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Der Kampf gegen die Irrlehre als „Krieg“

Überlegungen zur Semantik der Verben ἀπωθέομαι und ναυαγέω im Kontext 1 Tim 1

The Battle against Erroneous Beliefs as “War”

Reflections on the Semantics of the Verbs ἀπωθέομαι and ναυαγέω in the Context of 1 Tim 1
In: Novum Testamentum
Author:
Marion Christina Hauck Georg-August-Universität Göttingen Göttingen Germany

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https://orcid.org/0000-0002-3341-5558
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Abstract

In 1 Tim 1, particularly in vv. 18–20, the author of the letter uses a cluster of terms that evoke the image of “Timothy” engaged in a military campaign. Along these lines, the verb ἀπωθέοµαι (v. 19) activates the mental picture of a previous struggle or clash through which one party (the τινες) has been disadvantaged. This article seeks to identify the leading metaphors that the author summons in 1 Tim 1, to scrutinize the concepts that he employs for creating these metaphors, and to describe the set of relations that enables a coherent understanding of 1 Tim 1 in general and 1:18–20 in particular. In addition, this article examines how these metaphors are embedded in the wider framework of 1 Tim 1–6 and integrated into the author’s struggle against a false teaching circulating in the Ephesian ekklesia.

Abstract

In 1 Tim 1, particularly in vv. 18–20, the author of the letter uses a cluster of terms that evoke the image of “Timothy” engaged in a military campaign. Along these lines, the verb ἀπωθέοµαι (v. 19) activates the mental picture of a previous struggle or clash through which one party (the τινες) has been disadvantaged. This article seeks to identify the leading metaphors that the author summons in 1 Tim 1, to scrutinize the concepts that he employs for creating these metaphors, and to describe the set of relations that enables a coherent understanding of 1 Tim 1 in general and 1:18–20 in particular. In addition, this article examines how these metaphors are embedded in the wider framework of 1 Tim 1–6 and integrated into the author’s struggle against a false teaching circulating in the Ephesian ekklesia.

Der vorliegende Aufsatz ist einer Analyse metaphorischer Sprache im 1. Timotheusbrief gewidmet.1 Besonderes Augenmerk gilt dabei mehreren Aussagen gleich zu Beginn des Schreibens,2 in denen der fiktive Autor („Paulus“) seinem Mitarbeiter („Timotheus“) Aufträge erteilt:

(1,3) Du weißt, wie ich dich [sc. Timotheus] ermahnt habe, in Ephesus zu bleiben, … um einigen zu befehlen, nicht anders zu lehren (ἵνα παραγγείλῃς τισὶν µὴ ἑτεροδιδασκαλεῖν) …

(1,5–6) Das Ziel des Befehls (τέλος τῆς παραγγελίας) aber ist Liebe aus reinem Herzen und aus gutem Gewissen und aus ungefärbtem Glauben; davon sind einige abgeirrt und haben sich leerem Geschwätz zugewandt.

Der Begriff παραγγελία begegnet erneut in 1 Tim 1,18 und wird hier durch Terminologie des Kampfes erweitert: Dem von „Paulus“ angesprochenen „Timotheus“ wird an dieser Stelle die Befehlsgewalt (παραγγελία)3 übergeben (παρατίθηµι),4 und zwar im Vorfeld und zum Zweck5 einer Kampfaktion (1,18: ἵνα στρατεύῃτὴν καλὴν στρατείαν6).7

Da im 1. Timotheusbrief keine physische, zu Feld geführte Kampfaktion im Blick ist,8 angesichts der „Timotheus“ instruiert wird, handelt es sich bei diesen Aussagen um metaphorische Rede.9 Der Fokus der Metapher wird mit den Wörtern παραγγέλλω (1,3), παραγγελία (1,5.18), παρατίθηµι, στρατεύοµαι, στρατεία (1,18) sowie ἐπιταγή (1,1) benannt. Bildspendender Bereich ist dem ersten Anschein nach Krieg (vgl. 1,18).

Lassen sich aber in 1 Tim 1 (sowie im Gesamtbrief) noch weitere Begriffe aus dem Bildspendebereich Krieg ermitteln und bedeutungsmäßig bestimmen, mit denen der Autor des Schreibens seine Metapher prägt? Welche Aussagen können anhand der Interaktion von Fokus und Rahmen über den Bildempfänger getroffen werden?10 Gibt es darüber hinaus Indizien, dass in 1 Tim 1 mehrere Metaphern miteinander verbunden werden?11 Die folgenden Ausführungen dienen der Beantwortung dieser Fragestellung.

In einem ersten Schritt möchte ich anhand des Textes 1 Tim 1 prüfen, ob weitere Begriffe ihrer Semantik nach zumindest potentiell dem Bildspender Krieg zugeordnet werden können.

Sodann ist zur Vertiefung der Analyse in das Konzept von Krieg zu blicken, wie es vermutlich in der Enzyklopädie der intendierten Adressatenschaft des 1 Tim angelegt war: Dies, um festzustellen, ob beispielsweise auch die auf στρατεύοµαι folgenden Verben ἀπωθέοµαι und ναυαγέω (1 Tim 1) fokal fungieren. Einen Einblick in das Konzept von Krieg verleihen profangriechische Quellen.

Davon ausgehend ist dann weiter nach dem Bildempfänger der in 1 Tim 1 zum Einsatz kommenden Metaphorik zu fragen: Denn der Bildspender Krieg impliziert eine Gefahrenlage, der es unter Einbeziehung des weiteren Kontextes (1 Tim 1–6) auf die Spur zu kommen gilt. In den Blick kommt dabei unweigerlich die Auseinandersetzung des Verfassers mit einem in/um Ephesus kursierenden ἑτεροδιδασκαλεῖν.

1 Analyse von 1 Tim 1: Vorbereitung zum „Kriegskampf“

Die Annahme, dass die Äußerungen 1 Tim 1,3.5–6.18 nach einem Konzept von Krieg strukturiert sind, lässt sich durch weitere Textindizien belegen.

So kann der Fokus der Metapher durch den Partizipialsatz V. 19a erweitert werden: … ἔχων πίστιν καὶ ἀγαθὴν συνείδησιν. Durch das auf στρατεία, στρα-τεύοµαι folgende und auf „Timotheus“ verweisende Partizip ἔχων (+ Akk.) wird offensichtlich die unentbehrliche Equipierung für die bevorstehende kriegerische Unternehmung beigefügt.12 Sie besteht aus Glauben und gutem Gewissen, beides Mittel, auf die „Timotheus“ im Rahmen seines Kampfes zurückgreifen kann.

Diese Vermutung lässt sich beispielsweise anhand von Herodot, Hist. 7,89–90 belegen: Mit ἔχω (+ Akk.) wird hier die Ausrüstung der Soldaten für die Schlacht (genauer: für den Nahkampf)13 angegeben. Als παρασκευή bezeichnet werden an dieser Stelle Helm, Brustpanzer, Speer und Schild.14 Der Kampf (στρατεία), den es seitens des „Timotheus“ auszufechten gilt, ist also offensichtlich ein mit bestimmten Kampfesmitteln geführter, die es zu haben bzw. halten gilt.

Zudem könnte der Fokus der Metapher in Kap. 4 und 6 durch einige Begriffe erweitert werden, die angesichts der Gefahrenlage, die die Rede vom Kampf im Krieg impliziert, ein Tun umschreiben, das der Errettung dient (vgl. ἐπιµένω, 4,16; φυλλάσσω, 6,20).15

Das entgegengesetzte Tun wäre – wie erneut der Blick in die Quellen und damit in das Kriegskonzept zeigt – beispielsweise das Überlaufen zum Feind (vor oder während einer Schlacht), welches in außerneutestamentlichen Quellen die Wortgruppe αὐτοµολέω, αὐτόµολος signalisiert (vgl. Herodot, Hist. 1,127; 3,154; 3,156; 3,160; 8,82; Thukydides, Hist. 4,118; Xenophon, Anab. 1,7; 1 Makk 7,19 LXX; 1 Clem 21,4; 28,2). Von der Übergabe von Überläufern berichtet Dionysios von Halikarnassos (vgl. αὐτόµολος und παραδίδωµι in Ant. 6,21).16

Neben παραδίδωµι (1 Tim 1,20) kann auch das in 1 Tim 4,1 gebrauchte Verbum ἀφίστηµι17 in kriegerischen Kontexten zusammen mit αὐτοµολέω auftreten, indem ἀφίσταµαι und αὐτοµολέω wie Antecedens und Consequens in Beziehung stehen (vgl. z.B. Herodot, Hist. 2,30: Derjenige, der sich vom Gegner abwerben lässt, wechselt zur Gegenseite über; vgl. auch Dionysios, Ant. 1,64).

An den die Kampfausrüstung des „Timotheus“ beschreibenden Partizipialsatz (V. 19a) schließt ein Relativsatz an (V. 19b), unter Aufbietung zweier weiterer Verben: ἥν τινες ἀπωσάµενοι περὶ τὴν πίστιν ἐναυάγησαν. „Einige“, die in V. 20 sogar namentlich genannt werden („Hymenäus und Alexander“), haben bereits in der Vergangenheit die Kampfmittel Glauben und gutes Gewissen von sich weggestoßen und infolge davon am Glauben Schiffbruch erlitten.

Ein tieferer Einblick in das enzyklopädische Kriegskonzept soll nun im Folgenden klären, ob bzw. inwiefern auch ἀπωθέοµαι und ναυαγέω zum Fokus der Metapher Krieg gehören.

2 Blick in das enzyklopädische Konzept Krieg

2.1 Überlegungen zur Bedeutung von ἀπωθέομαι im Kriegskontext

Tatsächlich kommt der „sonderbare Ausdruck“18 (ἀπ-)ὠθέω19 in der Profangräzität häufig in kriegerischen Kontexten vor. Er zeigt das „Abschlagen“ eines feindlichen Angriffs an20 und bringt somit ein militantes Verhalten zum Ausdruck. Im Zusammenhang einer militärischen Unternehmung zu Land und/oder zu Wasser begegnet ἀπωθέοµαι (+ Akk.) bereits bei Homer: Das Verbum erscheint in Il. 16,239–252 im Kontext einer Seeschlacht (ναυµαχία) mit Nahkampf.21 Ebenso wird ἀπωθέοµαι bei Thukydides gebraucht, um anzuzeigen, dass die schlecht ausgerüsteten korinthischen Feinde in einer vergangenen Seeschlacht zurückgestoßen wurden.22 Auch Pausanias greift auf ἀπωθέοµαι zurück, um auszusagen, dass Leonidas und Themistokles den Perserkönig Xerxes mit Erfolg zurückgestoßen hatten.23

Im Kontext einer kriegerischen Auseinandersetzung zwischen verfeindeten Parteien begegnet auch nicht selten der Begriff ὠθισµός24:25 Beispielsweise ist bei Plutarch zu lesen (Arist. 9),26 der Feldherr Aristides habe, als er erfuhr, dass Psyttaleia, eine kleine Insel vor Salamis, von feindlichen Kriegern besetzt sei, die mutigsten und streitbarsten Bürger in Beiboote steigen lassen; so sei er auf Psyttaleia gelandet, habe die Barbaren angegriffen und alle bis auf einige Vornehme getötet, die lebend gefangen wurden. Weiter heißt es, Aristides habe die Insel rings mit Bewaffneten umstellt,

… damit kein Freund umkomme und kein Feind entrinne (ὡς µήτε τῶν φίλων τινὰ διαφθαρῆναι µήτε τῶν πολεµίων διαφυγεῖν). Denn das stärkste Gedränge der Schiffe und der härteste Kampf (ὁ γὰρ πλεῖστος ὠθισµὸς τῶν νεῶν καὶ τῆς µάχης τὸ καρτερώτατον) hat offenbar in jener Gegend stattgefunden.

