnahme von ihrem Gesicht: „I am shaking. I am so nervous.“14 Währenddessen dreht sie sich einmal im Kreis, im Hintergrund zeichnet sich der Eingang, der gleichzeitig auch Ausgang des Krebszentrums ist, ab: Salidas y Entradas. So, wie dieses zirkuläre Zeitempfinden – der unsichere Ausgang, das stets drohende Zurück – die Krankheit selbst bestimmt, so bestimmt es auch den Film, etwa wenn Cristina Lombana zu Beginn in Richtung Ausgang läuft, die Einstellung aber rückwärts gezeigt wird, sie sich also immer weiter vom Ausgang entfernt. Es folgen Momentaufnahmen, die das An- und Verknüpfen ihrer ausgefallenen Haare zeigen, auch das Abrasieren und das Frisieren. Man sieht Szenen aus der Ergotherapie, die Nachbehandlung mit Salben, den Moment, in dem sie aus dem Operationssaal gebracht wird, aber auch, wie sie zwecks künstlerischer Intervention Perücken knüpft, Puppen näht und Brüste aus Ton formt.
Auffällig ist die den Aufnahmen zugrunde liegende materielle Ästhetik, die bei den einzelnen Aufnahmen unterschiedlich ist und sich doch auch gleicht. Zum einen liegen mit einer Bolex-Paillard Reflex gedrehte 16‑mm-Aufnahmen vor, die sich aber je nach Filmmaterial in ihrem Kontrastverhalten stark unterscheiden. Zum anderen finden sich Spiegelreflex- und GoPro-Aufnahmen15 – vornehmlich bei Szenen, die innerhalb des Spitalgebäudes gedreht wurden und die eine unauffälligere, schnell einsatzbereite Kamera erforderten –, die Gelis im Anschluss mit der gleichen Bolex abgefilmt, also auf 16 mm übertragen hat. Das Filmmaterial reicht von stark kontrastreich und gestochen scharf bis übermäßig körnig, flächig und diffus; das Abfilmen der Videoaufnahmen gleicht das Material nicht nur optisch an, auch durchläuft es so den gleichen Herstellungsprozess. So weisen alle Aufnahmen besonders viele Schäden wie Kratzer, Fingerabdrücke und Flecken auf, die davon zeugen, dass Gelis sie allesamt selbst von Hand entwickelt hat. Damit schreibt sich eine Präsenz ins Bild ein, die für den Film tragend ist, nämlich diejenige der Tochter, die ihre Mutter auf ihrem Weg begleitet, sie beobachtet und pflegt.
Im Vergleich zum gegenüberliegenden Super‑8-Film Radiotherapy werden hier Distanzen kategorisch aufgebrochen. So, wie der Film einen Blick hinter die Fassaden des Krebszentrums gewährt, greift die Kamera einem tastenden Organ gleich in den kranken Körper ein. Damit klingt eine Arbeitsweise an, die Walter Benjamin in seiner Schrift Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit mit der eines Chirurgen verglich:
[Z]um Unterschied vom Magier (der auch noch im praktischen Arzt steckt) verzichtet der Chirurg im entscheidenden Augenblick darauf, seinem Kranken von Mensch zu Mensch sich gegenüber zu stellen; er dringt vielmehr operativ in ihn ein. – Magier und Chirurg verhalten sich wie Maler und Kameramann. Der Maler beobachtet in seiner Arbeit eine natürliche Distanz zum Gegebenen, der Kameramann dagegen dringt tief ins Gewebe der Gegebenheit ein. Die Bilder, die beide davontragen, sind ungeheuer verschieden. Das des Malers ist ein totales, das des Kameramanns ein vielfältig zerstückeltes, dessen Teile sich nach einem neuen Gesetze zusammen finden.16
Dieses operative Eindringen in das Gewebe der Gegebenheit zeigt sich in besonderem Maße in Einstellungen, die sich der erkrankten Brust widmen. Der Blick wandert entlang der Hautoberfläche, Poren und Filmkorn sind kaum zu unterscheiden, orientierungslos wundert man sich, ob das Bild eine optische Störung, eine unscharfe Vergrößerung der dunklen Brustwarze oder doch eine Röntgenaufnahme zeigt. Auch wenn sich im Anschluss die weibliche Brust im Bild klar abzeichnet, so erscheint sie in der Großaufnahme doch als das, was Mary Ann Doane als „threat of a certain monstrosity“17 bezeichnet, wenn sie über die potenzielle Wirkung von Großaufnahmen spricht; ein isolierter Fremdkörper, der das gesamte Bild ausfüllt, die Wahrnehmung bestimmt und in diesem Moment jeden Sinn für einen Maßstab auszulöschen vermag.
