Re-Building Virtuality: Lebensweltliche Mikrokosmen und die Referenzialisierung des 3D-Design in der Gegenwartskunst

In: Bildhafte Räume, begehbare Bilder
Author:
Annette Urban
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Virtuelle Welten im Zeichen von Verlebensweltlichung

Auf mehreren Ebenen lässt sich aktuell beobachten, wie eine letztlich schon lange sich ankündigende, vor allem in Zukunftsvisionen der Computerisierung1 vorweggenommene Entwicklung zu voller Entfaltung kommt: Technologien des Virtuellen finden inzwischen in fast allen gesellschaftlichen Bereichen Anwendung, und der Umgang mit einer künstlich erweiterten oder gänzlich synthetischen ‚Realität‘ ist in den allgemeinen Erfahrungsschatz und das Alltagsleben übergegangen. So heißt es in den meisten Diskursen zur Virtualität und zum Post-Digitalen fast unisono, dass On- und Offline bzw. Virtuelles und Reales keineswegs mehr Gegensätze, sondern ein Kontinuum der Mixed- bzw. Extended Realities2 bilden. Vor diesem Hintergrund erscheint es erhellend, diesen Paradigmenwechsel nicht nur als Normalisierung, sondern als einen Prozess der Verlebensweltlichung zu beschreiben.3 Derart lässt sich der Wandel genauer anhand des Gegensatzes bestimmen, in den das nun als Teil von Lebenswelt verstandene Virtuelle offenbar zur älteren Idee von Virtual Reality als eigener Welt tritt. Dieser wirkmächtige Topos aus den Debatten der 1990er Jahre zu Cyberspace4 und ‚immaterieller‘ VR-Kunst hat den Entwurf alternativer bzw. spektakulär andersartiger Welten privilegiert, die sich vom Alltag ganz entfernten oder dessen Ist-Zustand revidieren wollten und nicht selten Raum-, Körper- und Geschlechtergrenzen zu verflüssigen versprachen. Insbesondere die virtuellen Welten der Kunst erwiesen sich zudem der Realität enthoben, insofern sie eine gesteigerte, ich-zentrierte Erlebnisintensität und sogar Wunscherfüllung offerierten.

Doch so erhellend diese polare Zuordnung in vielerlei Hinsicht ist, so erweist sie sich in anderer als zu einfach. Denn die Verschmelzung des Virtuellen mit Lebenswelt(en) zeigt sich keineswegs nur in der Aufkündigung von Welthaftigkeit und der Aufsplittung in unterschiedlichste Teilsysteme und Anwendungsbereiche wie Medizin, Bildung, Arbeit etc. Ebensowenig fällt die Verschmelzung restlos mit dem Übergang zum Konkurrenzmodell des Ubiquitous Computing in Eins, auch wenn dessen unauffällig in Dinge und Umwelt integrierte, sogar leibnahe Schnittstellen – wie die unmittelbar in die analoge Welterfahrung eingeblendete Augmented Reality5 – als Paradefälle von Verlebensweltlichung gelten. Vielmehr lohnt ein genauerer Blick darauf, inwiefern auch apparativ nach innen gekehrte, in sich abgeschlossene virtuelle ‚Welten‘, wie sie die immersiv-multisensorischen Erfahrungsräume in Datenbrillen-basierten VR-Umgebungen und Computerspielen bieten, an dieser Entwicklung teilhaben. Hierfür liefert die Gegenwartskunst, die derzeit eine erneute Euphorie für VR erlebt und zumindest vordergründig oftmals an der Inszenierung spektakulär-andersartiger Welten festhält, einige signifikante Beispiele.

Um zu untersuchen, auf welche Weise Verlebensweltlichung und künstliche VR-Welt sich keineswegs ausschließen, wird im Folgenden danach gefragt, wie sich das ‚Bauen‘ virtuell-möglicher Welten auf Relikte der vorhandenen Welt stützt. Auch hierin zeigt sich eine Neubewertung der überholten Dichotomie. Denn in die im Virtuellen scheinbar gottgleiche Welt(en)schöpfung und den vermeintlich voraussetzungslosen Entwurf, der von den Gesetzmäßigkeiten der Physik befreit ist,6 fließen durchaus ein Nachbilden, Konservieren sowie Bewahren mit ein. Unter Referenzialität als einem Kernmerkmal der heutigen Kultur der Digitalität wird zuerst einmal ein Referenzi(alisi)eren im Sinne des Bezüge-Herstellens verstanden. Verstärkt werden die kollektiven, kulturstiftenden Prozesse der Bedeutungsbildung an das einzelne Subjekt delegiert, d.h. entprofessionalisiert und zu einer Alltagsanforderung.7 Über diese von Felix Stalder angesprochenen Praktiken des „Filtern[s] und [der] Bedeutungszuweisung“8 hinaus soll es im Folgenden konkreter auch um Referenzialität als ein Verfahren des Herstellens und um die generative Kraft des Indexikalischen gehen. Solche Rückgriffe auf quasi dokumentarische, als ‚echt‘ konnotierte Elemente aus der ‚realen Welt‘ zum ‚Bau‘, zur ‚Möblierung‘ oder Belebung virtueller Welten werden begünstigt durch technische Verfahren wie softwarebasierte Photogrammetrie, 3D-Scanning oder auch Motion Capture. Alle drei intervenieren in die vordergründige Creatio ex nihilo virtueller Objekte, Architekturen und Kreaturen, die aus zuerst geometrisch-abstrakten, dann immer feineren Polygonstrukturen möglichst natürliche, teils organisch-humanoide Formen bildet und diese mit einer texturierenden Oberfläche bekleidet. Teile dieses Prozesses werden durch diejenigen virtuellen Klone optimiert bzw. rationalisiert, die auf Basis realer Objekte oder auch zweidimensionaler Abbildungen über 3D-Scanning bzw. Messbild-Fotografie, Punktwolken-Erstellung und finales Rendering entstehen.