Insgesamt unterstützt das Quellenmaterial die These, neben den in 1 Tim 1 identifizierten Begrifflichkeiten (vgl. §1) fungiere auch ἀπωθέοµαι fokal.

2.2 Kriegskampf, Kollision und Versenken des Gegners

Um zu klären, ob neben ἀπωθέοµαι auch ναυαγέω zum Fokus der in 1 Tim 1 ausgearbeiteten Metapher gehört, muss nun weiter in das enzyklopädische Konzept Seekrieg geblickt werden.

Um feindliche Schiffe anzugreifen und den Gegner niederzukämpfen, bediente man sich in einer antiken Schlacht zu Wasser (ναυµαχία) einer Vielzahl von militärischen Strategien und Techniken; dies ist literarischen Quellen (wie den Historien des Herodot), in denen Seeschlachten detailliert zur Sprache gebracht werden, aber auch archäologischen Zeugnissen zu entnehmen. Besondere Erwähnung verdient die Rammtaktik, eine Angriffsweise, bei der man dem feindlichen Schiff den am Bug des eignen Schiffes befestigten Rammsporn mit gewaltiger Wucht in die Seite stieß, dadurch ein Leck verursachte und das Schiff zum Sinken brachte (s. Abb. 1 und 2).27

Abb. 1
Abb. 1

Computergenerierte Darstellung eines bronzenen Rammsporns, aufgefunden bei Athlit (Israel), „The Athlit Ram“, 2. Jh. v.Chr. (das Original befindet sich aktuell im National Maritime Museum, Haifa; für die Visualisierung danke ich Dr. Donald H. Sanders und Team)

Citation: Novum Testamentum 65, 1 (2023) ; 10.1163/15685365-bja10037

© 2013 Learning Sites, Inc. (Digitally reconstructed Ancient Worlds for Interactive Education and Research)
Abb. 2
Abb. 2

Der Rammsporn von Athlit befand sich wahrscheinlich am Vorderteil eines römischen Kriegsschiffes; dabei handelte es sich entweder um eine Quadrireme oder Trireme

Citation: Novum Testamentum 65, 1 (2023) ; 10.1163/15685365-bja10037

© Image courtesy of William M. Murray (Adapted from a line drawing by J. Richard Steffy)

Im Zuge seiner Darstellung des persischen Eroberungskrieges und der Bedrohung ganz Griechenlands kommt Herodot28 auf den Gang der Ereignisse während der vom Feldherrn Themistokles (ὁ στρατηγός) eingeleiteten Entscheidungsschlacht, der Seeschlacht (ναυµαχία) von Salamis, zu sprechen.29 Herodot schildert eingehend (vgl. 88,3–95), wie die bei Salamis stationierten attischen Kriegsschiffe mit den persischen Kampfschiffen aufeinandertreffen, wobei das Ziel bei dieser kriegerischen Unternehmung30 das Rammen (vgl. ἐµβάλλω31) bzw. Zerschmettern (vgl. ἀπ-/προσαράσσω32) und Versenken (vgl. κεραίζω33; καταδύω34) des Gegners ist.

Ein erfolgreicher (frontaler) Anschlag und der damit einhergehende Zusammenstoß, d.h. die Kollision zweier Schiffe Bug gegen Bug, führte in der Regel unweigerlich zum Schiffbruch, d.h. dazu, dass das angegriffene Schiff beschädigt und zum Sinken gebracht wurde. Im Text wird dies durch ναυαγέω-κτλ.-Terminologie (ναῦς + ἄγνυµι) zum Ausdruck gebracht: Zurück blieben ein Schiffswrack oder Trümmer, Überbleibsel eines gescheiterten Schiffes, die nach der Schlacht aus dem Wasser und an Land geholt wurden.35 Damit einher ging in der Regel36 nicht die Rettung (σῷζω, ῥύοµαι), sondern die Vernichtung (διαφθείρω) der gegnerischen Schiffsbesatzung (vgl. Herodot, Hist. 8,88–89).37

2.3 Abwehrmanöver und Angriffsmethoden im Seekampf

Je mehr feindliche Schiffe im Gefecht Schiffbruch erlitten, desto größere Verluste hatte der Gegner zu verarbeiten und in desto größerer Auflösung musste er abziehen (vgl. Herodot, Hist. 8,60), was selbstredend zu dessen Schwächung und Unterlegenheit bei allen weiteren, nachfolgenden Kämpfen führte. Allerdings bestand seitens der Attackierten immer auch die Möglichkeit, einen Rammangriff abzuwehren, beispielsweise, indem das Schiff in eine solche Lage gebracht wurde, dass es den Stoß als unschädlich empfing und ein Leckschlagen verhindert wurde. Über die Abwehr des Gegners im Seekampf weiß Plutarch zu berichten. Vom Feldherrn Lucullus heißt es (Luc. 3),38 im Rahmen eines Seegefechts sei er dem mit einer stärkeren Flotte ihm auflauernden Gegner unter Führung des Neoptolemos entgegengefahren. Für den auf Seiten der Römer kämpfenden Schiffskommandanten Damagoras bedeutet dies Folgendes:

Als jetzt Neoptolemos mit voller Ruderkraft herankam und seinem Steuermann befahl, zum Rammstoß zu schreiten, fürchtete Damagoras die Schwere des königlichen Schiffes und die Stärke seiner Panzerung und wagte daher nicht den Stoß Bug gegen Bug, sondern befahl, in scharfer Wendung so abzudrehen, dass der Stoß das Heck träfe (ἐπὶ πρύµναν ὤσασθαι). Nachdem das Schiff in diese Lage gebracht war, empfing es den Stoß so, dass er unschädlich wurde, weil er die nicht zu Wasser gehenden Teile des Schiffes traf.

Die Maßnahme der Entschärfung eines Angriffs dient hier der Vermeidung einer Frontalkollision der Schiffe. Dabei handelt es sich um einen defensiven Akt, denn der Stoß des Gegners hätte zweifelsohne Schiffbruch und damit Vernichtung zur Folge gehabt. Das Verbum ὠθέοµαι bezeichnet in diesem Zusammenhang das vom Angreifer ausgehende Stoßen (vgl. ἀποστρέψας ἐκέλευσεν ἐπὶ πρύµναν ὤσασθαι [τὴν πληγήν]).

In dieser Bedeutung kommt es auch bei Cassius Dio im Kontext einer Seeschlacht (Rom gegen Byzanz) vor. Er schreibt (vgl. Hist. 75,11 [Xiphilini epitome]), die Byzantiner hätten fünfhundert Schiffe ausgerüstet, von denen alle Rammsporne besaßen (πλοῖακατεσκεύαστο ἐµβόλους ἔχοντα). In eine furchtbare Lage geraten, beladen die Byzantiner ihre Schiffe indes über ihre Tragfähigkeit hinaus, setzen die Segel und warten einen gewaltigen Sturm ab – in der Hoffnung, dass dieser den feindlichen Römern Schaden bringt. Doch das Gegenteil ist der Fall:

Als nämlich die Römer deren Schiffe schwer beladen und kaum mehr über den Wasserspiegel herausragen sahen, fuhren sie ihnen aufs Meer hinaus entgegen (ἀντανήχθησαν) und trafen sie weithin zerstreut, wie eben Wind und Wogen sie trieben (καὶ αὐτοῖς ἐσκεδασµένοις, ὥς που καὶ ὁ ἄνεµος καὶ ὁ κλύδων ἦγε). Da bedurfte es keiner Seeschlacht mehr (προσπίπτοντες ναυµαχίας µὲν οὐδὲν ἔργον ἔσχον), erbarmungslos zerschlugen sie einfach die feindlichen Fahrzeuge (τὰ δὲ δὴ πλοῖα αὐτῶν ἀφειδῶς ἔκοπτον), indem sie auf viele mit Schiffshaken stießen, viele mit Rammspornen aufschlitzten (πολλὰ µὲν τοῖς κοντοῖς ὠθοῦντες, πολλὰ δὲ καὶ τοῖς ἐµβόλοις ἀναρρηγνύντες), ja einige schon durch den bloßen Aufprall zum Kentern brachten … So groß war die Gesamtzahl der Wracks (τοσαῦτα γὰρ τὰ πάντα ναυάγια ἐγένετο), dass einige bis zu den Inseln und an die asiatische Küste getrieben wurden … Als sich … der Wogengang gelegt hatte, war das ganze Meer in der Umgebung der Stadt von Leichen, Schiffstrümmern und Blut bedeckt (πᾶσα ἡ θάλασσακαὶ τῶν νεκρῶν καὶ τῶν ναυαγίων καὶ τοῦ αἵµατος ἐπληρώθη).39

In den durch ἀντανάγω, ναυµαχία und ναυαγία abgesteckten Seekampfkontext fügt sich die ein kriegerisches, durch Waffen40 erfolgendes Stoßen zum Ausdruck bringende Wendung τοῖς κοντοῖς ὠθοῦντες, welche an dieser Stelle, zusammen mit τοῖς ἐµβόλοις ἀναρρηγνύντες,41 das Verbum κόπτω näher ausführt: Die Zerstörung des byzantinischen Gegners erfolgt durch das Zerschlagen der feindlichen Schiffe seitens der Römer durch Haken- bzw. Rammstöße. Der Kampf hinterlässt zahlreiche Schiffstrümmer, was durch ναυαγία angezeigt wird.

Alles in allem geht aus den Texten von Plutarch und Cassius Dio hervor, dass durch ὠθέω im Seekriegskontext ein offensives Stoßen zum Ausdruck gebracht wird, das zum Schiffbruch führen kann. Dass das Medium ἀπωθέοµαι42 dagegen die Reaktion des angegriffenen Schiffes bzw. der Flotte (d.h. das „Abschlagen“ eines feindlichen Angriffs) umschreibt, belegen Stellen wie Homer, Il. 16,239–252; Thukydides, Hist. 1,32,5; Pausanias, Descr. 8,52,2.

3 Zusammenfassung und Auswertung für 1 Tim 1–6

3.1 Der Kampf gegen die Irrlehre als „(See-)Krieg“?

Der Blick in das enzyklopädische Konzept von Krieg lässt erkennen, dass neben dem Verbum ἀπωθέοµαι auch ναυαγέω zumindest das semantische Potential hat, zum Fokus der Metapher 1 Tim 1 zu gehören. Die Kriegsmetaphorik könnte dabei aus der Lebenswelt des Verfassers des 1. Timotheusbriefes geschöpft sein; dies angesichts der Tatsache, dass militärische Präsenz (auch in Gestalt militärischer Flotten in den Küstengebieten)43 im Imperium Romanum ein Charakteristikum der Alltagswelt darstellte. Zwar muss der Autor des 1. Timotheusbriefes beim Verfassen des militärischen Bildes 1 Tim 1,18–20 nicht oben (§2) dargelegte Einzelheiten einer antiken Seeschlacht im Kopf gehabt haben; doch wird die Erwähnung von ἀπωθέοµαι (im Sinne eines Abstoßens als Verteidigungsakt, was wiederum zu einem Leckschlagen führt) und ναυαγέω durch στρατεύοµαι vorbereitet, und die Begriffe στρατεύοµαι, ἀπωθέοµαι und ναυαγέω würden innerhalb der Metapher eine logische Abfolge bilden.