„Two years ago my mom was diagnosed with cancer. We both learned to touch.“18 (Mit freundlicher Genehmigung von Alexandra Gelis)
Die Monstrosität dieser Großaufnahme wird aber sogleich erfasst. Finger tragen behutsam Wundsalbe auf; sie relativieren das Ausmaß des Gesehenen im Sinne einer Größenreferenz, schützen und bedecken die wunde Haut – in der nächsten Einstellung zeigt sich, dass die Hand Gelis selbst gehört. Das Berühren, Tasten wird zur Kontaktstelle zwischen Mutter und Tochter. Es bestimmt einerseits den Krankheitsverlauf: vom Abtasten der gesunden Brust und dem Ertasten des Knotens in der Brust bis zu den ergotherapeutischen Greifübungen im Rahmen onkologischer Rehabilitation und dem sinnlichen Formen weiblicher Plastiken als künstlerische Intervention. Andererseits bestimmt das Berühren und Tasten die Art und Weise, wie Gelis den Krankheitsverlauf festhält: mit Filmaufnahmen, die in ihrer körnigen Materialität, verletzten Emulsion und körperlichen Nähe haptische Bildeindrücke provozieren19 und dadurch den Tastsinn ansprechen. „We both learned to touch“, wenn auch auf unterschiedliche Weise: hier mit den Händen, dort mit der Kamera.
(Mit freundlicher Genehmigung von Alexandra Gelis)
Durch diese haptischen Bildeindrücke des Films wird mit dem Tastsinn ein Sinn angesprochen, der in der Filmprojektion technisch nicht dargestellt werden kann. Dieses Fassbare im nicht Greifbaren, das Laura U. Marks in The Skin of the Film. Intercultural Cinema, Embodiment, and the Senses als „expressing the inexpressible“20 begreift, spinnt sich in Exits and Entries in mehrere Richtungen. Trotz der vergrößernden Nahaufnahmen des kranken Körpers nähert man sich vielleicht doch weniger an die äußeren als vielmehr an die inneren, unsichtbaren Wunden an,21 womit diese haptischen Bilder auch immer auf die Unzulänglichkeiten einer rein visuellen Darstellung aufmerksam machen. Gleichzeitig verstellen die haptischen Aufnahmen von Cristina Lombana den Blick auf ebensie. Orientierungslos wandern die Augen einem Tastorgan gleich über die diffus-körnigen Bilder,22 wundernd erkennt man den kranken Körper nicht auf den ersten Blick,23 sondern begreift ihn vielmehr körperlich im Verlaufe der Zeit. Durch diesen desorientierenden Moment des Sich-Wunderns vermögen es die haptischen Bildeindrücke, Verhältnisse und Wissensordnungen zu rekonfigurieren. Es ist der Versuch, Erfahrungen sichtbar zu machen, die sich visuellem Wissen24 entziehen, was Marks als „embodied knowledge and memory“ fasst: „It is the attempt to translate to an audiovisual medium the knowledge of the body, including the unrecordable memories of the sense. When verbal and visual representation is saturated, meanings seep into bodily and other dense, seemingly silent registers“.25 Marks verortet diese Gedanken gerade im interkulturellen26 Filmschaffen, das sich in seinem Selbstverständnis über das Aushandeln verschiedener Kulturen definiert.27 Als kolumbianisch-venezolanische Filmemacherin in Kanada scheint sich Gelis also durch die haptische Qualität der Bilder nicht nur in die Bilder selbst, sondern auch in den Krankheits- und Heilungsprozess ihrer Mutter einzuschreiben, der sich im Film sowohl über Momente der Konfrontation als auch über den Wunsch nach Versöhnung formt.