Aus diesen, erst ansatzweise beschriebenen Verschränkungen von Scannen, Photogrammetrie und Modellieren9 gehen am Ende der Prozessierung von Datensätzen jeweils re-visualisierte, ja sogar multi-sensorisch erfahrbare Outputs hervor. Über sie lohnt es als virtuelle Doubles nachzudenken. In VR-Umgebungen laden sie zu Formen der Untersuchung, Erkundung und Erfahrbarkeit ein, die sich gegenüber dem Original keineswegs reduziert, sondern deutlich erweitert zeigen. Dies macht sie für die Wissenschaften, z.B. bei 3D-Rekonstruktionen kulturhistorisch bedeutsamer Stätten, dienlich. Solche Anwendungsfelder liefern zugleich Impulse zur Konzeptualisierung des ambiguen Status zwischen Rekonstruktion und Modell. Zusammen mit der Theoriebildung zu Entwurfspraktiken und -artefakten helfen sie die Spezifik virtueller Objekte und Räume zu präzisieren.10 Erst recht kaum erforscht ist die Amateurisierung der inzwischen als Smartphone-Tool verfügbaren und in Online-Tutorien erlernbaren 3D-Photogrammetrie bzw. LiDAR-Scanning-Technologie.11 Das Rekonstruktionsbemühen verschiebt sich damit auf authentische, aber nicht selten banale und nur individuell erinnerungswürdige Objekte und Orte des Alltags. Die ausgewählten künstlerischen Beispiele setzen bei genau solchen persönlichen, lebensweltlichen Mikrokosmen an. Sie positionieren sich damit entgegen der derzeit florierenden Expansionen des Virtuellen. Wie diese totalisierenden virtuellen Universen namens Decentraland oder Metaverse machen sie sich Schnittstellen von (Meta-)Gaming,12 Online-Kultur und VR-Entwicklung zu eigen. Im Gegensatz dazu fügen sich ihre immersiven „Kleinstwelten“13 jedoch aus Elementen oder auch Relikten individueller Lebenswelten zusammen, die paradoxe Spuren des Gelebten und virtuelle Patina14 tragen. Um virtuelle Objekte und Umgebungen als Teil einer weniger öffentlichen denn persönlichen Kultur der (Welt-)Aneignung und des Erinnerns zu befragen, ist die Forschung zur Datenphysikalisierung hilfreich: Dort steht vor allem der nachfolgende Schritt der Re-Analogisierung abstrakter Daten z.B. mithilfe von 3D-Druck im Fokus. Gemeinsam ist jedoch die Frage der individuellen Bezugnahme auf latente Objekte, die im Zuge der De- und Rematerialisierung mit affektivem Wert versehen und zum Teil als Unikate re-auratisiert werden.15

Damit aber gewinnt die längst verabschiedete virtuelle Verdopplung der Realität noch einmal an Komplexität hinzu. Denn auch wenn schon früh das Zwei-Welten-Modell der Ersetzung der realen durch eine konkurrierende virtuelle Realität widerlegt und dem Verständnis von Virtualisierung als Pluralisierung der Weg geebnet wurde,16 blieben Referenzialität und Re-Situierung nicht selten davon ausgeschlossen.17 Heute hingegen wird World-Building, als in der Phantastik, (SF-)Literatur oder im Game Design verankertes Konzept,18 im Virtuellen durchaus mit einem Place-Making verbunden.19 Und der erweiterte Begriff vom Konstruieren, der das Verstehen von Welt ebenso einschließt wie das phänomenologische In-der-Welt-Sein, hat, im Anschluss an Heidegger, auch im Virtuellen den engen Konnex von Bauen, Wohnen und Denken hervortreten lassen.20 Auf diese Weise eröffnen sich für das Nachdenken über digitale 3D-Rekonstruktionen weiterführende Perspektiven: Während sie bisher vorrangig als Wissensarchitekturen verstanden werden, die Zugang zu Datensammlungen gewähren und neue Hypothesenbildungen ermöglichen, hat Inge Hinterwaldner die Vernachlässigung ihrer spezifisch architektonischen Verfasstheit konstatiert. Damit verbindet sich u.a. die Qualität des Bewohnens, wenngleich Hinterwaldner konzediert, dass sich das Bewohnen in digitalen Rekonstruktionen zur Exploration hin verschiebe.21 Oder aber – so ließe sich mit den im Folgenden diskutierten künstlerischen Beispielen argumentieren – es treten neue Allianzen von Bewohnen und Explorieren hervor, die kognitive und psychomotorische Fähigkeiten, Re-Konstruktion und Kreation, Erinnern und Immanenz verbinden.

Erinnernde Rekonstruktion und der taktil aufzehrende Blick bei Rachel Rossin

Die US-amerikanische Künstlerin Rachel Rossin hat seit Mitte der 2010er Jahre an der aktuellen Wiederentdeckung von VR als künstlerischem Medium Anteil. Ihre Datenbrillen-gestützten VR-Experiences stellt sie gemeinsam mit ihren Gemälden aus und stiftet so intermediale und interpikturale Bezüge. Generell ist Rossin an der Responsivität von VR-Technologie interessiert, die sie dezidiert zweiseitig interpretiert. Ebenso wie die Betrachter:innen die vorgefundene Welt interaktiv beeinflussen können, spricht die Künstlerin ihren VR-Werken eigene Fähigkeiten zu: „[…] the work is programmed with a crude type of ‚sentience‘ – [it] has an awareness of the viewer“.22 Insbesondere zwischen Raum und Zeit als Grundkoordinaten menschlicher Selbstverortung werden derart jenseits des physisch Möglichen Korrelationen und Kausalitäten verkehrt. In The Sky is a Gap (2017) etwa nutzt sie die damalige VR-Innovation des Room-Scale, d.h. des Tracking nicht nur des Kopfes, sondern des gesamten Körpers, um das „räumliche Tracking“ auf die „Skalierung der Zeit nach oben und unten“23 zu übertragen. In Abhängigkeit von der Bewegung im Ausstellungsraum zersplittert so die Architektur, die dieser VR-Arbeit als Demonstrationsobjekt zugrunde liegt und zwischenzeitlich als Gitterzeichnung eines intakten Wohnhauses sichtbar wird. Indem die User:innen motorisch die Geschwindigkeit und den Ablauf der Zerstörung beeinflussen, stellt sich die virtuelle Manipulierbarkeit von Zeit als Verfügungsmacht über Prozesse der Destruktion und Re-Konstruktion dar.

Während The Sky is a Gap das mit tricktechnischem Rücklauf assoziierte Faszinosum einer schlagartig reversiblen Explosion in den Mittelpunkt rückt, ist für den vorliegenden Zusammenhang eine frühere architekturbezogene VR-Arbeit von Rossin noch interessanter. I Came and Went as a Ghost Hand. Cycle 1 (2015; Abb. 12.1a–d) basiert auf tatsächlich existenten, teils nur noch erinnerten Räumen von privater Bedeutung für die Künstlerin. Dazu zählen verschiedene Studios samt Inventar wie einem Computer, ihr Zuhause aus Kindertagen oder spätere Appartements u.a. mit einem gut gefüllten Kühlschrank. Zu diesen autobiografisch aufgeladenen Räumen steht die VR-Welt durch 3D- Scans und Photogrammetrie in einem referenziellen und sogar indexikalischen Verhältnis der Re-Konstruktion.