Als Problem einer derartigen Interpretation erweist sich jedoch der Rahmen: Das gute Gewissen, welches 1 Tim 1,19 zufolge den weggestoßenen Gegenstand darstellt, war in der Vergangenheit, ebenso wie Glaube, Charakteristikum der in 1,19–20 genannten τινες (vgl. auch 1,3.5–6). Das Abstoßen dieses Gegenstandes impliziert daher im Kontext 1 Tim 1–6 eher einen Seitenwechsel als einen Akt der Verteidigung gegenüber einem Angriff.44 Auf der Folie des antiken Kriegskonzepts würde das bedeuten: Einige, die vormals (wie Timotheus) Träger der Equipierung Glauben und gutes Gewissen waren, entledigten sich in der Vergangenheit (gewaltsam) dieser Mittel. Das Verbum ἀπωθέοµαι käme damit der Bedeutung von αὐτοµολέω nahe, und es ließe sich ein Bezug zwischen ἀφίσταµαι (1 Tim 4,1), ἀπωθέοµαι (1 Tim 1,19; vgl. auch 2 Tim 1,15: ἀποστρέφοµαι45) und παραδίδωµι (1 Tim 1,20) herstellen, was im Folgenden noch vertieft werden soll.

Aus dem Rahmen fällt bei dieser Interpretation nun das Verbum ναυαγέω (1,19), welches damit nicht zum Fokus der Metapher Krieg gehören würde. Ich setze dies in den folgenden Überlegungen voraus und gehe davon aus, dass in 1 Tim 1 eine Kombination zweier Metaphern vorliegt, die im bildspendenden Bereich (Krieg und Seefahrt) keine Überschneidung haben.

3.2 Ein Blick in die Tabula Cebetis

Den Quellen zufolge muss es sich bei dem Verbum ναυαγέω nicht zwangsläufig um eine Komponente des enzyklopädischen Konzeptes Krieg handeln. Aus zahlreichen schriftlichen Zeugnissen geht hervor, dass ναυαγέω vielmehr integraler Bestandteil des griechisch-römischen Konzeptes Seefahrt ist.46 Reisen zur See waren in der Antike immer mit der Gefahr des Schiffbruchs verbunden.47 In der Literatur der Kaiserzeit wird ναυαγέω häufiger zur Bildung einer Metapher gebraucht.48 Diese erscheint wiederum bevorzugt in Kontexten, die auf ethische Unterweisung, die Lebensführung des Einzelnen betreffend, zielen (vgl. z.B. Philon, Mut. 215).49 In diesem (Lehr-)Zusammenhang kommuniziert ναυαγέω (als Teil des Konzeptes Seefahrt) die Gefahren und schädlichen Auswirkungen einer verfehlten Lebensorientierung.50

Dies kann anhand der Tabula Cebetis aufgezeigt werden: Bei ihr handelt es sich um eine Schrift, die wahrscheinlich im 1. Jh. n.Chr. entstanden ist.51 Speziell in Kap. 22–24 wird die Leserschaft mit einer Metapherncollage konfrontiert, die in ihrer Drastik ein protreptisch-pädagogisches Ziel verfolgt.52 Verbunden werden unter anderem die Metapher von einem Kriegskampf (Krieg gegen die wilden Tiere, 22,1–24,1) und von Schifffahrt (24,2). Zum Fokus der ersten Metapher gehören unter anderem die Begriffe ἀγών, νικάω, νίκηµα, (κατα-)κρατέω, πολέµιος, ἄγω, δέω, ἐκλύω,53 zur Bildung der zweiten Metapher wird ναυαγέω sowie πλανάοµαι herangezogen.

So heißt es in Ceb. Tab. 22,1–2: Derjenige, der aus den Kämpfen gegen die Feinde (die Bestien, τὰ θηρία) siegreich hervorgegangen ist und sie von sich geschleudert hat (ἀπέρριψεν ἀφἑαυτοῦ; vgl. auch 23,3; 24,1), empfängt Heil und Glückseligkeit (22,1; 23,3–4; 24,3); wer dagegen von ihnen überwältigt wird, fällt in die Hände der Feinde und wird von nun an von ihnen beherrscht (22,3; 24,2).

Als Feinde bzw. Bestien treten Leidenschaften und Laster auf (vgl. 19,5; 23,1–2; 24,2), im Speziellen Unwissenheit und Irrtum (ἄγνοια und πλάνος, vgl. 23,1; 25,2). Der Sache nach ist, der antiken Moralphilososphie entsprechend, ein (fortdauerndes) Ankämpfen des Einzelnen gegen die Unwissenheit und die die Seele schädigenden Leidenschaften bzw. Laster im Blick. Wer sich unterweisen lässt und Erkenntnis erlangt, gelangt unter Führung der Tugenden zielgerichtet zu Heil (σωτηρία) und Glückseligkeit. Im Gegensatz dazu führen die Unverständigen und Unbelehrbaren ihr Leben planlos. Aus Unwissenheit und verfehlten Überzeugungen resultiert ein falsches Handeln (Laster) und ein Scheitern am Leben (vgl. 24,2: ὡς ναυαγοῦσιν ἐν τῷ βίῳ; in Opposition zu σωτηρία). Aus 24,2 geht dabei deutlich hervor, dass der Tabula nur ein einziger (Erkenntnis-)Weg,54 der zur σωτηρία führt, vor Augen steht.55

Bei der Tabula Cebetis handelt es sich um Literatur, die sich durch zeitliche Nähe zum 1. Timotheusbrief auszeichnet. Die Tatsache, dass das in 24,2 gebrauchte Verbum ναυαγέω nicht Krieg, sondern Schifffahrt zum Bildspender hat und beide Metaphern im Kontext ethischer Unterweisung wirksam werden,56 gilt es nun weiterzuverfolgen.

3.3 Der Kampf gegen die Irrlehre als „Krieg“

In 1 Tim 1 liegt eine „Metapherncollage“57 vor, die der Autor des 1. Timotheusbriefes anhand der Konzepte Krieg und Seefahrt (Schiffbruch) geschaffen hat.58 Zur Bildung der ersten Metapher werden unter anderem folgende Begriffe herangezogen: ἐπιταγή (1,1), παραγγέλλω (1,3), παραγγελία (1,5.18), παρατίθηµι, στρατεύοµαι, στρατεία (1,18), ἔχω (+ Akk.), ἀπωθέοµαι (1,19). In 1 Tim 4,10 und 6,12 wird der Fokus durch ἀγωνίζοµαι und ἀγών erweitert. Der Blick in die Quellen und damit in das enzyklopädische Konzept von Krieg zeigt, dass vermutlich auch ἀφίσταµαι (4,1) sowie παραδίδωµι (1,20) zum Fokus der Metapher gehören (vgl. §1).

Militärwesen und feindliche Auseinandersetzungen konzipieren dabei unterschiedliche Bildempfänger.59 Das Militärwesen wird als Bildspender auch in den authentischen Paulusbriefen zur metaphorischen Bezeichnung von Abhängigkeitsverhältnissen und Hierarchie herangezogen.60 Diese These kann durchaus auf den 1. Timotheusbrief angewandt werden: In 1 Tim 1 setzt die Terminologie ἐπιταγή (1,1), παραγγέλλω (1,3), παραγγελία (1,5.18), παρατίθηµι (1,18) eine gewisse Rangordnung voraus: Es wird der Aspekt der hierarchischen Beziehung, die zwischen Gott und Christus, Paulus, Timotheus sowie der übrigen Ekklesia (vgl. Kap. 2–6) besteht, hervorgehoben: Paulus empfängt einen Befehl von Gott (1,1, von dem der Initialbefehl ausgeht); er übergibt ihn an Timotheus (1,3.18), der ihn (in der Vergangenheit) wiederum an einige weitergegeben hat (1,3). Im Rahmen dieser Hierarchie wird Paulus konsequenterweise als Vorbild (bzw. Urbild, ὑποτύπωσις, 1,16) der in der Hierarchie auf ihn folgenden bezeichnet. Er ist als Überbringer des Evangeliums Garant der „gesunden“, heilbringenden Lehre61 und des Glaubens (1,10–16).62

Der Bildspender Krieg impliziert darüber hinaus eine feindliche Opposition.63 In 1 Tim 1,18 (vgl. στρατεύοµαι, στρατεία, vgl. auch 6,12, ἀγωνίζοµαι, ἀγών) könnte dabei zunächst eine Variante der in der Popularphilosophie der Kaiserzeit weit verbreiteten, vom Autor des 1 Tim adaptierten Konzeptmetapher vivere militare est vorliegen;64 dies, um die Lebensführung des Christen (mit dem Ziel des ewigen Lebens, vgl. 6,12) zu umschreiben: Leben ist Kampf gegen einen Feind.65 Dieser Feind wird in 1 Tim 1,20 namentlich genannt (in Form des Satans, 1,20 [vgl. auch διάβολος in 3,6–7]). Es liegt nahe, anzunehmen, dass die Konzeptmetapher im Kontext des 1 Tim durch die Vorstellung von der Gegenwart als endzeitlichem Kampf in alttestamentlicher Tradition ihre Vertiefung erfährt.66

Der Feind kann im 1 Tim zudem innerhalb des Menschen, in Gestalt des Lasters, auftreten (vgl. z.B. 1 Tim 1,9–10; 6,4.9–10). Pointiert wird im Brief auf die den Christen charakterisierenden Tugenden bzw. Güter (namentlich Liebe, Reinheit, Heiligkeit, Glaube und gutes Gewissen) verwiesen, welche den Einzelnen (1,5.18; 2,15; 3,9; 6,11) sowie die Ekklesia insgesamt (als Haus Gottes, 3,15) angesichts dieser Gefahrenlage schützen.

Die „Grundstruktur des feindlichen Gegenübers“67 wird im 1 Tim nun durch einige Aspekte erweitert:

(1) Das Konzept Kriegskampf schafft die Basis, um die Gefahr, die von der im Brief angesprochenen Irrlehre und von ihren Trägern für die Ekklesia ausgeht, drastisch darzustellen. Die Irrlehre fungiert im Rahmen der Grundstruktur des feindlichen Gegenübers als schädigendes Mittel.

Wesentlich nach dem Kriegskonzept strukturiert ist die programmatische Aussage 1 Tim 1,18. Die Übergabe der Befehlsgewalt durch „Paulus“ an „Timotheus“, um einen Kampf zu kämpfen (1,18), der als „gut“, d.h. der eigenen (christlichen) Sache dienlich bewertet wird, ebenso wie der Verweis auf die den Christen schützenden Kampfmittel, implizieren eine Lage der Bedrohung. Der Kontext 1,3.5–6.19–20 (vgl. auch 4,1–2; 6,3.20–21) zeigt, dass Gefahr von einigen Personen (τινες)68 ausgeht, die innerhalb der Ekklesia agieren.69 Das Agieren der τινες wird mit ἑτεροδιδασκαλεῖν umschrieben: Sie lehren, so wird in 1 Tim 1,3–11 ausgesagt, anders als von „Paulus“ (und damit von Gott/Christus, 1,1) vorgegeben.