Rupturierte Zeit. Zur Entdeckung von Zuständen
So, wie sich in Exits and Entries die Künstlerin selbst als Tochter in die Krankheitsgeschichte ihrer Mutter webt und sich in Radiotherapy die betrachtende Person im Anblick des versehrten Körpers spiegelt, so scheint sich in der letzten der drei Arbeiten die Möglichkeit zu entfalten, kollektiv über Krebserkrankungen nachzudenken. Auffallend sind zunächst die elektronischen Komponenten, darunter die schwarz-weißen Binärcodes an den Fadenspulen selbst und die farbigen Kabel, die sich von da aus ins Innere des Nähkästchens winden:
(Mit freundlicher Genehmigung von Alexandra Gelis)
Durch das Abwickeln einzelner Fadenspulen wird der am Ende der Spule angebrachte Binärcode in Gang gesetzt, der von einem kleinen Sensor erfasst wird und entsprechend der gewählten Spule eine der achtzehn Videosequenzen abspielt. Indem nun aber die Fadenspule selbst nur locker eingespannt ist, treffen sich Binärcode und Sensor nicht zwingend, entsprechend sensibel ist die Verbindung zwischen Fadenspule und Videobild. Ferner lassen sich verschiedene Modi provozieren: Zieht man den Faden langsam, so spielt sich das Videobild verlangsamt ab, lässt man ihn ruhen, so gerät das Video regelrecht ins Stocken, zieht man ihn aber schneller und über eine gewisse Länge, so läuft das Video automatisch in normaler Geschwindigkeit bis zum Ende durch.
Es gibt keine schriftliche Anweisung oder dergleichen, die auf die beschriebene diffizile Korrelation zwischen Faden und Videobild hinweisen würde. Stattdessen wird der erste Eindruck von spielerischem Ausprobieren bestimmt. Verwundert über die eigenwillige Funktionsweise der Installation, verbringt man eine gute Zeit damit, einzelne Fäden in wahlloser Reihenfolge zu bewegen. Legt sich dieses anfängliche Spiel, so tritt der eigentliche Bildinhalt in den Vordergrund. Auch hier zeigen sich Aufnahmen von Cristina Lombana, dieses Mal in Farbe und auf Video. Es sind im Fragment verbliebene/erhaltene Aufnahmen, die Cristina Lombana den Platz einräumen, über einzelne Aspekte ihrer Krebserkrankung zu sprechen, darüber nachzudenken und Gedanken auf Video abzulegen, um sie hinter sich zu lassen. Dabei bewegt sie sich – gleich dem 16-mm-Film – mal in den Ruinen der Casco Antiguo in Panama City, bei Ebbe am Strand, mal ortlos und entblößt in unmittelbarer Nähe zur Kameralinse; mal läuft sie rückwärts entlang der Gischt des Meerwassers, mal schneidet sie, während sie spricht, ihr eigenes Strickkleid auf; ihre Stimme erklingt mal per Voiceover, mal spricht sie in die Kamera, mal werden ihre Worte per Text eingeblendet. Diese temporal auseinanderliegenden Einblicke in die Erinnerung an ihre Krankheit ergeben sich sukzessive und in wahlloser, achronologischer Abfolge, wobei sich die Videos vordergründig zwar zeitlich einordnen lassen, im unbeständigen Dialog untereinander aber überlappen, korrigieren und potenziell gar revidieren. So sind einzelnen Videos zwar konkrete Zeittafeln vorgeschaltet – zum Beispiel „JANUARY 1, 2018“ –, und in wieder anderen bezieht sich Cristina auf spezifische Zeiträume, etwa wenn sie von ihrer ersten Biopsie erzählt:
February, 2017, I had my first biopsy on the left breast. Four needles. I felt nothing with the first three. The fourth needle hurt a bit but it passed fast. The result: breast cancer in the left breast with a lump of about 3 to 4 cm.28
Oder als sie die erste Berührung mit dem Knoten in ihrer Brust beschreibt:
I remember a day. I wore a … a bra and I felt a small protuberance. I decided not to wear the bra to avoid getting harmed. And one day, I touched it and there was a small lump that I had not seen. That was in … July 2016.29
Doch durch die willkürliche, zirkulär anmutende Abfolge der einzelnen Videos lösen sich diese Zeitangaben sogleich wieder auf, es entstehen Zeitlücken und ‑sprünge, Wiederholungen, Auslassungen – eine Instabilität der Zeit, die sich nochmals verdichtet, indem manche Videos in Zeitlupe oder rückwärts laufen oder Bild und Ton auseinanderdriften, etwa wenn Cristina beschreibt, wie sie nach erfolgter Radiotherapie ihr Spiegelbild betrachtet:
The body cannot resist and the hair falls off. In the mouth, in the food, on the bed, everywhere. Yes, I had to face my image without hair in front of the mirror.30
Sie setzt sich gleichzeitig aber im Bild eine Perücke auf, nur um sie dann nach wenigen Schritten bereits wieder abzuwerfen, weil sie sie schon nicht mehr braucht.
(Mit freundlicher Genehmigung von Alexandra Gelis)
Auch in der elektronischen Erzeugung des Videobildes selbst kommt es mittels der fragilen Verbindung von Fadenspule und Bildsensor zu zeitlichen Instabilitäten in Form von Störmomenten im Bildfluss. So erlebt man nicht nur zwischen den einzelnen Videosequenzen Unterbrechungen und Momente der Stille – gleich der Latenz zwischen Sensorreiz und Beginn des Videos –, sondern auch innerhalb der Videosequenz selbst, etwa wenn das unvorsichtige Ziehen des Fadens oder schlicht Zufall dazu führt, dass der Film verlangsamt oder gar nur Frame für Frame abgespielt wird. Gerade Letztgenanntes vermag in besonderem Maße zu irritieren, schließlich stockt nicht nur das Bild, sondern auch der Ton: Das Video verzerrt sich selbst und läuft dann in dieser Verzerrung unaufhaltsam weiter, Bild um Bild, Ton um Ton, die Stille dazwischen als schneidende Ruptur.
Indem die Installation derartige Rupturen im Zeitfluss, Wiederholungen, Überlappungen, Auslassungen und Unterbrechungen zulässt, wird die Krebserkrankung als solche, als Krankheit, die sich selbst aus unbeständigem Fort- und Rückschritt ausbildet, erfahr- und aushandelbar. Die Installation löst sich gerade durch diese Rupturen vom konkreten Einzelschicksal Cristina Lombanas und ermöglicht es, die achtzehn Videos in stets neuen Verhältnissen wahrzunehmen, wodurch sich ein kollektives Trauma in mannigfaltiger Form ausdrücken kann: Auf den Verlust von Haar, Augenbrauen und Wimpern folgt eine erneute Biopsie oder Radiotherapie, auf die Radiotherapie folgt das Fühlen eines weiteren Knotens in der Brust oder aber das Gefühl einer Wiedergeburt:
Cancer to me has been like a rebirth. It is difficult to talk. I haven’t cried about it. I’ve never thought that in my case cancer was a synonym with death. Never.31
Vorwärts, rückwärts – doing & undoing – man wartet und denkt. Diese Bewegung weg vom konkreten Einzelschicksal einer Protagonistin hin zu der Wahrnehmung der sie umgebenden Verhältnisse wird hier durch die Rupturen im Zeitfluss initiiert, eine temporale Verfremdung, wie sie auch Walter Benjamin unter Bezug auf Bertolt Brecht beschreibt, wenn er festhält, dass sich die Entdeckung der Zustände mittels der Unterbrechung von Abläufen vollziehe.32 Nach Benjamin soll die Unterbrechung im Zeitfluss, die er als „Chock“ begreift, die Einfühlung des Publikums in den Helden lähmen und stattdessen ein Staunen über diejenigen Verhältnisse