Abb. 12.1a–d
Abb. 12.1a–d

Rachel Rossin, I Came and Went as a Ghost Hand, Cycle 1, 2015, VR-Installation (Oculus Rift), VR Captures. Courtesy R. Rossin.

Mittels photogrammetrischer Erfassung, Laser-Scan und der Ausgabe in 3D entstand ein via Datenbrille begehbarer Raum, der die spezifische Objekthaftigkeit und Architektonik des Virtuellen ins Licht rückt und mit der Haptik und Materialität des Digitalen verknüpft ist. Damit erweist sich die „Trennung von logischer Struktur und materiellem Substrat“, die Jens Schröter 2006 mit Blick auf computersimulierte Modelle und das Rendering von Skulpturen als „Kern des Virtuellen“24 bestimmt hatte, als zunehmend unscharf. Gerade 3D-Rekonstruktionen belegen Inge Hinterwaldner zufolge eine Integration des Analogen nicht nur in die digitale Sphäre, sondern auch seine Vereinbarkeit mit dem Virtuellen, vorausgesetzt, man versteht letzteres modelltheoretisch inspiriert weniger von Optik und (technologischer) Medienspezifik her denn als implizite Aufforderung zur Handlung.25 „Dieses aktionsbezogene Virtuelle der Artefakte“26 eröffnet neue mögliche Umgangsweisen, weil sich in den Transfers von Bildern zu Modellen deren Darstellungskonventionen und inhärente Handlungsangebote aneinander reiben. Zudem verbinden sich die Herstellungsweise in 3D und der Umgang mit dem Virtuellen hier mit dessen ontologisch-spekulativem Potenzial. Kathrin Friedrich sieht in der „Medienpraktik des Scannens“ die Tendenz bestehen, „dass [sie] zukünftig auf eine engere und rückgekoppelte Verbindung von physischen und digitalen bzw. symbolischen Ontologien gerichtet sein wird.“27 Dies impliziert auch, dass sich die Logiken der Repräsentation und Operativität, Kognition und (Körper-)Praxis verschränken. Simon Penny zufolge hat sich Virtualität seit den 2000er Jahren vor allem durch solche Interfaces erweitert, die für Weltbezüge adäquat sind: Post-kognitivistisch gewendet, rücken die „verkörperten, situierten und materiellen Aspekte“ der Kognition selbst sowie „performative Relationen zwischen Artefakten und Welt“28 in den Fokus. Somit ist der Status virtueller Objekte als zugleich epistemisch und pragmatisch bestimmt.

In Rossins I Came and Went as a Ghost Hand nun strahlen die 3D-Repliken zuerst einmal eine „unheimliche Wahrhaftigkeit“29 aus. Teils fotogetreue, authentisch ‚unscharfe‘, teils diffus-vernebelte, substanzlos erscheinende Oberflächen verbinden sich mit einer eigentümlich aufgedunsenen, an den Konturen partiell ausfransenden Plastizität. Sie resynthetisieren die verfahrenstechnisch aufgespaltenen, einerseits genuin bildlichen, andererseits aus Abstandsdaten bestehenden Zwischenzustände zu halb flächigen 3D-Gebilden, ähnlich einer soften, destrukturierten Skulptur bei Claes Oldenburg oder Franz West. Der so erzeugte Realitätseffekt unterscheidet sich u.a. durch die virtuelle Patina30 der in ihrer Oberfläche und Substanz angegriffenen Repliken vom ‚Realismus‘ virtueller Gebilde, die sich allein von Polygon-Primitiven ableiten und ebenfalls oft mit fotografischen Texture Maps bekleidet sind. Zusätzlich treten in Rossins VR-Werk auch polygonal facettierte Objekte und Raumelemente in Erscheinung, die mitunter zu vollkommen planaren, papierähnlichen und gleichwohl schattenwerfenden Ebenen verflachen. Durch das Nebeneinander mit solideren, taktil stärker affizierenden 3D-Objekt-Repliken stellt diese VR-Welt ihre unterschiedlichen Aggregatzustände aus, die auf ein beständiges (Re-)Making und Unmaking anspielen.

Unterstützt wird dieser Eindruck durch die fragile Materialität nicht nur der Einzelelemente, sondern der gesamten architekturähnlichen Großstruktur. Ihre fragmentarisch-ruinöse Ästhetik verhandelt weniger Geschichtlichkeit, als dass sie durch verschiedene Mikrotemporalitäten belebt ist. Statt einzelne Innenraum-Scans, analog zu einer ortsfesten Sedimentierung von Vergangenheiten, palimpsestartig zu schichten, werden diverse Orte aus unterschiedlichen biografischen Phasen baulich (re-)synthetisiert. Es entsteht ein äußerst bruchstückhafter Baukörper, der aber doch ein verhältnismäßig kohärentes Treppenhaus-Teilstück, Geschosseinteilungen sowie verbindende bauliche Infrastruktur wie Rohre, Lüftungsschächte oder Klimaanlagen erahnen lässt. Die im virtuellen Raum fast grenzenlose Perspektivierbarkeit des Architektur-Objekts wird durch das Schweben in einem deterritorialisierenden Void auf die Spitze getrieben, ohne dass eine (kunst-)historisch und archäologisch übliche Wiederherstellung fehlender Teile oder einbettende Kontextualisierung für Erdung sorgt. Vielmehr sind sich die bei Rossin dominierenden Interieurs, die nur an wenigen Stellen von landschaftlichen Chiffren gesäumt werden, Welt genug. Analog zu einem zentralen Topos von VR herrscht darin ein schwereloses, steuerbares Schweben, das Margaret Morse als prototypisch für deren eigentlichen, immersiv fundierten (Realitäts-)Effekt bestimmt hat – „as if my gaze itself was creating (or performing) this world“.31 Im Unterschied zu den an einen optischen Überblick geknüpften Phantasmen von territorialer Allmacht und „super-power“32 erschließt sich dem oder der User:in in I Came and Went as a Ghost Hand erdentbunden gleitend indes eine alltägliche Binnenarchitektur, die sich gewohnten räumlichen Vollzügen entzieht. Auch hier bietet sich das Erlebnis sonst unmöglicher Auf- oder Untersichten, die im praktischen Vollzug Erkenntnis stiften, wenn erst durch Veränderung des Blickwinkels vertraute Gegenständlichkeit als solche wiedererkennbar wird. In dieser lückenhaften Objektkonstanz manifestiert sich eine charakteristische Latenz im Virtuellen. Die verkörperte, multimodale VR-Erfahrung,33 die neben dem Sehsinn vor allem Kinästhesie und Propriozeption involviert, erlaubt bei Rossin eine spezielle Überkreuzung von sinnlichem Vermögen und Handlungsoptionen. Fortbewegung korreliert nicht nur mit der Blickausrichtung, sondern wird gänzlich von der Kopfbewegung abhängig gemacht. Sie beeinflusst schon durch geringfügige Bewegung und ihre Geschwindigkeit die Positionsveränderung im virtuellen Raum, so dass es in dieser Umgebung kaum Stillstand und Kontemplation gibt. „VEs [Virtual Environments] engage the body as kinaesthetic input via the specialised interface devices that not only permit but require bodily actions […]“,34 wie Jacqueline Ford Morie konstatiert hat. In dieser Hinsicht lässt Rossins besondere Interface-Konstellation Schauen, Gehen und zudem auch Begreifen ineinanderfließen.

