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  • Author or Editor: Jörg Robert x
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Kants Aufsatz Mutmaßlicher Anfang der Menschengeschichte (1786) gehört auf dem Höhepunkt der Aufklärung zu einer Reihe von Versuchen, Offenbarungswissen vor dem Hintergrund rationalistischer Bibelkritik neu zu deuten. Die biblische Erzählung von Paradies und Sündenfall (Genesis 2–6) wird – in Auseinandersetzung mit Herder – in einem Übergangsfeld zwischen historischer Quelle, Mythos und „Roman“ verortet. Dabei deutet Kant den Sündenfall zur „felix culpa“ um: Erst die Vertreibung aus dem Paradies habe den Menschen von einem Instinkt- in ein Vernunft- und Verstandeswesen verwandelt. Erst der Sündenfall habe in ihm die Disposition, in freier Wahl über sein Leben und Handeln zu bestimmen, geschafft bzw. geweckt. Dieser Schritt in die Freiheit ist jedoch erkauft mit der Entlassung aus dem „Mutterschoße der Natur“, mit der Sorge um die Zukunft und der Furcht vor dem Tod. Kants Deutung von Genesis 2–6, an die Schiller mit seinem Essay Etwas über die erste Menschengesellschaft unmittelbar anschließen wird, zeigt die ambivalente Rolle des Offenbarungswissens in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts: Einerseits setzt Kant zu einer historisierenden und profanierenden Lesart des Offenbarungstextes an, andererseits bewahrt er doch dessen zentrale Aussagen, indem er sie in das Feld der Ethik und Religionsphilosophie verschiebt. Der Sündenfall wird – dies kann der Blick auf die Religionsschrift Die Religion in den Grenzen der bloßen Vernunft belegen – zur Strukturparabel des Handelns und gleichsam zum Mythos der praktischen Vernunft.

In: Religiöses Wissen im vormodernen Europa
In: Sonett-Gemeinschaften
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Paul Schede Melissus (1539-1602) zählt zu den zentralen Figuren des deutschen Späthumanismus im Vorfeld der Opitz’schen Vers- und Literaturreform. Dies gilt vor allem für seine neulateinische Lyrik, dokumentiert in den Schediasmata poetica (1574, 1575, 1586 und Meletemata pia, 1595), aber auch für seine Versuche, romanische Formen systematisch in die deutsche Volkssprache zu übertragen (Übersetzung des ‘Hugenottenpsalters’, 1572). Neben diesen Zyklen haben sich eine Reihe deutscher Dichtungen erhalten, die J. W. Zincgref im Anhang seiner Edition der Teutschen Poemata des Martin Opitz (1624) publizierte. An einem prominenten Beispiel aus diesem Korpus sucht der Beitrag Schedes subtiles Spiel mit hybriden Gattungstraditionen und Diskursen (Lied, neulateinische Lyrik, Petrarkismus, Emblematik) zu beschreiben und so ein Schlaglicht auf die (vielfach ungenutzten) Optionen einer deutschen Kunstdichtung um 1600 zu werfen.

In: Daphnis
Author:

This article deals with Martin Opitz’s didactic poem Vesuvius (1633) and tries to elucidate its fundamental poetical and epistemological issues. In his Buch von der Deutschen Poeterey (1624), Opitz establishes a set of rules for the genre of carmen heroicum that comprises both didactic poetry and narrative epics. Especially didactic resp. scientific poetry plays a decisive role in Opitz’s overall concept of poetry as it denies being fiction (‘Erdichtung’) and claims strict factuality. Thus it is not surprising that Vesuvius becomes the opening piece of the posthumous collection of Opitz’s Teutsche Poemata (1644). Vesuvius reveals itself not only as an imitation / translation of De Aetna (a didactic poem included in the Appendix Vergiliana), but also as an attempt to connect literary tradition, natural philosophy and religious knowledge: The purely scientific parts of the poem (on earthquakes and volcanism) are functioning to reveal the natural order of creation (the aspect of theodicy avant la lettre). The Vesuv-catastrophe is interpreted as God’s clear hint for mankind towards the ending of moral deprivation and civil war. The poet’s role as poeta vates resp. poeta theologus is thus to be the mediator / translator / interpreter between god and mankind, a mediation which actually takes the form of philological interpretation and commentary. The text of the 1633 print reflects this constellation by interweaving text and paratext (commentary) to a unique ensemble. With its particular textual arrangement and discoursive complexity, Vesuvius is symptomatic for premodern negotiations between natural sciences, religious knowledge, and literature.

In: Daphnis