lehren, in denen sich der Held – und davon ableitend auch das Publikum selbst – bewegt.33 Wie Nicola Gess herausgearbeitet hat, liegt Benjamins Überlegung ein geschichtstheoretisches Konzept zugrunde, das Zeit und Geschichte nicht als linearen, sondern sprunghaften Verlauf versteht; das epische Theater solle dementsprechend „keine linearen Geschichten erzählen, sondern über die Unterbrechung für die Kristallisation von Zuständen sorgen, in denen sich weit Auseinanderliegendes, seien dies widersprüchliche Handlungen und Aussagen oder eben zwei Zeitebenen miteinander verschränken“.34 Aus dieser Ruptur im Zeitfluss entsteht für Benjamin die Dialektik im Stillstand, die zum Staunen anregt und die Vergangenheit als kollektives Gedächtnis in einem „Jetzt der Erkennbarkeit“35 plötzlich wieder vergegenwärtigt.36
In Doing & Undoing. Poems from Within ist es wohl der elektronische Eigensinn der Installation, der diese Benjamin’sche Dialektik des Stillstandes provoziert. Elektronisch bedingt eröffnen sich die Rupturen im Zeitfluss erst im prozessualen Erfahren der Installation, so, wie sich auch die Zustände nur durch Zutun der betrachtenden Personen kristallisieren. Rupturen und Zustände entstehen erst durch das mannigfaltige Bedienen der Fadenspulen und entfalten sich in ihrer Bedeutung erst in der Verschränkung von konkretem Einzelschicksal und an die Installation herangetragenem kollektivem Trauma. So, wie die Verhältnisse, in denen sich Cristina Lombana bewegt, durch das Bewegen der Fäden greifbar werden, so wird man seiner eigenen Eingebundenheit habhaft und erfährt sich selbst als Teil dieser Verhältnisse. Dass die Videos sich durch die Sensibilität des Bildsensors dem Abspielen widersetzen können, von Störmomenten durchzogen sind oder sich gar selbst in Gang setzen oder aber dass Fadenspulen fehlen oder sich bereits leergezogen nicht mehr abspielen lassen, verdeutlicht dabei nochmals auf eindrückliche Art und Weise, dass in der Sphäre der Kunst Verhältnisse wahrgenommen und ausgehandelt werden können, dass wir aber selbst stets nur Teil davon sind und sie deshalb doch nie gänzlich bestimmen können.
„Uno siente, que su imagen es de una persona de tiene cáncer“ (zitiert aus der Arbeit Doing & Undoing. Poems from Within von Alexandra Gelis). Hier und im Folgenden wird der Text in der englischen Übersetzung der Künstlerin wiedergegeben.
Im Folgenden wird der englische Werktitel verwendet. Doing & Undoing. Poems from Within wurde anlässlich der Gruppenausstellung The Recipe. Making Latin-American Art in Canada / La recette. Faire de l’art latino-américain au Canada in Toronto in der Sur Gallery (2018) und in der Galerie Oboro in Montréal (2020) gezeigt. Wie der Titel der Gruppenausstellung bereits andeutet, gehört Alexandra Gelis zu einer Reihe lateinamerikanischer Künstler*innen, die in Kanada leben und arbeiten. Ihr Œuvre umfasst sowohl filmische als auch installative Arbeiten; auffällig ist ihr Verhältnis zu Fragen des Exils, zu Materialität und elektronischer Interaktivität. Die kurzen Ausstellungsbroschüren, verfasst von den Kuratorinnen Analays Alvarez Hernandez und Daymi Coll Padilla, sind zwei der wenigen Forschungstexte zu ihrem Schaffen (vgl. Analays Alvarez Hernandez u. Daymi Coll Padilla, The Recipe. Making Latin-American Art in Canada, Oboro, 2020; Analays Alvarez Hernandez u. Daymi Coll Padilla, The Recipe. Making Latin-American Art in Canada, Sur Gallery, Toronto, 2018).