Darauf deutet zusätzlich die kleine weiße Ghost Hand hin, die mithilfe von spielerisch zwei Beine imitierenden Zeige- und Mittelfingern ebenso schwebend durch den Raum ‚geht‘, als plastisches Gebilde Schatten wirft und zugleich körperlos-geisterhaft durch Wände diffundiert. Diese Variante des „avatarischen (Re-)Embodiment“, für das auch schon „Körperteile oder andere Zeichen von Körperlichkeit“35 ausreichen, läuft in einem gestisch-interaktiven Sinne ins Leere: Greif- und Tastfunktion sind ausgespart. Stattdessen geschieht ein zweifaches Virtual Embodiment über ähnliche körperliche Vollzüge. Der oder die User:in identifiziert sich mit dem Bewegungsmodus und Aktionsradius der solitären Hand und gewinnt einen Anhaltspunkt zur besseren Orientierung, kann sie aber nicht steuern und bleibt selbst ohne figürliche Körperrepräsentation. Die Substituierung des Greifens fällt umso mehr auf, als sie der auffälligen Plastizität der 3D-Scans und deren Affordanz widerstrebt. Zuerst kaum bemerkt, belehnt die Künstlerin jedoch den Betrachter:innenblick als Motor des permanenten Echtzeit-Feedbacks, der die Interaktion und die „Route durch das Stück“36 bzw. dessen Verlauf steuert, mit quasi-haptischem Vermögen. Als Vehikel der Fortbewegung sorgt der Blick zugleich dort, wo er auftrifft, für weitere Zerstörung der bruchstückhaften Architektur, so dass sich die virtuelle Dinglichkeit im Zuge ihrer Exploration fortschreitend aufzehrt. Hierfür belegt Rossin den durch Software zugerüsteten Blick durch das Head-Mounted-Display mit einem Entropy Script, wie es in Shooter-Spielen für die Flugbahnberechnung von Projektilen benutzt wird.37 Damit verkoppelt sich die virtuelle Re-Konstruktion, die mittels Smartphone-Fotos und eines handlichen LiDAR-Scanners geleistet wird, stets mit ihrer eigenen De-Konstruktion. Das vertraute, getreu ‚abgedruckte‘ Inventar ist in der VR aufgrund des blickbasierten Interfaces gerade nicht handhabbar. Der taktil gewordene Blick höhlt die Substanz der umgebenden Dinge und Architekturen weiter aus und führt die instabile Materialität des Digitalen sowie die Objektlatenz im Virtuellen vor.

Die Künstlerin selbst schließt diesen Prozess, der die mediatisierte (Wieder-)Aneignung einer mit (autobiografischer) Erfahrung gesättigten Welt mit deren schrittweiser Auslöschung verbindet, mit den mentalen Eigenheiten „sowohl unseres physikalischen als auch digitalen Gedächtnisses“38 kurz. Sie analogisiert die Durchlöcherung der digitalen Materie nicht nur mit dem auf Selektivität und Vergessen basierenden Vermögen des menschlichen Gedächtnisses, sondern mit der lossiness von Daten, die Kompressions-Algorithmen zugunsten von deren Austauschbarkeit und Zirkulation erzeugen. Anders als eine wissenschaftliche ist diese künstlerische 3D-Rekonstruktion aus einer subjektiv mit Low-Tech statt kollektiv erstellten und ausgewerteten Datensammlung entstanden. Gleichwohl lässt sich darin mit Rossin eine „allegory of exchange“39 sehen, die verhältnismäßig ‚arme Bilder‘40 in ihrem durch Austausch erhöhten affektiv-sozialen Wert untersucht. Der Nutzer:innen-Blick bohrt sich buchstäblich durch den virtualisierten Mikrokosmos und macht VR zu einem Medium der verteilten Aneignung, das die Ortsbezogenheit gerade des autobiografischen Gedächtnisses41 intersubjektiv erfahrbar machen kann. Über den oder die solitäre:n Nutzer:in hinaus schreibt sich die Rezeption einer ganzen Gruppe aufeinanderfolgender Nutzer:innen in die Inworld-Architektur ein, die zunehmend von deren Trajektorien durchzogen wird. Hieraus entsteht eine kollektiv erzeugte, ephemere Unikalität, da das VR-Kunstwerk nach jedem der 24-stündigen Resets auf neue Weise durch die sich kumulierende Rezeption modifiziert wird.

Der programmiertechnische Terminus des „Lebenszyklus“42 dieses ‚sentient artwork‘ deutet darauf hin, dass sich der virtuelle Mikrokosmos auch zeitlich den rhythmischen Mikrotemporalitäten des Alltagslebens anpasst und ein Repertoire wiederkehrender Wege verzeichnet. Und dank des einfach gehaltenen, blickgeleiteten Interface prägt sich ein ‚Bewusstsein‘ für Blicke und Wege nicht nur ‚im‘ Werk, sondern auch bei dessen Nutzer:innen ein. So unübersichtlich sich die zunehmend fragmentarische, bodenlose Architektur präsentiert, so ermöglicht sie aufgrund der eingestreuten, photogrammetrisch-lebensechten Winkel doch die Erfahrung unterschiedlicher Raumqualitäten (Abb. 12.2a–d): Von intimen Nischen, in denen sich wie aus dem Leben gegriffen ein Kaktus-Stillleben auf einem Küchentisch befindet und sogar vereinzelt der Körper der Künstlerin als Bodyscan zugegen ist, gleitet oder diffundiert der oder die User:in in zerfaserte Zonen, die Rossin als akkordeonartig gefaltete, architektonische 3D-Dioramen charakterisiert: Deren Spiel mit Nähe und Distanzen mithilfe eines „virtual fog“43 leitet nicht zuletzt in die VR-internen Plein-air-Szenerien und extern in die zugleich ausgestellten Gemälden über. Der vordergründig körperlose Blick erfährt durch die Raumkompressionen im Durchwandern einen starken Effekt der Verkörperung (embodiment), so dass sich in dieser 3D-Rekonstruktion eine besondere Verbindung von Explorieren und Wohnen einstellt.