Speziell aus den Passagen 1,3.5–6; 1,18–20 wird ersichtlich, dass es sich bei den angesprochenen τινες als Trägern der Falschlehre um Gemeindeglieder handeln muss: Denn Glaube und gutes Gewissen qualifizieren den Christen. Da deren Lehre (vgl. 1,3–7; 4,1–7; 6,3–5; 6,20–21) als in Opposition zur „gesunden“ Lehre (1,10–16; 4,6.11; 6,3.13–14) des „Paulus“ stehend präsentiert wird, wird sie automatisch als der Gegenseite angehörend gedeutet (d.h. der Seite von Satan, Unwahrheit, Unheil und Laster, 1,9–10.20; 4,1–2; 6,4–5).70 Insgesamt bewirkt die Falschlehre, dass Glieder der Ekklesia vom Glauben abfallen (4,1; 6,21). Sie bedroht damit das Heil des Einzelnen in Gestalt des ewigen Lebens (1,19; 4,16; 6,12).

Ein wesentliches Charakteristikum der im Brief angesprochenen Irrlehre ist, dass sie in der Vergangenheit offenbar von außen, über Vermittlung (vgl. πνεύµασιν πλάνοις καὶ διδασκαλίαις δαιµονίων, 4,1) in die Ekklesia eingedrungen ist und daraufhin Glieder der Ekklesia („einige“, 1,3.6.19; 4,1; 6,21) zu ihren Trägern wurden:

(2) Der nach dem Kriegskonzept strukturierte Passus 1 Tim 1,18–20 zeigt, dass der Feind, den es von Seiten des „Timotheus“ zu bekämpfen gilt (vgl. fokales στρατεύοµαι, στρατεία), sich nicht (nur) außerhalb des eigenen Lagers befindet. Insgesamt wird die Irrlehre im 1 Tim deswegen als besonders gefahrvoll dargestellt, weil sie sich Eingang in das Innere der Gemeinde verschafft hat (1,3.5.19; 4,1–2; 6,3–5.20–21). Der Gegner befindet sich (auch) in den eigenen Reihen.

Der Fokus ist dabei auf die bereits angesprochenen τινες zu richten. Das Unbestimmtheit und Vagheit zum Ausdruck bringende Indefinitpronomen, das im 1 Tim zudem ohne Genitivobjekt (Genitivus partitivus) auftritt, wird zur Bezeichnung von Personen gebraucht (d.h. „irgendwelche“ bzw. „bestimmte“), die im Text in Opposition zu „Paulus“, „Timotheus“, Glauben, Gewissen (und damit zu Gott) stehen;71 dies, da sie sich in der Vergangenheit der Irrlehre zugewandt haben und zu ihren Trägern wurden (1,3.5–6). Mit ἑτεροδιδασκαλεῖν kommt ein die Ekklesia schädigendes Tun der τινες innerhalb der Ekklesia (6,3–5.20–21) in den Blick. Der Autor legt sich jedoch hinsichtlich der Bezeichnung der τινες nicht fest:72 Sie oszilliert möglicherweise zwischen τινες ἡµῶν, um Zugehörigkeit zum christlichen Lager auszusagen und τινες, deren Näherbestimmung dem Kontext nach durch negative Attribute erfolgt (ἑτεροδιδασκαλεῖν, ἀπωθέοµαι, ἀφίσταµαι, vgl. auch ὑπόκρισις, ψευδολόγος in 4,2!).73

Durch den gemeinsamen Gebrauch der fokalen Begriffe στρατεύοµαι, στρατεία, ἀπωθέοµαι (1,18–19), ἀφίσταµαι (4,1) könnte in diesem Zusammenhang ein bestimmter Aspekt des sich im 1 Tim niederschlagenden Kriegskonzepts vom Autor herausgestellt werden: Das (finale) Überlaufen von (vom Feind abgeworbenen, 4,1–2) Personen innerhalb des eigenen Lagers zum feindlichen Lager.

Anweisungen über den Umgang mit Überläufern erteilt die Schrift Strategikos des Onasander (1. Jh. n.Chr.).74 Die betreffende Sektion (vgl. Onos. 10,15) beginnt bezeichnenderweise mit der Wendung τῶν δὲ αὐτοµόλωντινες. Aus dem Werk geht hervor, dass es sich der antiken Enzyklopädie nach bei „täuschen“ (ἐξαπατάω) und „betrügen“ (ψεύδοµαι) um Charakteristika des Überläufers (αὐτόµολος) handeln kann: Onasander betrachtet ihr Auftreten im Lager argwöhnisch, da es sich dabei nicht selten um ein Täuschungsmanöver handelt, das dem Feind in die Hände spielt und das eigene Lager gefährdet (vgl. τοῖς σφετέροις ἐγχειρίσαι βουλόµενοι τὸ στράτευµα).

Nun bringt das Präfix ἀπό („weg von“) in 1 Tim 1,19 eindeutig feindliche Opposition zum Ausdruck (vgl. auch 4,1).75 Das Wegschmettern der den Christen auszeichnenden Mittel Glauben und gutes Gewissen durch „einige“ aus den eigenen Reihen (vgl. 1,3.5–6) impliziert, dass diese für den qua Hierarchie auf Gott zurückzuführenden Befehl des µὴ ἑτεροδιδασκαλεῖν unempfänglich geworden sind. Man könnte sagen: „Einige“ haben sich innerhalb der Ekklesia weg von Gott auf die Gegenseite (auf die des Satans, vgl. 1,20) geschlagen. Das Verbum ἀπωθέοµαι (vgl. auch ἀφίσταµαι, 4,1;76 ἀποστρέφοµαι, 2 Tim 1,15) sticht dabei in seiner Militanz ins Auge.77 Wenn man 1 Tim 1,19–20 anhand des Kriegskonzepts im Sinne eines Kampfes im eigenen Lager nachvollzieht, entsteht folgende Imagination: Als Fronten stehen sich die Seite, der die Befehlshaber („Paulus“, „Timotheus“) angehören und „einige“ (τινες), die mit der Irrlehre und damit dem feindlichen Lager sympathisieren, gegenüber. Unter den τινες befinden sich Hymenäus und Alexander.

Die τινες werfen die Waffen, die sie als Kämpfer der „Paulus-Timotheus“-Seite auszeichnen, von sich (vgl. ἀπωσάµενοι). Das Militanz zum Ausdruck bringende Verbum ἀπωθέοµαι spricht dafür, dass sie sich ihrer Ausrüstung unter revoltierenden Umständen entledigen (vgl. dazu auch 6,3–5). Bei den Waffen handelt es sich um metaphorische Waffen, die den Christen qualifizieren und die dazu dienen, die „gesunde“ Lehre und das Heil zu sichern (Glauben und gutes Gewissen, 1,19a). Möglicherweise soll im Kontext 1 Tim 1,3.5–6.18–20 dadurch ausgesagt werden, dass bestimmte Personen (τινες) in der Vergangenheit unerbittlich und renitent, trotz mehrmaliger Ermahnung, an der Falschlehre festgehalten und sich der „gesunden“ Lehre im Rahmen von Wortgefechten (vgl. 1 Tim 6,3–4) explizit verweigert haben (1,19; zu ἀπωσάµενοι vgl. auch die Wendung ὠθισµὸς λόγων, z.B. Herodot, Hist. 8,78; 9,26).

Der durch ἀπωσάµενοι ausgedrückte, militante Akt kommt aus der Sicht des Autors einem klaren Seitenwechsel gleich: Das Partizip impliziert im Kontext 1 Tim 1–6, dass die τινες sich durch ihr Verhalten der hierarchischen Struktur, den Anordnungen der Befehlshaber und ihrer Aufgabe verweigern (στρατεύοµαι, 1,18; ἔχω [+ Akk.], 1,19; vgl. auch ἐπιµένω, 4,16; φυλλάσσω, 6,20). Das durch ἀπωθέοµαι angezeigte Verhalten entspricht somit αὐτοµολέω: In der Konsequenz werden die Betreffenden vom Oberbefehlshaber („Paulus“) aus dem Lager aussortiert.78

Er übergibt sie dem Feind, zu dem sich die τινες durch ihr militantes Verhalten quasi schon bekannt haben (d.h. Satan, 1,20).

Neben der Komponente des Opponierens (ἀπωθέοµαι, ἀφίσταµαι, ἀποστρέφοµαι) „einiger“ im eigenen Lager ist die durch παραδίδωµι ausgedrückte Übergabe der Opponenten/Überläufer an den Feind dabei im Konzept Krieg angelegt und wird im Kontext 1 Tim 1 in 1,20 folgerichtig ausgesagt.79 Gemeint ist in 1 Tim 1,19–20 offensichtlich, dass die im eigenen Lager zur Partei des Feindes Übergelaufenen dem Feind übergeben werden. Bestimmte der betreffenden Personen werden sogar namentlich identifiziert.80

3.4 Konsequenzen für den Einzelnen

Charakterisiert das Verbum ἀπωθέοµαι als Komponente des Konzeptes Krieg folglich die Gefahr, welche von „einigen“ als Trägern des ἑτεροδιδασκαλεῖν für die Ekklesia ausgeht, so lenkt das Verbum ναυαγέω (1,19) den Blick auf die Lage des Einzelnen: Der mit ναυαγέω einsetzende Wechsel des Bildspenders in 1,19 hin zu Schifffahrt (Schiffbruch)81 indiziert, dass das Augenmerk nun möglicherweise auf die gefahrvolle Lage gerichtet werden soll, welche das Überlaufen zur Irrlehre für den Einzelnen in eschatologischer Perspektive mit sich bringt. Die Gefahr, die hier metaphorisch dargestellt wird, ist, dass die vom Glauben Abgekommenen aus eschatologischer Sicht das Heil und die Option des ewigen Lebens verlieren (1,16; 4,8–10; 6,12.19). In Analogie zur Tabula Cebetis – wer vom einen Weg abweicht, dessen Lebensführung kennzeichnen Unwissenheit, Irrtum und weitere Laster; er scheitert am Leben und hat keine Aussicht auf σωτηρία – impliziert das Abweichen von der „gesunden“ Lehre für die Christin/den Christen Unwissenheit (1,5–7; 6,20–21), Laster (1,9–10; 6,3–5.9–10), Scheitern am Glauben und Verlust der Perspektive ewiges Leben (vgl. 1,19–20; 4,1–2.16; vgl. auch 6,3–5.10.21).