Im Folgenden wird der englische Werktitel verwendet.
Im Folgenden wird der englische Werktitel verwendet.
Vgl. David Summers, Real Spaces. World Art History and the Rise of Western Modernism, London, 2003, insbes. S. 15–28. Diese Perspektive verdanke ich dem von Fabienne Liptay geleiteten Forschungsprojekt Exhibiting Film. Challenges of Format am Seminar für Filmwissenschaft der Universität Zürich.
Der hier vorliegende Aufsatz ist durch den engen Austausch mit Alexandra Gelis zustande gekommen. Besonders im Vorfeld der genannten Ausstellung haben wir uns intensiv über die hier besprochenen Arbeiten und ihre Ausstellungsspezifika unterhalten.
Aufgrund der kategorischen Unabgeschlossenheit dieser Werke passt Gelis die Werktitel laufend an. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass alle Arbeiten von Alexandra Gelis, in denen sie sich mit der Krebserkrankung ihrer Mutter beschäftigt, mit Doing & Undoing betitelt werden. Radiotherapy und Exits and Entries verstehen sich in diesem Sinne als Untertitel.
„Tengo en mi cuerpo cuatro puntos tatuados que me acompañan para siempre como una gran cruz, cada uno dolió como una puñalada una marca indeleble que aseguró mi posición exacta en la máquina que aplica las ondas de radio para no dañar tejidos que permanecen sanos“ (zitiert aus der Arbeit Doing & Undoing. Poems from Within).
Vgl. Mary Ann Doane, „Scale and the Negotiation of ,Real‘ and ,Unreal‘ Space in the Cinema“, in: Realism and the Audiovisual Media, hg. v. Lúcia Nagib u. Cecilia Mello, Basingstoke, 2009, S. 63–81, hier S. 74.
Für diesen Gedanken zum Glauben an ein Wunder danke ich Fabienne Liptay.
Summers, Real Spaces, S. 18.
In diesem Kontext sei weiterführend auf den Aufsatz „Ageism and Feminism. From ,Et Cetera‘ to Center“ von Toni Calasanti, Kathleen F. Slevin und Neal King verwiesen (in: NWSA Journal, 18 [1], 2006, S. 13–30).
Gelis dokumentiert die Geschichte und den Zerfall dieses Ortes bereits seit mehreren Jahren in Form ihrer Workshopserie conSECUENCIAS, in der sie mit Jugendlichen vor Ort zusammenarbeitet. Weitere Infos dazu unter
„Unos segundos antes acaban de llevar a mi mamá para hacerle una biopsia“ (zitiert aus der Arbeit Doing & Undoing. Poems from Within).
„Estoy temblando de los nervios …“ (zitiert aus der Arbeit Doing & Undoing. Poems from Within).
Die Aufnahmen der GoPro entstanden durch die Initiative von Alexandra Gelis’ Bruder, Alejandro Cadavid Lombana.
Walter Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, Frankfurt am Main, 1980, S. 32.
Doane, „Scale and the Negotiation of ,Real‘ and ,Unreal‘ Space in the Cinema“, S. 73.
„Hace dos años mi madre fue diagnosticada con cáncer. Las dos aprendemos a tocar“ (zitiert aus der Arbeit Doing & Undoing. Poems from Within).
Mit dem Begriffskonzept des ,Haptischen‘ wird hier und folgend an Laura U. Marks’ Begriff der haptic visuality angeknüpft, wie sie ihn in The Skin of the Film. Intercultural Cinema, Embodiment, and the Senses (Durham, NC, 2000) theoretisiert hat.