Abb. 12.2a–d
Abb. 12.2a–d

Rachel Rossin, I Came and Went as a Ghost Hand, Cycle 1, 2015, VR-Installation (Oculus Rift), VR Captures. Courtesy R. Rossin.

Der digitale Nachbau als Gameplay – fleuryfontaine

Durch die photogrammetrischen Verfahren steht Rossins VR-Experience für eine baulich-virtuelle Welt, die sich als Rekonstruktion in der subjektgebundenen Lebenswelt verankert. Dabei geht es vorrangig um deren Rezeption, welche durch Eingriffe in die bauliche Substanz zu einem gewissen Grad koproduktiv wird. Den Produktions- als Entstehungsprozess rückt hingegen das zweite Werkbeispiel ins Zentrum, die u.a. installativ gezeigte Videoarbeit Ange / I Would Prefer not to (2019) des französischen Künstlerduos fleuryfontaine (Antoine Fontaine und Galdric Fleury), die deutliche Züge eines Making-of trägt.44 Die beiden Künstler schaffen hier die 3D-Replik eines authentischen Weltausschnitts, indem sie über eine Online-Kommunikationsplattform mit einem jungen Mann in Kontakt treten. Mit diesem besprechen sie den Nachbau seines Zuhauses innerhalb eines Gaming-Szenarios und teilen die jeweils aktuelle Dateiversion, so dass die virtuell reproduzierte Welt im Zuge der Erprobung durch ihren Bewohner schrittweise perfektioniert wird. Erneut haben wir es mit der Transformation eines höchst persönlichen Mikrokosmos in eine virtuell begehbare Replik zu tun, die – im Unterschied zu Rossin – nicht in erster Instanz Produkt einer primär autobiografischen Erinnerungsarbeit der Künstlerin selbst ist. Vielmehr entsteht sie kollaborativ und unabhängig von einer gemeinsam klar definierten Zielsetzung, impliziert aber durchaus auch Aspekte des Erinnerns. Dies evoziert Parallelen zum World-Building in Open World Multiplayer Online Games, wenngleich kein tatsächlich verteiltes Bauen45 oder Game Modding zugelassen ist. Unter seinem Klarnamen begegnen wir Ael, bretonisch für Ange bzw. Engel, der – ohne je im Bild zu erscheinen – allein durch seine im Voice-over zu hörende Stimme und markante Sprechweise für starke Authentizitäts- und Ko-Präsenz-Effekte sorgt (während die Stimmen der beiden Künstler eliminiert sind). Nach der vorsichtigen, bildlosen Kontaktaufnahme via discord, deren O-Ton das Intro der Videoarbeit unterlegt, lässt sich Ael auf die gemeinsame Rekonstruktion seines bescheidenen, wenig mehr als Schreibtisch, Computer und Bett umfassenden Zuhause ein. Angesichts seiner radikal in Online-(Spiel-)Welten verlagerten Existenz, die er seit vielen Jahren als so genannter Hikikomori führt, muss ihm dieses Zuhause eigentlich kaum des Aufwands wert erscheinen. Umgekehrt hat natürlich dessen Transfer in die mediatisierte Form einen hohen Reiz, und der ganze Nachbau im Virtuellen wird unterschwellig als Mittel für darüber hinausreichende, letztlich lebensweltliche Zwecke – des Gesprächs, sozialen Kontakts bis hin zur quasi-therapeutischen Traumakonfrontation – erkennbar. Gegenüber der Kollaboration erweist sich die Position der Zuschauer:innen der Videoinstallation als weniger (inter-)aktiv, wenngleich sich durch die Übernahme der gamifizierten First-Person-Perspektive im Videofilm ebenfalls ein verdoppeltes Virtual Embodiment, jedoch ganz ohne sichtbare avatarische Körper, vollzieht.

Auch bei fleuryfontaine kommt also die Schnittmenge zwischen virtuellen Welten und Gaming zum Tragen, die sie wie Rossin in minimalistische Formen überführen. Einige ihrer Werke nennen sie Video Toys als Hinweis auf deren hybriden Status und bewusst unterkomplexe Spielmechanik. Letztere prägt auch den 19-minütigen Film Ange, der als Format sowohl Ausstellungskontexte als auch Filmfestivals bedient. Er besteht in weiten Teilen aus Screencasts von Aels Gameplay in der für ihn nachgebildeten Umwelt, wo sich die Handlungsoptionen abermals aufs Navigieren und Durchlaufen beschränken. Solche digitalen Raum-(Re-)Konstruktionen wenden fleuryfontaine für netzkulturell infiltrierte Interieurs wie in D.I.S.A.P.P.E.A.R. (2018) als auch für Siedlungen und Städte an. Ihre Herangehensweise ist ausbildungsbedingt durch die Software für architektonisches Entwerfen geprägt, das durchaus von Gaming-Umgebungen u.a. wegen deren anders gearteter Perspektivierbarkeit Impulse erhält.46 Des Öfteren sind ihre künstlich generierten Welten mit Realität gesättigt, wenn sie etwa in Contraindre / Constrain (2020) Netz-Clips von Polizeigewalt gegen Corona-Proteste nutzen und Opfer-Körper mithilfe von Motion Capture ins Virtuelle übertragen.