Dass das Konzept Seefahrt (Schiffbruch) dem antiken Verständnis nach durchaus Bestandteil des Konzepts Kriegskampf zur See sein konnte, bezeugt der Text eines christlichen Autors des 4. Jahrhunderts. In seiner Abhandlung Über den Heiligen Geist bringt Basilius von Caesarea unter Verwendung des Begriffs ναυµαχία detailgetreu eine Metapher zur Sprache, deren Bildspender Seekrieg ist. Er tut dies, um den gefahrvollen Zustand, in dem sich die Ekklesia angesichts des durch Arius initiierten Schismas befindet, in seiner Dringlichkeit zu illustrieren (vgl. De Spiritu Sancto 30,76–77):82 „Womit sollen wir also den gegenwärtigen Zustand vergleichen? Er gleicht wahrlich einer Seeschlacht (ὁµοία ἐστὶ πολέµῳ τινὶ ναυτικῷ), die sich Leute liefern, die auf Krieg zur See (ναύµαχοί τινες ἄνδρες καὶ φιλοπόλεµοι) lüstern sind und aufgrund alter Querelen einen ungeheuren Groll gegeneinander hegen. Sieh nur, wie es in einer solchen Seeschlacht zugeht: Zunächst laufen die Flotten von beiden Seiten furchterregend gegeneinander an; dann, wenn die durch nichts mehr zu besänftigende Kampfeswut ausgebrochen ist, fallen sie übereinander her und kämpfen miteinander (διαγωνίζεσθαι). Wenn du willst, stell dir auch noch vor, dass die Flotte durch einen gewaltigen Sturm in Verwirrung gerät …, sodass man nicht mehr zwischen Freund und Feind unterscheiden kann, da wegen des Wirrwarrs die Signale nicht mehr zu erkennen sind … Dann wird schließlich, da die Winde von allen Seiten zusammenschlagen, die ganze Flotte gegeneinander getrieben und handgemein. Von denen, die in der aufgestellten Schlachtreihe stehen, werden die einen zu Verrätern und laufen mitten im Kampf zur Gegenseite über (καὶ παραὐτὴν τὴν ἀγωνίαν αὐτοµολοῦντας), den anderen bleibt nichts anderes übrig, als gleichzeitig die vom Wind gegeneinander getriebenen Schiffe von sich zu stoßen (διωθεῖσθαι), sich gegen die Angreifer zu wenden und sich gegenseitig umzubringen … Vergiss nicht das ganze Getöse, wo nichts mehr deutlich zu erkennen und alles miteinander vermischt ist, das an dieser Stelle das ganze Meer beherrscht; es stammt von den dahinrasenden Winden, vom Zusammenprall der Schiffe, vom Rauschen der Wogen und dem Schlachtenlärm der Kämpfenden … Schau jetzt vom Vergleich weg auf die schlimme Wirklichkeit selber, auf die er sich bezieht! Hat sich nicht schon seit langem das Schisma des Arius als eine Art Gegenspieler gegen die Ekklesia Gottes erhoben und sich ihr gegenüber zunächst in einer einzigen feindlichen Schlachtordnung aufgebaut? Als sie aber dann nach einem langen und widrigen inneren Streit in offenem Kampf gegen uns antraten, da zersplitterte der Krieg auf tausenderlei Weise in unzählige einzelne Waffengänge … Ja, ist dieser Tumult in den Kirchen nicht schlimmer als ein Sturm auf dem Meer? … Wir fallen übereinander her, wir stoßen uns gegenseitig nieder … Gemeinschaft haben wir insoweit miteinander, als wir die Feinde gemeinsam hassen. Sobald die gemeinsamen Feinde weg sind, betrachten wir uns sofort wieder gegenseitig als Feinde … Wer könnte die Menge der Schiffbrüche (τῶν ναυαγίων τὸ πλῆθος) zählen? Die einen versinken im Ansturm der Feinde …, wieder andere durch die Unerfahrenheit der Führer. So gingen Kirchen mit der ganzen Mannschaft unter, nachdem sie an den Hinterhalten der Häretiker wie an im Wasser verborgenen Klippen zerschellt waren. Andere unter den Feinden … griffen nach dem Steuerruder und erlitten Schiffbruch am Glauben (ἄλλοι δὲ τῶν ἐχθρῶν …, παραλαβόντες τοὺς οἴακας, περὶ τὴν πίστιν ἐναυάγησαν).“

3.5 Ergebnis

Alles in allem lassen sich in 1 Tim 1 zumindest zwei Metaphern identifizieren: Bildspendender Bereich der ersten Metapher ist Krieg. Sie kann – der Interaktion von Fokus und Rahmen entsprechend – als „Konfrontation/Auseinandersetzung mit konkurrierender Lehre ist Krieg“ bezeichnet werden.

Zum Fokus gehören, wie der Blick in das enzyklopädische Konzept zeigt, ἐπιταγή (1,1), παραγγέλλω (1,3), παραγγελία (1,5.18), παρατίθηµι, στρατεύοµαι, στρατεία (1,18), ἔχω (+ Akk.), ἀπωθέοµαι (1,19); παραδίδωµι (1,20). In den folgenden Kapiteln wird der Fokus durch ἀφίσταµαι (4,1); ἀγωνίζοµαι (4,10) und ἀγών (6,12) erweitert. Der Bildspender Krieg impliziert eine feindliche Opposition. Der Feind wird in 1 Tim 1,20 genannt (in Form des Satans; vgl. auch 3,6–7). 1 Tim 4,1 (vgl. πνεύµασιν πλάνοις καὶ διδασκαλίαις δαιµονίων) legt es nahe, dass dieser sich über die Irrlehre als schädigendes Mittel Zugang zur Gemeinde verschafft hat und die τινες innerhalb der Gemeinde Träger der Irrlehre wurden (1,3.5.19–20; 4,1–2; 6,3–5.20–21).

Das Beziehungsgefüge, das mit der Metapher strukturiert wird, kann als Vierecksbeziehung zwischen den „Kriegsherren“ Gott und Christus (vgl. 1 Tim 1,1; vgl. auch 2 Tim 2,3–4), den „Befehlshabern“ Paulus und Timotheus (1 Tim 1,3.5–6), der Gemeinde als dem „umkämpften Lager“ sowie den τινες beschrieben werden: Bei Letzteren handelt es sich dem Kriegskonzept nach um Personen, die im eigenen Lager zum Feind (Satan) übergelaufen sind und somit den Feind im eigenen Lager repräsentieren, den es in der Konsequenz auszusortieren gilt (1,19–20). Das Opposition zum Ausdruck bringende Verbum ἀποθέοµαι kommt damit der Bedeutung von αὐτοµολέω gleich, und es lässt sich ein Bezug zwischen ἀφίσταµαι (1 Tim 4,1), ἀποθέοµαι (1 Tim 1,19; vgl. auch 2 Tim 1,15: ἀποστρέφοµαι) und παραδίδωµι (1 Tim 1,20) herstellen.

Insgesamt bringt die Metapher assoziativ ein Bedrohungsszenario zum Ausdruck. Das Kriegskonzept schafft die Basis, um die Gefahr, die von der im Brief angesprochenen Irrlehre und von ihren Trägern für die Ekklesia ausgeht, zu charakterisieren. Angesichts dieser Lage ergeht der Befehl an Timotheus, stark durchzugreifen (1,18), dem Vorbild des Paulus entsprechend (vgl. 1,16.20).

In 1 Tim 1 kann darüber hinaus eine zweite Metapher identifiziert werden: „Scheitern an etwas, das durch falsche Orientierung bedingt ist und womit die Verfehlung eines Zieles einhergeht, ist Schiffbruch“. Fokal fungieren ναυαγέω (1,19); ἀστοχέω (1,6; 6,21) sowie die Wendung πνεύµασιν πλάνοις (4,1). Bildspender Bereich ist Seefahrt: Das „Abirren“ der τινες vom durch die „gesunde“ Lehre vorgegebenen „Kurs“ (1,5–7; 6,20–21) hat für sie als Einzelpersonen „Schiffbruch“ im Hinblick auf den Glauben zur Folge, womit der Verlust der Perspektive ewiges Leben in den Blick kommt (vgl. 1,19–20; 4,1–2.16; vgl. auch 6,3–5.10.21).

Zwar sind die beiden in 1 Tim 1 identifizierten Metaphern nicht aus demselben Bildspendebereich geschöpft: Doch wird sowohl durch das Konzept Krieg als auch durch Seefahrt (Schiffbruch) ein Gefahrenszenario zum Ausdruck gebracht, das beiden Bildspendern gemeinsam ist. Beide Metaphern überschneiden sich in der Aussage, dass Bedrohung vom ἑτεροδιδασκαλεῖν ausgeht: Dieses gefährdet nicht nur die Ekklesia, sondern auch den Einzelnen als Träger der Falschlehre.

3.6 Abschließende Überlegungen: Textpragmatik

Verfolgt die Metapher Schifffahrt (Schiffbruch) 1 Tim 1,19 wohl ein protreptisch-pädagogisches Ziel,83 so treten hinsichtlich der pragmatischen Dimension der Kriegsmetaphorik des 1. Timotheusbriefes zwei einander ergänzende Aspekte in den Vordergrund: Zum einen wird durch die in 1 Tim 1 entfaltete hierarchische Beziehung, die zwischen Gott und Christus, „Paulus“, „Timotheus“ und der restlichen Gemeinde besteht, die (bleibende, verbindliche) Autorität des Apostels Paulus sowie seines Mitarbeiters Timotheus (4,12) im kleinasiatischen Raum um 100 n.Chr. herausgestellt. Das Leben in der Gemeinde sowie das Verhalten des Einzelnen als Träger des Glaubens und Anwärter des ewigen Lebens muss an Anweisungen, wie sie das paulinische Evangelium als die „gesunde“, heilbringende Lehre bietet, ausgerichtet sein.

Zum anderen kommt der anhand des Kriegskonzepts gebildeten Metapher eine appellative Funktion zu. Die intendierte Leserschaft soll in gewisser Hinsicht in Alarmbereitschaft versetzt werden und für Faktoren (Falschlehre, deren Träger) sensibilisiert werden, welche die Integrität der Gemeinde sowie den Glauben und damit das Heil des Einzelnen bedrohen (vgl. 1 Tim 1,3–20; 6,3–5). Die Gefahr, die vom ἑτεροδιδασκαλεῖν ausgeht,84 gilt es ernst zu nehmen.

1

Für meine Analysen stütze ich mich auf die Definition von H. Weinrich, Sprache in Texten (Stuttgart: Klett, 1976) 311, 317–319, der nach der Bedeutung einer Metapher (nicht in wort-, sondern) in textsemantischer Perspektive fragt: Ihm zufolge können „Metaphern, im Unterschied zu Normalwörtern, unter keinen Umständen von den Kontextbedingungen entbunden werden … Eine Metapher ist folglich nie ein einfaches Wort, immer auch ein – wenn auch kleines – Stück Text“ (319). Von Weinrich übernehme ich zudem die Terminologie „Bildspender“ und „Bildempfänger“, um die beiden zusammengehörenden Seiten des sprachlichen Phänomens Metapher („Bild“ und „Sache“) zu umreißen. Zur Darstellung der syntaktisch-textuellen Ebene ziehe ich – im Anschluss an Chr. Gerber (vgl. dies., Paulus und seine „Kinder“. Studien zur Beziehungsmetaphorik der paulinischen Briefe [BZNW 136; Berlin: de Gruyter, 2005] 87, 89) zudem das von M. Black (Models and Metaphors. Studies in Language and Philosophy [Ithaca, NY: Cornell, 1962]; „Die Metapher“, in Theorie der Metapher [hg. von A. Haverkamp; WdF 389; Darmstadt: Wiss. Buchg., 1983] 55–79) geprägte Begriffspaar „Fokus“ (zur Benennung der dem „bildspendenden“ Bereich zugehörenden Wörter) und „Rahmen“ (zur Bezeichnung des Aussagekontextes) heran; dies in Anknüpfung an die kognitivistische Metapherntheorie, der zufolge die Metapher eine Interaktion zweier Größen („zweier Systeme“, Black, „Die Metapher“, 70–71) darstellt und auf einen kognitiven Prozess zielt (vgl. G. Lakoff u. M. Johnson, Metaphors We Live By [Chicago: Chicago University Press, 1980]): „Beide Teile der Metapher, fokale Worte und Aussagekontext, rufen Konzepte ab, die in ‚ein Gespräch‘ miteinander treten“ (Gerber, Paulus, 89). Den Begriff Enzyklopädie gebrauche ich im Folgenden in Anknüpfung an U. Eco („Metaphor, Dictionary and Encyclopedia“, New Literary History 15 [1984] 255–271; Semiotik und Philosophie der Sprache [übers. v. C. Trabant-Rommel u. J. Trabant; Supplemente 4; München: Wilhelm Fink, 1985]): Ihm zufolge sind die in einer Metapher (bzw. metaphorischen Äußerung) interagierenden Konzepte Teil der im jeweiligen Text unterstellten, kulturabhängigen Enzyklopädie, eines umfangreichen Hintergrundwissens, das Texte bei ihrer Modellleserschaft voraussetzen. Der Griff zur Enzyklopädie ist Eco zufolge demgemäß der einzige Weg zum Verstehen einer Metapher (Eco, „Metaphor“, 1318). So regen Metaphern auf besondere Weise „Prozesse der Erschließung nicht in der materialen Textgestalt vorliegender Wissensbestände“ an (D. Massa, Verstehensbedingungen von Gleichnissen. Prozesse und Voraussetzungen der Rezeption aus kognitiver Sicht [TANZ 31; Tübingen: Francke, 2000] 27) und führen seitens des Rezipienten mittels seines Hintergrundwissens zu logischen Schlussfolgerungen in Bezug auf etwas, das im Text nicht expliziert ist; vgl. dazu R. Zimmermann, „Metapherntheorie und biblische Bildersprache. Ein methodologischer Versuch“, ThZ 56 (2000) 108–133, 127; S. Pellegrini, Elija – Wegbereiter des Gottessohnes. Eine textsemiotische Untersuchung im Markusevangelium (HBS 26; Freiburg: Herder, 2000) 108; Gerber, Paulus, 88.