Ebd. S. 129.
Eine ähnliche Beobachtung bezüglich der Annäherung an innere Wunden über die äußeren beobachtet Marks an Roula Haj-Ismails I Wet My Hands Etched and Surveyed Vessels Approaching Marks Eyed Inside (vgl. ebd. S. 156–157).
Vergleichbares beschreibt Matt Brennon in „Bodies Politic / Body Politics. The Political and the Personal in Contemporary Film Essays“ (in: Bright Lights Filmjournal, 2011,
Diesen Gedanken formuliert Marks in ähnlicher Weise hinsichtlich Mona Hatoums Measure of Distance und der Frage, wie Hatoum den nackten Körper ihrer Mutter darstellt: „Haptic images can give the impression of seeing for the first time, gradually discovering what is in the image rather than coming to the image already knowing what it is“ (Marks, The Skin of the Film, S. 178).
Zum Diskurs über den Okularzentrismus sei weiterführend auf Martin Jays Buch Downcast Eyes. The Denigration of Vision in Twentieth-Century French Thought (Berkeley etc., 1993) verwiesen.
Marks, The Skin of the Film, S. 5, vgl. auch ebd. S. 22.
Marks begreift den Terminus intercultural als Kontext, der nicht auf eine einzige Kultur begrenzt werden kann: „,Intercultural‘ indicates a context that cannot be confined to a single culture. It also suggests movement between one culture and another, thus implying diachrony and the possibility of transformation. ,Intercultural‘ means that a work is not the property of any single culture, but mediates in at least two directions.“ (Ebd. S. 6).
Vgl. ebd., S. 2 u. S. 7.
„Hacia Febrero del año 2017, tuve mi primera experiencia con una como una biopsia en mi cuerpo. Biopsia en el seno izquierdo: fueron cuatro pinchadas, en las tres primeras no sentí absolutamente nada, la cuarta llegué a sentir un poco de dolor pero fue una cosa muy rápida. Resultado: cáncer de seno, cáncer de mama, en la mama izquierda, con un tumor de aproximadamente tres a cuatro centímetros“ (zitiert aus der Arbeit Doing & Undoing. Poems from Within).
„Recuerdo que un día me puse un brasier, que se salía una puntita aquí. Y me dije, creo que no debo volver a ponerme ese brasier por que me puede causar un problema. Y justamente en ese punto, un día me toqué y allí había algo. Una bolita que nunca había visto. Estamos hablando de Julio 2016 más o menos“ (zitiert aus der Arbeit Doing & Undoing. Poems from Within).
„El cuerpo dice no doy más, y empieza el cabello a caer aparatosamente en la boca, en la comida, en la cama, en todas partes. Sí me tocó enfrentarme a mi imagen sin cabello ante el espejo. Eso en ningún momento me asusto, a mí lo que me lo que me preocupaba era adivinar esas células reflejadas en mi mirada“ (zitiert aus der Arbeit Doing & Undoing. Poems from Within).
„Para mí el cáncer siempre ha sido sinónimo de renacimiento. Me cuesta trabajo hablar … No he llorado por este tema, nunca en ningún momento me ha pasado por la mente que en mi caso, el cáncer sea sinónimo de muerte. Jamás!“ (zitiert aus der Arbeit Doing & Undoing. Poems from Within).
Vgl. Walter Benjamin, „Was ist das epische Theater?“, in: Gesammelte Schriften, Bd. II, hg. v. Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser, Frankfurt am Main, 1991, S. 519–531, hier S. 522, zit. n. Nicola Gess, Staunen. Eine Poetik, Göttingen, 2019, S. 116.
Vgl. Benjamin, „Was ist das epische Theater?“, S. 535, zit. n. Gess, Staunen, S. 115–116.
Gess 2019, S. 116–117.
Walter Benjamin, Gesammelte Schriften, Bd. I, Frankfurt am Main, 1974, S. 1243, Anm. 79.
Vgl. Gess, Staunen, S. 117–121.