Dabei liegt mit Blick auf Ange eine nicht unbeträchtliche Ironie darin, dass der authentische Ausschnitt von Lebenswelt im Fall des Hikikomori Ael, der seit seiner Jugend sein Leben fast ausschließlich in der Gartenhütte seiner Eltern verbringt, dem Inbegriff von Weltflucht gleicht und statt für die Verlebensweltlichung des Virtuellen für extremste Lebensferne zu stehen scheint. Zugleich aber legt es gerade diese Hütte nahe, sie als Urform des basalen Sich-Einrichtens und der Aneignung von Welt zu lesen, die durch den beständigen Austausch mit den Künstlern ‚da draußen‘ eine intersubjektive, soziale Dimension gewinnt. Schon die Binnengliederung durch drei Walk-Through-Sequenzen untermauert das Narrativ eines Produktionsprozesses als Weltgenese: Im Intro überblenden sich langsam noch leicht unterschiedliche, primär durch Fensteröffnungen, Jalousien und leuchtende Bildschirme definierte Innenräume. Diese ersten Entwürfe oszillieren durch ihr Fading und ihre überstrahlte Helligkeit – Rossins „virtual fog“ nicht unähnlich – zwischen näherungsweiser Nachschöpfung, vagem Erinnern und der Potenzialität des Modellhaften. Sie evozieren jene „verkörperte[n] Sichtweisen“47 und Aufforderung zur Exploration, die Hinterwaldner als modelltypisch benennt. Aus den abstrakt-monochromen Anfängen eines noch schemenhaften, mit Prototypen bestückten Innenraums entwickelt sich dann – angestoßen durch das Entpacken der neuesten Datei – eine immer naturgetreuere, zuerst nur als äußere Hülle ansichtige, schließlich betretbare und in eine Umwelt eingegliederte Vollversion (Abb. 12.3a–d und 12.4a–d). Als Gradmesser für die erreichte Lebensnähe dient das Explorieren des virtuell reproduzierten Refugiums durch den während des Screencasts dort realiter am PC verorteten Ael. Dessen bloßer Walk-Through füllt als Feedback-Medium und „Schlaufe durch den Körper“48 die visuelle Leerstelle des Bewohners und wird quasi koproduktiv tätig. Unterbrochen wird dieser dreistufige Aufbau an zwei signifikanten Stellen: Zuerst durch eine Desktop-Ansicht, die die Operativität hinter der künstlichen Bildräumlichkeit auszustellen scheint, aber gerade nicht die Programmier-Oberfläche für das Spiel, sondern die Plattform mit camouflierten Profilbildern der Kommunikationspartner sichtbar macht. Zweitens ist vor dem finalen Durchlaufen der virtuellen Szenerie das hochformatige Footage eines Handyfilms einmontiert, das Ael bei seinem ersten nächtlichen Ausgang seit Jahren – so suggeriert es zumindest der begleitende O-Ton – aufnimmt. Seinerseits ein Walk-Through, nur eben durch die fremd gewordene reale Nahwelt des Viertels, hat dieses selbstbegleitende und -therapeutische Filmen eine katalysatorische Wirkung, insofern etwa ein Nachbarhaus nicht näher beschriebene Traumata heraufbeschwört.

Abb. 12.3a–d
Abb. 12.3a–d

fleuryfontaine, Ange, 2019, Videoinstallation, Farbe, Ton, 19 min, Videostills, eine Produktion von Le Fresnoy, Studio National des arts contemporains. Courtesy fleuryfontaine.

Abb. 12.4a–d
Abb. 12.4a–d

fleuryfontaine, Ange, 2019, Videoinstallation, Farbe, Ton, 19 min, Videostills, eine Produktion von Le Fresnoy, Studio National des arts contemporains. Courtesy fleuryfontaine.

Jenseits einer unilinearen Optimierung der 3D-Rekonstruktion ist deren Erschließung durch Ael als Besucher bzw. Explorateur in seinem virtualisierten Gehäuse durch eine Reihe von Inversionen zwischen Umraum und Binnenwelt, Zugang und Ausschluss bestimmt. Im ersten Screencast evoziert das noch blasse, kaum texturierte Interieur eine grobe Inventur und mündliche Korrekturen, etwa was die neue, nun mit Licht- und Soundeffekten versehene Tastatur betrifft. Der Schritt nach draußen vor die Gartenhütte endet in einem ebenso dunstigen Void, das allein von einer Reihe Garten-Platten durchzogen ist. Bei Abweichung von diesem handlungsinduzierenden Pfad erfolgt der so spektakuläre wie erwartbare Fall in die Tiefe, der die Abrisskante der errechneten Welt markiert und von Ael mit einem ironisch-belustigten „Si j’y vais, je tombe“49 („Wenn ich dorthin gehe, falle ich“) quittiert wird. Diese Trope virtueller Körpererfahrung ist damit als Gaming-Stereotyp offengelegt, bewahrt sich aber ihren metaphysischen Symbolwert als Sturz der gefallenen Engel respektive Menschen. Nach einem sphärisch vertonten Splitscreen mit den ersten Entwurfsvarianten führen die Steinplatten im schwerelosen Nichts Aels unsichtbaren Gaming-Körper zur hyperrealistisch gerenderten Gartenhütte hin. Begleitet von begeisterten Ausrufen, erhält der hier erstmalig von außen ansichtige Hüttennachbau latent den Charakter einer Gabe oder gar Epiphanie. In dem schnell hinzugeklickten, von Mauern eng begrenzten Gartenbezirk erprobt Ael, dessen Ego-Perspektive wir durch die virtuelle Kamera beständig teilen, wie in einem neuen Spiel-Level sein Aktionsspektrum (Abb. 12.3 und 12.4). Längst habitualisierte Körpervollzüge und Affordanzen virtueller Objekte werden abgerufen, bald allerdings auch entautomatisiert, wenn sich das Hindernis der Gartenmauer eben nicht überspringen lässt. Zunächst erzeugt dieses Ausagieren in der als Spielsituation dargebotenen Nahwelt selbst in dem nur rudimentär interaktiven, sogenannten Walking Simulator ein fast kindliches Vergnügen, das die Tristesse des Hinterhofs überspielt. Bald jedoch kippt das auf ein Fortkommen angelegte Gaming in das Eingeschlossensein im Geviert des Gartens zurück. Aels Rückzugswunsch prallt an der Oberfläche der im Innern noch nicht errechneten Hütte ab, so dass er untätig herumstehend die schwierige Vereinbarkeit seiner eremitischen Online-Existenz mit ganz lebensweltlich-menschlichen Grundbedürfnissen und einem normalen Tag-Nacht-Rhythmus beschreibt.