2

Zur Charakterisierung der Pastoralbriefe als pseudonyme Schreiben vgl. z.B. K. Zamfir, „Shipwrecked, Enemies and Deserters? The Opponents and their Function in the Pastoral Epistles and the Acts of Paul and Thecla“, in Gegenspieler. Zur Auseinandersetzung mit dem Gegner in frühjüdischer und urchristlicher Literatur (hg. von M. Tilly u. U. Mell; WUNT 428; Tübingen: Mohr Siebeck, 2019) 281–310, 281; P. Trebilco, The Early Christians in Ephesus from Paul to Ignatius (WUNT 166; Tübingen: Mohr Siebeck, 2004) 197–202; M. Janßen, Unter falschem Namen. Eine kritische Forschungsbilanz frühchristlicher Pseudepigraphie (ARGU 14; Frankfurt a. Main: Lang, 2003). Mit A. Lindemann, Paulus im ältesten Christentum. Das Bild des Apostels und die Rezeption der paulinischen Theologie in der frühchristlichen Literatur bis Marcion (BHTh 58; Tübingen: Mohr, 1979) 45; Trebilco, Early Christians, 202–205 u.a. gehe ich davon aus, dass die Pastoralbriefe um 100 n.Chr. abgefasst worden sind.

3

Vgl. LSJ s.v. παραγγελία („command“, „order“, issued to soldiers), vgl. z.B. Xenophon, Hell. 2,1; Herodot, Hist. 8,70. An beiden Stellen erscheint das Wort im Kriegskontext; bei Herodot, Hist. ist von einem Seekrieg die Rede. Vgl. auch Apg 16,24: παραγγελίαν λαµβάνειν („einen Befehl empfangen“). In Plutarch, Aem. 20,5,1 ist der Befehlshaber Aemilius Paullus derjenige, der das Kommando übernimmt und das Heer gegen die Feinde führt.

4

Vgl. Passow s.v. παρατίθηµι: (Med.) „jmd. mit der Leitung o. Führung von etwas betrauen“.

5

Vgl. zum ἵνα-Satz 1 Tim 1,18 Ph.H. Towner, The Letters to Timothy and Titus (NICNT; Grand Rapids: Eerdmans, 2006) 156–157: „The purpose (ἵνα) of Timothy’s commission, given earlier in terms of commanding …, is repeated here in a vivid military metaphor … The combination of the verb and cognate noun portrays Timothy’s calling as that of a soldier (2 Tim 2:4) engaged in a military campaign“; W.D. Mounce, Pastoral Epistles (WBC 46; Nashville: Nelson, 2000) 66.

6

Vgl. Passow s.v. στρατεύω: (Akt. oder Med.) (sowohl von Machthabern, Feldherren als von Kriegern) „in den Kampf oder Krieg ziehen“; „Kriegsdienste tun“. Bei dem in den Kampf ziehenden Heer (ὁ στρατός) kann es sich um ein Land- oder Seeheer handeln (ὁ πεζός, ὁ ναυτικός), das mit Waffen ausgerüstet ist und einem Kommandanten untersteht. Vgl. ebenso Passow s.v. στρατεία: „kriegerische Unternehmung“ (Herodot, Hist. 1,71; 3,3), zu welcher der Stratege die Dienstpflichtigen beruft. Häufig erscheint in der antiken Literatur auch die Wendung στρατείαν στρατεύεσθαι (z.B. bei Euripides; Plutarch). Vgl. auch die Formulierung στρατείαν παραγγέλλειν (+ Dat.) in Xenophon, Hell. 7,1,13. Der Aufruf zu einem Feldzug geht mit der Sendung von Kriegern in die Schlacht einher.

7

Diese Auflösung ist angesichts des gemeinsamen Auftretens der Begriffe παραγγελία, παρατίθηµι, στρατεύεσθαι und στρατεία naheliegend. Die militärische Konnotation erwächst dabei vorrangig aus dem Zusammenspiel von παραγγελία, στρατεύεσθαι und στρατεία.

8

Dies geht aus dem Kontext hervor: In Kap. 2–6 wird vielmehr zu einer ruhigen, stillen Lebensführung in der christlichen Ekklesia sowie im christlichen Haus angeleitet, die durch Liebe gekennzeichnet ist (vgl. 1,5). Zur Abhängigkeit einer Metapher von ihrem Kontext vgl. Weinrich, Sprache in Texten, 311; Gerber, Paulus, 83–83.

9

Verweise auf die in 1 Tim 1,18 zur Anwendung kommende militärische Metaphorik (vgl. auch den Gebrauch von ἀγωνίζοµαι, ἀγών in 1 Tim 6,12) sind in der Kommentarliteratur zum 1. Timotheusbrief reichlich vorhanden, vgl. bereits K.W. Otto, Die geschichtlichen Verhältnisse der Pastoralbriefe aufs Neue untersucht (Leipzig: Teubner, 1860); W.M.L. de Wette, Kurze Erklärung der Briefe an Titus, Timotheus und die Hebräer (Leipzig: Weidmann, 1867); M. Dibelius u. H. Conzelmann, Die Pastoralbriefe (HNT 13; Tübingen: Mohr, 1966); J. Roloff, Der erste Brief an Timotheus (EKK 15; Zürich [u.a.]: Neukirchener, 1988); I.H. Marshall u. P.H. Towner, A Critical and Exegetical Commentary on the Pastoral Epistles (ICC; Edinburgh: T&T Clark, 1999) u.v.a.

10

Vgl. Gerber, Paulus, 106.

11

Gemeint sind hier – in Anknüpfung an Gerber, Paulus, 107 (mit Anm. 106) und 110 – „abgegrenzte“ Metaphern, die nicht aus demselben Bildspendebereich geschöpft sind, jedoch im Bildempfängerbereich eine Überschneidung haben.

12

Vgl. Towner, Timothy and Titus, 157, der von „Glauben“ und „gutem Gewissen“ als „the means by which Timothy will be able to wage the good war“ spricht; Marshall, Pastoral Epistles, 411: „The participial phrase possibly continues the (military) metaphor by describing the soldier’s equipment“; Oberlinner, Pastoralbriefe, 55: „Die notwendige Ausrüstung für diesen Kampf besteht im Glauben und im guten Gewissen … Streng genommen geht es dem Verfasser um den rechten Glauben; das Motiv des guten Gewissens ist diesem untergeordnet.“

13

Zur vorrangig im Nahkampf einer Schlacht zur Anwendung kommenden und der Abwehr sowie dem Angriff dienenden Kampfausrüstung eines Hopliten bzw. römischen Legionärs wie Helm, Brustpanzer/Körperpanzerung, Beinschiene, Schild, Speer und Schwert vgl. H. Sidebottom, Der Krieg in der antiken Welt (Stuttgart: Reclam 2008) 123, 129; vgl. ebenso B. Rankov, „Military Forces“, in The Cambridge History of Greek and Roman Warfare, Vol. 2: Rome from the Late Republic to the Late Empire (hg. von Ph. Sabin, H. van Wees, M. Whitby; Cambridge [u.a.]: Cambridge University Press, 2007) 30–75, 58–61, der auch auf den Einsatz von Wurfmaschinen (ballistae, catapultae) im Kampf verweist, den z.B. die Trajansäule in Rom sowie Tacitus, Hist. 3,23 belegt.

14

Vgl. Sidebottom, Krieg, 130.

15

Der Aufruf zu Standhaftigkeit und dazu, Feinden gegenüber Widerstand zu leisten, findet sich auch in 2 Tim 3,8; 4,15 (vgl. ἀνθίσταµαι); vgl. auch Eph 6,13!

16

Zum gemeinsamen Gebrauch von αὐτόµολος und παραδίδωµι vgl. auch Polybios, Hist. 18,14; Diodoros, Hist. 24,13.

17

Vgl. z.B. Thukydides, Hist. 1,81: Man versucht, die Verbündeten seines Kriegsgegners abzuwerben; Herodot, Hist. 1,76; 1,154.

18

So im Hinblick auf ἥν τινες ἀπωσάµενοι bereits de Wette, Timotheus, 97.

19

Vgl. Passow s.v. ἀπωθέω: (Med.) „(im Kampf/in der Schlacht einen Feind/ein feindliches Heer mit Waffengewalt) zurückschlagen“, „(einen Angriff von sich) abwehren“. Vgl. Passow s.v. ὠθέω: (Med.) „etw. von sich wegstoßen“.

20

Vgl. zu ὠθέω (im Kriegskontext) Homer, Il. 11,803; Od. 9,488; Herodot, Hist. 8,3; 9,25; Xenophon, Hell. 7,1,31; Plutarch, Sull. 16,7,7. Zu ἀπωθέοµαι vgl. z.B. Homer, Il. 8,206; 15,503; 16,301; Thukydides, Hist. 1,18,2; 10,30,9: τὴν Γαλατῶν ἀπώσαιντο στρατείαν; 10,34,2: τὴν Μακεδόνων ἀπώσασθαι στρατιάν; Plutarch, Cam. 23,4: ἀπώσασθαι πόλεµον ἀλλόφυλον καὶ βαρβαρικόν; Plutarch, Her. mal. 869b: λέγουσι καὶ πρότερον Μεγαβάτην ἀπώσασθαι ναυσὶ διακοσίαις ἐπιπλεύσαντα τῇ νήσῳ.