Aus dieser Pattsituation führt, in der Schnittlogik der Videoarbeit, das nächtliche Wagnis des schlaflosen „aventurier de la street“ („Abenteurers der Straße“) auf den ereignislosen Gassen der Wohnsiedlung heraus. Das authentische Dokument des Handyfilms leistet durch die Selbst-Mediatisierung, die den ‚Freigang‘ erleichtern soll, ein überraschend ähnliches Embodiment wie der virtuelle Walk-Through. Es macht Aels Stress anhand der auf den Boden fixierten Kameraführung und seines beschwichtigenden Selbstgesprächs körperlich nachvollziehbar. Der zwei Mal kurz erfasste Schattenumriss Aels auf dem Pflaster schmälert dieses geteilte Embodiment keineswegs. Hier nun ist es die Grasnarbe einer Straßenkreuzung, die der Challenge eine unsichtbare, psychomotorisch unüberwindliche Grenze setzt und Ael gestehen lässt, seine physisch-mentale, selbsteingerichtete Welt gleiche weiterhin einem „gros bordel“ („großem Durcheinander“). Die horizontlose Grasnarbe leitet in der letzten Walk-Through-Sequenz über ein künstliches Grün in den Komplex um die Gartenhütte zurück, der nun durch Konturlinien des angrenzenden Elternhauses angereichert ist. In diesem Finale öffnet sich die Tür in das zuvor verschlossen gebliebene, derweil komplett rekonstruierte Gebäude. Darin agiert der User, ohne vom Punctum des jetzt hyperrealen Details eines ungemachten Betts angezogen zu werden, etwas ziellos angesichts der Phalanx übergroßer Bildschirme auf dem Schreibtisch, von denen einer den Kreis zum grafischen Nutzer-Interface der Kommunikationsplattform discord schließt.

Insoweit vollendet Ange wie jedes gute Making-of die Einweihung der Betrachter:innen in die Geheimnisse seiner eigenen Produktion und mehrt durch diesen paradoxen Insider-Status deren persönliche Involvierung.50 Zugleich erweist sich der quasi-dokumentarische Pakt, den Künstler und Hauptfigur mit der virtuellen Re-Kreation privater Lebenswelt unter den Augen des Publikums eingehen, als komplexer. Der Revelationseffekt speist sich daraus, dass die Künstler für den ihnen nur aus dem Netz bekannten Fremden dessen ureigensten Kosmos wie aus dem Nichts erschaffen. Verstärkt wird der Effekt durch die Spannung oder gar freudige Erwartung, bis Ael und den Betrachter:innen die Innenwelt schlussendlich vor Augen steht. Das Material für diese digitale 3D-Rekonstruktion bleibt indes aus der visualisierten Produktionserzählung großenteils ausgespart. Neben Aels mündlichen Korrekturhinweisen gibt es weitere bildliche und sprachliche Vorlagen, die – ähnlich den Punktwolken der Photogrammetrie – (re-)visualisierende Übertragungen in Gang setzen.51 So sind in den ersten ‚skizzenhaften‘ Interieurs auch Aels eigene Gemälde verarbeitet, etwa das Porträt des Schreibtischs als eine Art Psychogramm, das das sonst aus der adaptierten Anime-Welt gerade exkludierte Interface des Computerscreens zum Hauptmotiv erhebt. Hinzu kommen literarische Fiktionen, wie das im titelgebenden Bartleby-Zitat I would prefer not to evozierte Zimmer des sich aller Aktivität entziehenden Schreibers bei Herman Melville, aber auch erinnerte, mentale Bilder der von den Künstlern ihrerseits mit Computerspielen verbrachten Jugend. Mithin sind diese Digital-Rekonstruktionen, wo nicht mit Spuren wie bei Rossin, so doch mit Schemen einer selbst erfahrenen, vergangenen Lebenswelt unterfüttert.

Die Sorge der Künstler, mit ihrer digitalen Rekonstruktion gleichsam zu Stalkern zu werden, bezeugt einerseits die Lebensechtheit des virtuellen Modells und bekräftigt seine sich verselbständigende Agency. Andererseits lässt sich ihre Sorge als zentrale Crux des Dokumentarismus beschreiben, zumal fleuryfontaine klassisch (sozial-)dokumentarische Verfahren wie das der Befragung einschließen. Als Ausweg aus dem Dilemma, dem Anderen seine Geschichte zu ‚rauben‘, gestalteten sie den Prozess als kommunikatives Geben und Nehmen. So teilte nicht nur Ael mit ihnen Handyaufnahmen oder seine (auch über die Website ael.bot vertriebene) Fan Art. Im Gegenzug schickten ihm die Künstler Ansichten jenes Innenraums, den sie während einer Residency in Japan bewohnten und den sie wie Rossin photogrammetrisch reproduzierten (Abb. 12.5). Vor allem aber lassen sich die Rekonstruktionen, so sehen es fleuryfontaine selbst, als Produkt einer Arbeit werten, die sie ihrerseits für Ael leisten. Eine solche Gegen-Ökonomie des Geschenks opponiert gegen die gerade in Open-Source-Kontexten unterschwellige Kultur der Überbietung52 und versucht hier soziale Differenz zu überwinden. Der Rekurs auf das weltengenerierende Computerspiel bedeutet da ein „meeting on common ground“.53

Abb. 12.5
Abb. 12.5

fleuryfontaine, Zimmer der Künstler während einer Residency in Japan, Photogrammetrie. Courtesy fleuryfontaine.

3D-Rekonstruktion als Lebensweltbezug

Anhand der Beispiele von Rachel Rossin und fleuryfontaine ist deutlich geworden, in welcher Weise eine sich einkapselnde, welt(en)bildende Virtualität, statt konträr zu ihrer lebensweltlichen Diffusion zu stehen, diese vorantreiben und reflexiv erfahrbar machen kann. Es lohnt daher, analog zu einem ubiquitär in Anwendungen aufgegliederten Virtuellen auch nach den konkreten Praktiken des virtuellen World-Making und -Building zu fragen. Sie erweitern sich ko-evolutionär mit Interface- und Game-Design-Technologien, laden nicht selten zur Koproduktion ein und sind als quasi-indexikalische Verfahren mit den alltäglichen Referenzierungsanforderungen einer Kultur der Digitalität verwoben. In dieser Hinsicht sind die photogrammetrischen und laserbasierten Scan-Techniken, die die digitale 3D-Rekonstruktion authentischer Versatzstücke des Alltags ermöglichen, und das Motion Capture zur Animation virtueller Doubles noch eingehender kulturwissenschaftlich zu erforschen. Von kunsthistorischer Seite verspricht dazu das Verhältnis zu fotografischen und skulpturalen Abdruck- bzw. Abgussverfahren weiterreichende Einsichten. Die Transdisziplinarität der digitalen Methoden, die sich sowohl funktional ausdifferenzieren als auch entspezialisieren, erscheint als eine wichtige Motivation für die künstlerische Beschäftigung mit ihnen und wird umgekehrt durch diese weiter vorangetrieben. Mitverhandelt werden somit Schnittmengen zwischen Architektur, Gaming, digitaler Erinnerungskultur, sozialer Vernetzung bis hin zur therapeutischen Nutzung. Sie werden innerhalb der künstlerisch gestalteten VR-Welten intersubjektiv auf ihre sonst wenig hinterfragten Affordanzen, Subjektivierungen und Potenzialitäten hin ausgelotet.

Bibliographie

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Bildnachweise

Abb. 12.1a–d und 12.2a–d: Rachel Rossin, I Came and Went as a Ghost Hand, Cycle 1, 2015, VR-Installation (Oculus Rift), VR Captures, Courtesy R. Rossin.

Abb. 12.3a–d und 12.4a–d: fleuryfontaine, Ange, 2019, Videoinstallation, Farbe, Ton, 19 min, Videostills, eine Production von Le Fresnoy, Studio National des arts contemporains, Courtesy fleuryfontaine.

Abb. 12.5: fleuryfontaine, Zimmer der Künstler während einer Residency in Japan, Photogrammetrie, Courtesy fleuryfontaine.

*

Mein Dank gilt Rachel Rossin und Antoine Fontaine & Galdric Fleury für den Austausch zu ihren Werken und die Bereitstellung von Bildmaterial sowie Julia Reich und Renate Poccia für die gemeinsame Forschungs- und Recherchearbeit und die kritische Lektüre.

1

Vgl. zu den konkurrierenden Zukunftsmodellen von VR und Ubiquitous Computing und ihrer Genealogie seit den 1990er Jahren Sprenger, „Ubiquitous“. Verkürzt gesagt, schafft Ubiquitous Computing anders als VR keine gesonderte Erfahrungswelt, sondern durchsetzt die Umwelt mit diversen Interfaces, Sensor- und Tracking-Technologien.

2

Vgl. Milgram und Kushino, „Taxonomy“ und Catricalà und Eugeni, „Technologically Modified“.

3

Vgl. Rieger, Tuschling und Schäfer, „Virtuelle Lebenswelten: Zur Einführung“ sowie Kasprowicz und Rieger, „Einleitung“.

4

Vgl. u.a. Rötzer und Weibel, Cyberspace.

5

Vgl. Schröter, „Virtualisierungen.“

6

Vgl. zur dennoch wirksamen Einschränkung durch eine künstliche Physik Wiesing, „Virtuelle Realität“.

7

Vgl. Stalder, Kultur der Digitalität, S. 95–128.

8

Ebd., S. 118.

9

Vgl. u.a. die Lemmata Scannen und Modellieren in Bickenbach, Christians und Wegmann, Historisches Wörterbuch.

10

Vgl. hierzu Ammon und Hinterwaldner, Bildlichkeit, Hinterwaldner, „Irritierende Artefakte“, S. 197–202 sowie Höfler, „Modelloperationen“.

11

Zum mobilen, entprofessionalisierten Scanner vgl. Friedrich, „Scannen“.

12

Boluk und Mieux, Metagaming.

13

Rieger, Schäfer und Tuschling, „Virtuelle Lebenswelten: Zur Einführung“, S. 1.

14

Vgl. Lee, Cha und Nam, „Patina Engraver“.

15

Vgl. Rieger, „‚Be the Data‘“, S. 201–205.

16

Vgl. Münker, „Was heißt eigentlich: ‘Virtuelle Realität’?“ und Esposito, „Fiktion und Virtualität“.

17

Vgl. Münker, „Was heißt eigentlich: ‘Virtuelle Realität’?“, S. 124f.

18

Vgl. u.a. Honegger und Chen, Subcreation sowie Götz, „From Asteroid“.

19

Vgl. Holischka, CyberPlaces.

20

Vgl. ebd. u.a. mit Bezug auf Minecraft sowie Rieger, „Virtuelles Wohnen“.

21

Vgl. Hinterwaldner, „Irritierende Artefakte“, S. 202.

22

Rossin, „[My Works]“, S. 214.

23

Rossin, Interview (Übersetzung A.U.).

24

Schröter, „Wie man Skulpturen rendern soll“, S. 259.

25

Vgl. Hinterwaldner, „Irritierende Artefakte“, S. 197 und 181.

26

Ebd., S. 181.

27

Friedrich, „Scannen“, S. 409.

28

Penny, „Trying to be Calm“, S. 269f. (Übersetzung A.U.).

29

Unveröffentlichter Projekttext von Rossin.

30

Während Lee, Cha und Nam darunter z.B. das Eingravieren von Datenkurven in Tracking-Armbänder verstehen, gilt es die hier skizzierte Begriffsbedeutung erst noch zu entwickeln.

31

Morse, „Enthralling Spaces“, S. 83.

32

Ebd.

33

Vgl. Preiß, Kunst mit allen Sinnen.

34

Morie, „Performing in (Virtual) Spaces“, S. 126.

35

Rupert-Kruse, „Avatarial (Re-)Embodiment“, S. 191 (Übersetzung A.U.).

36

Unveröffentlichter Projekttext von Rossin (Übersetzung A.U.).

37

Vgl. ebd.

38

Ebd. (Übersetzung A.U.)

39

Ebd.

40

Vgl. Steyerl, „In Defense of the Poor Image“.

41

Vgl. Brown und Elias, „Remembering“.

42

Vgl. unveröffentlichter Projekttext von Rossin.

43

Ebd.

44

Unter dem Titel I Would Prefer not to war die installative Werkform 2020, nach der Premiere in Le Fresnoy, in der Ausstellung How to Make a Paradise. Sehnsucht und Abhängigkeit in generierten Welten im Frankfurter Kunstverein zu sehen, auf der Künstler-Website erscheint der Titel Ange.

45

Vgl. Wolf, World-Builders on World-Building.

46

Vgl. Hinterwaldner, „Prolog“, S. 22.

47

Ebd., S. 17.

48

Stalder, Kultur der Digitalität, S. 118. Ich danke Julia Reich für diesen Hinweis.

49

Die wörtlichen Zitate stammen aus dem Voice-over von Ange.

50

Vgl. Hediger, „Spaß an harter Arbeit“, S. 332.

51

Die Hinweise und Selbstaussagen stammen aus einem Gespräch mit Galdric Fleury und Antoine Fontaine am 21.01.2022.

52

Vgl. Maher, „Women’s Hacking“.

53

Gespräch mit den Künstlern am 21.01.2022.

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