21

Vgl. Homer, Il. 16,239–252: Aber sobald von den Schiffen er Schlacht und Getümmel verscheucht hat, möge er unversehrt zu den schnellen Schiffen mir kehren mit den gesamten Waffen und mit den Nahkampfgefährten … das eine gewährte, das andre versagte der Vater (sc. Zeus). Von den Schiffen hinwegzustoßen Kampf und Getümmel gab er, versagte jedoch, dass heil aus dem Kampfe er kehre (νηῶν µέν οἱ ἀπώσασθαι πόλεµόν τε µάχην τεδῶκε, σόον δ᾽ ἀνένευσε µάχης ἐξαπονέεσθαι). Vgl. ebenso Homer, Il. 15,494–495.503 (ἀπώσασθαι κακὰ νηῶν). Griechischer Text: T.W. Allen, Homeri Ilias (Oxford: Clarendon, 1931); deutsche Übersetzung: R. Hampe, Homer. Ilias (Stuttgart: Reclam, 1979).

22

Vgl. Thukydides, Hist. 1,32,5: Allerdings haben wir in jener Seeschlacht die Korinther auch allein geschlagen (τὴν µὲν οὖν γενοµένην ναυµαχίαν αὐτοὶ κατὰ µόνας ἀπεωσάµεθα Κορινθίους), jetzt aber, wo sie uns besser gerüstet (µείζονι παρασκευῇ) mit Verstärkungen aus der Peloponnes und ganz Griechenland zu Leibe wollen und wir keine Aussicht haben, uns ihrer mit eigenen Kräften zu erwehren, im Fall einer Niederlage aber in große Gefahr geraten würden, sind wir gezwungen, uns bei euch und überall nach fremder Hilfe umzusehen. Griechischer Text: H.S. Jones u. J.E. Powell, Thucydidis historiae (Oxford: Oxford University Press, 1942); deutsche Übersetzung: G.P. Landmann, Thucydides. Der Peloponnesische Krieg (Düsseldorf: Artemis u. Winkler, 1900ff.).

23

Pausanias, Descr. 8,52,2: ἀπώσαντο ἐκ τῆς Ἑλλάδος Ξέρξην, ὁ µὲν ταῖς ναυµαχίαις ἀµφοτέραις, Λεωνίδας δὲ ἀγῶνι τῷ ἐν Θερµοπύλαις.

24

Vgl. Passow s.v. ὠθισµός: „das Stoßen, u. zwar 1. das Fortstoßen, Fortdrängen vom Platze bei Kämpfenden“. Vgl. dazu Herodot, Hist. 7,225; 9,62; Thukydides, Hist. 4,96; Plutarch, Tim. 27; Arist. 9; Ages. 18. Auch in übertragener Bedeutung kann ὠθισµός zum Einsatz kommen, vgl. Passow s.v. ὠθισµός: „vom Widerparthalten in Worten, heftiger Wortwechsel“. Zur Wendung ὠθισµὸς λόγων vgl. z.B. Herodot, Hist. 8,78; 9,26.

25

Zum Prozess des ὠθισµός („Schub“) in einer Hoplitenschlacht, der einsetzte, sobald die Gegner (zu Land) in einer Schlachtordnung (φάλαγξ) formiert waren, vgl. Sidebottom, Krieg, 125: „Der othismos wurde mit dem Gedränge beim Rugby verglichen, allerdings mit dem Unterschied tödlicher Waffen. Die hinteren Reihen drücken dabei gegen den Rücken der vor ihnen stehenden. Früher oder später schiebt sich eine der beiden Seiten nach vorne, die Formation der unterlegenen Seite zerbricht, und ihre Mitglieder flüchten.“ Zum ὠθισµός vgl. jetzt auch R. Konijnendijk, Classical Greek Tactics. A Cultural History (MNS 409; Leiden: Brill, 2018) 133–193.

26

Griechischer Text und deutsche Übersetzung: K. Ziegler, Plutarchi vitae parallelae (Leipzig: Teubner, 1957ff.); ders., Plutarch. Große Griechen und Römer, 6 Bde. (Zürich: Artemis, 1954ff.).

27

Zur Rammtaktik und zum Rammsporn als Ausrüstung bzw. Waffe attischer wie römischer Kriegsschiffe vgl. W.M. Murray, „The Development and Design of Greek and Roman Warships (399–30 BC)“, JRA 14 (1999) 520–525; O. Höckmann, Antike Seefahrt (München: Beck, 1985) 96–132; vgl. ebenso L. Casson, Ships and Seafaring in Ancient Times (Austin: University of Texas Press, 1994) 51–59, bes. 51–52, 55: „The introduction of the ram brought about a transformation in naval warfare … Galleys were now equipped to turn themselves into self-propelled projectiles: they could disable or destroy an enemy vessel by driving the point of the ram into its hull … [T]he whole prow area was powerfully reinforced to withstand the effect of a deliberately provoked violent collision.“ Aus Caesar, Bell. alex. 44,3 geht hervor, dass römische Ruderschiffe im 1. Jh. v.Chr. mit metallenen Rammspornen versehen und zum Flottenkampf verwendet werden konnten (vgl. dazu A. Goldsworthy, „War“, in The Cambridge History of Greek and Roman Warfare, Vol. 2, 76–121, 105). Allerdings war der Rammsporn in der Kaiserzeit für Kriegsschiffe kein notwendiges Requisit mehr (vgl. Höckmann, Antike Seefahrt, 116). Zum Einsatz von neuen Waffen durch Octavian und Agrippa im Seekrieg wie Fernwaffen (besonders Brandgeschossen) und Harpunenbalken (griech. ἁρπάγη; lat. harpago), die mit dem Katapult über größere Entfernungen verschossen und durch die der getroffene Gegner, ein feindliches Schiff, am Harpunentau an den Angreifer herangezogen und geentert bzw. im Nahkampf erobert werden konnte, vgl. z.B. Casson, Ships and Seafaring, 91–93. Zum Rammsporn von Athlit vgl. L. Casson u. J.R. Steffy (Hg.), The Athlit Ram (College Station: Texas A&M Press, 1991); J.R. Steffy, Wooden Ship Building and the Interpretation of Shipwrecks (College Station: Texas A&M Press, 1992); A. Oron, „The Athlit Ram Bronze Casting Reconsidered: Scientific and Technical Re-examination“, JAS 33 (2006) 63–76.

28

Griechischer Text: N.G. Wilson, Herodoti Historiae (2 vols.; Oxford: Oxford University Press, 2015); deutsche Übersetzung: H.-G. Nesselrath, Herodot. Historien (Stuttgart: Alfred Kröner, 2017).

29

Vgl. dazu insgesamt Herodot, Hist. 8,63–64.70–97. In Hist. 8,70 heißt es: Nachdem sie (sc. die Perser) den Befehl durchgegeben hatten (παρήγγελλον), auf die See hinauszufahren, ließen sie die Schiffe gegen Salamis auslaufen und stellten sich in Schlachtordnung auf, wobei sie sich (zunächst) in Ruhe positionierten.

30

Vgl. hierzu den Gebrauch von στρατεύοµαι sowie weiterer στρατός-κτλ.-Terminologie in Herodot, Hist. 8,93–94.

31

Zum Gebrauch von ἐµβάλλω vgl. z.B. Herodot, Hist. 8,84.87.88.90.92 (Passow s.v. ἐµβάλλω: „einfallen, einbrechen [in ein Land, in die Feinde]“, „angreifen“, „mit jmd. scharf zusammentreffen“, besonders von einem Schiff, das ein anderes „anfällt“, „rammt“).

32

Vgl. Passow s.v. ἀπαράσσω: „herunterschmettern, so dass es kracht“; Passow s.v. προσαράσσω: „gegen etwas schmettern“, „etwas zertrümmern“. Vgl. dazu Herodot, Hist. 8,90: Hier ist von Speerwerfern (ἀκοντισταί) die Rede, die mit ihren Würfen die feindlichen Seesoldaten vom Schiff „herunterschmettern“ (προσαράσσειν), das Schiff selbst entern und es in ihre Gewalt bringen. Vgl. ebenso Plutarch, Marc. 15(!); Philostrat, Vit. Ap. 4,32; Basilius, De Spiritu Sancto 30,77.

33

Vgl. Passow s.v. κεραίζω: „zerstören“; „(von Schiffen:) in den Grund bohren, versenken“. Zum Gebrauch der Verben κεραίζω (und διαφθείρω) vgl. z.B. Herodot, Hist. 8,86.91.

34

Zu καταδύω vgl. Herodot, Hist. 8,87.88.90.

35

Vgl. hierzu Herodot, Hist. 8,76.96: Als die Seeschlacht zu Ende war, zogen die Griechen alle Wracks in Salamis aufs Land (ὡς δὲ ἡ ναυµαχίη διελέλυτο, κατειρύσαντες ἐς τὴν Σαλαµῖνα οἱ Ἕλληνες τῶν ναυηγίων), so viele sich dort noch fanden, und waren bereit für eine weitere Seeschlacht.

36

Wenn auch nicht immer! Vgl. Herodot, Hist. 8,89–90. In manchen Fällen wurden die Überlebenden lebend gefangen genommen und einer Autorität (z.B. dem König) übergeben (vgl. Herodot, Hist. 8,93).

37

Vgl. C.M. Gilliver, „Battle“, in The Cambridge History of Greek and Roman Warfare, Vol. 2, 122–157, 145: „The majority of casualties drowned …, but at Mylae Sextus Pompeius’ smaller boats rowed round picking swimmers out of the water, and it is possible that such lifeboats were deployed in other naval battles (App. B Civ. 5.107).“

38

Griechischer Text und deutsche Übersetzung: K. Ziegler.

39

Griechischer Text (hier wie auch im Folgenden) aus: U.P. Boissevain, Cassii Dionis Cocceiani historiarum Romanarum quae supersunt, Vol. 3 (Berlin: Weidmann, 1901); deutsche Übersetzung: O. Veh, Cassius Dio. Römische Geschichte (München: Artemis u. Winkler, 1958ff.).

40

Vgl. den instrumentalen Gebrauch von κοντός, eigentlich: „Speer“ (vgl. Passow s.v. κοντός); hier „Schiffshaken“.

41

Vgl. Passow s.v. ἔµβολον: „Schnabel der Kriegsschiffe, womit die feindlichen Schiffe angebohrt und versenkt wurden“; Passow s.v. ἀναῤῥήγνυµι: „es wird ein Schiff durchlöchert, leck gemacht“, vgl. Thukydides, Hist. 7,34; Plutarch, Pyrrh. 15.

42

Ebenso wie das nahezu synonyme Verbum ἀποκρούοµαι, vgl. z.B. Herodot, Hist. 8,61.

43

Vgl. zur Präsenz römischer Flotten in bedeutenden Hafenstädten des Imperium Romanum in der (zunächst friedlichen!) Kaiserzeit, in der Rom die Gewässer rund um Italien kontrollierte, Rankov, „Military Forces“, 56–57: „The Mediterranean was a Roman lake … What mattered was for the emperor to maintain fleets in being, which could be used if they were needed … It is significant that a large detachment of the sailors from Misenum could be kept in Rome to stage mock sea-battles (Tac. Ann. 12.56; Suet. Claud. 12.6) … A number of provincial fleets were also maintained.“ Er verweist (57) auf die classis Alexandrina, die in Alexandria von der Zeit des Kaisers Augustus an stationiert war; ebenso auf eine syrische Flotte: die classis Syriaca, die im 1. Jh. n.Chr. wahrscheinlich in Seleucia stationiert war, um die syrische und judäische Küste zu schützen; sowie auf die classis Pontica, die an der nördlichen Küste Kleinasiens stationiert war.

44

„Gutes Gewissen“ verweist in 1,19 auf das eigene Gewissen der τινες. Das Abwehren (vgl. ἀπωσάµενοι) einer vom „guten Gewissen“ ausgehenden Attacke würde an dieser Stelle folglich keinen Sinn ergeben.

45

Vgl. LSJ s.v. ἀποστρέφω: (Med./Pass.) „turn oneself from or away“; „fall off from one“, „desert“.

46

Vgl. dazu insgesamt J. Börstinghaus, Sturmfahrt und Schiffbruch. Zur lukanischen Verwendung eines literarischen Topos in Apostelgeschichte 27,1–28,6 (WUNT 2/274; Tübingen: Mohr Siebeck, 2010).

47

Über die Gefahren einer Reise (Sturmwind, Abtreiben, Klippen) zur See informiert Apg 27,1–28,6. Für ναυαγέω in der Bedeutung „Schiffbruch erleiden“ vgl. z.B. 2 Kor 11,25.

48

Vgl. z.B. Ceb. Tab. 24,2 (vgl. auch 29,3). Weitere Belege bietet: R. Hirsch-Luipold, „ΚΕΒΗΤΟΣ ΠΙΝΑΞ – Die Bildtafel des Kebes“, in Die Bildtafel des Kebes. Allegorie des Lebens (hg. von R. Hirsch-Luipold u.a.; SAPERE VIII; Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2005) 68–145, 136 (Anm. 109).

49

Hirsch-Luipold, „ΚΕΒΗΤΟΣ ΠΙΝΑΞ – Die Bildtafel des Kebes“, 136 (Anm. 109).

50

Hirsch-Luipold, „ΚΕΒΗΤΟΣ ΠΙΝΑΞ – Die Bildtafel des Kebes“, 136 (Anm. 109).

51

Vgl. R. Hirsch-Luipold, „Einleitung“, in Die Bildtafel des Kebes. Allegorie des Lebens, 11–37, 29.

52

Vgl. Hirsch-Luipold, „Einleitung“, 31–32.

53

Auch στρατεύοµαι wurde in antiken philosophischen Texten gerne zur Bildung einer Metapher gebraucht (vgl. den Hinweis und die Belege bei Roloff, Timotheus u.a.).

54

Vgl. auch den Singular πρόσταγµα in 24,2.

55

Vgl. dazu insgesamt Hirsch-Luipold, „Einleitung“, 18–22; ders. „ΚΕΒΗΤΟΣ ΠΙΝΑΞ – Die Bildtafel des Kebes“, 136 (Anm. 114).

56

Hirsch-Luipold, „Einleitung“, 31–32. Er spricht vom protreptisch-pädagogischen Ziel, dem auch die „drastische Bildersprache der Tabula“ dient. (Hervorhebung im Original).

57

Vgl. zum Phänomen der Verbindung mehrerer Metaphern in Texten sowie zur Terminologie „Metapherncollage“ Gerber, Paulus, 107–110; 225–231 (mit Beispielen).

58

Vgl. dazu auch den Hinweis bei Hirsch-Luipold, „ΚΕΒΗΤΟΣ ΠΙΝΑΞ – Die Bildtafel des Kebes“, 136 (Anm. 109).

59

Vgl. Gerber, Paulus, 181–182.

60

Vgl. Gerber, Paulus, 182.

61

Vgl. zu dieser Wendung A. Malherbe, „Medical Imagery in the Pastoral Epistles“, in Texts and Testaments. Critical Essays on the Bible and Early Christian Fathers. A Volume in Honor of Stuart Dickson Currie (hg. von W.E. March; San Antonio: Trinity University Press, 1980) 19–35; vgl. ebenso E. Schlarb, Die gesunde Lehre. Häresie und Wahrheit im Spiegel der Pastoralbriefe (MThSt 28; Marburg: Elwert, 1990).

62

Zur rechtgläubigen Paulus-Timotheus-Seite vgl. M. Wolter, Die Pastoralbriefe als Paulustradition (FRLANT 146; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1988); J. Herzer, „Paulustradition und Paulusrezeption in den Pastoralbriefen“, in Receptions of Paul in Early Christianity. The Person of Paul and His Writings Through the Eyes of His Early Interpreters (hg. von J. Schröter, S. Butticaz, A. Dettwiler, BZNW 234; Berlin: De Gruyter, 2018) 487–518; Zamfir, „Opponents“, 283, 304.

63

Vgl. Gerber, Paulus, 182–183.

64

Den Begriff der Konzeptmetapher (auch konventionelle Metapher) prägten Lakoff u. Johnson, Metaphors We Live By. Vgl. zum Begriff auch M. Pielenz, Argumentation und Metapher (Tübinger Beiträge zur Linguistik 381; Tübingen: Narr, 1993) 71. Zum Vorkommen der Konzeptmetapher vivere militare est in den authentischen Paulusbriefen vgl. Gerber, Paulus, 182–183 (mit Anm. 139).

65

Vgl. Gerber, Paulus, 183.

66

Vgl. dazu insgesamt Gerber, Paulus, 182–183. Dabei könnte sich in der Militärmetaphorik des 1. Timotheusbriefes insgesamt eine aus dem Alten Testament weitergeführte, dualistische Weltkonzeption in Kriegsbildern (die Welt im endzeitlichen Krieg zwischen Satan und Gott) niederschlagen. Vgl. dazu die Monografie von P.W. Macky, St. Paul’s Cosmic War Myth. A Military Version of the Gospel (The Westminster College Library of Biblical Symbolism 2; New York: Peter Lang, 1998); sowie den Hinweis bei Gerber, Paulus, 182 (Anm. 133).

67

Gerber, Paulus, 183.

68

Vgl. 1 Tim 1,3.6.19; 4,1; 6,21. Hinsichtlich ihrer Charakterisierung schreibt Zamfir, „Opponents“, 281: „They are members of the community, some of them probably leaders (teachers) with formal or informal authority“; vgl. dazu auch Roloff, Timotheus, 105.

69

Zur Gegner-Polemik in den Pastoralbriefen vgl. R.J. Karris, „The Background and Significance of the Polemic of the Pastoral Epistles“, JBL 92 (1973) 549–564; L.K. Pietersen, The Polemic of the Pastorals. A Sociological Examination of the Development of Pauline Christianity (JSNTS 264; London: T&T Clark, 2004); G. Häfner, „Polemik in den Pastoralbriefen: Formen, Funktionen, Folgerungen“, in Polemik in der frühchristlichen Literatur. Texte und Kontexte (hg. von O. Wischmeyer, Lorenzo Scornaienchi; BZNW 170; Berlin: De Gruyter, 2011) 295–330; J. Herzer, „Vom Sinn und Nutzen der Polemik. Zur Pragmatik der Gegnerinvektiven in den Pastoralbriefen“, in Gegenspieler. Zur Auseinandersetzung mit dem Gegner in frühjüdischer und urchristlicher Literatur (hg. von M. Tilly u. U. Mell; WUNT 428; Tübingen: Mohr Siebeck, 2019) 183–206; Zamfir, „Opponents“, 281.

70

Durch den an 1 Tim 1,3–8 anschließenden Lasterkatalog (1,9–10) wird expliziert, dass lasterhaftes Verhalten die Konsequenz falscher Lehre (1,3–7) ist. Die Falschlehre initiiert zudem Auseinandersetzungen und Wortgefechte (vgl. 1,4; 6,4.20), woraus wieder Laster entspringen (6,4–5; vgl. auch 1,9–10).

71

Vgl. dazu Zamfir, „Opponents“, 291: „In stark contrast to Paul and Timothy we have the undefined τινες … These are embodied by Hymenaeus and Alexander, whom Paul has handed over to Satan.“

72

Zur Bezeichnung τινες ohne Näherbestimmung durch einen Genitiv vgl. auch 2 Petr 3,9; vgl. zudem 2 Thess 2,3–12.

73

Möglicherweise hatte man für dieses Phänomen innerhalb der christlichen Gemeinde um 100 n.Chr. noch keine Sprache entwickelt und wählte zur Bezeichnung ein unbestimmtes τινες. 1 Tim 1,20 zeigt freilich, dass die Bezeichnung den Vorläufer einer outsider designation darstellt. Zur Sache vgl. P. Trebilco, Outsider Designations and Boundary Constructions in the New Testament (Cambridge: Cambridge University Press, 2017).

74

Vgl. die Edition von K. Brodersen, Onasandros. Strategikos (Wiesbaden: Matrix, 2018). Vgl. auch die Studien von E. Bayer, „Onasandros. Die Entstehungszeit des Strategikos“, Würzburger Jahrbücher 2 (1947) 86–90; D. Ambaglio, „Il trattato ‚Sul comandante‘ di Onasandro“, Athenaeum 69 (1981) 353–377; B. Campbell, „Teach Yourself How to Be a General“, JRS 77 (1987) 13–29; I. Eramo, „Un certo tractatello de l’officio del buon capitanio“, Paideia 61 (2006) 153–195; J.T. Chlup, „Just War in Onasander’s Strategikos“, JAH 2 (2014) 37–63.

75

Zur Vorstellung des Überlaufens vgl. auch 1 Clem 21,4; 28,1–2. Das Verbum αὐτοµολέω erscheint hier in Verbindung mit ἀπό. Zurecht schreibt A. Lindemann, αὐτοµολέω sei „militärischer terminus technicus“. Ein „Deserteur“ ist derjenige, „der Gott verlassen hat“, ders., Die Clemensbriefe (HNT 17; Tübingen: Mohr Siebeck, 1992) 93.

76

Vgl. LSJ s.v. ἀφίστηµι: „cause to revolt“.

77

Zum gemeinsamen Gebrauch von ἀποστρέφω und ὠθέοµαι im Seekriegskontext vgl. Plutarch, Luc. 3 sowie die Ausführungen unter 2.3.

78

Vgl. Towner, Timothy and Titus, 159: „The consequences of this rebellion were severe.“

79

Der Sache nach umschreibt die Übergabe an den Satan wohl den Gemeindeausschluss, vgl. auch 1 Kor 5.

80

Über die im 1. und 2. Timotheusbrief erwähnte Person des Alexander ist bei Zamfir, „Opponents“, 300 zu lesen: „Alexander the coppersmith is Paul’s archenemy … We do not know anything about the way he has opposed Paul and rightful teaching … It seems … likely that the two epistles refer to the same (real or fictitious) character.“

81

Fokal fungieren evtl. auch ἀστοχέω (1,6; 6,21) sowie die Wendung πνεύµασιν πλάνοις (4,1).

82

Der griechische Text und die deutsche Übersetzung sind (mit minimalen Abwandlungen) folgender Textausgabe entnommen: H.J. Sieben, Basilius von Cäsarea, De Spiritu Sancto. Über den Heiligen Geist (Fontes Christiani 12; Freiburg im Breisgau [u.a.]: Herder, 1993). Vgl. auch die Texte Basilius, Ep. 82; Theodoret von Cyrus, Ep. 151. Dazu insgesamt J. Kahlmeyer, Seesturm und Schiffbruch als Bild im antiken Schrifttum (Hildesheim: Fikuart, 1934); H. Rahner, Symbole der Kirche. Die Ekklesiologie der Väter (Salzburg: Müller, 1964) 300.

83

Vgl. mit Bezug auf die Tabula Cebetis Hirsch-Luipold, „Einleitung“, 31–32.

84

In Opposition zur „gesunden“, von Gott (Christus)/Paulus (Timotheus) vorgegebenen, zu bewahrenden Lehre (in Form des paulinischen Evangeliums, 1,10–11; 4,6; 6,3).

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